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Gaius Lucilius nach 180 v Chr in Suessa Aurunca Kampanien 103 v Chr in Neapel war ein romischer Dichter der massgeblich an der Entwicklung der Satire beteiligt war und ihr ihre heutige Bedeutung gab Bereits seit der Antike gilt er als der Gattungsarcheget was sich an Ausserungen Quintilians 1 und Horaz der ihn als inventor bezeichnet 2 zeigt Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Werk 3 Textausgaben 4 Literatur 5 Weblinks 6 AnmerkungenLeben BearbeitenSowohl sein praenomen als auch sein nomen gentile sind bei dem Dichter selbst und anderen Gewahrsleuten belegt Zum einen existiert eine Inschrift auf einem Spiegel aus dem heutigen Palestrina einer Stadt ostlich von Rom 3 Auf diesem steht Ceisia Loucilia geschrieben was ein Beleg dafur ist dass der Name Lucilius unter den Latinern schon sehr alt war Zum anderen finden sich bei Cicero Zeugnisse zum Namen des Dichters 4 Geboren wurde Lucilius in der Stadt Suessa die im Land der Aurunker gelegen war das sich wiederum zwischen den Landstrichen Campanien und Latium befand Dies geht eindeutig aus einer Ausserung des Satirendichters Juvenals hervor der Lucilius als bedeutenden Spross dieser Stadt bezeichnet 5 Lucilius war hochstwahrscheinlich nicht verheiratet da er sich an verschiedenen Stellen seiner Fragmente in kritischer Weise uber die Ehe aussert und sich zudem gegen die von dem Censor Metellus Macedonicus betriebene Politik zur Steigerung der Zahl an Eheschliessungen gestellt hat Dennoch muss man dem mit Vorsicht begegnen da in der Gattung Satire immer mit Ubertreibung und Ironie zu rechnen ist Schliesslich hat sich auch Juvenal in der sogenannten Weibersatire kritisch satirisch uber Frauen zu Wort gemeldet und hier sind satirische Elemente nicht zu leugnen Uber die Familie des Dichters ist weiterhin festzustellen dass er einen Bruder hatte der ungefahr gleichen Alters wie er selbst war Dieser Bruder hatte eine Tochter namens Lucilia die mit Gnaeus Pompeius Strabo dem Konsul des Jahres 89 verheiratet war Aus dieser Ehe ist der spatere Triumvir Gnaeus Pompeius der einige Zeit mit dem cognomen Magnus gewurdigt wurde hervorgegangen Die Ehe durfte kurz vor der Geburt des Cn Pompeius im Jahre 106 stattgefunden haben Von Bedeutung ist ebenfalls die Formulierung des Velleius stirpis senatoriae 6 die darauf hinweist dass der Bruder des Dichters im Gegensatz zu Lucilius selbst Senator gewesen ist Als unterstutzendes Glied in der Beweiskette muss eine Urkunde von Adramyttium hinzugezogen werden die einen von einem hoheren Beamten angeordneten Schiedsspruch auf der Basis eines Senatsbeschlusses darstellt Cichorius hat nun mit grosser Sicherheit bewiesen dass einer der Unterzeichner dieser Urkunde namlich M Lucilius wahrscheinlich der Bruder des Dichters und somit tatsachlich Senator gewesen ist Weiterhin soll er nach Cichorius Grossonkel des Politikers Gaius Lucilius Hirrus gewesen sein Was den sozialen Hintergrund des Dichters angeht kann man davon ausgehen dass Lucilius nicht nur aus einer beguterten Familie stammte und wahrscheinlich selbst zum Stand der equites zahlte sondern auch im Besitz des romischen Burgerrechts war Fur beides lassen sich verschiedene Argumente anfuhren Das Burgerrecht durfte vom Vater her auf Lucilius und seinen Bruder ubergegangen sein so dass dieser Senator werden konnte Ein Vergleich den Horaz zwischen sich selbst und dem Satirendichter unter anderem hinsichtlich ihrer beiden Vermogen macht es wahrscheinlich 7 dass Lucilius