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Die Geistlichen Hebungen in Wismar sind ein Treuhandvermogen der Hansestadt Wismar zur Unterhaltung der Kirchen der Stadt und ein Sonderfall des deutschen Staatskirchenrechts Entstanden sind die Geistlichen Hebungen Hebung hier im Sinn von Erhebung von Abgaben Erwirtschaftung 1 durch die Stiftung von Vikarien und durch Nachlasse zugunsten der geistlichen Einrichtungen der Stadt Wismar Kirchen Hospitaler und deren Geistlichen und Insassen Im Zuge der Reformation erhielt die Burgerschaft ein Mitspracherecht in der Verwaltung dieser Stiftungen Eine Verordnung uber die Verwaltung der Geistlichen Hebungen vom 17 Oktober 1555 trat nie in Kraft erst im Einigungsvertrag zwischen Rat und Burgerschaft vom 21 November 1583 wurde festgelegt dass die Verwaltung der Gottes Armen und Werkhauser kunftig von den Burgermeistern den Amtern Ratsverordneten und Burgern anvertraut werden Weitere wichtige Stationen waren der Burgervertrag von 1600 und die Wismarsche Kirchen und Konsistorial Ordnung von 1665 Diese wurde unter schwedischer Oberhoheit unter der Wismar seit dem Westfalischen Frieden 1648 stand erlassen Beide Ordnungen beliessen die Verwaltung des Kirchengutes das Prasentationsrecht der Pastoren an den Hauptkirchen und die Bestellung der Verwalter der Hebungen Provisoren genannt bei der Stadt Die Landesherrschaft behielt sich die Oberaufsicht uber die Vorschriftsmassigkeit der Verwaltung und Verwendung der Hebungen vor Die besondere Situation Wismars sorgte dafur dass sich hier die Vermogensverhaltnisse der Kirchen und frommen Stiftungen anders als im Herzogtum Mecklenburg entwickelten So blieben die Hebungen in ihrer Vielfalt erhalten und anders als im ubrigen Mecklenburg kam es nicht zu einer Trennung von Kirchen und Pfarr Vermogen Um 1800 umfassten die Hebungen 2 A Erstes Patronat dem altesten Burgermeister unterstehend Hl Geist Hebung Marienkirchenhebung Almosentafel Ziegelhofshebung Armenbeutelshebung Waisenhaus StipendiatenlehenB Zweites Patronat dem zweiten Burgermeister unterstehend St Jakobs Hebung Nikolaikirchenhebung Almosentafel Georgenkirchenhebung Almosentafel Armenbeutelshebung FranziskanerklosterDie vier geistlichen Hebungen im engeren Sinne dienten zur Besoldung der Geistlichen und Lehrer Die Gebaudehebungen hatten die Kirchbauten zu erhalten Bei den kleineren Hebungen wurden die Einkunfte fur unterschiedliche Zwecke verwandt Jede Hebung wurde einzeln verwaltet Nach dem Ubergang Wismars in die Verwaltung Mecklenburg Schwerins wurde eine Kommission eingesetzt die die recht komplizierten Verhaltnisse klaren und die umstandliche Verwaltung reformieren und effizienter gestalten sollte Vor allem auf die Vorschlage von Christian Karl Friedrich Wilhelm von Nettelbladt aufbauend reformierte 1832 ein stadtisches Regulativ das die Bestatigung des Grossherzogs sowohl in seiner Eigenschaft als Landesherr als auch als Oberbischof und Inhaber des Landesherrlichen Kirchenregiments erhielt die Hebungen Es wurde eine gemeinsame Verwaltung durch ein der stadtischen Verwaltung zugeordnetes Hebungsdepartement und eine gemeinsame Kasse eingerichtet Ein in diesem Zusammenhang angefertigtes Inventar listet 2 Grundvermogen in den Landgutern Warkstorf Klein Woltersdorf Hinterwendorf St Jakobshof Martensdorf Klussendorf Steffin Triwalk Flote Ruggow Preensberg und Cartlow sowie an Dorfschaften Mittelwendorf Gross Woltersdorf Klussendorf Triwalk und Benz genannt Hinzu kamen eine Reihe zeit und erbverpachteter Acker Gartendamme und Grundstucke auf dem Stadtfeld sowie Renten aus etlichen Testamenten Nutzniesser sind die Hebungen Marien Gebaude Marien Geistliche Hebung Marien Armenbeutel Marien Almosentafel Marien Ziegelhof Georg Gebaude Georg Geistliche Hebung Georg Armenbeutel Georg Almosentafel Nicolai Gebaude Nicolai Geistliche Hebung Nicolai