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Die Gertrudenkapelle in Gustrow ist eine denkmalgeschutzte ehemalige Kapelle die ihre jetzige Form durch zwei einschneidende Nutzungsanderungen im 20 Jahrhundert erhielt Sie dient seit 1953 als Ausstellungsort von Werken Ernst Barlachs und Gedenkstatte an ihn Gertrudenkapelle von Suden 2023 Inhaltsverzeichnis 1 Baugeschichte 2 Nationalsozialistische Ahnenhalle 3 Barlach Gedenkstatte 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseBaugeschichte BearbeitenDie Kapelle die das Patrozinium der Heiligen Gertrud von Nivelles trug ist erstmals 1430 bei der Stiftung einer Vikarie als capella beate Gertrudis extra muros opidi Gustrow bezeugt Sie lag vor dem Hageboker Tor der Stadt Gustrow und war vermutlich mit einem Spital oder einer Pilgerherberge verbunden Kirchlich galt sie als Filialkirche der Gustrower Pfarrkirche St Marien und unterstand dem Bistum Cammin In ihrer ausseren Erscheinung ahnelt sie den Siechenhauskapellen in Klein Gronau und vor Dassow Sie unterscheidet sich jedoch in ihrer Lange und darin dass die Seitenwande nicht massiv aus Backsteinen gemauert sind sondern aus einem Fachwerkrahmen bestehen dem eine Backsteinschicht vorgeblendet ist Der rechteckige einschiffige und nicht mit Gewolben sondern einer flachen Holzdecke versehene Bau hat nach Osten hin einen sehr flachen dreiseitigen Chorabschluss wobei die Ostwand heute und wohl erst seit 1937 mit drei zweibahnigen Fensteroffnungen versehen ist Die massive Westfassade ist aussen mit funf langen rundbogigen Doppelnischen verziert Im Innern hatte sie schwache Lisenen Die Form der Fenster und die rundbogigen Nischen innen unter den Chorfenstern verweisen schon ins 16 Jahrhundert 1936 vermutete A F Lorenz die Kapelle sei in ihrer Fachwerkform als Notkirche nach dem Stadtbrand von 1503 entstanden und erst spater mit Backsteinen verkleidet worden 1 Die Portale der Kapelle liegen in der Nord und Sudwand in einem Backsteinkern und haben nach aussen einen gegliederten und verzierten Backsteinrahmen Wohl schon immer war die Kapelle mit einem Begrabnisplatz verbunden aus dem nach der Reformation der Gertruden Kirchhof wurde Im 18 Jahrhundert entstanden mehrere Mausoleen entlang der Friedhofsmauer und auch die Kapelle wurde in dieser Zeit fur Begrabnisse genutzt so fand sich in ihr der Grabstein des Apothekers Johann Jacob Wahnschafft von 1737 Wohl noch bis ins 19 Jahrhundert fanden in der Kapelle Trauerfeiern statt aber schon bei der Beschreibung durch Georg Christian Friedrich Lisch 1856 war sie verlassen leer und wust langst aufgegeben und ausgeraumt Die Kanzel verschwand um 1820 Die Kapelle diente nun mitunter als Leichenhalle und als Schuppen fur die Werkzeuge der Totengraber Im Innern sah Lisch noch Bemalung mit Ziegelsteinfugen Noch bis zur Restaurierung von 1936 erhalten und durch Fotografien dokumentiert sind Renaissance Rankenmalerei unter den Fenstern und figurliche Darstellungen im Chorbereich darunter St Michael als Seelenwager Nationalsozialistische Ahnenhalle Bearbeiten nbsp Westwand der Ahnenhalle mit Hitlerbuste von 1937 bis 1945Nach Jahrzehnten des Verfalls erwarb die Stadt Gustrow 1931 die Kapelle und den aufgelassenen Friedhof von der Kirche Bemuhungen der Denkmalpflege die Kapelle zu restaurieren verliefen zunachst im Sande Nach der Machtubernahme der Nationalsozialisten 1933 entstand der Plan die Kapelle als nationalsozialistische Ahnenhalle umzuwidmen Ahnenhallen dienten in der NS Ideologie der offentlichen Bewahrung der im rassischen Sinn hochstilisierten Familiengeschichte 2 Dazu wurde sie ab Oktober 1935 aufwandig restauriert Das gesamte Dach wurde abgerissen und neu gebaut ebenso die Langswande deren Holzverfachung vermodert war und auch die Westfassade wurde bis auf einen Rest abgetragen und neu aufgemauert 3 Der gesamte Bauprozess und das Ausmass der Erneuerungen ist durch fotografische Aufnahmen des Gustrower Fotografen Berthold Kegebein gut dokumentiert Er hielt auch Reste von Wandmalereien fest die im Zuge der Neuaufmauerung der Wande zerstort oder ubertuncht wurden 4 Gleichzeitig wurde der verwilderte Friedhof als Volkspark neu geordnet Die Einweihung dieser zweiten Ahnenhalle Mecklenburgs 5 fand am 30 August 1937 durch Reichsstatthalter und Gauleiter Friedrich Hildebrandt statt In den Worten des damaligen Gustrower Oberburgermeisters Wilhelm Lemm sollte sie ein Denkmal der volkischen Idee sein 6 Im Inneren der weiss getunchten Halle befand sich an der Westwand