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Die Holzverzuckerung oder Holzhydrolyse ist ein Verfahren bei dem Traubenzucker Glucose aus Holz gewonnen wird Dies geschieht durch einen hydrolytischen Aufschluss der Cellulose die etwa 50 der Trockensubstanz von Holz ausmacht Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Chemische Bausteine von Holz und ihre Eigenschaften in wassrigen Losungen 3 Vorbehandlung 4 Hydrolyse mit Sauren 5 Enzymatische Verzuckerung 6 Produkte 7 Biotechnologische Verfahren 8 Literatur 9 EinzelnachweiseGeschichte Bearbeiten1791 unternahm Johann Tobias Lowitz in St Petersburg Versuche zur Zuckergewinnung aus Starke 1856 haben G F Melsens Frankreich 1 und etwas spater Bachet und Marchand A Payen Zetterlund Verzuckerungsversuche von Holz mit Salzsaure unternommen Die Zuckerausbeuten lagen um 20 bezogen auf die Trockenmasse von Holz Spater unternahmen Flechsig 2 und Haglund 3 Versuche mit 72 iger Schwefelsaure sie fuhrten die Reaktion unter Kuhlung 18 C 2 Tage aus verdunnten dann die Mischung mit viel Wasser und erwarmten die Losung Erreicht wurde ein Ausbeute von etwa 55 Zucker je Trockenmasse Holz Die erste Anlage zur Holzverzuckerung wurde von Ewen und Tomlinson im Jahre 1910 in Georgetown South Carolina USA errichtet Sie verwerteten die Abfalle eines Sagewerkes und vergoren den anfallenden Zucker zu Ethanol Dabei erhielten sie 6 4 9 5 Liter Alkohol auf 100 kg Holzabfalle Trockenmasse Die Jahresleistung der Fabrik lag bei 2 000 000 Liter Ethanol Da pro Tag etwa 150 Tonnen Holzabfalle beschafft werden mussten lief die Anlage nur wenige Jahre wirtschaftlich 1916 wurden unter Leitung von Alexander Classen zwei Anlagen zur Holzverzuckerung in Deutschland gebaut in Monheim bei Dusseldorf und in Stettin 4 Heinrich Scholler gelang es mit stark verdunnter Schwefelsaure 0 1 1 unter Druck 10 atm bei hohen Temperaturen 148 C etwa 46 Zuckersubstanzen aus Holz Trockenmasse zu losen 5 Nach diesem Verfahren wurden spater mehrere Anlagen zur Zucker bzw Ethanolgewinnung errichtet Ein solches Werk war auch die Grundlage der Ems Chemie bei Chur Schweiz Helferich und Bottger Greifswald fanden 1929 ein Verfahren das mit Fluorwasserstoffsaure und tiefen Temperaturen Cellulose in Losung brachte Fluorwasserstoffsaure lasst sich durch Destillation Siedepunkt 19 C gut zuruckgewinnen Friedrich Bergius konnte im Jahr 1924 aus 100 kg trockenem Holz durch Behandlung mit Salzsaure etwa 78 kg Trockenzucker davon 85 reduzierender Zucker gewinnen 1926 wurde eine deutlich grossere Anlage in Genf CH von der Soc An de la Cellulose gebaut Diese erbrachte bei einer Tonne Holzdurchsatz pro Schicht sehr gute Zuckerausbeuten Der Betrieb wurde im Jahr 1928 wieder eingestellt 1936 grundete Werner Oswald die Holzverzuckerungs AG Hovag mit Sitz in Zurich Hovag begann nach dem Schollerschen Verfahren aus Holz Ethanol als Ersatztreibstoff fur Motorfahrzeuge zu produzieren 6 Mit dieser Produktion wurde bis Ende des Zweiten Weltkriegs 1939 1945 30 des Treibstoffbedarfs in der Schweiz gedeckt Chemische Bausteine von Holz und ihre Eigenschaften in wassrigen Losungen BearbeitenHolz besteht aus Lignin Cellulose und Hemicellulose Cellulose lasst sich sehr viel schwieriger