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Die evangelisch lutherische Kapelle Rachelshausen ist eine denkmalgeschutzte Fachwerkkirche in Rachelshausen einem Ortsteil von Gladenbach im Landkreis Marburg Biedenkopf Hessen Die zweigeschossige Barockkirche mit achtseitigem Spitzhelm Dachreiter wurde wahrscheinlich 1626 1627 errichtet 1 Die reichen Zierformen im Brustungsbereich sind fur das Hessische Hinterland ungewohnlich und weisen frankischen Einfluss auf 2 Kirche von Norden Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Architektur 3 Ausstattung 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseGeschichte Bearbeiten nbsp Reicher Zierschmuck aus dem Barock im ObergeschossUber den Vorgangerbau der wahrscheinlich ebenfalls aus Holz errichtet war sind keine Einzelheiten bekannt nur dass er etwas weiter nordlich Grundstuck Klingelhofer stand 1 In kirchlicher Hinsicht gehorte Rachelshausen im Mittelalter zum Sendbezirk und Diakonat von Gladenbach und damit zum Archidiakonat St Stephan in der Erzdiozese Mainz 1577 ist erstmals eine Kapelle in Rachelshausen nachweisbar die Filial von Gladenbach war 3 Erst im Jahr 1810 erhielt Rachelshausen das Bestattungsrecht Bis dahin durften nach dem Salbuch des Diakonats Gladenbach aus dem Jahr 1737 nur Kinder die unter funf Jahren verstorben waren in Rachelshausen beigesetzt werden 4 Die altere Forschung ist sich uber das Erbauungsdatum nicht einig Auf eine Errichtung der Kirche moglicherweise bereits im Jahr 1617 soll eine Bauinschrift uber der Tur hingewiesen haben die im Zuge der Renovierung 1939 1940 entfernt wurde und verloren ging Auf 1626 1627 weist eine Kollektensammlung in Betziesdorf fur den Rachelhauser Bau hin Andere datieren den Bau aufgrund baugeschichtlicher Vergleiche auf Zeit um 1680 5 Es wurde vermutete dass zu dieser Zeit eine Aufstockung des Obergeschosses im Stil des Barock durchgefuhrt worden sein konnte 6 Eine dendrochronologische Untersuchung von Holzern aus allen Geschossen 1997 1998 ergab ein Falldatum im Winter 1626 1627 Da zu der Zeit die frisch geschlagenen Holzer direkt verbaut wurden kann eine fruhere wie spatere Errichtung ausgeschlossen werden Die Kirche wurde demnach 1626 1627 errichtet und ist der alteste lutherische Kirchenbau des Marburger Hinterlandes unter der seit 1624 regierenden Herrschaft von Hessen Darmstadt 1 In Rachelshausen gab es 1585 neun Hauser Die sechs Bauern hatten 16 Pferde im Jahr 1630 gab es acht Bauern mit 13 Pferden 1640 wieder sechs Bauern 7 Im Jahr 1836 wurde ein Drittel des Fussbodens mit neuen Sandsteinplatten belegt 1869 folgte der Rest Umfassende Renovierungsarbeiten wurden 1854 abgeschlossen die alte Mensa des Altars durch eine Schieferplatte ersetzt und der steinerne Sockel und die Wandverkleidungen 1880 erneuert 8 Im Jahr 1927 war die Kapelle baufallig und schien im Folgejahr einsturzgefahrdet sodass Abrissplane entstanden Ludwig Hofmann sprach sich 1931 fur einen Abriss aus dem die Denkmalpflege 1932 zustimmte 9 Durch den Tod von Hofmann und aufgrund der schlechten Finanzlage der Gemeinde die einen neuen Gemeindesaal befurwortete kam es jedoch zu keinem Neubau Als sich die Denkmalpflege 1938 fur eine Instandsetzung der Kapelle aussprach und einen Zuschuss in Aussicht stellte bewilligte die Gemeinde 1000 Reichsmark fur die Renovierung Durch die langsame Arbeit der Baubehorde wurde die Renovierung verzogert Wegen akuter Einsturzgefahr empfahl Landesoberbaurat Kurt Muller nach einer Besichtigung im Jahr 1938 die Versetzung der Kapelle 10 Dies stiess beim Bezirkskonservator und der Gemeinde auf Zustimmung Nachdem die Gemeinde 2000 RM bewilligt hatte begannen am 1 September 1939 die Renovierungsmassnahmen Die Kosten betrugen