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Hugo Primas 1086 in Orleans 17 September 1160 auch Hugo von Orleans genannt war ein Wanderscholar Literaturgelehrter Dichter im Frankreich des 12 Jahrhunderts Er gilt als einer der wichtigsten Vertreter der sogenannten Vagantendichtung Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Werk 3 Stil 4 Inhalte 5 Weiterfuhrende Literatur 6 WeblinksLeben BearbeitenWas man vom Leben des Hugo Primas weiss stammt fast ausschliesslich aus seinen Gedichten wobei jedoch nicht ganz klar ist ob Hugo sich selbst als literarische Person nicht karikiert hat Um 1085 in Orleans geboren begibt sich Hugo schon in jungen Jahren auf Wanderschaft um an den verschiedenen Schulen des Landes Literatur und Dichtkunst zu studieren Um 1109 hat Hugo seine Ausbildung bereits soweit vervollkommnet dass er nun in Orleans als Lehrer an der Domschule in Erscheinung tritt Sein Wissen in den weltlichen Wissenschaften vor allem in der antiken Literatur verschafft ihm alsbald den Ehrentitel Primas Vor allem in den Werken Homers und Ovids zeigt sich Hugo Primas bestens bewandert Kurze Zeit spater holt er Hilarius von Orleans den spateren Vagantendichter und Abaelard Schuler ebenfalls als Dozent an die Domschule ihre Wege trennten sich allerdings kurze Zeit spater wieder Hugos Lebensstil scheint nicht dazu angetan gewesen zu sein ihm selbst eine Dauerstellung am Dom zu verschaffen Vermutlich geriet er alsbald als Zyniker und Schandmaul in Verruf Deshalb begab er sich auf Wanderschaft und fuhrte bis kurz vor seinem Tod ein Leben als fahrender Lehrer und Dichter Goliarden nannten sich damals jene begabten aber mittellosen Scholaren scholares vagantes oder Wanderkleriker clerici vagi die sich einem sesshaften Leben verweigerten und in einer Art von Zunft dem Vagabundentum mit reichlich Wein Weib und Wurfelspiel dies sind die drei W s der Goliarden fronten Zu den bekanntesten Goliarden der damaligen Zeit zahlte ein gewisser Primas von Koln mit dem Hugo bisweilen verwechselt wird sowie der beruhmte Archipoeta Aus Hugos Gedichten lasst sich folgendes Itinerar rekonstruieren Nacheinander sucht er die Stadte Le Mans und Tours dann fur kurze Zeit Amiens und nachfolgend Reims auf begibt sich zuletzt nach Paris Beauvais und Sens wobei sich jedoch keine festen Zeitraume zuordnen lassen Lediglich sein Wirken in Paris wo Primas vom hohen Klerus gut aufgenommen wird ist durch die Chronik Richards von Poitiers datiert Das Jahr 1142 In diesen Tagen lebte in Paris ein Lehrer namens Hugo der von seinen Kollegen den Beinamen Primas erhielt eine kleine Person hasslich an Gestalt Er war von Jugend auf in den weltlichen Wissenschaften unterrichtet durch seinen Witz und seine Literaturkenntnisse war der Ruf seines Namens durch verschiedene Provinzen strahlend verbreitet Demnach scheint Hugo ein kleiner unscheinbarer Mann gewesen zu sein der sich deshalb selbst in einem seiner Gedichte Zachaus nennt Zur Bestreitung seines Lebensunterhalts bietet Hugo seine Dichtkunst in den Bischofspalasten Klostern und Adelssitzen an und erledigt Auftragsarbeiten Es handelt sich um alles andere als um ein sicheres Einkommen In Amiens verliert Hugo beim Spiel Hab und Gut bekommt aber das Reisegeld zur Ruckkehr nach Reims von Klerus geschenkt In Sens muss er seinen Rock und andere Utensilien verpfanden ehe er von Bischof und Archidiakon reichlich entlohnt wird Mit dem Bischof von Beauvais uberwirft er sich er greift ihn in einem seiner Gedichte scharf an Hugo scheint auch auf Einladung eines gewissen Richard den er in Sens kennengelernt hatte langere Zeit in England verbracht zu haben wo ihm als Weinliebhaber das Bier nicht behagte Moglicherweise handelt es sich bei diesem Englander