www.wikidata.de-de.nina.az
Der okologische und naturschutzfachliche Begriff Hemerobie ist ein Mass fur den gesamten Einfluss des Menschen auf naturliche Okosysteme 1 Die aus den griechischen Wortern ἥmeros hḗmeros gezahmt kultiviert und bios bios Leben gebildete und erstmals Anfang des 20 Jahrhunderts von Biologen in Skandinavien benutzte Bezeichnung 2 kann etwa mit Kultivierungsgrad ubersetzt werden Im Sprachgebrauch des fachlichen Naturschutzes wird die Hemerobie auf den Grad der Naturlichkeit von Vegetation reduziert und gleichbedeutend mit den Begriffen Naturnahe oder Naturferne verwendet 3 Liegen unumkehrbare oder irreversible Standortveranderungen vor ist es jedoch sinnvoll zwischen dem Konzept der Hemerobie und dem der Naturnahe zu differenzieren 4 Inhaltsverzeichnis 1 Naturnahe Naturferne 2 Hemerobie System nach Jalas und Sukopp 2 1 Globaler Massstab 2 2 Hemerobiegrade in Deutschland 3 Siehe auch 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseNaturnahe Naturferne Bearbeiten nbsp Alle Grenzen sind fliessend Wo endet Natur und wo beginnt Kultur Naturnahe Naturferne oder Naturlichkeit ist eines der zentralen Fachkriterien fur eine okologisch fundierte naturschutz fachliche Bewertung von Pflanzengesellschaften Dieser Bewertung liegt zugrunde dass die Gegenuberstellung von Naturlichkeit und Unnaturlichkeit bzw Kunstlichkeit keine absolute sondern eine relative ist Es gibt im Prinzip beliebig viele Grade von Naturlichkeit und Kunstlichkeit die sich zudem auf unterschiedliche Dimensionen beziehen konnen 5 Dies fuhrt dazu dass es keine allgemein anerkannte Definition von Naturnahe Naturferne gibt und es umstritten ist welche Indikatoren fur die Ermittlung des Grades der Naturnahe Naturferne herangezogen werden sollten Deshalb existiert eine Vielfalt unterschiedlicher Kriterien und Einteilungen Bezogen auf die zumeist bestimmende Pflanzenwelt wird die Naturnahe als Differenz zwischen der tatsachlichen und der heutigen potenziell naturlichen Vegetation eines Okosystems abgeleitet So entsteht beispielsweise eine Skala von sehr naturnah bis kulturbestimmt Die Festlegung erfolgt z B uber die prozentualen Anteile der naturlich vorkommenden Arten Ein Gebiet in dem 100 der nach der potenziellen naturlichen Vegetation zu erwartenden Arten vorkommen ware demnach sehr naturnah Ein Maisfeld hingegen bei dem man noch maximal 10 der Arten findet die dort von Natur aus leben wurden ware kulturbestimmt Um zu solchen Ergebnissen zu gelangen wird vor allem die Biotopkartierung eingesetzt Mit der Naturschutzstrategie des Prozessschutzes will man erreichen dass sich relativ naturnahe Biotope allein durch die naturliche Sukzession ihrem potenziellen Naturzustand weiter annahern 1 Hemerobie System nach Jalas und Sukopp BearbeitenFur die Hemerobie als Storung der Vegetation hat sich in Mitteleuropa das System nach Jaakko Jalas 1953 1955 durchgesetzt das 1972 von Herbert Sukopp weiterentwickelt wurde Lebensraume und Vegetationstypen werden in folgende Skala Hemerobiestufen Hemerobiegrade eingeteilt 6 ahemerob naturlich unbeeinflusst griech an ohne oligohemerob naturnah gering beeinflusst wie sehr gering besiedelte Gebiete Arktis Wusten Hochgebirge griech oligo wenig mesohemerob semihemerob halbnaturlich massig beeinflusst wie dunn besiedelte Kulturlandschaften meso mittel euhemerob naturfern stark beeinflusst wie Agrarlandschaften Siedlungen eu wohl polyhemerob sehr stark beeinflusst teilbebaute Flachen Deponien poly viel metahemerob naturfremd Biozonose weitgehend zerstort Anthropotope wie Verkehrsflachen Kerngebiete der Innenstadte und vegetationsfreie Industrieanlagen meta uber massig Globaler Massstab Bearbeiten In der Siedlungsgeographie existieren seit langem die Begriffe Okumene fur den dauernd besiedelten Raum Subokumene fur den extensiv genutzten und nur punktuell besiedelten Raum sowie Anokumene fur nicht bewohnbare Gebiete Vergleichende Betrachtungen der globalen Okosysteme operieren haufig mit einer reduzierten Skala der Hemerobie Dabei geht es vor allem in popularwissenschaftlichen Darstellungen um die plakative Grenzziehung zwischen Wildnis und Kulturlandschaft Seriose Veroffentlichungen berufen sich dabei auf verschiedene wissenschaftliche Studien Vor allem ist hier die umfassende Studie Last of the wild