eine Hitlerbuste unter einem Sonnenkreuz Vor der Ostwand stand ein massiver Eichentisch mit Stuhlen und an den Wanden waren Tafeln mit den Namen der altesten Gustrower Geschlechter angebracht Zur Ausstattung gehorten ein Ehrenbuch mit Stammbaumen Gustrower Familien und Beschreibungen der Graber auf dem Gertrudenfriedhof 7 Barlach Gedenkstatte Bearbeiten nbsp Gedenktafel fur Marga Bohmer an der GertrudenkapelleMit dem Ende des nationalsozialistischen Regimes 1945 stand die im Zweiten Weltkrieg unversehrt gebliebene Ahnenhalle zunachst wieder leer 1949 beschloss der Gustrower Stadtrat in ihr eine Barlach Gedenk und Ausstellungsstatte einzurichten Schon 1934 hatte Berthold Kegebein ein spater sehr bekanntes Portratfoto von Barlach vor dem damals noch ruinosen Portal der Kapelle gemacht 8 Treibende Kraft bei dem Gedenkstatten Projekt war Barlachs ehemalige Lebensgefahrtin Marga Bohmer die spater im zu einer Wohnung ausgebauten Obergeschoss der Kapelle ihr Zuhause fand 9 10 Die Kapelle wurde von nationalsozialistischer Symbolik befreit behielt aber baulich den Zustand von 1937 Als Barlach Gedenkstatte wurde sie am 31 Oktober 1953 eingeweiht In ihr wurden Skulpturen Barlachs dauerhaft ausgestellt nbsp Ansicht von Sudosten 1950 nbsp Der Zweifler nbsp Frau im Wind nbsp Gefesselte Hexe nbsp Westfassade 1965 nbsp Teil der Sammlung 2021 nbsp Lesende Monche nbsp Der Kopf des SchwebendenSeit 1994 Teil der Ernst Barlach Stiftung wurde das Gebaude von 2006 bis 2007 saniert Dabei wurde das Dach neu eingedeckt und die Statik verbessert Im Inneren wurden Teile der Wandmalereien wiedergefunden und ein Feld das die Geisselung Jesu zeigt restauriert 2008 2009 erhielt die Kapelle einen Besucherpavillon nach Planen des Architekten Diethelm Hoffmann mit Sanitarraumen und einem Museumsshop in einem zuruckhaltenden Anbau 11 Heute ist die Gertrudenkapelle eins von drei Museen in Gustrow die an das Leben und Werk von Ernst Barlach erinnern Sie beherbergt Holzskulpturen und bildhauerische Werke In seinem ehemaligen Atelierhaus am Inselsee werden Holzskulpturen Plastiken und Werkmodelle gezeigt Das diesem unmittelbar benachbarte Ausstellungsforum zeigt weitere Werke Barlachs und ein Grafikkabinett mit Zeichnungen Drucken und Handschriften Literatur BearbeitenGeorg Christian Friedrich Lisch Die S Gertrud Kapelle zu Gustrow In Jahrbucher des Vereins fur Mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde 21 1856 S 283 284 Volltext Friedrich Schlie Die Kunst und Geschichts Denkmaler des Grossherzogthums Mecklenburg Schwerin Band 4 Schwerin i M 1901 S 253 254 Wilhelm Lemm Um St Gertruden In Mecklenburgische Monatshefte 12 1936 S 296 297 Adolf Friedrich Lorenz St Gertrud In Mecklenburgische Monatshefte 12 1936 S 298 299 Ernst Barlach Gedenkstatte Gertrudenkapelle Gustrow In Verbindung mit dem Barlachkuratorium hrsg vom Rat der Stadt Gustrow Rat der Stadt 1957 Bernhard Blaschke Ernst Barlach Gedenkstatte Gustrow Gertrudenkapelle Schwerin Staatliches Museum 1971 Tilo Schofbeck Die Gustrower Gertrudenkapelle vom Fachwerkbau zur Backsteingotik In KulturErbe in Mecklenburg und Vorpommern Schwerin Landesamt fur Kultur und Denkmalpflege ISSN 1863 9445 6 2010 S 43 48Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Gertrudenkapelle Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Literatur uber Gertrudenkapelle in der Landesbibliographie MV Der Gustrower Friedhof mit Abschnitt zum St Gertrud Friedhof S 12 PDF 5 3 MB Einzelnachweise Bearbeiten Lorenz Lit S 298 mit Zeichnung der Bauweise Katalog 1000 Jahre Mecklenburg Rostock Hinstorff 1995 ISBN 3 356 00622 3 S 483 Deutsche Fotothek Abgerufen am 8 Juni 2018 englisch Deutsche Fotothek Abgerufen am 8 Juni 2018 englisch Die erste war schon im November 1934 in der Kapelle St Marien zu den Weiden in Wismar eingerichtet worden Lemm Lit S 297 Siehe den Katalogeintrag in 1000 Jahre Mecklenburg Rostock Hinstorff 1995 ISBN 3 356 00622 3 S 483 Der Bildhauer Ernst Barlach vor dem Portal der Gertrudenkapelle Siehe Marga Bohmer in ihrer Wohnung in der Gertrudenkapelle in Gustrow Gertrudenplatz 1 Helmut Schmidt Nicht zerreissen was zusammengehort in Die Zeit 19 1995 Besucherpavillon an der Gertrudenkapelle PDF 3 4 MB in Landesbaupreis M V 2010 28 chancenreiche Projekte Infos und TexteNormdaten Geografikum GND 4507956 0 lobid OGND AKS VIAF 244728450 53 795448 12 169288 Koordinaten 53 47 43 6 N 12 10 9 4 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Gertrudenkapelle Gustrow amp oldid 236054482