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Iwan Stepanowitsch Prochanow russisch Ivan Stepanovich Prohanov 17 April 1869 in Wladikawkas Russisches Kaiserreich 6 Oktober 1935 in Berlin war ein Ingenieur und Theologe Von 1911 bis 1928 war er Vizeprasident des Baptistischen Weltbundes Er gilt als der Begrunder des Allrussischen Bundes der Evangeliumschristen Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Werke in Auswahl 3 Literatur Auswahl 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseLeben BearbeitenProchanow wuchs in einer beguterten nordkaukasischen Molokanenfamilie als Sohn des Ehepaares Stepan Prochanow und Nina Vasilevna auf 1 und absolvierte das Realgymnasium seiner Geburtsstadt Als Schuler fand er Anschluss an einen Kreis der sich mit philosophischer Literatur beschaftigte Hier geriet er unter den Einfluss einer Weltanschauung die er spater als nihilistisch charakterisierte und die er fur einen Suizidversuch den er im Alter von 16 Jahren beging verantwortlich machte In der jugendlichen Lebenskrise geriet er unter den Einfluss einer erwecklichen Verkundigung Sie bewog ihn eine bewusste Entscheidung fur den Glauben an Jesus Christus zu treffen 1887 liess er sich taufen und schloss sich der Baptistengemeinde an 2 Nach seiner Reifeprufung verzog Prochanow 1890 nach St Petersburg um am dortigen Technologischen Institut Ingenieurwissenschaft zu studieren Hier stiess er auf die so genannte Paschkowitische Bewegung die nach ihrem Initiator Wassili Alexandrowitsch Paschkow benannt worden war und vor allem in St Petersburger Adelskreisen ihre Anhanger hatte Die Paschkowiten waren taufgesinnte Stundisten und wussten sich eng mit der englischen und deutschen Bruderbewegung verbunden Paschkow selbst sowie andere Anhanger der Paschowiten darunter die Petersburger Furstin Lieven waren von Georg Muller dem Bristoler Waisenhausvater und Mitbegrunder der Open Brethren Offene Bruder getauft worden Auch Friedrich Wilhelm Baedeker und Johannes Warns pflegten engen Kontakt zu dieser Bewegung Prochanow hielt sich zu dem paschkowitischen Kreis der sich im Schloss der Furstin Lieven versammelte Intensive Begegnungen hatte er in diesen Jahren auch zum russischen Religionsphilosophen Wladimir Sergejewitsch Solowjow und zum Schriftsteller und Anarchisten Leo Tolstoi 1893 schloss er sein Studium erfolgreich ab zog in die Nahe von Simferopol wo er Glaubige verschiedener Richtungen sammelte und mit ihnen eine so genannte Allgemeinde grundete Sie trug den Namen Vertograd 2 1894 erliess das russische Innenministerium eine Reihe von Gesetzen durch die die stundistische Bewegung zu der ubrigens auch die Baptisten gerechnet wurden als gefahrliche Sekte eingestuft und damit verboten wurde Ihren Fuhrern wurde Verhaftung und Ausweisung angedroht Prochanow der zu diesem Kreis gezahlt wurde entzog sich 1895 der drohenden Verhaftung durch eine illegale Ausreise nach Finnland Von dort reiste er nach England wo er in Bristol und London mit dem Studium der Evangelischen Theologie begann Sein weiterer Weg fuhrte ihn nach Berlin wo er seine Studien unter anderem bei Adolf von Harnack fortsetzte Nach einem abschliessenden Studienaufenthalt in Paris kehrte er 1898 uber Agypten Palastina Syrien und Zypern nach Russland zuruck Dort wurde er wegen unerlaubten Verlassens des