Grossgrundbesitzer war Hinzu kommt dass auch Cicero sich derart uber die Vermogensverhaltnisse des Satirikers aussert indem er davon spricht Lucilius sei das Weiden seiner Viehherden auf einem ager publicanus einem offentlichen Stuck Land also vorgeworfen worden 8 Ausgehend von verschiedenen anderen Zeugnissen darf man vermuten Lucilius sei im Besitz von Landgutern in bzw um Tarent Consentina Bruttium Suessa Neapel und auf Sizilien und Sardinien gewesen Neben diesen landlichen Besitzungen konnte der Dichter auch einen Palast in Rom sowie anscheinend eine Immobilie in Neapel sein Eigen nennen Der Palast in Rom war ursprunglich fur den Aufenthalt des Seleukidenprinzen Demetrios erbaut worden der als Geisel nach Rom gekommen war Zusammengefasst lasst sich also zu der sozialen Stellung des Lucilius festhalten dass er mit grosser Sicherheit ein romischer Burger war der als Grossgrundbesitzer uber zahlreiche Latifundien verstreut im ganzen Mittelmeerraum verfugte Diese hohe Stellung eroffnete ihm auch den gleichberechtigten Umgang mit anderen hochgestellten Personlichkeiten wie zum Beispiel P Cornelius Scipio Aemilianus Africanus Minor Ohne eine derartige Position in der romischen Gesellschaft ware es ihm wohl auch nicht moglich gewesen Kritik in solcher harschen Form zu uben und zwar auch an bedeutenden Mitburgern wie er es getan hat Trotz seiner hohen sozialen Stellung hat er nie ein politisches Amt bekleidet oder gar den cursus honorum eingeschlagen Trotz seines Ruckzugs in das otium vernachlassigte der Dichter nicht seine Pflichten als romischer Burger denn er diente im Numantinischen Krieg in den Jahren 134 bis 133 unter Scipio als eques wie wir aus dem Zeugnis des Velleius erfahren 9 Doch scheint sich die Freundschaft zwischen ihm und Scipio bereits fruher entwickelt zu haben da sich die Besitztumer des Scipio in Lavernium in nachster Nahe zu den anzunehmenden Landgutern der Lucilii befanden so dass Scipio und Lucilius sich von Jugend an kannten Diese Freundschaft ist insofern von entscheidender Bedeutung fur das Werk des Satirendichters als er Freund und Feind mit Scipio teilte Dies fuhrte einerseits dazu dass er Mitglied im sogenannten Scipionenkreis war andererseits dass die in den Fragmenten zu spurende Kritik auch von politischen Motiven gepragt ist und sich gegen politische Widersacher des Scipio richtete Wie an den zahlreichen Grazismen in den noch erhaltenen Fragmenten seines Werkes ersichtlich beherrschte der Dichter das Griechische und war daruber hinaus mit der griechischen Literatur eng vertraut Diese genaue Kenntnis der griechischen Literatur tritt in zahlreichen Bezugen zu griechischen Autoren hervor beispielsweise Homer Euripides Archilochos Aristophanes Pherekrates Telekleides Euklid Demosthenes Isokrates und Platon Uberhaupt ist dieser Faible fur das Griechische angesichts des grakophilen Scipionenkreises nicht verwunderlich Welche bedeutende Stellung die griechische Kultur fur Lucilius einnimmt kommt auch dadurch zum Ausdruck dass der griechische Philosoph Kleitomachos ihm eine Schrift gewidmet hat 10 Daraus und aus bestarkenden Deutungen verschiedener Fragmente schliesst Cichorius dass Lucilius sich gewisse Zeit in Athen zum Zweck der in diesem Stand ublichen Bildungsreise nach Griechenland aufgehalten habe wie es z B spater auch Marcus Tullius Cicero tat Werk BearbeitenLucilius verfasste 30 Bucher Satiren von denen jedoch nur Fragmente insgesamt ca 1300 Verse dadurch erhalten sind dass sie von anderen antiken und spatantiken Autoren zitiert wurden