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Hedwig Margarete Jung Danielewicz 1 5 Dezember 1880 in Berlin 1942 vermutlich in Belarus 2 war eine deutsche Arztin Sie war eine der ersten Frauen in Deutschland die ein Medizinstudium abschlossen Als Witwe des Malers Carl Jung Dorfler verwaltete sie dessen Nachlass In der Zeit des Nationalsozialismus wurde sie aufgrund ihrer judischen Herkunft 1941 in das Ghetto Minsk deportiert und Opfer des Holocaust Hedwig Danielewicz 1900 Inhaltsverzeichnis 1 Biographie 1 1 Jugend und Studium 1 2 Ehe mit Carl Jung Dorfler 1 3 NS Zeit und Tod 2 Schicksal der Familie 3 Gedenken und Ehrung 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseBiographie BearbeitenJugend und Studium Bearbeiten Hedwig Danielewicz wurde als zweitaltestes Kind des Immobilienmaklers Michaelis Danielewicz und dessen Frau Henriette geb Nehab in der elterlichen Wohnung in der Markusstrasse 51 heute in etwa Lichtenberger Strasse 36 in der Stralauer Vorstadt geboren 1 Sie hatte vier Geschwister Richard geb 1879 Else geb 1882 Klara geb 1886 und Kate geb 1890 Der aus Posen 3 stammende Vater trennte sich und seine Familie bewusst von der judischen Tradition und bemuhte sich um vollkommene Integration in die deutsche Kultur 4 Jegliche Religiositat war aus der Familie verbannt der Vater ein Freidenker und Atheist glaubte an Fortschritt und Wissenschaft Seine Geschafte als Makler liefen mit den Jahren immer schlechter so dass die Familie verarmte und dort eine bedruckende und lieblose Atmosphare entstand die Hedwig Danielewicz ihr Leben lang pragen sollte Hinzu kamen fruhe Erfahrungen antisemitischer Demutigungen Die Situation der Familie verbesserte sich nachdem ihr Onkel Robert Danielewicz der auf Druck der Familie und wider eigene Neigung reich geheiratet hatte der Familie seines Bruders eine Wohnung zur Verfugung stellte und die Ausbildung von Hedwig und Richard der Zahnmedizin studierte finanzierte 5 Ab 1889 besuchte Hedwig Danielewicz das Sophien Lyzeum in Berlin und anschliessend die Gymnasialkurse von Helene Lange Als Lange im Mai 1930 starb hielt Danielewicz in Dusseldorf eine Gedachtnisrede vor der Ortsgruppe des Bundes Deutscher Arztinnen dessen Mitglied sie inzwischen war 6 1901 absolvierte sie ihr Abitur und zahlte damit zu den fruhesten Jahrgangen weiblicher Oberschuler die die Hochschulreife erwarben 7 Auf Wunsch ihrer Familie sollte sie Arztin werden ein Anspruch dem sich die introvertierte und schuchterne Frau zunachst nicht gewachsen fuhlte Sie selbst sah sich als kunftige Ehefrau die sich liebevoll um Mann und Kinder kummere 8 Zum Wintersemester 1901 02 nahm Danielewicz dennoch als nicht immatrikulierte Gasthorerin das Medizinstudium in Berlin auf Der dortige Ordinarius Wilhelm Waldeyer weigerte sich jedoch Frauen zu seinen Vorlesungen zuzulassen Nach zwei Semestern wechselte sie deshalb nach Heidelberg in Baden wo sie als studiosus medicinae immatrikuliert wurde die Universitat verfugte noch nicht uber Formulare fur Frauen 9 Im Sommersemester 1903 kehrte sie vorubergehend zum Studium nach Berlin zuruck wechselte aber aufgrund neuerlicher Probleme mit einem Dozenten erneut nun nach Freiburg Ihre funf klinischen Semester konnte sie doch in Berlin absolvieren wo sie am 29 Januar 1907 als eine der ersten Frauen ihre arztliche Prufung ablegte Ihr praktisches Jahr verbrachte sie am Friedrich Wilhelm Stift in Bonn und wurde am 25 Mai 1908 mit einer Arbeit zum Thema Klinische Beitrage zur Pyocyanasebehandlung promoviert 10 Anschliessend erhielt