schliesslich 5000 RM von denen die Landeskirche 1000 RM ubernahm 11 Das heutige aussere und innere Erscheinungsbild der Kapelle geht weitgehend auf eine umfassende Renovierung in den Jahren 1939 1940 zuruck Die vermutlich seit der Zeit um 1800 verputzten Aussenwande wurden bis auf die Sudwestwand freigelegt das Gebalk von Fachwerk und Dachstuhl teils ersetzt die beiden Dachgauben entfernt und der Dachreiter einschliesslich der Spitze und die gesamte Verschieferung erneuert Die Fenster erhielten ihre heutige Position und Grosse Im Inneren wurde die ehemals offene Treppe weiter nach hinten verlegt und als geschlossener Aufgang gestaltet Die Kirchenbanke wurden auf Holzdielen in einen Block gestellt Zuvor standen sie auf einem Sandsteinboden und liessen einen Mittelgang frei Eine schmale Eingangstur ersetzte die zweiflugelige Tur und ein Treppenaufgang aus hiesigem Diabas die ehemaligen Sandsteinstufen 6 Bei einer Innenrenovierung im Jahr 1963 unter der Leitung des damaligen Landeskonservatoren Hans Feldtkeller erhielten die Inventarstucke zum grossen Teil ihre heutige farbliche Fassung in russischem Malachit das sich an der mutmasslichen ursprunglichen Farbe orientierte Kanzel und Altar und teilweise das Gestuhl wurden erneuert eine Bankheizung eingebaut und das Gelaut elektrifiziert 6 Seit 1966 sind Rachelshausen Bellnhausen und Runzhausen pfarramtlich verbunden zur Kirchengemeinde RuBelRa im Nachbarschaftsraum Evangelische Kirche im Gladenbacher Land im Dekanat Biedenkopf Gladenbach in der Propstei Nord Nassau der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau 12 Bei einer Aussenrenovierung im Jahr 1978 wurde der Putz stellenweise erneuert und der Dachstuhl durch Querbalken stabilisiert 1981 1981 folgte ein Innenanstrich und die Freilegung der Balken unter der Empore und unter der Decke 13 Das Dach wurde 1991 neu verschindelt und schadhaftes Fachwerk und sonstige Holzbalken ausgetauscht der Sandsteinboden im Altarbereich durch Diabas ersetzt eine Fussbodenheizung eingebaut die Fenster instand gesetzt eine elektrische Orgel angeschafft und die Bemalung erneuert wobei die Marmorierung nicht uberall erhalten werden konnte 14 Die letzte Renovierung fand 1997 1998 statt und schloss auch die dendrochronologische Untersuchung der verwendeten Bauholzer ein 15 Architektur Bearbeiten nbsp Ansicht von Westen nbsp SudostseiteDie Kapelle im Suden des Ortszentrums ist entsprechend dem Strassenverlauf nicht geostet sondern nach Nord Nordost ausgerichtet Auf beengtem Grundstuck grenzt das Kirchlein im Nordwesten unmittelbar an die Strasse und stosst im Suden an das Nachbargehoft Die zweigeschossige Fachwerkkirche in Rahmbauweise ist uber einem niedrig aufgemauerten umlaufenden Steinsockel aus Grauwacke auf rechteckigem Grundriss von 7 10 Meter Lange und 5 55 Meter Breite errichtet 16 Sie wird von einem verschieferten Satteldach bedeckt dem mittig ein kleiner oktogonaler Dachreiter aufgesetzt ist Er beherbergt eine Glocke die im Jahr 1805 von dem Tiefenbacher Glockengiesser Bernhardt vor Ort gegossen wurde 17 Sie tragt die Inschrift Raechelshaussen 1805 Die Gebrieder von Diefenbach gos mich aus dem Feuer flos ich Schultheisz Oszmann Johann Georg Assmann Der vollstandig verschieferte Schaft des Dachreiters weist Richtung Norden mehrere kleine rechteckige Schalllocher fur das Gelaut auf Der achtseitige Spitzhelm wird von einer Messingkugel einem Turmkreuz und einem vergoldeten Wetterhahn bekront Wahrend die zwei nordlichen Seiten das prachtige Fachwerk zeigen hat die der Strasse abgewandte Sudostseite nur schlichte Gefache und geschosshohe Fussstreben an den Eckstielen ohne Zierformen Die Sudwestwand ist vollstandig verschindelt Unklar ist ob