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Das Hantzsch Widman System manchmal auch Hantzsch Widman Patterson System nach Arthur Hantzsch Oskar Widman und Austin M Patterson ist ein Nomenklatursystem fur heterocyclische chemische Verbindungen Die Nomenklatur setzt sich aus zwei Teilen zusammen einem oder mehrerer Prafixe zur Kennzeichnung der oder des Heteroatoms und einer Endung die sich auf Ringgrosse Sattigung und zum Teil auch das Heteroatom bezieht Neben den systematischen Namen gibt es fur bestimmte Verbindungen Trivialnamen die schon vor Einfuhrung der Nomenklatur bestanden und weiterhin bevorzugt werden Heteromonocyclen mit einer Ringgrosse gt 10 sowie einfache nicht kondensierte Spiro und verbruckte Heterocyclen werden nach der Ersetzungsnomenklatur a Nomenklatur benannt Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Systematik 2 1 Prafixe 2 2 Suffixe 2 3 Lokanten 2 4 Beispiele fur Heterocyclen 2 5 Kondensierte Heterocyclen 3 Literatur 4 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenIn den Jahren 1887 und 1888 wurden von Arthur Hantzsch und Oskar Widman unabhangig voneinander erstmals Regeln zur Nomenklatur von heterocyclischen Verbindungen aufgestellt 1 2 Die Grundidee einer Kombination aus Vorsilben fur die verschiedenen Heteroatome und eine Endung fur die Ringgrosse war bei Beiden identisch und wird bis heute verwendet Die Unterschiede lagen in Details etwa der Reihenfolge in der die Heteroatome aufgezahlt werden Zunachst umfasst das System nur die funf und sechsgliedrigen Ringe mit Sauerstoff Schwefel Selen und Stickstoff Es wurde danach auf weitere Heteroatome und Ringgrossen ausgedehnt 1940 veroffentlichte Austin M Patterson erstmals eine systematische Ubersicht uber die Nomenklatur 3 Offiziell in die Nomenklatur der IUPAC wurde die Hantzsch Widman Nomenklatur 1957 aufgenommen Auch danach wurde verschiedenes geandert so wurde das zunachst nicht dazugehorende Bor als mogliches Heteroatom in die Nomenklatur aufgenommen Systematik BearbeitenNamen von Heterocyclen die mit der Hantzsch Widman Nomenklatur gebildet werden bestehen aus Lokanten durch welche die Positionen der Heteroatome festgelegt werden Prafixen fur die Heteroatome und Suffixen die von der Anzahl der Ringatome und deren Bindungen zueinander abhangen 4 Prafixe Bearbeiten Jedes Heteroatom wird mit seinem Namenstamm bezeichnet welchem einem a als Affix folgt sogenannte a Nomenklatur siehe Tabelle Fur Heterocyclen die mehr als ein Heteroatom enthalten wird die Reihenfolge der einzelnen Heteroatome durch Prioritaten anhand der Stellung des Elements im Periodensystem eindeutig festgelegt Je hoher die Nummer der Gruppe eines Elementes desto hoher auch die Prioritat Innerhalb einer Gruppe haben die Elemente mit einer kleineren Ordnungszahl Prioritat 5 Damit ergibt sich die hochste Prioritat fur Fluor und weitere Halogene wahrend Metalle eine geringe Prioritat besitzen F gt Cl gt Br gt I gt O gt S gt Se gt Te gt N gt Wenn die nachste Silbe des zusammengesetzten Namens mit einem Vokal beginnt wird das a grundsatzlich weggelassen 6 Sind mehr als ein gleiches Heteroatom im System enthalten wird ein Zahlenprafix wie Di fur zwei oder Tri fur drei Atome vorangestellt Element Symbol a TermFluor F FluoraChlor Cl ChloraBrom Br BromaIod I IodaSauerstoff O OxaSchwefel S ThiaSelen Se SelenaTellur Te TelluraStickstoff N AzaPhosphor P Phospha Element Symbol a TermArsen As ArsaAntimon Sb StibaBismut Bi BismaSilicium Si SilaGermanium Ge GermaZinn Sn StannaBlei Pb PlumbaBor B BoraQuecksilber Hg MercuraSuffixe Bearbeiten Die Suffixe Endsilben richten sich nach der Ringgrosse und nach der Sattigung Anzahl an Doppelbindungen im Ringsystem Gesattigte Verbindungen besitzen keine Doppelbindungen im Ring ungesattigte die maximale Anzahl nichtkumulierter Doppelbindungen In einigen Fallen hat auch die Art des Heteroatoms Einfluss auf die Endsilbe Besonders bei den Sechsringen wird unterschieden welches im Namen das letztgenannte Heteroatom im Ring ist Dazu werden die Heteroatome in drei Gruppen eingeteilt Gruppe A umfasst Sauerstoff Schwefel Selen Tellur Bismut und Quecksilber in der Gruppe B sind Stickstoff Silicium Germanium Zinn und Blei und in der Gruppe C sind