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Als Hochschulreform wird eine grossere Umgestaltung bestehender Strukturen und Inhalte innerhalb des Hochschulsystems bezeichnet Sie war und ist meist eine Reaktion auf gesellschaftliche Veranderungen sowie auf die damit verbundenen Anforderungen an Wissenschaft Hochschule und Lehre Dazu gehoren etwa demographische Entwicklungen soziookonomischer Strukturwandel in den Beschaftigungssektoren technologischer Fortschritt und internationale Wettbewerbsentwicklung Auch Reformen auf anderen Ebenen des Bildungssystems wie etwa eine Schulreform konnen eine Hochschulreform veranlassen Mit der durch den Bologna Prozess angestossenen Schaffung eines europaischen Hochschulraums findet gegenwartig eine auf europaweite Harmonisierung von Studiengangen und abschlussen sowie auf internationale Mobilitat der Studierenden zielende transnationale Hochschulreform statt Planung und Umsetzung von Hochschulreformen verteilen sich auf eine Vielzahl von Akteuren Sie werden von zahlreichen Institutionen Sachverstandigen und Interessenvertretern angeregt und unterstutzt In Deutschland obliegt die diesbezugliche Koordinierung zwischen Bund und Landern in erster Linie den hochschulpolitischen Akteuren Die konkrete Durchfuhrung erfolgt vor allem auf der Ebene der Kultusministerien der im foderalistischen Rahmen der Bundesrepublik Deutschland fur die Bildungspolitik hauptsachlich zustandigen Bundeslander Die gesetzliche Grundlage dafur bieten das Hochschulrahmengesetz und die Hochschulgesetze der Lander Inhaltsverzeichnis 1 Bereiche 2 Hochschulreformen in Deutschland seit 1945 2 1 Anfangszeit und 1950er Jahre Gegensatzliche Entwicklungen in BRD und DDR 2 2 Reformhochphase und deutsch deutsche Spezifika 2 2 1 Bundesrepublik Deutschland 2 2 2 Deutsche Demokratische Republik 2 3 Bologna Prozess 3 Hintergrunde ausschlaggebende Faktoren und Schlagworte zu Hochschulreformen 4 Hochschulrahmengesetz 5 An Hochschulreformen beteiligte Institutionen und Akteure 6 Weiterer Kontext 7 Siehe auch 8 Literatur 9 WeblinksBereiche BearbeitenDie Ziele und Inhalte von Hochschulreformen konnen einen oder mehrere der folgenden Bereiche betreffen Zugang zu bzw Qualitat und Struktur von Studium Lehre und Forschung Beispiele Auswahlrecht Studienstrukturreform und Bologna Prozess Einfuhrung des Teilzeitstudiums virtuelle Lehre Mitwirkung und Autonomie sowohl innerhalb der Institutionen als auch zwischen Hochschulen und politischen Instanzen Beispiel Reform der Organisations und Steuerungsmodelle Hochschulfinanzierung Studienfinanzierung Studiengebuhren Umbildungen in der Struktur des akademischen und administrativen Personals Beispiele Einfuhrung der Juniorprofessur leistungsbezogene Vergutungselemente bei der Professorenbesoldung Gleichstellungsarbeit Beispiele Forderung von Wissenschaftlerinnen und Studentinnen Besetzung der Berufungskommissionen familiengerechte Hochschule Girls Days Adaption administrativer und informations bzw kommunikations technischer Infrastrukturen zur optimalen Implementierung der Reformmassnahmen Infolgedessen fasst der Begriff Hochschulreform meist verschiedene in teilweise voneinander unabhangigen Bereichen greifende Massnahmen zusammen Mit zunehmender Internationalisierung des Hochschulwesens nicht erst seit Beginn des Bologna Prozesses 1999 werden nationale Hochschulreformen in steigendem Masse international ausgerichtet und ubernational koordiniert Ein Stichwort ist dabei die angestrebte und vielfach angezweifelte Homogenisierung des europaischen Hochschulraumes Hochschulreformen in Deutschland seit 1945 BearbeitenAnfangszeit und 1950er Jahre Gegensatzliche Entwicklungen in BRD und DDR Bearbeiten In den ersten Jahrzehnten nach 1949 war die Bundesrepublik eher durch die Ruckbesinnung auf