hier das Fachwerk ebenso verziert ist wie die gegenuberliegende Seite 18 Das Ober und Giebelgeschoss springen vor An allen Seiten ist das Fachwerk symmetrisch angeordnet 19 Die nordwestliche Langseite hat im Untergeschoss Fachwerk in drei Ebenen und im Obergeschoss in zwei Ebenen die an den Eckstielen jeweils mit stabilisierenden Fussstreben versehen sind die entweder geschosshoch sind oder kleine Knaggen zeigen Die durchlaufenden Brustriegel im Untergeschoss werden nur durch die rechteckige Holztur unterbrochen In der Nordostseite hat Fachwerk je zwei Ebenen mit geschosshohen Fussstreben an den Eckstielen Die Gefache im Untergeschoss sind ohne Zierschmuck Hingegen zeichnen sich Ober und Giebelgeschoss durch reiche barocke Zierformen aus 20 die in diesem Ausmass fur die Gegend untypisch sind und frankischen Einfluss aufweisen 2 im Obergeschoss und im Giebeldreieck geschweifte Gegenstreben an den Fussstreben mit Nasen in der Mitte feuerbockartige geschweifte Andreaskreuze an der Nordwestseite zusatzlich zwei Andreaskreuze mit vier Viertelkreisbogen in den Ecken und im nordlichen Giebeldreieck das Mann Motiv sowie zwei unterschiedlich gestaltete Andreaskreuze in der Giebelspitze Das Quergebalk zwischen den Geschossen hat ein profiliertes Klotzchenfries und ist mit Taubandern Perl und Eierstaben reich geschnitzt 21 Die Stiele und Kopfknaggen haben farbig unterlegte Flachschnitzereien Der Innenraum wird im Obergeschoss an drei Seiten durch je zwei kleine annahernd quadratische im Untergeschoss durch zwei kleine hochrechteckige Fenster im Nordosten und je ein weiteres Fenster in den Langseiten belichtet Sie sind alle mit kleinen runden Scheiben bleiverglast Die Sudwestseite und die Giebelgeschosse sind fensterlos Ausstattung Bearbeiten nbsp Emporen mit Vierkantdocken und Facherrosetten nbsp Blick auf den AltarbereichIn die Kapelle ist eine vierseitig umlaufende holzerne Empore eingebaut die ungewohnlicherweise auch uber dem Altarbereich verlauft Sie entspricht dem zweigeschossigen Gefuge und ist von Anfang an so konzipiert worden wie die umlaufenden Balkenkopfe erweisen 22 Die Empore ist mit profilierten blau grun marmorierten Vierkantdocken und im Fussbereich der drei Mittelstutzen mit geschnitzten Halbsonnen verziert 23 Diese Art von facherformiger Rosette gelangte im 16 Jahrhundert aus dem Harzraum nach Westfalen und Hessen 17 Die Empore ist uber einen Aufgang an der Nordwestseite begehbar und ruht im Sudosten auf zwei Pfosten mit Kopfbandern Die Flachdecke wird von einem Langsunterzug getragen von dem Querbalken ausgehen und die Decke gliedern Eine machtige holzerne Vierkant Mittelsaule die im Mittelbereich achtseitig gestaltet ist stutzt den Unterzug und den Dachreiter Die ubrigen schlichten holzernen Inventarstucke wurden im 20 Jahrhundert gefertigt das Kirchengestuhl 1939 der eichene Altar und die Kanzel im Jahr 1963 Im Jahr 1965 schnitzte Elfriede Bedbur aus Biedenkopf das eichene Altarkreuz ein Kruzifix des Viernageltypus Die Wangen der Banke erhielten wie die Emporendocken 1963 ihre blau grune Marmorimitation Der Fussboden im Altarbereich ist mit grauen Steinplatten aus ortlichem Diabas belegt von denen sich ein anthrazitfarbenes Kreuz im Boden abhebt Die nordwestliche Eingangstreppe ist ebenfalls aus Diabas gestaltet 12 Auf der Sudwestempore ist eine elektronische Orgel aufgestellt Literatur Bearbeiten650 Jahre Rachelshausen Sonderausgabe der Zeitschrift des Heimatvereins und Heimatmuseums Amt Blankenstein e V Heimatvereins und Heimatmuseums Amt Blankenstein e V Gladenbach 1986 S 75 83 online auf Homepage der Kirchengemeinde Gerald Bamberger Matthias Kornitzky Thomas Urban Die Bau und Erhaltungsgeschichte der Fachwerkkapelle von