Neben Marcus Tullius Cicero Lactantius und dem Grammatiker Sextus Pompeius Festus muss in diesem Zusammenhang vor allem der Grammatiker Nonius Marcellus erwahnt werden in dessen Schrift De compendiosa doctrina ein grosser Teil der erhaltenen Fragmente uberliefert worden ist Das langste uns verbliebene Fragment ist das sogenannte Virtus Fragment bei dem es sich um eine Definition der Tugend handelt welche der stoischen Philosophie des Panaetius nahesteht Die 30 Satiren Bucher sind allerdings nicht in einer einzigen Publikation besorgt worden sondern wahrscheinlich in drei verschiedenen Corpora der Offentlichkeit zuganglich gemacht worden Am Anfang steht das alteste Corpus welches die Bucher 26 bis 30 umfasst Dies lasst sich anhand historischer Anspielungen in den erhaltenen Fragmenten dieser Bucher belegen Im Anschluss daran folgen die Bucher der zweiten Sammlung 1 bis 21 die wahrscheinlich ebenso wie das erste Corpus von Lucilius selbst herausgegeben worden sind Schwierigkeiten bereiten dagegen die noch verbliebenen Bucher 22 bis 25 Aufgrund der Tatsache dass sie Gedichte enthalten die keine Satiren sind sondern beispielsweise Epigramme durften sie nicht zum Zwecke der Publikation gedichtet worden sein Daher konnten sie erstens postum ediert worden und zweitens von irgendeinem Grammatiker dem grosseren der beiden getrennt zirkulierenden Corpora namlich 1 bis 21 als Supplement angehangt worden sein Als Entscheidungskriterium fur die Chronologie der Satirenbucher diente vor allem das Versmass hier lasst sich bei Lucilius eine Entwicklung nachzeichnen die bedeutende Auswirkungen auf die Gattung Satire selbst hatte Das erste Corpus 26 30 ist namlich durch seine Polymetrik charakterisiert d h hier finden sich sowohl trochaische Septenare Buch 26 und 27 als auch jambische Senare Buch 28 und 29 und daktylische Hexameter Buch 30 Nachdem Lucilius einmal das Versmass gefunden hatte welches in seinen Augen am besten zu seinen Gedichten passte blieb er ausschliesslich bei diesem Metrum dem daktylischen Hexameter in dem er vollstandig die zweite Buchsammlung verfasste Gab es also bei Ennius noch kein einheitliches Versmass in seinen Buchern der Saturae so zeichnet sich bei Lucilius eine Entwicklung von ebendieser Polymetrik hin zum daktylischen Hexameter ab der dadurch zum konstituierenden Metrum der Gattung Satire wurde und auch spater von nachfolgenden Satirendichtern wie Horaz Juvenal und Persius verwendet wurde Die Frage welchen Titel Lucilius seinen Gedichten verlieh kann nicht mit vollkommener Sicherheit beantwortet werden da sich in seinem Œuvre verschiedene Bezeichnungen finden z B poemata oder ludus ac sermones Die Grammatiker nennen sie spater satirae Moglicherweise hat Lucilius seine Werke als saturae betitelt um seine literarische Beziehung zu Ennius deutlich zu machen Hauptthema ist anders als noch bei Ennius die in unserem Sinne satirische Behandlung von Alltagsereignissen was vor allem eine harsche Kritik an seinen Zeitgenossen einschliesst Gerade diese Polemik galt schon in der Antike als das charakteristische Merkmal der Satiren des Lucilius Zu Bekanntheit und Beruhmtheit ist der Dichter in der Antike durch die ihm zugeschriebene acerbitas und mordacitas gelangt das polemische Element in seiner Dichtung welches sich sowohl gegen die Hohen als auch die Niedrigen in der zeitgenossischen Gesellschaft richtete Insofern steht er auch in einer Traditionslinie die sich von Archilochos zu Aristophanes dem bedeutendsten Vertreter der Alten Komodie in Athen zieht als er