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Der Begriff doppelte Mehrheit bezeichnet ein Abstimmungsverfahren bei dem fur eine Beschlussfassung Stimmenmehrheiten nach zwei unterschiedlichen Kriterien notwendig sind Diese Form einer qualifizierten Mehrheit wird in der Schweiz angewendet Auch die Definition der qualifizierten Mehrheit im Rat der Europaischen Union basiert auf einem Prinzip der doppelten Mehrheit Kennzeichnend ist in beiden Fallen dass fur eine Beschlussfassung sowohl eine Mehrheit der Stimmburger bzw im Falle der EU eine Mehrheit der reprasentierten Bevolkerung als auch eine Mehrheit der Gliedstaaten der Gemeinschaft notwendig ist Inhaltsverzeichnis 1 Schweiz 1 1 Gliedstaat Stimmen 2 Europaische Union 3 Weblinks 4 EinzelnachweiseSchweiz BearbeitenSiehe auch Volksmehr und Standemehr Eine Verfassungsanderung auf der Bundesebene in der Schweiz kann nur in Kraft treten wenn ihr bei einer Volksabstimmung sowohl die Mehrzahl der Stimmburger Volksmehr als auch die Mehrzahl der Kantone der Schweizerischen Eidgenossenschaft sogenanntes Standemehr zustimmen Gliedstaat Stimmen Bearbeiten Fur das Standemehr werden 20 Vollkantone mit je einer Stimme gezahlt die sechs Halbkantone mit je einer halben Stimme Das Standemehr betragt demzufolge zwolf Stimmen Im 19 Jahrhundert konnten die Kantone Stande selbst festlegen wie ihre jeweilige Standesstimme ermittelt wird Heute bestimmt die einfache Mehrheit der im Kanton abstimmenden Burger wie die Standesstimme eines Kantons gewertet wird Da die beiden kleinsten Kantone mit Vollstimme nur weniger als 40 000 Einwohner zahlen die beiden grossten jedoch mehr als 900 000 Bewohner haben wird der grossere Einfluss eines Burgers der kleinen Kantone teilweise unter dem Gesichtspunkt der Wahlgleichheit problematisiert Europaische Union BearbeitenDer Rat der Europaischen Union auch als Ministerrat bezeichnet entscheidet soweit die Vertrage nicht eine Beschlussfassung mit einfacher Mehrheit oder eine einstimmige Beschlussfassung vorsehen mit qualifizierter Mehrheit Art 16 EU Vertrag Nach dem Vertrag von Lissabon ist fur eine qualifizierte Mehrheit zum einen erforderlich dass mindestens 55 der Mitgliedstaaten einem Beschlussvorschlag zustimmen wobei jedes Land eine Stimme hat Des Weiteren mussen die zustimmenden Mitgliedstaaten insgesamt mindestens 65 der EU Bevolkerung reprasentieren Art 238 AEU Vertrag Die Bevolkerungszahlen und damit auch die Sitze im EU Parlament haben sich nach dem EU Austritt des Vereinigten Konigreichs verschoben 1 Diese Regelung trat 2014 in Kraft Bis dahin galt noch die fruhere Regelung nach dem Vertrag von Nizza der zufolge bei Abstimmungen mit qualifizierter Mehrheit die Stimmen der Mitgliedstaaten gewichtet wurden Die einzelnen Staaten hatten dabei zwischen 3 und 29 Stimmen die Gesamtstimmenzahl lag seit der 2007 erfolgten Erweiterung auf 27 Mitgliedstaaten bei 345 Stimmen Fur einen qualifizierten Mehrheitsbeschluss waren drei Bedingungen notig eine einfache Mehrheit der Mitgliedstaaten 73 9 der insgesamt 345 Stimmen und 62 der EU Bevolkerung 2 Das Abstimmungsverfahren mit Stimmengewichtung geht auf die Anfangszeit der Europaischen Gemeinschaften zuruck Die Stimmzahl die ein Land besitzt richtet sich jeweils grob nach der Bevolkerungszahl ist aber im Einzelnen durch Verhandlungen zustande gekommen und erscheint daher mehr oder weniger willkurlich Insbesondere nachdem ein Scheitern des EU Gipfels in Nizza nur durch eine Stimmverteilung verhindert werden konnte welche schwer zu begrunden war wurde beim EU Verfassungskonvent ein neues Abstimmungsverfahren gesucht das gegenuber der Bevolkerung besser vermittelbar sein sollte Hierfur wurde das Prinzip der doppelten Mehrheit gewahlt in dem die Bevolkerungszahl eines Landes starker gewichtet wurde Die bevolkerungsschwacheren EU Staaten und insbesondere die im Vertrag von Nizza mit jeweils 27 Stimmen im Vergleich zu ihrer tatsachlichen Bevolkerungszahl begunstigten Lander Spanien und Polen lehnten das neue Modell jedoch zunachst ab was beim Europaischen Rat vom Dezember 2003 die Verabschiedung des EU Verfassungsvertrags verhinderte Wahrend der folgenden Regierungskonferenz wurden die zunachst ablehnenden Regierungen aber von dem Abstimmungsmodus der doppelten Mehrheit uberzeugt insbesondere nachdem es durch die spanische Parlamentswahl 2004 in diesem Land zu einem Regierungswechsel gekommen war 3 Nach dem Scheitern des Verfassungsvertrags kehrte die 2007 neu gewahlte polnische Regierung zwar noch einmal zur Forderung nach einem anderen Abstimmungsverfahren zuruck und forderte nun die Einfuhrung einer Stimmgewichtung nach dem Quadratwurzelgesetz von Lionel Penrose die Wissenschaftler schon 2003 als Alternative vorgeschlagen hatten Der mit diesem Stimmengewichtungsverfahren ermittelte jeweilige Machtindex der Mitgliedstaaten sollte dafur mit der Nebenbedingung eines Quorums von 62 der Stimmen den sich nur indirekt uber die jeweilige Regierung auswirkenden Einflussfaktor der jeweiligen Inlandsbevolkerung starker berucksichtigen indem jeder EU Burger uber die Gewichtung der von der jeweiligen Regierung in einem Beschlussgremium der EU abgegebenen Stimmen die gleiche arithmetische Abstimmungsstarke Einflussstarke hat Letztlich lenkte die polnische Regierung jedoch erneut ein sodass im Vertrag von Lissabon das Verfahren der doppelten Mehrheit eingefuhrt wurde Weblinks BearbeitenErlauterung der qualifizierten Mehrheit offizielle Website der Europaischen Union Wissenschaftlergruppe entwirft neues Abstimmungsverfahren Meldung der Ruhr Universitat Bochum 10 Mai 2004Einzelnachweise Bearbeiten Factsheet EUROPA Wahlen 2019 Der Rat der Europaischen Union Zusammenfassung der Gesetzgebung In EUR Lex Amt fur Veroffentlichungen der Europaischen Union 13 September 2007 abgerufen am 2 Dezember 2020 Marius Heuser Polen signalisiert Einlenken bei EU Verfassung 26 Marz 2004Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Doppelte Mehrheit amp oldid 217077853