Zarenreiches verhaftet und in seinen Geburtsort verbracht Allerdings gelang ihm eine zweite Flucht die ihn diesmal nach Riga fuhrte wo am Polytechnikum eine Privatdozentur erhielt Nach der Russischen Revolution kehrte Prochanow nach St Petersburg zuruck und erhielt eine hochdotierte Anstellung beim amerikanischen Elektrotechnik Konzern Westinghouse die er bis zur Oktoberrevolution 1917 innehatte Bereits 1902 hatte ein erstes Gesangbuch fur die stundistische Bewegung in erster Auflage herausgegeben Es trug den Titel Gusli deutsch Harfe und enthielt 500 Lieder die zum Teil aus Prochanows zum Teil aber auch aus Gawriil Romanowitsch Derschawins und Alexander Sergejewitsch Puschkins Feder stammten Aufgrund seiner Position konnte Prochonow das Liederbuch 1906 mit einer zweiten Auflage von 20000 Exemplaren in der Druckerei des Innenministeriums herstellen lassen Hervorzuheben ist auch Prochanows politisches und soziales Engagement Er war Mitbegrunder einer christlichen Partei und organisierte auch noch nach 1917 landwirtschaftliche Genossenschaften unter anderem auf der Krim 1909 lud Prochanow Vertreter der verschiedenen evangelischen Bewegungen Russlands darunter auch Baptisten zu einem Kongress nach St Petersburg ein Ziel des Kongresses war einen engeren Zusammenschluss herbeizufuhren Sein Vorhaben gelang ihm nur teilweise Die Abgeordneten der stark von Johann Gerhard Oncken gepragten Sudrussischen Baptistenvereinigung lehnten wegen verschiedener Lehrdifferenzen eine Foderation ab Dennoch wurde wahrend des Treffens der Allrussische Bund der Evangeliumschristen gegrundet und Prochanow zu seinem Vorsitzenden bestellt Es folgte eine starke Wachstumsperiode der im Allrussischen Bund zusammengeschlossenen Gemeinschaften 1928 zahlten sie mehr als eine Million Mitglieder die sich in uber 1000 Ortsgemeinden versammelten und von mehr als 600 Vollzeitgeistlichen betreut wurden 3 Bereits 1911 beschloss der Baptistische Weltbund wahrend seines 2 Kongresses in Philadelphia USA die Aufnahme der russischen Evangeliumschristen und wahlte deren Vorsitzenden Prochanow zu einem ihrer sechs Vizeprasidenten Wahrend seiner Amtszeit widmete er sich auch der theologischen Ausbildung der Prediger Seine 1922 gegrundete Bibelschule deren Anfange im Jahr 1913 liegen war das erste evangelische Predigerseminar Russlands das in russischer Sprache unterrichtete Wahrend einer Jugendkonferenz der Evangeliumschristen in Twer wurde Prochanow 1921 verhaftet und fur mehrere Monate in ein Arbeitslager verbracht Nach seiner Entlassung setzte er sich ungebrochen fur die Zusammenfuhrung der verschiedenen evangelischen Bewegungen und den Durchbruch einer nationalen Reformation bis hinein in das Lager der Orthodoxie ein 4 Diesem Bemuhen das um die Jahreswende 1922 1923 seinen Hohepunkt erreichte folgten heftige Auseinandersetzungen mit der Kommunistischen Partei und den staatlichen Behorden Grund dafur waren vor allem die Ablehnung des Militardienstes durch die Evangeliumschristen und anderen Friedenskirchen Prochanow verblieb bis 1928 in seinen hohen Kirchenamtern Insbesondere nach der kommunistischen Russischen Revolution von 1917 war seine Arbeit fur den Aufbau des Allrussischen Bundes der Evangeliumschristen von grosser Bedeutung Da der Verfolgungsdruck der sich insbesondere gegen die religiosen