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Als Ersatzgesellschaft bezeichnet man Pflanzengesellschaften die unter anthropogenen Einflussen entstanden sind erhalten werden oder sich als direkte Folge aktueller oder ehemaliger Nutzungen einstellen Der Ausdruck Ersatzgesellschaft bezieht sich auf das Konzept der potenziellen naturlichen Vegetation und wird nur in diesem Zusammenhang verwendet 1 Im globalen Massstab spricht man von anthropogenen Landschaften Inhaltsverzeichnis 1 Ersatzgesellschaft und potenzielle naturliche Vegetation 1 1 Schlussgesellschaft 1 2 Reale Vegetation 1 3 Hemerobie 2 Ersatzgesellschaft und Klimaxvegetation 3 Siehe auch 4 Quellen 5 EinzelnachweiseErsatzgesellschaft und potenzielle naturliche Vegetation BearbeitenDie potenzielle naturliche Vegetation ist ein theoretisches Konzept zur Beurteilung des naturlichen Standortpotenzials Sie dient dazu herauszufinden welche Vegetationsform sich an einem bestimmten Standort anstelle der vorhandenen Vegetation einfinden konnte wenn die Bedingungen verandert werden Dadurch konnen z B bei einer Aufforstung die geeigneten Baumarten ausgewahlt werden oder der Vegetationszustand nach einer Nutzungsveranderung oder aufgabe kann prognostiziert werden Schlussgesellschaft Bearbeiten Zur Bestimmung der Ersatzgesellschaften wird zunachst die reale Vegetation des zu beurteilenden Standorts aufgenommen Aus dieser kann eine sogenannte Schlussgesellschaft ermittelt werden Diese ist die dauerhafteste Pflanzengesellschaft die am jeweiligen Standort moglich ist Gabe es keine menschlichen Einflusse kann man annehmen dass diese Vegetation sich auf diesem Standort tatsachlich einfinden wurde Die Schlussgesellschaft entspricht also der potenziellen naturlichen Vegetation im eigentlichen Sinne Schlussgesellschaften sind unter den Bedingungen Mitteleuropas beinahe ausschliesslich Waldgesellschaften 2 Alle anderen Vegetationseinheiten sind also Ersatzgesellschaften z B Nadelholzforsten Wiesen Acker Magerrasen Da nur die spontane Pflanzendecke direkt durch die Standortfaktoren bedingt ist darf naturgemass auch nur diese fur die Beurteilung herangezogen werden Fur die Ersatzgesellschaft eines Ackers in einer Kulturlandschaft wird dementsprechend die Unkrautflora beurteilt nicht der vom Menschen ausgesate Raps oder Roggen Fur die Ersatzgesellschaft eines Nadelbaumforsts die Bodenvegetation nicht die angepflanzten Kiefern oder Douglasien Fur die jeweilige Schlussgesellschaft kann ein Spektrum an moglichen Ersatzgesellschaften ermittelt werden die sich unter bestimmten menschlichen Einflussen einstellen z B konnen der Schlussgesellschaft Eichen Hainbuchen Wald die Ersatzgesellschaften unter anderen Glatthafer Wiese Weidelgras Weissklee Weide und Acker Unkrautgesellschaft entsprechen Reale Vegetation Bearbeiten Durch menschliche Einflusse vor allem durch Nutzungseinflusse weicht die reale Vegetation in sehr vielen Fallen von der zu erwartenden Schlussgesellschaft ab Ein solcher Vegetationsbestand der denselben Standorteinflussen Bodenfaktoren Lokalklima wie die Schlussgesellschaft unterliegt aber aufgrund der Nutzungsfaktoren eine andere Vegetation tragt ist eine Ersatzgesellschaft Dementsprechend gibt es auf einem Standort so viele Ersatzgesellschaften wie es menschliche Nutzungseinflusse gibt Durch menschliche Einflusse aber auch durch naturliche Sukzession kann sich naturlich nicht nur die Vegetationsdecke sondern auch der Standort verandern Beispielsweise kann ein nach Waldrodung offen liegender Boden durch Erosion seine Humusdecke oder den gesamten Oberboden verlieren Durch Bagger und Baumaschinen konnen Boden auf oder abgetragen werden