Bildungstraditionen der Weimarer Republik weniger durch einschneidende Reformen im Hochschul bildungswesen gepragt Wahrenddessen erfolgten unmittelbar nach 1945 auf dem Gebiet der Sowjetischen Besatzungszone die Entnazifizierung der Hochschulen und Universitaten sowie die Abschaffung des burgerlichen Bildungsprivilegs zusatzliche Arbeiter und Bauernfakultaten Mit DDR Grundung 1949 wurde eine Umorientierung im Sinne eines ideologischen und politischen Gleichklangs mit der Sowjetunion schrittweise vollzogen Beschlusse der SED u a zum Hochschulwesen vom Januar 1951 wurden zum Ausgangspunkt der Einfuhrung stalinistischer Strukturen Der sukzessiven Umgestaltung der Hochschulen nach dem Vorbild der sowjetischen Padagogik widersetzten sich zahlreiche Studenten und Wissenschaftler u a durch Abwanderung und Flucht in den Westen Reformhochphase und deutsch deutsche Spezifika Bearbeiten Bundesrepublik Deutschland Bearbeiten Die Phase zwischen 1965 und 1973 gilt allgemein bildungspolitisch wie auch bezuglich des Hochschulwesens als eine der wichtigsten Reformperioden Ausschlaggebend fur ihre Auspragung in der Bundesrepublik waren nicht zuletzt die Forderungen der Offentlichkeit und die Kritik durch die Studentenbewegung Eine neue Priorisierung der Bildung in Einklang mit den demographischen Entwicklungen hohe staatliche Ausgaben im Bildungs und Hochschulwesen und die Neugrundung von Universitaten sind einige der charakteristischen Faktoren In den 1960er Jahren wird der mangelhafte Zustand des Bildungssystems von Kritikern wie Georg Picht diskutiert Im Zuge der weltweiten Studentenbewegung 68er erkampfen Studenten in Deutschland Frankreich Mai Unruhen und den USA Free Speech Movement eine Offnung und Demokratisierung der Hochschulen Die Westdeutsche Rektorenkonferenz erstellt unter dem 6 Januar 1968 Dokumente zur Hochschulreform die sog Godesberger Erklarung mit Empfehlungen zu Zulassungsbeschrankungen zur Stellung der wissenschaftlichen Assistenten zu Sonderforschungsbereichen und zur qualitativen Reprasentation in den Gremien der Hochschulen Die Hochschulreform in Deutschland von 1977 strebte eine umfassende Gleichberechtigung aller Bevolkerungsgruppen an was Bildungschancen angeht humanistisches Bildungsideal Aber auch neue Erkenntnisse aus Wissenschaft und Forschung sollten starker integriert werden z B Neue Mathematik Das Studium soll auch nach UN Vereinbarungen gebuhrenfrei sein Bildung wird als hohes Gut fur die Gesellschaft gesehen nicht nur in Hinblick auf wirtschaftlichen Erfolg Deutsche Demokratische Republik Bearbeiten In der Sowjetischen Besatzungszone DDR dagegen war der Reformprozess zentral gesteuert und kontrolliert es gab hierzu drei Hochschulreformen Die erste Hochschulreform umfasste die Veranderungen bei der Neueroffnung der Universitaten und Hochschulen nach 1945 auf dem Gebiet der Sowjetischen Besatzungszone Insbesondere wurde die Entnazifizierung durchgefuhrt und das burgerliche Bildungsprivileg gebrochen Einfuhrung der Arbeiter und Bauern Fakultaten Die zweite Hochschulreform wurde 1951 52 vollzogen und die zentralistische Steuerung des Hochschulwesens der DDR eingefuhrt Das Staatssekretariat fur Hoch und Fachschulwesen war fur die Leitung und Koordinierung des gesamten Hochschulbereichs zustandig Es gab fur alle Studienrichtungen einheitliche und verbindliche Studien und Prufungsplane mit einer genauen Regelung des Studienganges heraus Die dritte Hochschulreform sollte die Effektivitat von Forschung und Ausbildung verbessern sowie eine starkere Verbindung der Hochschulen mit der Wirtschaft bewirken Es wurden seit Sommer 1968 in der ganzen DDR an allen Hochschulen und Universitaten nahezu einheitliche Strukturen eingefuhrt Abweichungen gab es vorwiegend an den Universitaten im medizinischen Bereich Im