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Die Promotion B zum Doktor der Wissenschaften Dr sc war eine akademische Qualifizierungsform in der DDR Sie wurde nach sowjetischem Vorbild siehe Doktor nauk mit der Verordnung uber die akademischen Grade vom 6 November 1968 eingefuhrt und war durch die Promotionsordnungen vom 21 Januar 1969 geregelt Sie stand Personen offen die durch die Promotion A im Besitz eines akademischen Grades des Doktors eines Wissenschaftszweiges waren und in der Regel Hochschullehrer werden wollten Fur den Nachweis der Lehrbefahigung als Voraussetzung fur eine Berufung zum Hochschullehrer Hochschuldozent Professor musste die Facultas Docendi in einem zusatzlichen Verfahren unabhangig von der Promotion B erworben und mit einer eigenen Urkunde nachgewiesen werden Nach der Herstellung der deutschen Einheit wurden Promotion B plus Facultas Docendi in der Regel als habilitationsgleichwertige Leistung anerkannt Es handelte sich bei der Promotion B deshalb nicht um eine bloss neu benannte Habilitation Ziel war es vielmehr die akademische Hierarchie abzuflachen Dazu wurde die Unterscheidung zwischen Habilitation und Promotion auch begrifflich eingeebnet 1 Durch die Trennung von Lehrbefahigung in Form der facultas docendi und Promotion B war der Stellenwert der Promotion B zunachst gering Bis 1972 ging die Zahl der abgelegten Prufungen zuruck Der hochschulpolitische Kurs wurde daraufhin geandert denn viele Wissenschaftler hatten ihre fachliche Karriere zugunsten politischer Karrierekriterien vernachlassigt 1973 wurde die Promotion B deshalb zur Bedingung einer Berufung gemacht Eine gute Parteikarriere wog mangelnde fachliche Qualifikation bei Berufungen nicht auf Dadurch wurde der Stellenwert der Promotion B gehoben und die Zahl der Verfahren gesteigert 2 Die Anspruche an die wissenschaftliche Qualitat einer Dissertation B waren nach Einschatzung von Wilhelm Bleek und Lothar Mertens exorbitant hoch da schon die Anspruche an die Dissertation A sehr hoch angesiedelt gewesen seien 3 Ende der 1970er Jahre machte sich der Mangel an qualifizierten Fachkraften in der DDR auch bei der Qualifizierung zur Promotion B bemerkbar Hochschullehrer wiesen A Promovierte auf ihre moralische Verpflichtung hin auch die B Promotion anzustreben 4 Gleichzeitig wurde in den 1980er Jahren das Anspruchsniveau gesenkt und 1988 die Ausnahme vorgesehen dass ein herausragendes Promotionsverfahren A in ein Promotionsverfahren B umgewandelt werden konnte 5 Hochschullehrer waren in der DDR nicht nur Forscher sondern auch Ideologievermittler sodass an sie auch ideologische Anforderungen gestellt wurden 4 Die Moglichkeit durch die Promotion B den hochsten akademischen Grad zu erwerben hatten promovierte Assistenten oder Oberassistenten wenn die SED dies unterstutzte 6 Weitere Bedingungen waren so spezifizierte es die Verfahrensordnung der Humboldt Universitat vom 1 Juni 1974 E ine erfolgreiche Tatigkeit in wissenschaftlichen Kollektiven die Weiterbildung auf Gebieten des Marxismus Leninismus hervorragende Arbeit bei der Gestaltung des entwickelten Sozialismus 3 Dadurch so die Einschatzung des Historikers Ralph Jessen wurden dem Anforderungsprofil nicht wissenschaftliche Bestandteile hinzugefugt die nicht durch die wissenschaftliche Fachgemeinschaft kontrolliert werden konnten 7 Es war in der DDR gangige Praxis mit der Promotion B haufig das Thema der Promotion A zu erweitern 8 Falls die Promotion B in derselben Fachrichtung