www.wikidata.de-de.nina.az
Human Relations ist ein Begriff der Betriebssoziologie und Betriebspsychologie der die informellen sozialen Beziehungen im Betrieb zwischen den Mitarbeitern bzw zwischen Mitarbeitern und Fuhrungskraften beschreibt Diese sollen sich in moglichst konfliktfreier Form entwickeln und dann positiv auf die Arbeitsleistung wirken Er wird auch in der Arbeits und Industriesoziologie verwendet die jedoch eher auf die formellen industriellen und Arbeitsbeziehungen fokussiert sind Inhaltsverzeichnis 1 Vorgeschichte und Stellenwert 2 Hawthorne Untersuchung Mayo Group 3 Die Human Relations Bewegung 4 Weiterentwicklung zum motivationstheoretischen Ansatz 5 Kritik 6 Sonstiges 7 Siehe auch 8 Literatur 9 EinzelnachweiseVorgeschichte und Stellenwert BearbeitenInfolge der Anwendung der Methoden des Scientific Management von Frederick Winslow Taylor kam es zu einer Ausweitung der arbeitsvorbereitenden und planenden Tatigkeiten von denen die effiziente Gestaltung der Produktionsprozesse zunehmend abhing Eine patriarchalische Betriebsordnung war kein Leistungsgarant mehr die Bindung der Arbeiter an den Betrieb wurde immer geringer Da die Arbeiter vom Lohn physisch abhangig waren schien dieser der wichtigste leistungssichernde Faktor zu sein Jedoch erwies sich der Faktor Lohn als weniger wirksam als erwartet So wurden in den 1930er Jahren die Human Relations fur die Organisationspraxis entdeckt Diese zielte vor allem auf Beeinflussung der sozialen Antriebsfaktoren der Arbeitsleistung ab Mitarbeiterfuhrung wurde zu einer der wichtigsten Aufgaben des Managements Dazu gehorten Funktion Planung Organisation Motivation und Kontrolle der Arbeit Der Fuhrungsstil gewann auch in wissenschaftlicher Sicht immer mehr an Bedeutung in Bezug auf die Arbeitsleistung der Arbeiter und deren Einstellung zur Arbeit Hawthorne Untersuchung Mayo Group BearbeitenIn den 1920er Jahren begann die Betriebsleitung der Hawthorne Werke der Western Electric Company in Chicago eine Versuchsreihe Die Fabrik beschaftigte 29 000 Arbeiter und stellte vor allem Telefone sowie Zubehor her Die Versuchsreihe sollte herausfinden welchen Einfluss die Arbeitsbedingungen auf die Entstehung von Ermudung und Monotonieerfahrung der Arbeiter hat Theoretischer und methodischer Ausgangspunkt der Analysen war zunachst der Ansatz der Psychotechnik in diesem Fall die sog Objektpsychotechnik nach Fritz Giese 1927 die im Anschluss an Hugo Munsterberg Psychologie und Wirtschaftsleben 1912 zum vorherrschenden Paradigma in den USA Deutschland 1918 Arbeitsgruppe fur industrielle Psychotechnik an der TH Berlin Charlottenburg und in der Sowjetunion geworden war Gegenstand der Feldexperimente waren zunachst der Einfluss von Faktoren wie Pausen Arbeitszeit und Beleuchtung auf die Arbeitsleistung Die Versuchsreihe dauerte insgesamt von 1924 bis 1927 wobei die Untersuchungen im letzten Jahr in Bezug auf die angenommenen Wirkfaktoren erweitert wurden Nach Beginn dieser Untersuchungen kam auf Einladung der in Australien geborene Betriebssoziologe Elton Mayo hinzu der das Experiment mit der Mayo Group mit Fritz Roethlisberger und William John Dickson weiterfuhrte Das Experiment selbst war in drei Phasen aufgeteilt In der ersten Phase wurden sechs Frauen beobachtet die im Relais Testraum Telefonrelais zusammensetzten oder fur Materialnachschub sorgten Das Verhalten der Frauen wurde durch verschiedene Kontrolleinrichtungen protokolliert Ebenfalls gab es regelmassige Gesundheitskontrollen und eine Befragung der Arbeiterinnen nach Herkunft Familienleben sowie sozialen Aktivitaten Zunachst wurde mit Ruhepausen experimentiert dann mit kurzeren taglichen bis wochentlichen Arbeitszeiten Festzustellen war dabei dass die Arbeitsleistung der Frauen stetig qualitativ und quantitativ anstieg trotz spatere Ruckkehr zur Ursprungsarbeitszeit Zur Erklarung wurden Hypothesen entwickelt die die Leistungssteigerung mit okonomischen Anreizen besserer Gesundheit und Anderung der Beziehung der Frauen untereinander und zu ihren Vorgesetzten in Verbindung gebracht Allerdings erwies sich ausser der Hypothese mit den sozialen Beziehungen keine als schlussig Ab 1929 wurde in der zweiten Phase ein Interviewraum konzipiert in dem 20 000 Beschaftigte befragt wurden Ziel