Durch Deiche und Entwasserungsgraben konnen Sumpfe trockengelegt werden Da sich dadurch das Standortpotenzial selbst verandert werden so entstandene Vegetationsbestande nicht als Ersatzgesellschaften auf dem ursprunglichen Standort betrachtet Sie besitzen aber selbstverstandlich ihre eigene Schlussgesellschaft die dem neuen Standortpotenzial entspricht und ihr eigenes Spektrum an Ersatzgesellschaften Hemerobie Bearbeiten Ersatzgesellschaften werden in Stufen der anthropogenen Beeinflussung eingeteilt Hemerobie 3 Damit konnen syndynamische Zusammenhange zwischen Pflanzengesellschaften erklart werden z B progressive und regressive Sukzession Tuxen hat die Ersatzgesellschaften in vier Grade zunehmender anthropogener Uberformung unterteilt so dass eine Ersatzgesellschaft 1 Grades der potenziellen Schlussgesellschaft pflanzensoziologisch und syndynamisch naher stehe als eine Ersatzgesellschaft 4 Grades Im wissenschaftlich beschreibenden Sinne ist mit dieser Stufung keine Wertung verbunden so dass Schlussgesellschaften und Ersatzgesellschaften als unterschiedliche aber gleichberechtigte Pflanzengesellschaften anzusehen sind die an einem Wuchsort gedeihen konnen Da aber Ersatzgesellschaften im okonomischen Zusammenhang der Landbewirtschaftung stehen kann ihnen sekundar Wert zuerkannt werden Ersatzgesellschaft und Klimaxvegetation BearbeitenIm Zusammenhang mit dem Konzept der potenziellen naturlichen Vegetation wird der hypothetische Endzustand der Vegetationsentwicklung als Schlussgesellschaft bezeichnet In anderem theoretischen Zusammenhang wird dieser Endzustand als Klimaxvegetation gefasst Die Klimaxvegetation ist der gedachte Endzustand einer naturlichen Entwicklung Sukzession an einem bestimmten Standort aber unter Einbeziehung der dabei ablaufenden Standortveranderungen Zum Beispiel wird auf einem armen Rohboden die Schlussgesellschaft zum Beispiel ein genugsamer und lichter Kiefernwald sein Bei einer Sukzession auf diesem Standort wird der Wald den Boden verandern er kann Auflagehumus akkumulieren der Wasser und Nahrstoffe speichert und sich so zu einem Eichen oder Buchenwald entwickeln Das Konzept der Klimaxvegetation wird in diesem Zusammenhang dafur kritisiert dass das Ergebnis der Prognose durch die Notwendigkeit solche Veranderungen vorherzusagen noch hypothetischer ist als die Zuordnung einer Schlussgesellschaft Innerhalb der soziologischen Progression gilt die Klimaxvegetation als die hochstentwickelte Vegetationsform an einem Standort Daher wird an der Klimaxtheorie kritisiert dass mit ihr eine Wertung impliziert sei 4 die letztlich die Schlussgesellschaft uber die Ersatzgesellschaften stelle Siehe auch BearbeitenOkologie Pflanzensoziologie RuderalvegetationQuellen BearbeitenReinhold Tuxen Die heutige potentielle naturliche Vegetation als Gegenstand der Vegetationskartierung In Angewandte Pflanzensoziologie 13 1956 S 2 42 Otti Wilmanns Okologische Pflanzensoziologie Heidelberg 1989 Einzelnachweise Bearbeiten R Tuxen Die heutige potentielle naturliche Vegetation als Gegenstand der Vegetationskartierung O Wilmanns Okologische Pflanzensoziologie S 41 f H Ellenberg Vegetation Mitteleuropas mit den Alpen in okologischer dynamischer und historischer Sicht Stuttgart 1996 M Schaefer Worterbuch der Okologie Heidelberg Berlin 2003 I Kowarik Zum menschlichen Einfluss auf Flora und Vegetation Theoretische Konzepte und ein Quantifizierungsansatz am Beispiel von Berlin West Berlin 1988 A Hass Die Monoklimaxtheorie als Spiegel konservativer Subjektphilosophie In Naturschutz und Demokratie Munchen 2006 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Ersatzgesellschaft amp oldid 220099018