Verlauf dieser Hochschulreform wurden die bestehenden Institutsstrukturen vollstandig aufgelost und als grossere Einheiten wurden Sektionen eingefuhrt etwa vergleichbar mit den US amerikanischen Department Strukturen Ziel war hierbei eine starkere strukturelle Zentralisierung im Hochschulwesen Dazu wurden zusatzlich zu den Studienplanen auch die Promotionsordnungen umgestellt Promotion A und Promotion B sowie eine neue Hochschullehrerberufungsverordnung eingefuhrt Professoren Hochschuldozenten Der steigenden Studentenzahl in der Bundesrepublik Deutschland stand hier die Drosselung des Hochschulzugangs zu Gunsten der Facharbeiterausbildung gegenuber Hier bewirkten insbesondere der Beschluss vom 3 April 1969 uber die Weiterfuhrung der dritten Hochschulreform und die Entwicklung des Hochschulwesens bis 1975 die Reorganisation der inneren Strukturen der Hochschulen Sektionen und des Studiums Bologna Prozess Bearbeiten Hauptartikel Bologna Prozess und Europaischer Hochschulraum Zu Beginn des 21 Jahrhunderts finden Hochschulreformen auf europaischer Ebene und daruber hinaus statt Anlass ist die erwunschte Herstellung eines gemeinsamen europaischen Hochschulraums der durch Harmonisierung bzw Herstellung einer Konvergenz der Rahmenbedingungen unter anderem die internationale Mobilitat der Studierenden und die transnationale Anerkennung von Studienabschlussen fordern soll Im Mittelpunkt des Reformdiskurses stehen im Zeitalter von Globalisierung und Standort Konkurrenz einerseits die marktorientierte Neuausrichtung von Studiengangen und Studienabschlussen sowie Fragen der Hochschulfinanzierung Studiengebuhren und Drittmittel einwerbung andererseits geht es um die Forderung von Spitzenuniversitaten sowie um die Hochschulautonomie und die Partizipation der am Hochschulleben beteiligten Gruppen im Spannungsfeld gesellschaftlicher Einflussnahmen Hintergrunde ausschlaggebende Faktoren und Schlagworte zu Hochschulreformen BearbeitenDie Anpassung an neue Bedingungen und die Herausforderungen der Zeit erfordern neue Konzepte so dass mit den durchgefuhrten Restrukturierungen haufig ein Wandel und ein Bruch mit hochschulpolitischen Traditionen assoziiert werden Im offentlichen Diskurs werden dabei hochschulpolitische Konsensfindung und Entscheidungsprozesse in starkem Masse von kontroversen und selten wertneutralen Schlagworten begleitet Uber die realen Kontextbedingungen hinaus geht es haufig um kontrare Interessenlagen der verschiedenen Akteure und die Vereinbarkeit von Kontinuitat und Innovation in der Entwicklung des deutschen und damit verbunden auch des europaischen Hochschulwesens Im Ubrigen wurde die Mehrzahl der heute aktuell erscheinenden Faktoren und Schlagworte im Lauf der Jahrzehnte bereits angefuhrt und kontrovers diskutiert ihre spezifischen Inhalte und Charakteristika ihre jeweiligen Befurworter oder Gegner jedoch bedeuten jeweils neue Ausgangspunkte Konsequenzen und Perspektiven Daher wurde der Versuch unternommen die Liste nicht rein chronologisch sondern nach Popularitat und absteigender Verwendungshaufigkeit innerhalb des Gesamtzeitraums zu erstellen Demographischer Wandel und Chancenungleichheit Die Krise der deutschen Universitat Modernisierung und Erhohung von Effizienz in Wissenschaft Forschung und Lehre Internationale Mobilitat und Sichtbarkeit Internationalisierungsstrategien Mangel an Absolventen gemass Arbeitsmarktnachfrage Fachkraftemangel akademische Mobilitat und Flexibilitat Talentabwanderung Universitat als Unternehmen und Dienstleistungsanbieter managementorientierte Steuerungskonzepte Profilbildung Differenzierung Konvergenz Bildungsbericht 2006 Erhohung der Studierbarkeit und der sogenannten Employability Hochschulrahmengesetz BearbeitenHochschulrahmengesetz HRG in der Fassung der Bekanntmachung vom 