um keinen anderen als Richard den Bruder Johanns von Salisbury Im Greisenalter geht es Hugo Primas vermutlich nicht mehr gut ein Vermogen scheint er nicht angehauft zu haben Seine Schilderung des Aufenthalts in einem Armenhospital spricht Bande uber das Leben der unteren sozialen Schichten in den Stadten Wohl nach der Mitte des 12 Jahrhunderts stirbt Hugo an unbekanntem Ort und unter unbekannten Umstanden Werk BearbeitenHugos literarischer Nachlass besteht aus ca funfzig Gedichten und Satiren die meist in lateinischer zum Teil auch in altfranzosischer Sprache abgefasst sind Sie haben sich in der um 1200 entstandenen Oxforder Handschrift Rawlinson G 109 erhalten und wurden erstmals von Wilhelm Meyer im Jahr 1907 kritisch ediert Im Jahr 1961 veroffentlichte Karl Langosch eine Auswahl dieser Lieder und Gedichte in einem Sammelband Referenzen siehe unten Es handelt sich bei der Oxforder Handschrift um ein homogenes Corpus von 23 nach thematischer Entzerrung eher 27 Gedichten Dass alle aus der Feder des Primas stammen steht nicht in Zweifel da der Dichter seinen Namen in nicht weniger als 8 Gedichten hinterlassen hat Daneben gibt es auch zahlreiche anonyme Fragmente Epigramme Memorialverse und Kurzgedichte die moglicherweise auch aus der Feder Hugos stammen aber diesem wegen fehlender Namensnennung nicht sicher zugeschrieben werden konnen Weitere Gedichtfragmente die von Hugo stammen konnten finden sich in anderen Handschriften Die lyrischen Werke der Oxforder Handschrift Epigramme und Vagantenlieder sind zum Teil nach ihrem Inhalt geordnet oder wegen ahnlichen Inhalts zusammengefasst Zwei hintereinander stehende Oden aus dem trojanischen Sagenkreis konnten auch Exzerpte aus einem grosseren Epos uber die Odyssee sein welches entweder nur bruchstuckhaft erhalten blieb oder vom Primas aus unbekannten Grunden nicht zu Ende gefuhrt wurde Das Gleiche gilt fur drei Gedichte uber ein leichtes Madchen namens Flora Einige inhaltlich zusammengehorige Strophen sind aus unklaren Grunden in der Kollektion auf diverse Stellen verteilt so die Gedichte uber Mantel und Pelz Nach der thematischen Ordnung durch Langosch ergeben sich funf Gruppen wobei die Gedichte personlichen Inhalts die Sammlung einleiten Das erste Gedicht ist eine Auftragsarbeit aus Reims Drei weitere fallen in Hugos Greisenalter ein Gedicht gegen einen Adeligen der ihn die Treppe hinuntergeworfen hat ein gereimter Angriff auf den Bischof von Beauvais eine Episode aus einem Kapitelhaus und Armenhospital in der er einem armen Alten gegen einen uberheblichen Kaplan verteidigt und deshalb hinausgeworfen wird und schliesslich der Imarus Gluckwunsch als kleinstes und leichtestes Stuck Die zweite Gruppe umfasst ca die Halfte aller Gedichte wobei der grosste Teil nur aus paarweise auftretenden Hexametern besteht Eine Trilogie befasst sich mit der Dirne Flora Zu den Themen Wein und Wurfelspiel finden sich ebenfalls drei Werke In einem Gedicht von 19 Distichen klagt Primas einen Mann an der ihn trunken machte um ihm sein Geld zu entlocken Drei grossere aber fragmentarische Gedichte mit je 51 59 und 101 Hexametern befassen sich mit antiken Themen und unterscheiden sich von den anderen vor allem dadurch dass sie nicht auf das Zeitgeschehen eingehen Orpheus und Eurydike Troja nach der Eroberung Odysseus bei Teiresias Stil BearbeitenDie Sprache des Hugo Primas ist ein mittelalterliches Latein welches schwungvoll und lebendig vorgetragen wird jedoch stark von der goldenen Latinitat abweicht und deshalb nicht immer leicht zu ubersetzen ist Als Versmass verwendet der Primas bevorzugt den Hexameter vereinzelt reimt er auch in elegischen Distichen Zusatzlich finden sich als mittelalterliches Spezifikum leoninische Halbreime die