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Als Hamburger Maikampfe bezeichnet man die Aussperrungen und Streiks infolge des 1 Mai 1890 An diesem ersten von der Zweiten Internationale proklamierten Maifeiertag traten die organisierten Hamburger Arbeiter zur Bekraftigung der Forderungen nach dem Achtstundentag in den Streik Daraus entwickelten sich teilweise mehrere Wochen andauernde Auseinandersetzungen mit den Arbeitgebern Die Bewegung erregte deutschlandweit Aufmerksamkeit und rief Solidaritatskampagnen hervor Am Ende verloren die Arbeiter den Konflikt und ihre Gewerkschaften wurden fur Jahre stark geschwacht Auf Reichsebene trugen die Hamburger Erfahrungen mit zu einer starkeren Zentralisierung der freien Gewerkschaften und zur Grundung der Generalkommission der Gewerkschaften Deutschlands bei Inhaltsverzeichnis 1 Vorgeschichte 2 Verlauf 3 Folgen 4 Literatur 5 AnmerkungenVorgeschichte BearbeitenHamburg war schon seit langerem ein Schwerpunkt der deutschen Arbeiterbewegung Schon fruher hatte es unter den Handwerksgesellen Arbeitsniederlegungen gegeben Aber erst nach der Abschaffung der Zunftprivilegien im Jahre 1865 kam es in Hamburg zu breiter angelegten Streiks Bereits 1865 fanden dreissig Arbeitskampfe statt Noch weitere Kreise zogen die Streikwellen von 1869 und in den Grunderjahren von 1871 bis 1873 Vor diesem Hintergrund breitete sich auch die Gewerkschaftsbewegung aus Diese war aber noch schwach und viele Organisationen verloren schon in der Zeit des wirtschaftlichen Abschwungs wahrend der Grunderkrise nach 1873 an Bedeutung Auch die Zahl der Streiks ging zuruck Auch das Sozialistengesetz wird dabei eine Rolle gespielt haben Dennoch konnten sich die Gewerkschaften erholen Im Jahr 1890 hatte so gut wie jede Arbeitergruppe eine eigene Organisation Im Jahr 1890 existierten in Hamburg 84 Gewerkschaften mit uber 30 000 Mitgliedern Einige hatten uber 1000 Mitglieder andere hatten kaum 100 Mitglieder Insgesamt waren um die 20 der Arbeiter in Hamburg organisiert Auch wenn die Gewerkschaften nur eine Minderheit organisierten war der Organisationsgrad doch hoher als in den meisten anderen deutschen Industriezentren 1 Erst gegen Ende der 1880er Jahre kam es erneut zu einer grossen Streikwelle in der Hansestadt Zwischen 1888 und 1890 zahlte man dreissig Streiks und Aussperrungen im Hamburger Hafen Der Hohepunkt waren die Streiks im Zusammenhang mit dem 1 Mai 1890 In Hamburg bildete sich Anfang April 1890 der Arbeitgeberverband Hamburg Altona Damit hatten die Arbeitgeber eine starke Organisation die es so im ubrigen Deutschland noch nicht gab Selbst bei eigentlich begrenzten Streiks mussten die Gewerkschaften fortan damit rechnen dass die Arbeitgeber darauf geschlossen antworten wurden Verlauf BearbeitenIm Jahr 1889 beschloss der Internationale Arbeiterkongress dass am 1 Mai 1890 erstmals in allen Landern Kundgebungen zur Einfuhrung des Achtstundentages stattfinden sollten Die Umsetzung uberliess man den Arbeiterbewegungen in den einzelnen Landern Am 11 April 1890 erliess das preussische Innenministerium einen Erlass zum Umgang mit den am 1 Mai bevorstehenden Aktionen der Arbeiter Diese Anweisungen wurden auch von den anderen Bundesstaaten des Reiches weitgehend ubernommen Die Behorden