in Zucker spalten als Starke da die glykosidische Bindung zwischen den einzelnen Glucosemolekulen sehr stabil ist Daher bedarf es dazu drastischer Bedingungen z B starke Sauren oder spezieller Enzyme Die Zuckermolekule sind in wassriger Saure gut loslich Anders als bei der Celluloseherstellung bei der Lignin durch Behandlung mit Schwefliger Saure als Ligninsulfonsaure in Losung geht und vom unloslichen Zellstoff abgetrennt werden kann bleibt Lignin bei der Holzzuckergewinnung durch saure Hydrolyse als unloslicher Ruckstand zuruck Grossere wirtschaftliche Anwendungen fur die komplexen aromatischen Ligninkorper gibt es bislang noch nicht so dass sie meist verbrannt werden Vorbehandlung BearbeitenDas Holz muss zunachst durch Hacksler Muhlen zerkleinert werden Fur den besseren Aufschluss muss das Holz meist vorbehandelt werden damit der anschliessende Aufschluss problemfrei ablauft Ein gebrauchlicher Aufschluss von Holz ist das Organosolv Verfahren das haufig fur den spateren enzymatischen Aufschluss verwendet wird In diesem Verfahren werden organische Losungsmittel genutzt um aus trockenem Holz bei hoherer Temperatur 150 200 C die Holzzellen zu zerstoren und das Lignin und die Hemicellulosen herauszulosen Wichtige Losungsmittel sind beispielsweise Ethanol Ethylenglycol Hydrolyse mit Sauren BearbeitenVerfahren nach BergiusIn diesem Verfahren durchstromt eine hochkonzentrierte Salzsaurelosung das extrahierte Holz Die Salzsaure kann durch Vakuumdestillation abgetrennt werden so dass eine hochviskose Zuckerlosung mit 60 70 Zuckergehalt und nur etwa 4 Salzsauregehalt entsteht In Rheinau Mannheim und in Regensburg wurden Anlagen zur Zuckergewinnung aus Holz nach diesem Verfahren betrieben In den funfziger Jahren wurden die Anlagen jedoch aus wirtschaftlichen Grunden stillgelegt Durch die konzentrierte Salzsaure gab es bei den damals verwendeten Materialien Korrosionsprobleme Ein Verfahren der Hoechst AG um 1980 mit Flusssaure brachte ahnlich gute Ergebnisse bei der leichten Saureabtrennung Schwierigkeiten bereitete jedoch die Nachhydrolyse welche die wirtschaftlichen Ergebnisse dieses Verfahrens begrenzte Verfahren nach SchollerScholler untersuchte sehr genau die Geschwindigkeit der Hydrolyse von Zellulose mit 1 iger Schwefelsaure bei 170 C unter Druck dabei durchstromt das heisse Wasser das Holz Scholler konnte die optimalen Einwirkungszeiten der Saure auf die Zellulose bestimmen Die Zuckerlosung besitzt eine Konzentration von ca 4 Nach dem Scholler Verfahren wurden in Tornesch Dessau und Holzminden drei Grossanlagen zur Gewinnung von Holzzucker betrieben Ferner gab es noch in Ems Schweiz und Korea Verfahren nach dem Scholler Verfahren sowie etwa 44 Anlagen in der UdSSR die nach ahnlichem Prinzip arbeiteten 7 Seit 1956 wurden alle Verfahren zur Zuckergewinnung nach diesen Verfahren aus wirtschaftlichen Grunden beendet Madison VerfahrenIn den USA wurde ein vollkontinuierliches Verfahren entwickelt das die Zykluszeit der Hydrolyse im Vergleich zum Scholler Verfahren noch weiter verbesserte Eine Grossanlage zum Durchsatz von 75 000 Tonnen Holz pro Jahr wurde jedoch aufgrund technischer Probleme nach Kriegsende stillgelegt In Neuseeland wurde im Jahr 1979 eine