19 Januar 1999 BGBl I S 18 zuletzt geandert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 12 April 2007 BGBl I S 506 8 Studienreform Die Hochschulen haben die standige Aufgabe im Zusammenwirken mit den zustandigen staatlichen Stellen Inhalte und Formen des Studiums im Hinblick auf die Entwicklungen in Wissenschaft und Kunst die Bedurfnisse der beruflichen Praxis und die notwendigen Veranderungen in der Berufswelt zu uberprufen und weiterzuentwickeln An Hochschulreformen beteiligte Institutionen und Akteure BearbeitenBundesministerium fur Bildung und Forschung Kultusministerien der Lander Kultusministerkonferenz KMK Gemeinsame Wissenschaftskonferenz GWK von Bund und Landern seit 1 Januar 2008 infolge der am 1 September 2006 in Kraft getretenen Foderalismusreform bis 31 Dezember 2007 BLK Bund Lander Kommission fur Bildungsplanung und Forschungsforderung Wissenschaftsrat Hochschulrektorenkonferenz Stifterverband fur die Deutsche Wissenschaft Allgemeiner Fakultatentag Deutsches Studentenwerk Allgemeine Studentenausschusse und deren Dachverbande Verband Deutscher Studentenschaften freier zusammenschluss von studentInnenschaften Deutscher Hochschullehrerinnenbund Deutscher Hochschulverband Bundesassistentenkonferenz 1968 1974 CHE centrum fur Hochschulentwicklung HIS Hochschul Informations System GmbH Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Verband Hochschule und Wissenschaft im Deutschen Beamtenbund ver di Fachbereich Bildung Wissenschaft und Forschung Deutscher Bildungsrat 1965 1975 Weiterer Kontext BearbeitenWilhelm von Humboldt steht fur einen gewandelten Bildungsbegriff der Aufklarung Die Reformpadagogik strebt eine Reformierung alterer padagogischer Grundsatze an Siehe auch BearbeitenVerfasste Studierendenschaft Studentenprotest BildungsreformLiteratur BearbeitenOskar Anweiler Hans Jurgen Fuchs Martina Dorner Eberhard Petermann Hrsg Bildungspolitik in Deutschland 1945 1990 Ein historisch vergleichender Quellenband Bundeszentrale fur politische Bildung Bonn 1992 Ausverkauf der Philosophie Die Folgen der Hochschulreform Nr 44 der Zeitschrift Widerspruch Widerspruch Munchen 2006 Christine Burtscheidt Humboldts falsche Erben Eine Bilanz der deutschen Hochschulreform Campus Wiesbaden 2010 ISBN 978 3 593 39272 1 Frauke Gutzkow Gunter Quaisser Hrsg Jahrbuch Hochschule gestalten 2007 2008 Denkanstosse in einer foderalisierten Hochschullandschaft Bielefeld 2008 ISBN 978 3 937026 58 9 Richard Munch Akademischer Kapitalismus Uber die politische Okonomie der Hochschulreform Suhrkamp Frankfurt am Main 2011 ISBN 978 3 518 12633 2 George Turner Hochschule zwischen Vorstellung und Wirklichkeit Zur Geschichte der Hochschulreform im letzten Drittel des 20 Jahrhunderts Berlin 2001 George Turner Hochschulreformen Eine unendliche Geschichte seit den 1950er Jahren Duncker amp Humblot Berlin 2018 ISBN 978 3 428 15424 1 Otto Friedrich Wiegand Hochschulreform Hochschulgesetzgebung Studienreform in der Bundesrepublik Deutschland Eine Literaturubersicht 13 Bande Universitatsbibliothek Kiel 1970 1984 Weblinks Bearbeiten nbsp Wiktionary Hochschulreform Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen Bundesministerium fur Bildung und Forschung Hochschulreform Die deutsche Universitat Ein kritischer Durchgang durch Wissenschaft Ausbildung und Hochschulreform heute PDF Datei Autor Prof Dozekal Frankfurt 299 kB Thema Hochschulreform auf Uebergebuehr de Artikel Hochschulen Hochschulreformen im Handworterbuch des politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland Bundeszentrale fur politische Bildung Armin Himmelrath Bologna Reform Regierung zufrieden Studenten genervt Der Spiegel 18 Marz 2015Normdaten Sachbegriff GND 4025255 3 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Hochschulreform amp oldid 227855231