fuhrende Manner des Staates zur Zielscheibe wahlte Ein Kennzeichnen fur seine Nahe zu Aristophanes besteht insbesondere darin dass die Opfer seines Spotts namentlich genannt werden wie es in der attischen Alten Komodie ublich war Uber diese Abhangigkeit berichtet uns auch Horaz Satiren 1 4 1 7 Nachdem die erhaltenen Fragmente des Lucilius jahrhundertelang unbeachtet geblieben waren nahm sich in der Zeit des Renaissance Humanismus als erster der niederlandische Philologe Frans van der Does Sohn des bedeutenden niederlandischen Gelehrten Jan van der Does Janus Dousa ihrer an und veranstaltete im Jahre 1597 unter seinem lateinischen Namen Franciscus Dousa die vollstandige Erstausgabe editio princeps der lucilianischen Fragmente Sie wurde uber Jahrhunderte mehrfach nachgedruckt und blieb die massgebliche Ausgabe zu Lucilius bis sie im Jahre 1904 1905 von der heute massgeblichen Textedition Friedrich Marx abgelost wurde Lucilii Carminum Reliquiae zwei Bande Textausgaben BearbeitenC Lucilii carminum reliquiae re enarr Friedrich Marx 2 Bande Leipzig 1904 05 Neudruck Stuttgart Amsterdam 1963 Lucilius Satiren SQAW 23 1 2 Lateinisch und deutsch von Werner Krenkel 2 Bande Berlin Leiden 1970 Lucilius Satiren Texte zur Forschung 106 Lateinisch und deutsch Eingeleitet ubersetzt und erlautert von Johannes Christes und Giovanni Garbugino Darmstadt 2015 Literatur BearbeitenUbersichtsdarstellungen Michael von Albrecht Geschichte der romischen Literatur von Andronicus bis Boethius und ihr Fortwirken Band 1 3 verbesserte und erweiterte Auflage De Gruyter Berlin 2012 ISBN 978 3 11 026525 5 S 214 227 Johannes Christes Lucilius In Joachim Adamietz Hrsg Die romische Satire Grundriss der Literaturgeschichten nach Gattungen Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1986 ISBN 3 534 07805 5 S 57 122 Michele Ducos Lucilius C In Richard Goulet Hrsg Dictionnaire des philosophes antiques Band 4 CNRS Editions Paris 2005 ISBN 2 271 06386 8 S 160 163 Alfred Kappelmacher Lucilius 4 In Paulys Realencyclopadie der classischen Altertumswissenschaft RE Band XIII 2 Stuttgart 1927 Sp 1617 1637 Werner Suerbaum C Lucilius In Werner Suerbaum Hrsg Die archaische Literatur Von den Anfangen bis Sullas Tod Handbuch der lateinischen Literatur der Antike Band 1 C H Beck Munchen 2002 ISBN 3 406 48134 5 S 304 318Untersuchungen Karin Hass Lucilius und der Beginn der Personlichkeitsdichtung in Rom Hermes Einzelschriften Bd 99 Steiner Stuttgart 2007 ISBN 978 3 515 09021 6 zugleich Freiburg Breisgau Universitat Dissertation 2004 Dietmar Korzeniewski Hrsg Die romische Satire Wege der Forschung Bd 238 ISSN 0509 9609 Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1970 S 161 274 zwei Aufsatze von Werner Krenkel und Jan H Waszink Rezeption Philipp Kamphausen Die Luciliusausgabe des Franciscus Dousa 1597 in ihrem gelehrten Umfeld Wissenschaftlicher Verlag Trier 2014 ISBN 978 3 86821 549 6Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Gaius Lucilius im Katalog der Deutschen NationalbibliothekAnmerkungen Bearbeiten inst 10 193 sat 1 10 48 CIL 14 4101 de orat 2 253 3 86 3 171 Iuv 1 20 Vell 2 29 2 Hor sat 2 1 74 f Cic de orat 2 284 Vell 2 9 4 vgl Cic ac 2 102Normdaten Person GND 118574779 lobid OGND AKS LCCN n50079083 VIAF 89131128 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Lucilius GaiusKURZBESCHREIBUNG romischer DichterGEBURTSDATUM nach 180 v Chr GEBURTSORT Suessa AuruncaSTERBEDATUM 103 v Chr STERBEORT Neapel Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Gaius Lucilius amp oldid 213673169