verbesserte Anlage nach dem Scholler Madison Verfahren entwickelt Andere SaureverfahrenAndere Verfahren beruhen auf einer Kurzzeithydrolyse von nur 6 20 Sekunden bei 240 C Eine japanische Grossanlage zur Holzverzuckerung mit konzentrierter Schwefelsaure musste aufgrund technischer Probleme stillgelegt werden Das Arkenol Verfahren nutzt ebenfalls konzentrierte Schwefelsaure Durch Ionenaustauschharze bzw spezielle Membranen wird die Saure abgetrennt Enzymatische Verzuckerung BearbeitenSeit den 1970er Jahren wird auch an einer enzymatischen Spaltung von Lignincellulose geforscht Bestimmte Enzyme Cellulasen und Pilze Bakterien konnen Cellulose in Zucker umwandeln Hierfur ist jedoch vorab immer eine Vorbehandlung des Holzes bzw der Lignincellulose notwendig damit die Zellen aufbrechen Neben dem Organosolv Verfahren kann Lignincellulose auch mit heissem Wasserdampf bei 180 240 C fur 5 30 Minuten ausgesetzt werden Ferner mussen die Celluloseketten mit Sauren oder Basen aufgequollen werden Hierfur hat sich Salzsaure als gunstig erwiesen da sie durch Destillation zuruckgewonnen werden kann Die so vorbehandelte Cellulose wird dann bei 50 C mit Hefen ca 5 7 Tage ausgesetzt Dabei wird die Cellulose zu 80 95 in Glukose umgewandelt Cellulasen die die Cellulose abbauen werden beispielsweise von Genencor und Novozymes hergestellt 8 Produkte BearbeitenNeben der Glucose entsteht eine Reihe weiterer Nebenprodukte aufgrund der im Holz neben der Cellulose vorhandenen Hemicellulose und des Lignins Die Holzzuckerlosungen werden aufgrund dieses hohen Verunreinigungsgrades vor allem zur Vergarung zu Alkohol oder als Nahrsubstrat fur die Hefefermentation verwendet Fur die Verwendung in der chemischen Industrie muss die Losung aufwendig gereinigt und entsalzt werden Die Ausbeute der Verzuckerung von einer Tonne trockenem Laubholz atro im Udic Rheinau Prozess liegt bei 220 kg kristalliner Glucose 70 kg kristalliner Xylose 280 kg Lignin und 220 kg organischen Reststoffen 9 Biotechnologische Verfahren BearbeitenIm Kontext der Diskussion um die Entwicklung der Bioraffinerie wird Holz als zentraler Rohstoff zur Gewinnung von Zucker und anderen Produkten diskutiert In diesem Fall soll die Verzuckerung allerdings uber spezielle Enzyme die Cellulasen auf biotechnologischem Weg stattfinden Literatur BearbeitenHolzverzuckerung In Herder Lexikon der Biologie Spektrum Heidelberg 2003 ISBN 3 8274 0354 5 Einzelnachweise Bearbeiten Franz Patent 21721 Zeitschrift fur physiologische Chemie 7 913 1883 Journal der praktischen Chemie 2 91 358 1915 Friedrich Bergius Ergebnisse der angewandten physikalischen Chemie Band 1 Akademische Verlagsges Leipzig 1931 S 236 Zeitschrift fur angewandte Chemie 43 455 1930 1942 Produktion der HOVAG deckte bis Kriegsende 1945 rund 30 des schweizerischen Treibstoffbedarfs Ullmann s Encyklopadie der technischen Chemie 4 Auflage Stichwort Holzverzuckerung Naturwissenschaftliche Rundschau Jahrgang 59 Heft 3 2006 S 151 ff Hans G Hirschberg Handbuch Verfahrenstechnik und Anlagenbau Chemie Technik und Betriebswirtschaft Springer 1999 ISBN 3 540 60623 8 S 441 442 Abschnitt auf Google Books Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Holzverzuckerung amp oldid 237950603