sie ihre erste bezahlte Anstellung in der Volksheilstatte der Landesversicherungsanstalt in Beelitz bei Berlin 11 Als Volontar Assistentin ohne Bezahlung bei Ernst Bumm eignete sie sich Fahigkeiten in der Geburtshilfe an 12 Um in der Nahe ihres damaligen Freundes Hermann Loeschcke eines in Koln tatigen Arztes zu sein nahm Hedwig Danielewicz eine Stelle am Elisabeth Krankenhaus in Aachen an wo sie von ihren mannlichen Kollegen schikaniert wurde ebenso erging es ihr am Stadtischen Krankenhaus in Koblenz Loeschcke verliess sie nach einer dreijahrigen Beziehung um eine andere Frau zu heiraten eine von mehreren Erfahrungen bei denen Manner mit ihr zwar eine Liebesbeziehung eingingen sich aber zu ihr als Judin nicht offentlich bekennen wollten 13 Sie zog nach Dusseldorf und eroffnete 1912 in der Schadowstrasse als erste Frau in der Stadt eine eigene Praxis als Frauen und Kinderarztin Moglich war ihr diese Existenzgrundung nur weil ihr die judische Arztin Martha Wygodzinski die sie vorher nicht personlich gekannt hatte ein zinsloses Darlehen uber 3000 Mark zukommen liess Die Wahl Dusseldorfs als Ort meiner Niederlassung geschah nach meiner damaligen resignierten hoffnungslosen Stimmung ohne grosse Sorgfalt schrieb sie spater 14 Ehe mit Carl Jung Dorfler Bearbeiten Im Sommer 1912 lernte Hedwig Danielewicz die auch kunstlerisch begabt war und zeichnete den Maler Carl Jung Dorfler kennen 1916 wurde Jung Dorfler als Soldat eingezogen erlitt aber schon wahrend der Ausbildung einen nervlichen Zusammenbruch Im Dezember 1916 heirateten der sensible Maler und die vereinsamte Arztin und fortan nannte sie sich Jung Danielewicz Anlasslich der Eheschliessung konvertierte sie zum katholischen Glauben und entwickelte in der Folge eine intensive Religiositat Zu der Verwandtschaft des Ehemannes und zu dessen Heimat pflegte sie enge Beziehungen 15 Ungeachtet einer innigen Verbindung zwischen den Eheleuten die im Oktober 1917 in die Uhlandstr 23 gezogen waren wurde Jung Dorfler zunehmend depressiv Nach einer Fehlgeburt blieb das Paar kinderlos 16 1926 wurde bei Jung Dorfler ein Knochensarkom diagnostiziert und sein linker Unterschenkel amputiert Er starb am 1 Dezember 1927 17 Seine Frau widmete sich von nun an hauptsachlich seinem kunstlerischen Vermachtnis 18 Anfang 1934 erkrankte Hedwig Jung Danielewicz an Brustkrebs Um sich nach einer schweren Operation zu erholen machte sie eine Kur in Bad Mergentheim und reiste anschliessend nach Palastina 19 Als sie dem Siegburger Heimatverein im selben Jahr Werke ihres Mannes schenken wollte zeigte sich dieser erfreut uber die Schenkung der Witwe wollte man jedoch als Nichtarierin die Mitgliedschaft im Verein verweigern Daraufhin sah sie von dieser Schenkung ab 20 NS Zeit und Tod Bearbeiten nbsp Stolperstein fur Hedwig Jung Danielewicz in Dusseldorf ehemalige Uhlandstr 23 jetzt Uhlandstrasse 21 Ecke Schumannstrasse 25 Nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten im Januar 1933 und der folgenden Entrechtung judischer Menschen wurden Hedwig Jung Danielewicz im August 1937 ihr Reisepass und im Juli 1938 die Zulassung als Arztin entzogen 21 Nachdem am 11 Juni 1940 ihre Mutter gestorben war zog sie in deren Wohnung ein paar Hauser weiter zu ihrer Schwester Else in die Uhlandstrasse 28 Da sie trotz intensiver Bemuhungen keine passende Unterbringung fur die Bilder ihres Mannes finden konnte lud sie die Siegerlander Verwandtschaft des Malers ein sich in Dusseldorf Bilder abzuholen zuvor hatte sie schon aus finanziellen Grunden Werke ihres Mannes