erwarteten Streiks Demonstrationen und eine Petitionsbewegung fur den Achtstundentag Der Erlass machte darauf aufmerksam dass Arbeitsniederlegungen ohne vorherige Kundigung strafrechtlich zu verfolgen seien Die Arbeitgeber und die Arbeitswilligen seien von der Polizei zu schutzen Agitatoren wurden mit entsprechenden Paragraphen der Gewerbeordnung und des Strafgesetzbuches bedroht Versammlungen und Demonstrationen unter freiem Himmel seien wegen der Gefahr einer Storung der offentlichen Ordnung zu verbieten Versammlungen in geschlossenen Raumen konnten auf Grund des noch geltenden Sozialistengesetzes untersagt werden In den Hochburgen der Arbeiterbewegung sollten die Polizeikrafte verstarkt werden In Hamburg stand ein Infanterieregiment fur den 1 Mai und die folgenden Tage bereit In der Stadt wurden die meisten Arbeiterversammlungen und alle Demonstrationen verboten Lediglich einige Vergnugungsveranstaltungen am Abend wurden genehmigt Die Arbeitgeber im Verband der Eisenindustrie Hamburgs kundigten an Arbeitseinstellungen am 1 Mai mit einer Aussperrung fur acht Tage in allen Betrieben zu beantworten Vor dem Hintergrund drohender Repressionen warnte die SPD Reichstagsfraktion in einem Aufruf An die Arbeiter und Arbeiterinnen Deutschlands vor einer allgemeinen Arbeitsniederlegung Diese sollte nur dort erfolgen wo keine Konflikte mit den Behorden zu erwarten seien Die freien Gewerkschaften in Hamburg hielten dennoch an einem zuvor bereits gefassten Streikbeschluss fest Am 25 April 1890 wurde auf einer Massenversammlung in Sagebiels Etablissement von etwa 6 000 Arbeitern gegen den Rat der Vorbereitungskommission mit uberwaltigender Mehrheit beschlossen den 1 Mai als Feiertag zu betrachten an dem moglichst alle gewerbliche Arbeit ruhen sollte 2 Als Folge des Aufrufs der SPD Reichstagsfraktion wurde nur in wenigen deutschen Stadten am 1 Mai die Arbeit eingestellt Stattdessen fanden abends grosse Kundgebungen statt Eine Ausnahme war Hamburg Dort legten etwa ein Drittel der Arbeiter die Arbeit nieder Die Arbeitgeber antworteten mit den angekundigten Aussperrungen Davon betroffen waren uber 20 000 Arbeiter Die Aussperrungen wurden uber die angekundigten acht Tage teilweise um mehrere Wochen ausgedehnt Damit versuchten die Arbeitgeber die Arbeiter dazu zu zwingen aus ihren Organisationen auszutreten und einen entsprechenden Revers zu unterzeichnen An Stelle der Ausgesperrten warben die Arbeitgeber auswartige Arbeitswillige an Letztlich war es Ziel der Arbeitgeber dass die Gewerkschaften durch die Zahlung von Unterstutzungsleistungen finanziell zusammenbrachen Von den Gewerkschaften wurde die Aussperrung als Angriff auf das Koalitionsrecht gewertet Ein Teil der Arbeiter insbesondere Maurer und Zimmerleute aber auch andere Berufsgruppen antworteten auf die Aussperrungen mit Streiks fur bessere Arbeitsbedingungen Die meisten dieser Bewegungen scheiterten Die Belastungen durch die Arbeitskampfe waren fur die Hamburger Gewerkschaften enorm Noch Mitte Mai mussten sie 8 500 und Mitte Juli immerhin noch 2 500 Mitglieder unterstutzen Immerhin wurden die Hamburger Arbeiter durch eine Solidaritatsbewegung in anderen Teilen des Reiches durch Spendensammlungen finanziell unterstutzt In anderen Regionen wurden