Version 2 zu nennen die 2005 von der Wildlife Conservation Society und dem Center for International Earth Science Information Network CIESIN an der Columbia University New York veroffentlicht wurde Ausgehend von acht Hemerobie Stufen die hier als Menschlicher Fussabdruck HFI Human footprint index bezeichnet werden gelangt die Studie zu einer Dreiteilung der irdischen Landoberflache in most wild etwa Kernwildnis last of the wild etwa Wildnischarakter und least wild etwa Restwildnis Aufgrund des massiven anthropogenen Einflusses des Menschen auf die Biosphare wurde vorgeschlagen das laufende Erdzeitalter Anthropozan zu nennen Hemerobiegrade in Deutschland Bearbeiten nbsp Anteil naturbetonter Flachen je Gemeinde in Deutschland nbsp Hemerobie Deutschlands 2010 Ahemerobe Biotope existieren in Deutschland infolge der flachendeckenden historischen Kulturlandschaftsentwicklung nicht oder nur in besonderen kleinflachigen Ausnahmefallen Einige Gebiete konnen als oligohemerob klassifiziert werden wie z B die Hochgebirge der Bayerischen Alpen und naturliche Moore Als meso bzw semihemerob konnen die Wattenmeere sowie alte heimische Buchenmischwalder mit naturnahen Strukturen und Arteninventar angesehen werden Funf allerdings relativ kleine Buchenwalder wurden darum 2011 als Teilcluster des Europaischen Buchenwaldes als Weltnaturerbe von der UNESCO anerkannt Infolge der Daten der Hemerobieindikatoren 7 des Monitor der Siedlungs und Freiraumentwicklung gehoren etwa 33 der Landesflache Deutschlands zu den drei naturbetonten Stufen ahemerob bis mesohemerob und 67 zu den kulturbetonten Stufen euhemerob bis metahemerob 8 Siehe auch BearbeitenAnthropogenes Biom Biom Ersatzgesellschaft MikrobiomLiteratur BearbeitenWolfgang Frey Rainer Losch Lehrbuch der Geobotanik Pflanze und Vegetation in Raum und Zeit 2 Auflage Spektrum Heidelberg 2004 ISBN 3 8274 1193 9 S 39 Ingo Kowarik Naturlichkeit Naturnahe und Hemerobie als Bewertungskriterien In Otto Franzle Felix Muller Winfried Schroder Hrsg Handbuch der Umweltwissenschaften Grundlagen und Anwendungen der Okosystemforschung Wiley VCH Weinheim 2006 ISBN 3 527 32144 6 VI 3 12 S 1 18 Weblinks Bearbeiten nbsp Wiktionary naturlich Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen nbsp Wiktionary Naturlichkeit Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme UbersetzungenEinzelnachweise Bearbeiten a b Der gute okologische Zustand naturnaher terrestrischer Okosysteme ein Indikator fur Biodiversitat Tagungsband zum Workshop in Dessau 19 20 9 2007 PDF 4 2 MB Website des Umweltbundesamtes Abgerufen am 23 Februar 2013 Uta Eser Der Naturschutz und das Fremde Okologische und normative Grundlagen der Umweltethik Campus Forschung 1999 ISBN 3 593 36250 3 Manfred Haacks Landschaftsokologisch vegetationskundliche Vergleichsstudie der Dove und Gose Elbe in Hamburg Diplomarbeit Fachbereich Geowissenschaften der Universitat Hamburg Institut fur Geographie Hamburg 1998 PDF 22 3 MB Website des Verfassers Abgerufen am 23 Februar 2013 Christian Stein und Ulrich Walz Hemerobie als Indikator fur das Flachenmonitoring Methodenentwicklung am Beispiel von Sachsen Naturschutz und Landschaftsplanung 44 2012 9 S 261 266 PDF 1 1 MB Dieter Birnbacher Naturlichkeit De Gruyter Berlin 2009 Dieter Birnbacher Naturlichkeit In Thomas Kirchhoff Hrsg Online Encyclopedia Philosophy of Nature Online Lexikon Naturphilosophie Universitatsbibliothek Heidelberg 2019 doi 10 11588 oepn 12019 11580 65541 Stefan Klotz und Ingolf Kuhn Indikatoren des anthropogenen Einflusses auf die Vegetation Memento des Originals vom 4 Marz 2016 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www2 ufz de Schriftenreihe fur Vegetationskunde Bundesamt fur Naturschutz 2002 PDF 227 kB Website des BfN Abgerufen am 23 Februar 2013 Ulrich Walz und Christian Stein Indicators of hemeroby for the monitoring of landscapes in Germany Journal for Nature Conservation 22 2014 3 S 279 289 PDF 3 3 MB Monitor der Siedlungs und Freiraumentwicklung Indikator Anteil naturbetonter Flachen an Gebietsflache Memento des Originals vom 24 September 2015 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www ioer monitor de Leibniz Institut fur okologische Raumentwicklung IOR 2010 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Hemerobie amp oldid 233260077