auch als sogenannte Unisoni in Reihe auftreten aber auch endgereimte Caudati und binnengereimte Trinini salientes Vier grossere Gedichte von 90 bis 180 Versen enthalten ausschliesslich mittelalterliche Rhythmen fallende Achtsilbler steigende Sechssilbler und Alexandriner oder Stabat Mater Strophen Meistens halt sich Hugo Primas streng an sein zuvor gefasstes Konzept manchmal uberschreitet er dieses bewusst und originell z B durch Varianz des Versmasse oder prosaische Einschube Zur Forderung des lebendigen Vortrags setzt er die Ausdrucksweise des Volksmunds ein monologisiert oder dialogisiert haufig sorgt fur rhetorische Einschube Anaphern Alliterationen und Antithesen Inhalte BearbeitenWas die Inhalte anbelangt so nimmt der offensichtlich tiefglaubige Hugo kein Blatt vor dem Mund Er erzahlt enthusiastisch und ungeschont neigt mitunter zu grotesken Ubertreibungen und manchmal sogar zu Beleidigungen und obszonen Worten Seine zahlreichen Zwischenrufe in Altfranzosisch und seine emotionellen Reimtiraden weisen ihn als einen der Volkssprache verbundenen passionierten Schreiber aus der es nicht nur versteht seine originellen Gedanken und Ideen sondern auch seine innersten Gefuhle passend zum Ausdruck zu bringen So skizziert er sich selbst als einen vom Leben mitgenommenen Menschen der jedoch von geistiger Frische und Wendigkeit nur so spruht von ehrlicher Religiositat gepragt ist und zu humorvoller Selbstrelativierung fahig ist Alles in allem strahlen die Vagantenlieder in ihrem nuancenreichen Vortrag und ihrer burlesken Szenerie eine derartige Spontaneitat und Lebendigkeit aus dass man ihren Verfasser ohne weiteres als hochbegabten Weltliteraten einschatzen darf Der hohe Bekanntheitsgrad der Gedichte auch nach seinem Tod und ihre ausserordentliche Qualitat bahnen einer neuen rhythmischeren Lyrik den Weg und stellen Hugo Primas von Orleans gleichwertig in eine Entwicklungslinie die von antiken Autoren wie Vergil oder Cassiodor ausgeht und hin zu spatmittelalterlichen oder neuzeitlichen Dichtern wie Villon oder Verlaine fuhrt Weiterfuhrende Literatur BearbeitenW Meyer Die Oxforder Gedichte des Primas Magister Hugo in Nachrichten der Gottinger Gesellschaft der Wissenschaften Phil hist Klasse Gottingen 1907 Neuauflage 1970 K Langosch Hymnen und Vagantenlieder Darmstadt 1961 N Weisbein La vie et l oeuvre latine de maitre H dit le Primat Diss Paris 1945 S Ebbesen Miscellanea zur mittelalterlichen Lyrik zu den Oxforder Gedichten des Primas Hugo von Orleans in Mittellateinisches Jahrbuch 3 1966 S 250 253 W W Ehlers Zum 16 Gedicht des Hugo von Orleans ebenda Bd 12 1977 S 77 81 J B Bauer Stola und Tapetum zu den Oxforder Gedichten des Primas ebenda Bd 17 1982 S 130 133 C J Macdonough Hugh Primas and the Bishop of Beauvais in MS 45 1983 S 399 409 E Brost Golias Lieder der Vaganten Berlin 1940 Marian Weiss Die mittelalterliche Goiardendichtung und ihr historischer Kontext Komik im Kosmos der Kathedralschulen Nordfrankreichs Inaugural Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Philosophie des Fachbereichs 04 der Justus Liebig Universitat Giessen anno 2018 bes S 62 70 http geb uni giessen de geb volltexte 2018 13626 pdf WeissMarian 2018 06 13 pdf Abgerufen am 23 Marz 2023 Weblinks BearbeitenCarmina nach der Edition von Meyer bei der Bibliotheca Augustana Hugo Primas Das Lob der hohen Reimser SchuleNormdaten Person GND 118707949 lobid OGND AKS LCCN n84050936 VIAF 14778618 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Hugo PrimasALTERNATIVNAMEN Hugo von OrleansKURZBESCHREIBUNG franzosischer VagantendichterGEBURTSDATUM um 1086GEBURTSORT OrleansSTERBEDATUM 17 September um 1160 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Hugo Primas amp oldid 232136691