war es die Verbesserung der Fuhrung aber auch der Einstellung und Beziehungen zwischen den Beschaftigten zu erreichen Da die Interviewer meistens Vorgesetzte waren lernten sie auf Grundlage der Aussagen der Arbeiter in Bezug auf ihr Vorgesetztenverhalten hinzu Die Arbeiter durften ihre Meinung sagen und fuhlten sich dadurch anerkannt Das Gefuhl der Teilhabe an Problemen des Betriebs und ihren Losungen wirkte sich positiv auf ihre Arbeitsleistung aus Es erwies sich dass Arbeitssituationen in denen soziale Beteiligung nicht ausreichte die Ursache fur negative Einstellungen waren Als Ergebnis der Untersuchung wurde festgestellt dass leistungsbeeinflussende Faktoren ein zusammenhangendes Ganzes aus ausserbetrieblichen sozialen Verhaltnissen psychischen Gegebenheiten sowie sozialen Arbeitsbedingungen im Betrieb sind Der Betrieb ist nicht nur ein technisch organisatorisches Gebilde sondern eine soziale Organisation system of sentiments System von gefuhlsmassigen Beziehungen Arbeitsbedingungen Arbeitsverhalten und umwelt erhalten durch die soziale Organisation ihre Bedeutung In der Schlussphase der Versuchsreihe wurden 14 Kabelzieher sechs Monate in einen Beobachtungsraum bank wiring observation room zusammengefasst Dessen Zweck war es die sozialen Beziehungen in einer Arbeitsgruppe zu studieren Eine wichtige Voraussetzung bestand darin dass kein Vorgesetzter aktiv an der Arbeit teilnahm Festzustellen war schliesslich dass jeder Arbeiter Leistungszuruckhaltung betrieb Die Outputmenge war bestimmt durch eine von der Gruppe entwickelte Norm bezuglich der taglichen Leistungsmenge trotz eines auf individuellen Stuckakkord abgestellten Leistungslohns Es waren also informelle soziale Praktiken innerhalb der Gruppe die das Verhalten regelten Es kam zur Cliquen Bildung und zur Sanktionierung von Aussenseitern Der Meister wird ebenfalls als Aussenseiter der Gruppe betrachtet wobei der Gruppenfuhrer einer von ihnen ist Die sozialen Beziehungen strukturieren sich nicht durch gleiche Arbeit oder Position sondern durch die informelle Gruppe Diese kann als sogenannte inline organisation bezeichnet werden da sie eigene Strukturen Normen und Standards aufweist Sie erfullt zwei Funktionen zum einen die Gruppe gegen Verrat von innen zu schutzen zum anderen Einmischungen von aussen abzuwehren Die Untersuchungen durch die Mayo Group erbrachten zwei wichtige Ergebnisse Eine Leistungssteigerung der Arbeitskraft kann durch soziale Aufmerksamkeit entstehen sog Hawthorne Effekt Wer auf einmal mehr Aufmerksamkeit erfahrt reagiert mit hoherer Motivation bzw mehr Leistung Auch seine Bindung an das Unternehmen steigt Ausserdem wurde die Wirksamkeit der informellen Gruppen entdeckt die oft wichtiger sind als die Arbeitsbedingungen Diese Entdeckung zeigt dass der Ansatz des scientific management von Taylor verkurzt ist Die Schlussfolgerung des Managements lautete Die bisherigen Annahmen uber das Verhalten von Arbeitern waren falsch Ihr Verhalten als okonomisch rational zu betrachten ist extrem einseitig Auch ein straffes Kontrollsystem muss durch die Wirkung der informellen Beziehungen und der Loyalitat gegenuber der informellen Gruppe versagen Die Human Relations Bewegung BearbeitenDer Begriff der Human Relations Bewegung bezeichnet einen okonomischen Denkansatz der Bedurfnisse psychologische Verfassung und Identitat der Mitarbeiter starker in das Managementkalkul einbezieht Die mittleren Fuhrungskrafte wechseln von der Rolle der Aufseher und Planer in die des Vermittlers zwischen Beschaftigten und hoherem Management Durch die Folgen des Taylorismus Fordismus auf Unternehmen und Arbeiter wurden ab etwa 1930 neue Denkansatze in das Spektrum der Gegenstande der Wirtschaftswissenschaften speziell der Betriebswirtschaftslehre integriert Die Ergebnisse der Untersuchungen der Mayo Gruppe beeinflussten nicht nur die Fuhrungspraxis sondern auch die theoretischen Diskussionen um das Menschenbild in den Wirtschafts und Sozialwissenschaften Nach und nach kam es zu einer humanistischen Offnung der Betriebswirtschaftslehre insbesondere durch die verhaltensorientierte Weiterentwicklung von Fachern wie Marketing oder Personallehre denen vor 1930 eine geringe wirtschaftliche Bedeutung zugeschrieben wurde Erweiterung fand dieser