verkaufen mussen Die rund 200 Gemalde und Zeichnungen von Jung Dorfler die seine Frau bis dahin zusammengehalten hatte waren seitdem zerstreut 22 Ende Oktober erhielten die beiden Schwestern den Bescheid zur baldigen Deportation woraufhin Hedwig Jung Danielewicz ihr Manuskript Das Leben einer Konvertitin an die katholische Schriftstellerin Gertrud von le Fort sandte Ein letzter Versuch der Auswanderung mit Hilfe ihres in der Schweiz lebenden Neffen Hans Dahn kam zu spat 23 Am 9 November 1941 mussten sich Else und Hedwig Danielewicz an der Sammelstelle dem Dusseldorfer Schlachthof einfinden Sie wurden von einer Nichte von Carl Jung Dorfler begleitet die spater von den letzten Worten ihrer Tante berichtete Nun kann ich meine Demut beweisen 24 Am folgenden Tag wurden insgesamt rund 1000 judische Menschen nach Minsk deportiert Im Ghetto Minsk wirkte Hedwig Jung Danielewicz als Krankenbetreuerin Mit Hilfe des deutschen Gefreiten Max Luchner 1904 1974 der Briefe sowie Pakete mit Lebensmitteln und Medikamenten fur sie schmuggelte konnte sie Kontakt zu ihrer Familie halten 25 Ihre Schwester Else wurde im Ghetto im Rahmen einer Aktion getotet Wann und wie Hedwig Jung Danielewicz zu Tode kam ist unbekannt 26 27 Ihre Nichte Anna Jung erhielt im Marz 1942 ein letztes Lebenszeichen von ihr 28 Es gibt Vermutungen dass sie im Vernichtungslager Maly Trostinez ermordet wurde 29 Offiziell wurde sie zum 8 Mai 1945 fur tot erklart 30 Schicksal der Familie Bearbeiten nbsp Pension Kaete Dan in Tel Aviv Juni 1933 Die Schwester Clara Clarchen Danielewicz war verheiratet mit dem Maschinenbauingenieur Otto Wittkowsky einem Arier der wegen seiner judischen Ehefrau von seinem Arbeitgeber entlassen wurde aber aufgrund kriegswichtiger Kenntnisse nicht auswandern durfte Seine Firma behielt den fahigen Wittkowsky er besass etwa ein Patent fur die Ventile von Pressen 31 allerdings als freien Mitarbeiter und bezahlte ihm monatlich 1000 Reichsmark Spater tauchten die Eheleute unter nach dem September 1944 als sie sich in Alzey in Rheinland Pfalz aufgehalten haben sollen fehlt jegliches Lebenszeichen von ihnen 32 Vermutet wird dass sie bei einem Bombenangriff ums Leben kamen 33 Hedwigs Schwester Kate die Lehrerin war engagierte sich in der zionistischen Bewegung und war in Berlin Mitglied des Judischen Frauenbundes fur Turnen und Sport Ifftus 34 In der Schweiz studierte sie Tanz an der Schule von Rudolf von Laban 35 1922 wanderte sie nach Palastina aus wo sie zunachst ein Hotel in Safed und anschliessend die Pension Kaete Dan am Strand von Tel Aviv eroffnete Das Haus mit 21 Gastezimmern wurde von der Berliner Architektin Lotte Cohn entworfen 36 die 1910 gemeinsam mit ihren beiden Schwestern den Ifftus gegrundet hatte 37 Die Pension wurde nach einem spateren Verkauf zur Keimzelle der israelischen Hotelkette Dan Hotels Als Kaete Dan verheiratete Dan Rosen 1943 von dem Tod ihrer Schwestern erfuhr erlitt sie einen Nervenzusammenbruch 33 Sie starb 1978 in Tel Aviv Auch ihrem Bruder Richard von Beruf Zahnarzt gelang mit seiner Familie die Ausreise nach Palastina er nannte sich inzwischen Richard Dahn Er kehrte Mitte der 1950er Jahre nach Deutschland zuruck und starb 1964 in Frankfurt am Main Seine Kinder Lotte und Hans lebten weiterhin in Palastina 38 Gedenken und Ehrung BearbeitenAm 9 Oktober 2007 wurde vor ihrem zeitweiligen Wohnhaus Uhlandstr 23 heute Uhlandstrasse 21 Ecke Schumannstrasse 25 in Dusseldorf ein Stolperstein verlegt s Liste der Stolpersteine in Dusseldorf Gestiftet wurde dieser von den