Rachelshausen Ev Rentamt Biedenkopf 1998 Dieter Blume Jurgen Runzheimer Gladenbach und Schloss Blankenstein Aus Geschichte und Natur eines Amtes im hessischen Hinterland Hitzeroth Marburg 1987 ISBN 3 925944 15 X S 280 281 Irmgard Bott u a Bearb Fachwerkkirchen in Hessen Hrsg Forderkreis Alte Kirchen e V Marburg 4 Auflage Langewiesche Konigstein im Taunus 1987 ISBN 3 7845 2442 7 Georg Dehio Handbuch der Deutschen Kunstdenkmaler Hessen I Regierungsbezirke Giessen und Kassel Bearbeitet von Folkhard Cremer Tobias Michael Wolf und anderen Deutscher Kunstverlag Munchen u a 2008 ISBN 978 3 422 03092 3 S 751 Karl Huth Gladenbach Eine Stadt im Wandel der Jahrhunderte Hrsg Magistrat der Stadt Gladenbach Magistrat der Stadt Gladenbach Gladenbach 1974 DNB 790637227 Hans Feldtkeller Bearb Die Bau und Kunstdenkmaler des Landkreises Biedenkopf Eduard Roether Darmstadt 1958 S 34 Frank W Rudolph Evangelische Kirchen im Dekanat Gladenbach Deutscher Kunstverlag Berlin Munchen 2010 ISBN 978 3 422 02288 1 S 72 73 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Kapelle Rachelshausen Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Kirchengemeinde Runzhausen auf der Website des Nachbarschaftsraums Evangelische Kirche im Gladenbacher Land Rachelshausen Historisches Ortslexikon fur Hessen In Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen LAGIS Hessisches Institut fur Landesgeschichte abgerufen am 4 September 2016 Einzelnachweise Bearbeiten a b c Bamberger Die Bau und Erhaltungsgeschichte der Fachwerkkapelle von Rachelshausen 1998 S 13 a b Bott Fachwerkkirchen in Hessen 1987 S 24 Rachelshausen Historisches Ortslexikon fur Hessen In Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen LAGIS Hessisches Institut fur Landesgeschichte abgerufen am 4 September 2016 650 Jahre Rachelshausen 1986 S 78 online auf Homepage der Kirchengemeinde abgerufen am 4 September 2016 So beispielsweise Feldtkeller Bearb Die Bau und Kunstdenkmaler des Landkreises Biedenkopf 1958 S 34 und Huth Gladenbach Eine Stadt im Wandel der Jahrhunderte 1974 S 209 a b c 650 Jahre Rachelshausen 1986 S 80 online auf Homepage der Kirchengemeinde abgerufen am 4 September 2016 Blume Runzheimer Gladenbach und Schloss Blankenstein 1987 S 280 Bamberger Die Bau und Erhaltungsgeschichte der Fachwerkkapelle von Rachelshausen 1998 S 25 27 Bamberger Die Bau und Erhaltungsgeschichte der Fachwerkkapelle von Rachelshausen 1998 S 34 35 Bamberger Die Bau und Erhaltungsgeschichte der Fachwerkkapelle von Rachelshausen 1998 S 45 46 Bamberger Die Bau und Erhaltungsgeschichte der Fachwerkkapelle von Rachelshausen 1998 S 52 a b Rudolph Evangelische Kirchen im Dekanat Gladenbach 2010 S 73 650 Jahre Rachelshausen 1986 S 81 online auf Homepage der Kirchengemeinde abgerufen am 4 September 2016 Homepage der Kirchengemeinde abgerufen am 19 September 2016 Bamberger Die Bau und Erhaltungsgeschichte der Fachwerkkapelle von Rachelshausen 1998 S 3 Bamberger Die Bau und Erhaltungsgeschichte der Fachwerkkapelle von Rachelshausen 1998 S 5 a b Rudolph Evangelische Kirchen im Dekanat Gladenbach 2010 S 72 Bamberger Die Bau und Erhaltungsgeschichte der Fachwerkkapelle von Rachelshausen 1998 S 8 Bamberger Die Bau und Erhaltungsgeschichte der Fachwerkkapelle von Rachelshausen 1998 S 6 Dehio Handbuch der Deutschen Kunstdenkmaler Hessen I 2008 S 751 Bamberger Die Bau und Erhaltungsgeschichte der Fachwerkkapelle von Rachelshausen 1998 S 7 Bamberger Die Bau und Erhaltungsgeschichte der Fachwerkkapelle von Rachelshausen 1998 S 9 Bott Fachwerkkirchen in Hessen 1987 S 77 50 788145 8 530863 Koordinaten 50 47 17 32 N 8 31 51 11 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Evangelische Kapelle Rachelshausen amp oldid 218938443