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Das Sendgericht oder auch der Send ist ein Begriff aus der kirchlichen Rechtsgeschichte Vor dem Sendgericht ehemals auch Sinode genannten kirchlichen Gericht wurden von den Geistlichen im Beisein der graflichen Schultheissen Schandtaten Sunden und Laster der Gemeindeglieder behandelt und gerugt Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 1 1 Strafen 1 2 Ablauf 1 3 Weitere Entwicklung 1 3 1 In der katholischen Kirche 1 3 2 Reformation 1 4 Send in Munster 2 Literatur 3 WeblinksGeschichte BearbeitenDer Ausdruck Send geht auf das Wort Synode zuruck und bezeichnet die regelmassig stattfindenden geistlichen Sittengerichte des Mittelalters und der fruhen Neuzeit Das Sendgericht entstand im 9 Jahrhundert aus der bischoflichen Visitation Als Rechtsbuch dienten zwei Bucher von Regino von Prum mit dem Titel De causis synodalibus et ecclesiasticis disciplinis Haufiger Anlass von Anzeigen und Beschwerden waren Fluche und gotteslasterliche Reden unordentliches Wesen Zecherei Kartenspiel uneheliche Verhaltnisse und Kindschaften aber auch Missachtung der Sonntagsruhe durch Verrichtungen in Feld und Flur Strafen Bearbeiten Uber festgesetzte Strafen der Sendgerichte ist aus der Fruhzeit wenig uberliefert Meist genugten von der Kanzel verkundete Rugen und Ermahnungen seltener auch die offentliche Blossstellung durch Umhangen des Schand oder Lastersteins Schwere Ubeltaten Vergehen und Verbrechen wurden als sogenannte Malefizsachen oder halsgerichtliche Straftaten nicht vom Send sondern von obrigkeitlichen Gerichten wie dem Vogteigericht geahndet Aus reformatorischer Zeit sind zum Teil reichhaltige Straf und Sanktionskataloge uberliefert Leichtere Vergehen wurden unter vier Augen gerugt schwerere durch Geldstrafen die in der Regel in die Almosenkasse zu entrichten waren Daneben konnte auch der zeitlich begrenzte oder dauerhafte Ausschluss vom Abendmahl Kirchenbann oder die Verweigerung der kirchlichen Amtshandlungen Begrabnis Trauung ausgesprochen werden oft waren die Gerugten auch nicht als Paten bei Taufen zugelassen Ablauf Bearbeiten Man wohnte zuerst einem Gottesdienst bei der meist vor einem Kreuzaltar dem Volksaltar stattfand Wenn dies nicht in der sogenannten Sendkirche stattfand ging man dann mit einer Prozession zur Sendkirche Dort stand vor dem Sendstuhl ein Tisch mit einer weissen und schwarzen Decke gedeckt als Zeichen fur Gut und Bose Darauf lag ein Kreuz mit Kerzen davor ein Stockchen ein Stein ein Blatt Papier und eine Schere zum Beweis der Gerichtsbarkeit Weitere Entwicklung Bearbeiten In der katholischen Kirche Bearbeiten Seit dem 11 Jahrhundert ging die Sendgewalt auch auf die Archidiakone und spater auch auf die Priester uber und erlebte im hohen Mittelalter sozusagen ihre Blutezeit Im Sachsenspiegel aus der Zeit um 1230 heisst es Jeder Christenmensch sobald er zu seinen Jahren gekommen ist ist verpflichtet das Sendgericht zu besuchen drei mal im Jahr innerhalb des Bistumes darin er ansassig ist Ssp Ldr I 2 1 Es scheint dass der Adel das Sendgericht des Bischofs und der Bauernstand das Sendgericht des Archidiakons aufsuchte Doch das Konzil von Trient 1545 1563 sprach den Bischofen wieder die alleinige Richtergewalt zu Reformation Bearbeiten In einigen protestantischen Territorien erlebte das Sendgericht in der zweiten Halfte des 16 Jahrhunderts eine letzte Blute Zahlreiche Kirchenordnungen schreiben die Erneuerung der Sendgerichte vor oft auch unter anderen Namen wie beispielsweise Kirchenzensur Neu war daran dass die Amtsgewalt nicht mehr von den Vertretern der Amtskirche also den Pfarrern Superintendenten Dekanen oder Konsistorien Kirchenleitungen ausgeubt wurde sondern von aus der Gemeinde gewahlten Mannern Diese Wahl fand normalerweise auf Zeit seltener auch auf Lebenszeit statt Die Mitglieder des Sendgerichts wurden als Sendschoffen Kirchen Zensoren Alteste oder auch Presbyter griechisch Alteste bezeichnet Die Ausubung verschwand in beiden Konfessionen allmahlich im Laufe des 17 und 18 Jahrhunderts Im 19 Jahrhundert war der Send uberall in Deutschland wo er hauptsachlich und fast ausschliesslich gegolten hatte verschwunden Send in Munster Bearbeiten nbsp Das Sendschwert am Rathaus als Zeichen des Marktrechts der Stadt Munster wahrend des dreimal im Jahr stattfindenden Sends Hauptartikel Send Munster Wahrend dieser Zeit galt in Munster ein besonders strenger Marktfriede der jeden Bruch der mit Blutvergiessen verbunden war bis 1578 mit dem Tode bestrafte Heute ist der Send in Munster der drei Mal im Jahr am Wochenende auf dem Schlossplatz stattfindet die grosste Kirmes der Region Dort gibt es neben vielen Fahrgeschaften auch den traditionellen Pottmarkt Literatur BearbeitenAlbert Michael Koniger Die Sendgerichte in Deutschland Munchen 1907 A Erler Artikel Send In Die Religion in Geschichte und Gegenwart Band 5 Dritte Auflage 1961 Sp 1697 1698 Gottfr Corbach Beitrage zur Bergischen Geschichte SCRIBA Verlag Koln 2001 Nachdruck der Ausgabe von 1976 ISBN 3 921232 48 1 Wilfried Hartmann Hrsg Recht und Gericht in Kirche und Welt um 900 Schriften des Historischen Kollegs Kolloquien Bd 69 Unter Mitarbeit von Annette Grabowsky Oldenbourg Munchen 2007 ISBN 978 3 486 58147 8 Digitalisat Wilfried Hartmann Sozialdisziplinierung und Sundenzucht im fruhen Mittelalter Das bischofliche Sendgericht in der Zeit um 900 In Jahrbuch des Historischen Kollegs 2005 S 95 119 Digitalisat Thorsten Schottke Zwischen Rechtswahrung und Normdurchsetzung Zur Funktion archidiakonaler Sendgerichtstatigkeit im Kirchspiel Ludinghausen In Geschichtsblatter des Kreises Coesfeld 23 1998 S 55 82 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Kategorie Send in Munster Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Veroffentlichungen zum Sendgericht im Opac der Regesta Imperii Veroffentlichungen zu Send im Opac der Regesta ImperiiNormdaten Sachbegriff GND 4195472 5 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Sendgericht amp oldid 231716471