Bor Fluor Chlor Brom Iod Phosphor Arsen und Antimon Ausnahmen gibt es in der Nomenklatur gesattigter stickstoffhaltiger Ringe mit einer Ringgrosse von drei vier und funf Atomen Fur diese werden die Endungen iridin fur Dreiringe etidin fur Vierringe und olidin fur Funfringe verwendet Fur ungesattigte stickstoffhaltige Dreiringe wird abweichend von der Nomenklatur die Endung irin verwendet 7 Ringgrosse Endung ungesattigter Ring Endung gesattigter RingDreiring iren irin A 1 iran iridin A 2 Vierring et etan etidin A 2 Funfring ol olan olidin A 2 Sechsring A A 3 in A 4 anSechsring B A 5 in A 6 inanSechsring C A 7 inin inanSiebenring epin epanAchtring ocin ocanNeunring onin onanZehnring ecin ecanAnmerkungen A Fur ungesattigte Ringe mit N als einziges Heteroatom a b c Fur stickstoffhaltige gesattigte Ringe Das letztgenannte Heteroatom ist O S Se Te Po Bi oder Hg Der Name Oxin sollte fur Pyran nicht verwendet werden da es sich dabei um den Trivialnamen fur 8 Hydroxychinolin handelt Das letztgenannte Heteroatom ist N Si Ge Sn oder Pb Der Name Azin sollte fur Pyridin nicht verwendet werden da es sich dabei um eine Stoffgruppe mit einer N N Einheit handelt Das letztgenannte Heteroatom ist F Cl Br I P As Sb B Al Ga In oder TlLokanten Bearbeiten Die Positionen der Heteroatome im Ring werden durch Lokanten angegeben Diese werde so gewahlt dass das Heteroatom mit der hochsten Prioritat welches im Namen zuerst genannt wird die Position 1 erhalt Anschliessend wird so nummeriert dass die Heteroatome moglichst niedrige Ziffern erhalten 7 Lokanten werden dem Namen vorangestellt durch Komma getrennt und zum Namen mit einem Bindestrich abgegrenzt mogliche Nummerierungen nbsp 1 2 4 Triazin korrekt nbsp 1 2 5 Triazin falsch nbsp 1 3 4 Triazin falsch nbsp 1 4 5 Triazin falsch Beispiele fur Heterocyclen Bearbeiten Sind in einer heterocyclischen Verbindung mehrere Heteroatome enthalten so werden die einzelnen a Terme nacheinander aufgezahlt Dazu werden die einzelnen Heteroatom Namen nach der Reihenfolge der Austauschnomenklatur hintereinander geschrieben Folgt einem Prafix ein Vokal wird das a am Ende weggelassen 6 Es ist mit diesem System auch moglich cyclische Verbindungen zu benennen die keine Kohlenstoffatome besitzen In dem Fall dass es durch verschiedene enthaltene Heteroatome verschiedene Endsilben erforderlich machen wurden Sechsringe richtet sich die verwendete Silbe nach dem Atom mit der niedrigsten Prioritat das also als letztes aufgefuhrt wird nbsp 1 3 Oxazol nicht 1 3 Oxaazaol nbsp 1 4 2 Oxazaphospholidin nicht 1 4 2 Oxaazaphospholidin nbsp 1 3 6 4 Thiadiazaborepan nicht 1 3 6 4 Thiadiazaboraepan nbsp Oxathiaphosphiran nbsp 1 2 4 Oxathiazinan nicht 1 2 4 OxathiazanEnthalt ein ungesattigter Heterocyclus eine ungerade Anzahl an Ringatomen so wird fur die Identifizierung des gesattigten Atoms dem Namen ein kursives H mit dem Lokanten des gesattigten Atoms vorangestellt nbsp 1H 1 2 Diazol nbsp 1H 1 2 3 Triazol nbsp 2H 1 2 3 Triazol nbsp 1H 1 2 4 Triazol nbsp 4H 1 2 4 TriazolDie Namen von teilweise gesattigten ungesattigten Heterocyclen konnen aus dem ungesattigten Grundkorper durch das Hinzufugen von Wasserstoffatomen aber auch aus dem gesattigten Grundkorper durch das Entfernen von Wasserstoffatomen gebildet werden nbsp 1 2 Dihydro 3H pyrazol 3 on 2 3 Dihydro 1H pyrazol 3 on Kondensierte Heterocyclen Bearbeiten Die Nomenklatur fur kondensierte also ungesattigte heterocyclische Verbindungen bei denen mindestens zwei Ringe uber eine gemeinsame Bindung miteinander verbunden sind entspricht im Wesentlichen der Nomenklatur fur kondensierte Kohlenwasserstoffe Es wird der hochstrangige Ring als Stammsystem verwendet und ans Ende des Namens gesetzt Anschliessend werden die weiteren Ringe oder Ringsysteme als Prafix unter Angabe der Verknupfungsstelle in eckigen Klammern vor den Ring geschrieben Um die Prafixe zu bilden werden die Endungen der Monocyclen um ein o ersetzt Einige Trivialnamen werden verkurzt So wird aus Furan furo aus Chinolin chino aus Pyridin pyrido aus Pyrimidin pyrimido und aus Thiophen thieno Um die Verknupfungsstelle eindeutig festzulegen muss die Stelle sowohl im Stammsystem als auch im kondensierten System eindeutig bestimmt sein