Almosentafel Heilig Geist Hebung Schwarzes Kloster St Jakobs Hebung Papencollatie Graumonchenhebung und die Georg Gasthauserhebung Ausgaben umfassen Gehalter Zahlungen und Naturalleistungen an die Vorsteher und Bediensteten der Hebungen sowie Prediger Kirchendiener Schulprovisoren und Lehrer offentliche Abgaben Pachten regelmassige Ausgaben Ausgaben fur Arme Witwen und Kinder stadtische Beamte sowie Kirchen und Schuldiener Aufwendungen fur die Klosterstiftungen und Gasthauser Heilig Geist Stift Schwarzes Kloster Begrabniskosten fur Prabenden Gasthaus in der Grunen Strasse Beginenkonvent Blauer Konvent Grosses und Kleines Gasthaus St Georg Zu den Naturalleistungen die zum Teil im 19 Jahrhundert abgegolten wurden zahlten unter anderem Buchenholzkohle Brennholz Korn Wein Reinigen Auch das Wismarsche Gesangbuch wurde bis 1870 auf Kosten der vereinigten geistlichen Hebungen veroffentlicht Im Laufe des 19 Jahrhunderts gelangte fast der gesamte Grundbesitz ausserhalb der Stadt bis auf den St Jakobshof in Erbpacht Das Hebungs Vermogen war nun zwar in stadtischer Verwaltung aber kein stadtisches Vermogen sondern eine offentlich rechtliche Stiftung Es diente dem Stiftungszweck entsprechend fur fromme und milde Zwecke insbesondere fur Kirche Schule und zur Unterstutzung der Armuth wie im Regulativ festgelegt Nach dem Ende des Landesherrlichen Kirchenregiments 1918 gab es Verhandlungen zwischen Stadt und Kirche die jedoch durch die Inflation erschwert wurden Die Landeskirchenkasse der Evangelisch Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs ubernahm ohne Anerkennung eines Rechtsanspruches und mit der Hoffnung auf Ruckerstattung durch die Hebungen in besseren Zeiten einen Anteil der Pastorengehalter da die Hebungen zur vollen Zahlung nicht mehr in der Lage waren und ein Ausgleich des Defizits durch die Stadtkasse wie vor 1918 nicht mehr moglich war Ein Prozess und Verhandlungen in den 1930er Jahren fuhrten zu keinem Ergebnis So waren die Geistlichen Hebungen auch 1945 noch intakt Ihr Geldvermogen erlitt durch Bankenschliessung und Wahrungsreform grosse Einbussen die Hebungen besassen jedoch nach wie vor ein betrachtliches Grundvermogen von fast 300 Hektar Das Hebungsdepartement wurde in eine unselbstandige Dienststelle der Stadtverwaltung umgewandelt Nach einigem Hin und Her in den 1950er Jahren kam es unter grossem Druck seitens der staatlichen Stellen und unter dem Eindruck der Sprengung der Marienkirche 1961 zu einem Vertrag zwischen der Wismarer Kirche vertreten durch den Landessuperintendenten und der Stadt Der Vertrag hob die Geistlichen Hebungen auf und verteilte das Vermogen zwischen Kirche und Stadt Die Kirchgemeinden erhielten das Eigentum an den eigentlichen Kirchengebauden und grundstucken wahrend samtliche anderen Hebungsgrundstucke in das Eigentum der Stadt ubergingen Die Stadt verpflichtete sich zur Durchfuhrung umfangreicher Baumassnahmen an den Kirchen einschliesslich der Wiederherstellung der Georgenkirche was jedoch bis 1989 nie geschah 1987 wurden auf Antrag der Stadt mit Zustimmung der Kirche eigentlich entgegen dem Wortlaut des Vertrages von 1961 die Grundbucheintrage fur St Nikolai den St Marien Turm und St Georgen in Eigentum des Volkes geandert St Nikolai Turm von St Marien 2008 St Georgen 2004 Heiligen Geist KircheNach der Wende 1989 wurde die Gultigkeit des Vertrages von 1961 aus verschiedenen Grunden in Frage gestellt Die Rechtslage wurde auch nicht durch den Einigungsvertrag geklart Die Stadtkirchen wurden zu offenen Vermogensfragen Erst 2008 machte ein Burgerschaftsbeschluss die Geistlichen Hebungen wieder aufleben zu lassen einen Zuordnungsbescheid des Bundesamtes fur zentrale Dienste und offene Vermogensfragen moglich die Kirchen St Nikolai St Marien und St Georgen mit wesentliche n Bestandteile n und Zubehor dem Eigentum der Stadt zuzuordnen 