Fuhrer richtete Ende der 1920er Jahre stark zunahm kehrte Prochanow nach seiner Teilnahme am 4 Kongress des Baptistischen Weltbundes der in Toronto Kanada stattfand nicht mehr in seine Heimat zuruck und nahm seinen Wohnsitz in Berlin Hier widmete er sich vor allem schriftstellerischen Tatigkeiten Iwan Stepanowitsch Prochanow war verheiratet Seine Frau verstarb 1926 Aus der Ehe ging ein Sohn hervor Das Grab Prochanows befindet sich auf dem alten Friedhof der Dreifaltigkeitsgemeinde im Bezirk Kreuzberg Berlin 5 Werke in Auswahl BearbeitenGesangbuch Gusli St Petersburg 1906 Hrsg Auferstehungslieder Sammlung russischer Evangeliumslieder mit russischen Originalweisen und Satzen in deutscher Ubertragung Hrsg Missionsbund Licht im Osten Wernigerode 1915 OCLC 779839359 Gemeinsam mit Johannes Warns und Friedrich Berner Band I Russland und das Evangelium Bilder aus der evangelischen Bewegung des sogenannten Stundismus Kassel 1920 Band II Erfolge des Evangeliums in Russland Wernigerode 1929 Band III Das Wehen der Winde Gottes in Russland Bamberg 1930 Literatur Auswahl BearbeitenHans Brandenburg Prochanow Iwan Stepanowitsch In Helmut Burkhardt Erich Geldbach Kurt Heimbucher Hrsg Evangelisches Gemeindelexikon Wuppertal 1978 ISBN 3 417 24082 4 S 420 SpI Wilhelm Kahle Wege und Pragungen des ostslawischen Protestantismus In Kirche im Osten Band 20 1977 S 128 146 Wilhelm Kahle Evangelische Christen in Russland und der Sowjetunion Ivan Stepanovic Prochanov 1869 1935 und der Weg der Evangeliumschristen und Baptisten Wuppertal Kassel 1978 ISBN 3 7893 7056 8 Wolfgang Heller Artikel PROCHANOV Ivan Stepanovic In Biographisch Bibliographisches Kirchenlexikon Band VII Nordhausen 1996 Sp 977 979 online Memento vom 29 Juni 2007 im Internet Archive Ludwig Steindorff Hrsg Partei und Kirchen im fruhen Sowjetstaat Die Protokolle der Antireligiosen Kommission beim Zentralkomitee der Russischen Kommunistischen Partei Bol seviki 1922 1929 Berlin 2007 ISBN 978 3 8258 8604 2 S 394 Kurzbiographie Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Iwan Stepanowitsch Prochanow im Katalog der Deutschen NationalbibliothekEinzelnachweise Bearbeiten Wilhelm Kahle Evangelische Christen in Russland und der Sowjetunion Ivan Stepanovic Prochanov 1869 1935 und der Weg der Evangeliumschristen und Baptisten Wuppertal Kassel 1978 ISBN 3 7893 7056 8 S 18 a b Wolfgang Heller PROCHANOV Ivan Stepanovic Memento vom 29 Juni 2007 im Internet Archive In Biographisch Bibliographische Lexikon Onlineausgabe eingesehen am 19 Februar 2012 Heinrich Lowen jr Gemeindepadagogik in russlanddeutschen Freikirchen in der Spannung zwischen Vergangenheit und Gegenwart Dissertation Norderstedt 1998 ISBN 3 640 59721 4 S 196f Zitiert nach Wilhelm Kahle Evangelische Christen in Russland und der Sowjetunion 1978 S 31 Wilhelm Kahle Evangelische Christen in Russland und der Sowjetunion 1978 S 17 Normdaten Person GND 118596675 lobid OGND AKS LCCN nr92030122 VIAF 72186509 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Prochanow Iwan StepanowitschALTERNATIVNAMEN Prohanov Ivan Stepanovich russisch KURZBESCHREIBUNG Ingenieur baptistischer TheologeGEBURTSDATUM 17 April 1869GEBURTSORT WladikawkasSTERBEDATUM 6 Oktober 1935STERBEORT Berlin Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Iwan Stepanowitsch Prochanow amp oldid 229722497