Dazu werden beide Teile getrennt nach den Regeln fur die Nummerierung von cyclischen Systemen durchnummeriert Im Stammsystem werden die Bindungen angefangen vom mit 1 bezeichneten Atom mit kleinen Buchstaben a b c bezeichnet Im Prafix System werden dagegen die Zahlen der Nummerierung beibehalten Um die Verknupfungsstelle anzugeben wird in eckigen Klammern zunachst die Lage im Prafix system angegeben danach durch einen Bindestrich getrennt der Buchstabe des Stammsystems Eine Ausnahme sind bicyclische Systeme bei denen einer der beiden Ringe ein Phenylring ist Bei diesen wird die Verknupfungsstelle nicht angegeben stattdessen werden die Heteroatome so durchnummeriert dass mit der Ziffer 1 immer ein sich direkt neben der Verknupfungsstelle befindliches Atom bezeichnet wird Es ist eine Reihenfolge festgelegt welcher Ring in einem System als Stammsystem verwendet wird Die Bedingungen sind im Einzelnen nacheinander Vorrang fur Heterocyclen wenn auch nur ein Heterocyclus neben mehreren Kohlenwasserstoff Ringen vorliegt hat dieser immer Vorrang und wird Stammsystem Stickstoffhaltige Ringe haben Vorrang ist neben anderen Heterocyclen auch ein stickstoffhaltiger Ring vorhanden wird dieser als Stammsystem verwendet Ranghohere Elemente der a Nomenklatur haben Vorrang ausser Stickstoff sind Ringe mit unterschiedlichen Heteroatomen im System vorhanden wird derjenige als Stammsystem verwendet der das ranghochste Element in der Tabelle der a Nomenklatur hat Komponenten mit den meisten Ringen haben Vorrang sind mehrere Ringsysteme vorhanden bei denen ganz oder teilweise Trivialnamen bestehen so hat dasjenige Vorrang bei dem das mit Trivialnamen zu benennende System die meisten Ringe enthalt Ringgrosse ist das ranghochste Heteroatom in mehreren Ringen vorhanden so hat der grosste Ring Vorrang und wird zum Stammsystem Anzahl an Heteroatomen Vorrang hat derjenige Ring in dem eine grossere Anzahl an Heteroatomen zu finden sind Vielfalt Als Stammsystem wird der Ring gewahlt in dem eine grossere Vielfalt an Ringen vorkommt grossere Anzahl bevorrechteter Heteroatome der Heterocyclus der mehr Atome des nach der a Nomenklatur bevorrechteten Heteroatoms besitzt wird Stammsystem kleinstmogliche Chiffrenkombination es soll eine moglichst kleine Zahl bei der Benennung der Verbindungsbrucke erreicht werden Literatur BearbeitenW H Powell Revision of the extended Hantzsch Widman System of nomenclature for heteromonocycles In Pure Appl Chem 1983 55 2 S 409 416 pdf D Hellwinkel Die systematische Nomenklatur der organischen Chemie 5 Auflage Springer Heidelberg 2006 ISBN 978 3 540 26411 8 Wolfgang Liebscher Ekkehard Fluck Die systematische Nomenklatur der anorganischen Chemie Springer Verlag 1998 ISBN 978 3 540 63097 5 Kapitel 4 2 2 8 2 Erweiterte HANTZSCH WIDMAN Nomenklatur S 171 172 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Einzelnachweise Bearbeiten A Hantzsch J H Weber Ueber Verbindungen des Thiazols Pyridins der Thiophenreihe In Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft 1887 20 2 S 3118 3132 doi 10 1002 cber 188702002200 O Widman Zur Nomenclatur der Verbindungen welche Stickstoffkerne enthalten In Journal fur Praktische Chemie 1888 38 1 S 185 201 doi 10 1002 prac 18880380114 A M Patterson L T Capell The Ring Index Reinhold New York 1940 S 20 21 Wolfgang Liebscher Ekkehard Fluck Die systematische Nomenklatur der anorganischen Chemie Springer Verlag 1998 ISBN 978 3 540 63097 5 S 156 157 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Neil G Connelly Ture Damhus Richard M Hartshorn Alan T Hutton Nomenclature of Inorganic Chemistry IUPAC Recommendations 2005 RSC Publishing 2005 ISBN 0 85404 438 8 S 260 englisch IUPAC Red Book PDF 4 1 MB a b Wolfgang Liebscher Ekkehard Fluck Die systematische Nomenklatur der anorganischen Chemie Springer Verlag 1998 ISBN 978 3 540 63097 5 S 50 51 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche a b Neil G Connelly Ture Damhus Richard M Hartshorn Alan T Hutton Nomenclature of Inorganic Chemistry IUPAC Recommendations 2005 RSC Publishing 2005 ISBN 0 85404 438 8 S 95 98 englisch IUPAC Red Book PDF 4 1 MB Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Hantzsch Widman System amp oldid 233518482