3 Das Sondervermogen Geistliche Hebungen ist verbunden mit der Auflage eine Vereinbarung mit der evangelischen Kirche zu treffen Ein erster Entwurf dazu den die Stadtverwaltung im April 2008 vorgelegt hatte enthielt eine ganze Reihe noch strittiger Punkte und wurde von der Kirche abgelehnt 4 Gleichzeitig wurden Grundstucke aus dem ehemaligen Vermogen der Hebungen in Wismar und Steffin im Umfang von 93 Hektar der Stadt zugewiesen 5 Die Stadt hat als Fortentwicklung der Hebungen eine Stadtkirchenstiftung zu Wismar errichtet deren Satzung am 29 April 2010 beschlossen wurde 6 Im Dezember 2009 wurde ein Beschluss zunachst in den Januar 2010 vertagt 7 im Januar 2010 wurde der Antrag der FDP Fraktion zur Einsetzung eines Sonderausschusses fur die Belange der Geistlichen Hebungen bzw Stadtkirchen in den Finanz und Liegenschaftsausschuss uberwiesen der uber dessen Aufgaben und Kompetenzen beraten soll 8 Die Eigentumsfrage ist hinsichtlich der Nutzung und Ausgestaltung der bis 2010 restaurierten Georgenkirche relevant etwa wenn es um die Frage des Standortes fur den zurzeit noch in der Nicolaikirche verwahrten Hochaltars geht Der Kirchenrechtler Axel Freiherr von Campenhausen hat ebenso wie die Vertreter der Evangelisch Lutherischen Landeskirche Mecklenburg jedoch darauf hingewiesen dass hier die Frage der kirchlichen Widmung die durch Zerstorung und Nichtgebrauch nicht untergegangen sei zu berucksichtigen sei 9 Literatur BearbeitenDie Wismarer Stadtkirchen Zur besonderen Situation der Vermogenszuordnung Verwaltung und Nutzung der Stadtkirchen in Wismar Dokumentation der Hansestadt Wismar 2009 Volltext PDF 7 6 MB Darin Regulativ fur die Verwaltung der Geistlichen Hebungen zu Wismar von 1832 S 7 32 Vertrag uber die Auflosung der Geistlichen Hebungen vom 3 10 1961 S 33 42 Rainer Rausch Geistliche Hebungen Wismar Baulastverpflichtung der Hansestadt Wismar an den Kirchen der Geistlichen Hebungen In Mecklenburgia sacra Band 8 2005 S 136 162 Rainer Rausch Geistliche Hebungen Wismar Anmerkungen aus rechtlicher Sicht In Mecklenburgia sacra Band 8 2005 S 106 135 Friedrich Techen Geschichte der Seestadt Wismar Wismar 1929 Hans Witt Wismar unter dem Pfandvertrage 1803 1903 Festschrift zur Hundertjahrfeier der Wiedervereinigung Wismars mit Mecklenburg Hinstorffs che Hofbuchhandlung Rostock 1903 S 29 34 Textarchiv Internet Archive Johann Peter Wurm Die geistlichen Hebungen in Wismar Ein historischer Abriss In Mecklenburgia sacra Band 8 2005 S 69 105 Volltext Weblinks BearbeitenLiteratur uber Geistliche Hebungen in der Landesbibliographie MV Zur Situation der Vermogenszuordnung verwaltung und Nutzung der Stadtkirchen in Wismar Zusammenstellung der Hansestadt WismarEinzelnachweise Bearbeiten Hebung In Deutsche Akademie der Wissenschaften der DDR Preussische Akademie der Wissenschaften Hrsg Deutsches Rechtsworterbuch Band 5 Heft 4 bearbeitet von Otto Gonnenwein Wilhelm Weizsacker unter Mitwirkung von Hans Blesken Hermann Bohlaus Nachfolger Weimar adw uni heidelberg de Erscheinungsdatum zwischen 1952 und 1960 a b nach Wurm Lit Faksimile des Zuordnungsbescheids bei Die Wismarer Stadtkirchen Lit S 127 129 siehe auch Pressemitteilung PDF der Hansestadt Wismar vom 25 September 2008 abgerufen am 17 Januar 2010 Vertragsentwurf fur die Geistlichen Hebungen PDF 333 kB abgerufen am 18 Januar 2010 Faksimile des Zuordnungsbescheids mit Liste der Flurstucke bei Die Wismarer Stadtkirchen S 130 134 Stadt Wismar Abgerufen am 2 Mai 2011 Beschlusse der 6 Sitzung der Burgerschaft am 10 Dezember 2009 abgerufen am 17 Januar 2010 Beschlusse der 7 Sitzung der Burgerschaft am 28 Januar 2010 abgerufen am 14 Marz 2010 Axel von Campenhausen Modenschau im Mittelschiff In Rheinischer Merkur 26 November 2009 abgerufen am 18 Januar 2010 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Geistliche Hebungen amp oldid 217023258