eigene Streiks zuruckgestellt um den Hamburger Kampfern fur das Koalitionsrecht beistehen zu konnen Auch aus Suddeutschland kam Hilfe Allein aus Baden sind 35 Geldsendungen bekannt Dabei handelte es sich oft allerdings nur um geringe Summen 3 Folgen BearbeitenDie Streikwelle rief unter den Kaufleuten und Industriellen und in den von diesen dominierten stadtischen Gremien tiefe Besorgnis hervor Der Handel hatte unter den Arbeitskampfen bereits gelitten und man befurchtete fur die kommenden Jahre ahnliche Bewegungen Man furchtete sogar Versuche des politischen Umsturzes Fur die schweren Unruhe im Gangeviertel machte man denn auch die Sozialdemokraten verantwortlich 4 Tatsachlich hatte der Streik die Gewerkschaften stark geschwacht Viele Mitglieder traten enttauscht aus Die Mitgliederzahl sank um zwei Drittel ab Viele Organisationen bestanden nur noch auf dem Papier Die Macht der Gewerkschaften war nach Ansicht der Behorden nach dem Streik gebrochen Ahnlich urteilte auch Friedrich Engels Der erste Mai habe den Hamburgern die an dem Tag die Arbeit einstellten einen Lockout eingebracht die die Kraft ihrer bestorganisierten Trade Unions brach und sie auf lange lahm legte 5 Alle Streiks in den kommenden Jahren scheiterten Auch wenn es schien dass die Sozialdemokraten und Gewerkschaften geschwacht waren hatten sie doch ihren Einfluss nicht wirklich verloren Der Hafenarbeiterstreik von 1896 zeigte dass die Auseinandersetzung zwischen Arbeitgebern und Arbeitern nur vertagt worden war Die Niederlage in Hamburg machte deutlich dass zersplitterte und lokal handelnde Organisationen zu schwach waren um gegen die Arbeitgeber zu bestehen Diese Erfahrung trug zur Reorganisation der freien Gewerkschaften und zur Bildung der Generalkommission der Gewerkschaften Deutschlands als Dachorganisation bei 6 Literatur BearbeitenHans Joachim Bieber Der Streik der Hamburger Hafenarbeiter 1896 97 und die Haltung des Senats in Zeitschrift des Vereins fur Hamburgische Geschichte Jg 64 1978 S 91 148 Digitalisat Dieter Schuster Chronologie der deutschen Gewerkschaftsbewegung von den Anfangen bis 1918 Online Version Bonn 2000 Anmerkungen Bearbeiten Hans Joachim Bieber Der Streik der Hamburger Hafenarbeiter 1896 97 und die Haltung des Senats in Zeitschrift des Vereins fur Hamburgische Geschichte Jg 64 1978 S 91f Michael Gruttner Arbeitswelt an der Wasserkante Sozialgeschichte der Hamburger Hafenarbeiter 1886 1914 Gottingen 1984 S 141 Friedhelm Boll Arbeitskampf und Region Arbeitskampfe Tarifvertrage und Streikwellen im regionalen Vergleich 1871 1914 In Gerhard A Ritter Hrsg Der Aufstieg der deutschen Arbeiterbewegung Munchen 1990 S 391 Richard J Evans Tod in Hamburg Stadt Gesellschaft und Politik in den Cholera Jahren 1830 1910 Reinbek 1990 S 124f Marina Cattaruzza Organisierter Konflikt und Direkte Aktion zwei Formen des Arbeitskampfes am Beispiel der Werftarbeiterstreiks in Hamburg und Triest 1880 1914 In Die Moderne und ihre Krisen Gottingen 2012 S 126 Klaus Schonhoven Die Gewerkschaften als Massenbewegung im Wilhelminischen Kaiserreich 1890 bis 1918 In Ulrich Borsdorf Hrsg Geschichte der deutschen Gewerkschaften Koln 1987 S 181 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Hamburger Maikampfe 1890 amp oldid 232145963