Wandel in einer erneuerten Sichtweise die das Wirtschaften insgesamt als Teil des sozialen Handelns einordnete Einsetzende Forschungsarbeiten galten jetzt Gruppenphanomenen sozialen Interaktionen Arbeitszufriedenheit und kooperativem Fuhrungsstil Diese Denkansatze unterstreichen die menschliche Dimension im Unternehmen Der Homo oeconomicus weicht dem Social man Homo socialis Die Mayo Group wandte sich von ihren psychotechnischen Grundannahmen ab und wurde zum Kern der Human relations school welche den Hohepunkt ihrer Wirksamkeit in den 1950er Jahren erreichte Da man das konfliktfreie Arbeitsklima als die wichtigste Voraussetzung fur hohe Produktivitat ansah entwickelte man Techniken zur Steuerung des Gruppenverhaltens Mayo beeinflusste eine Reihe von Fuhrungstrainingsprogrammen im Zweiten Weltkrieg viele Forschungsarbeiten fur das Militar 1 bewiesen den Einfluss der Human relations Bewegung auch ausserhalb der Industrie Zwar blieb diese Bewegung lange Zeit akademisch weil eine praktische Umsetzung zu grossen Aufwand fur die Betriebe bedeutete Human relations wurde in der Praxis eher reduziert auf Ansatze zur Schulung von Fuhrungskraften Heute sieht man in diesen Entwicklungen jedoch den Ursprung der modernen Personalwirtschaftslehre Weiterentwicklung zum motivationstheoretischen Ansatz BearbeitenEine Weiterentwicklung der Human Relations Bewegung ist der motivationstheoretische Ansatz Dieser geht auf die zunachst klinischen Untersuchungen von Abraham Maslow zuruck die dieser zwischen 1934 und 1943 durchgefuhrt hatte Diese wurden 1954 von Douglas McGregor auf die Arbeitsmotivation ubertragen Die Kritik am motivationstheoretischen Ansatz beruhte vor allem auf der Schwierigkeit die Bedurfnisbegriffe aus Maslowsche Bedurfnishierarchie zu operationalisieren Die Motivationstheorie brachte der Betriebswirtschaftslehre deshalb zunachst keinen grossen Nutzen 1960 stellte Douglas McGregor zwei gegensatzliche Menschenbilder der Betriebswirtschaftslehre gegenuber und benannte sie mit Theorie X die sich aus den Darstellungen des Mitarbeiters in der traditionellen Managementliteratur zusammensetzt und Theorie Y die eine Art Idealtyp einfuhrt der auf Human Relations Strategien anspricht Kritik BearbeitenAls Kritik kann angebracht werden dass die Human relations Bewegung zu einseitig war insofern sie die kollektiven Industrial relations und die Labor relations vernachlassigte Es handelt sich um eindimensionale Harmoniemodelle das heisst es wird ein einziges Bedurfnis befriedigt und dadurch entsteht kein Interessenausgleich zwischen Unternehmen und Mitarbeiter Doch ist die Annahme dass individuelle Bedurfnisse und Betriebsziele harmonisch optimierbar seien wohl unrealistisch Gewerkschaften oder Konflikthandeln spielten in der Human relations Arbeitswelt keine Rolle In der Folge entwickelten sich Modelle die auch die Realitat von Konflikten einbezogen Der Anwendung von Human Relations Techniken wird oft mit der Manipulation des menschlichen Verhaltens in Verbindung gebracht Doch werden seit den spaten 1960er und den 1970er Jahren immer mehr Zweifel an der Manipulierbarkeit durch diese Techniken laut Forschungen zu Zusammenhangen zwischen Arbeitszufriedenheit Fuhrungsstil und Beteiligung der Mitarbeiter an Entscheidungen einerseits und ihrer Produktivitat andererseits zeigten keine oder sogar negative Ergebnisse 2 Sonstiges BearbeitenDer Human Relations Ansatz ist nicht zu verwechseln mit den Human Resources Siehe auch BearbeitenBetriebsklimaLiteratur BearbeitenKarlheinz Sonntag Ekkehart Frieling Ralf Stegmaier Lehrbuch Arbeitspsychologie Bern Huber 2012 darin 1 Kap Gertraude Mikl Horke Industrie und Arbeitssoziologie Munchen Oldenbourg 2007 Atteslander Peter 1959 Konflikt und Kooperation im Industriebetrieb Probleme der betrieblichen Sozialforschung in internationaler Sicht Koln Opladen Westdeutscher Verlag Einzelnachweise Bearbeiten Z B Albert Bidermann Herbert Zimmer eds The manipulation of human behavior London New York Wiley amp Sons 1961 Charles Perrow Complex Organizations 1986 S 79 144 D P Schwab L L Cummings Theories of performance and satisfaction A review in Industrial Relations 9 1970 S 408 430 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Human relations amp oldid 236666800