erfolgte wie die Promotion A wurde ein sc scientiarum zum Doktorgrad hinzugefugt Seit dem Jahre 1991 wurde die Promotion B in den meisten Fallen zu einer Habilitation umgewandelt wobei im Antragsverfahren bei einer Universitat oder wissenschaftlichen Hochschule mit Habilitationsrecht die Urkunden fur Promotion B und Facultas Docendi verlangt wurden In der Praxis uberstieg die Zahl der absolvierten B Promotionen deutlich den Bedarf an Hochschullehrern und wurde seit Mitte der 1970er Jahre geradezu zu einem Massengrad Hatte 1950 das Verhaltnis von Habilitierten zu Promovierten noch 1 25 betragen kamen in der zweiten Halfte der 1970er Jahre auf eine Promotion B vier bis sechs Promotionen A Dies entsprach der Absicht der Reformer die mit der Promotion B einen berufsunspezifischen akademischen Grad ohne Bezug zur Hochschullehre schaffen wollten 9 Literatur BearbeitenDieter Voigt et al Zur Fragwurdigkeit akademischer Grade und Titel in der DDR Der Primat der kommunistischen Ideologie von der Wissenschaft Eine Analyse von Doktorarbeiten und Habilitationsschriften der Jahre 1950 bis 1990 In Heiner Timmermann Hrsg DDR Forschung Bilanz und Perspektiven Duncker amp Humblot Berlin 1995 ISBN 3 42808462 4 S 227 262 Weblinks BearbeitenVerordnung uber die akademischen Grade vom 6 November 1968 bei documentarchiv de Anordnung zur Verleihung des akademischen Grades Doktor der Wissenschaften Promotionsordnung B vom 21 Januar 1969 bei documentarchiv deEinzelnachweise Bearbeiten Wolfgang Lambrecht Wissenschaftspolitik zwischen Ideologie und Pragmatismus Die III Hochschulreform 1965 71 am Beispiel der TH Karl Marx Stadt Waxmann Munster 2007 S 262 Tobias Schulz Sozialistische Wissenschaft Die Berliner Humboldt Universitat 1960 1975 Bohlau Koln 2010 S 259 260 a b Wilhelm Bleek u Lothar Mertens DDR Dissertationen Promotionspraxis und Geheimhaltung von Doktorarbeiten im SED Staat Westdeutscher Verlag Opladen 1994 S 74 a b Dieter Voigt Sabine Gries Karriereangebote Karrieremuster und Elitenrekrutierungen In Deutscher Bundestag Hg Materialien der Enquete Kommission Aufarbeitung von Geschichte und Folgen der SED Diktatur in Deutschland Bd III 3 Rolle und Bedeutung der Ideologie integrativer Faktoren und disziplinierender Praktiken in Staat und Gesellschaft der DDR Nomos Baden Baden 1995 hier S 1964 Wilhelm Bleek u Lothar Mertens DDR Dissertationen Promotionspraxis und Geheimhaltung von Doktorarbeiten im SED Staat Westdeutscher Verlag Opladen 1994 S 75 76 Dieter Voigt et al Zur Fragwurdigkeit akademischer Grade und Titel in der DDR Der Primat der kommunistischen Ideologie von der Wissenschaft Eine Analyse von Doktorarbeiten und Habilitationsschriften der Jahre 1950 bis 1990 In Heiner Timmermann Hrsg DDR Forschung Bilanz und Perspektiven Duncker amp Humblot Berlin 1995 ISBN 3 42808462 4 S 244 Ralph Jessen Akademische Elite und kommunistische Diktatur Die ostdeutsche Hochschullehrerschaft in der Ulbricht Ara Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 1999 ISBN 978 3 525 35797 2 S 117 Teresa Brinkel Volkskundliche Wissensproduktion in der DDR Zur Geschichte eines Faches und seiner Abwicklung LIT Verl Munster Westf 2012 ISBN 978 3 64380127 2 S 206 Ralph Jessen Akademische Elite und kommunistische Diktatur Die ostdeutsche Hochschullehrerschaft in der Ulbricht Ara Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 1999 ISBN 978 3 525 35797 2 S 118 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Promotion B amp oldid 228915743