Mitarbeiterinnen der Dusseldorfer Frauenberatungsstelle 39 Am 9 Mai 2015 wurde in Obersdorf dem Heimatort von Carl Jung Dorfler ein Platz an der Adresse Unterer Johannes nach Hedwig Jung Danielewicz benannt und dort ein Gedenkstein mit Bild und Schrifttafel fur sie enthullt 40 Literatur BearbeitenPaul U Unschuld Die Arztin und der Maler Carl Jung Dorfler und Hedwig Danielewicz Real historisches Drama in drei Akten Triltsch 1994 ISBN 978 3 7998 0066 2 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Hedwig Jung Danielewicz Sammlung von Bildern Videos und AudiodateienEinzelnachweise Bearbeiten a b StA Berlin VIII Geburtsurkunde Nr 6288 1880 Irene Danzer Vanotti Deportiert nach Minsk Das Leben der judischen Arztin Hedwig Jung Danielewicz 19 1 2017 In erinnerungsort duesseldorf de 8 Januar 2017 abgerufen am 19 April 2019 StA Berlin X Heiratsurkunde Nr 630 1878 Unschuld Die Arztin und der Maler S 14 Unschuld Die Arztin und der Maler S 14 f Hedwig Jung Danielewicz geb Danielewicz In Arztinnen im Kaiserreich Abgerufen am 19 April 2019 Unschuld Die Arztin und der Maler S 24 Luise Hirsch From the Shtetl to the Lecture Hall Jewish Women and Cultural Exchange University Press of America ISBN 978 0 7618 5992 5 S 102 Unschuld Die Arztin und der Maler S 26 Unschuld Die Arztin und der Maler S 32 Unschuld Die Arztin und der Maler S 77 Unschuld Die Arztin und der Maler S 82 Unschuld Die Arztin und der Maler S 77 219 Unschuld Die Arztin und der Maler S 82 Unschuld Die Arztin und der Maler S 88 105 Unschuld Die Arztin und der Maler S 122 f Unschuld Die Arztin und der Maler S 133 Unschuld Die Arztin und der Maler S 135 Unschuld Die Arztin und der Maler S 173 Unschuld Die Arztin und der Maler S 173 Unschuld Die Arztin und der Maler S 182 Unschuld Die Arztin und der Maler S 186 Unschuld Die Arztin und der Maler S 187 f Unschuld Die Arztin und der Maler S 188 Unschuld Die Arztin und der Maler S 189 f Stolpersteine S 118 Hedwig Jung Danielewicz geb Danielewicz In Arztinnen im Kaiserreich Abgerufen am 18 April 2019 Stolpersteine S 209 Das Leben der Arztin Hedwig Jung Danielewicz Vortrag von Irene Danzer Vanotti im Alumni Club Nordrhein Westfalen Forderverein In alumni foerdern uni freiburg de 2 Juli 2018 abgerufen am 19 April 2019 Unschuld Die Arztin und der Maler S 194 US2766586A Control valves for hydraulic presses In Google Patents Abgerufen am 20 April 2019 Unschuld Die Arztin und der Maler S 198 a b Unschuld Die Arztin und der Maler S 205 Gertrud Pfister Toni Niewerth Jewish Women in Gymnastics and Sport in Germany 1898 1938 In Journal of Sport History Band 26 Nr 2 1999 S 297 englisch Unschuld Die Arztin und der Maler S 225 Andrea von Treuenfeld Israel Gutersloher Verlagshaus 2018 ISBN 978 3 641 22591 9 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Frauen turnen fur Zion In davidkultur at 2010 abgerufen am 22 April 2019 Unschuld Die Arztin und der Maler S 203 Highlights des Jahres 2007 25 Jahre frauenberatungsstelle dusseldorf e V PDF 899 kB Juni 2008 abgerufen am 20 April 2019 Max Amos Gedenkstein fur Hedwig Jung Danielewicz in Obersdorf In derwesten de 10 Mai 2015 abgerufen am 19 April 2019 Normdaten Person GND 119172399 lobid OGND AKS LCCN n96123165 VIAF 37720786 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Jung Danielewicz HedwigALTERNATIVNAMEN Danielewicz Hedwig Geburtsname KURZBESCHREIBUNG deutsche ArztinGEBURTSDATUM 5 Dezember 1880GEBURTSORT BerlinSTERBEDATUM 1942 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Hedwig Jung Danielewicz amp oldid 218400474