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Erik Homburger Erikson 15 Juni 1902 bei Frankfurt am Main 12 Mai 1994 in Harwich Massachusetts USA war ein deutsch amerikanischer Psychoanalytiker und Vertreter der psychoanalytischen Ich Psychologie Bekannt wurde er insbesondere durch das von ihm gemeinsam mit seiner Ehefrau entwickelte Stufenmodell der psychosozialen Entwicklung Erik Erikson Inhaltsverzeichnis 1 Leben und Werk 1 1 Kindheit 1 2 Weg in den Beruf 1 3 Eigene Familie 1 4 Emigration und Berufsweg 1 5 Lebensende 1 6 Psychische Situation 2 Verbindung mit anderen Theorien 3 Werke Auswahl 4 Literatur 5 Weblinks 6 BelegeLeben und Werk BearbeitenKindheit Bearbeiten Eriksons Mutter Karla Abrahamsen stammte aus Kopenhagen und wuchs in einer gut situierten judischen Familie auf Ihr Ehemann der Borsenmakler Valdemar Salomonsen verliess sie kurz nach der Hochzeit und Karla Abrahamsen ging nach Deutschland Damals war sie bereits schwanger Salomonsen war jedoch nicht der Vater des Kindes 1 Diese Unkenntnis wer sein leiblicher Vater war belastete Erikson sein Leben lang Er erfuhr es weder von seiner Mutter noch durch intensive Nachforschungen die er sein Leben lang anstellte Er selbst hatte die Vorstellung dass sein Vater ein danischer Adeliger war 2 Die ersten drei Jahre wuchs Erikson in Frankfurt am Main bei seiner Mutter mit dem Namen Erik Abrahamsen auf Im Jahr 1905 heirateten seine Mutter und der judische Kinderarzt Theodor Homburger der das Kind behandelt hatte Erikson bekam jetzt den Nachnamen des Stiefvaters 2 und hiess fortan Erik Homburger Die Familie zog nach Karlsruhe Wahrend seiner gesamten Kindheit wurde ihm verheimlicht dass sein Stiefvater nicht sein biologischer Vater war 3 Erikson hatte die beiden Halbschwestern Ellen Homburger und Ruth Homburger 4 Weg in den Beruf Bearbeiten Nach dem Besuch des Karlsruher Bismarck Gymnasiums studierte Erikson an einer Kunstakademie Darauf folgten Wanderjahre als Kunstler Anschliessend arbeitete er als Hauslehrer einer amerikanischen Familie in Wien Uber diese Familie entstand der Kontakt zur psychoanalytischen Bewegung Erikson lernte Anna Freud kennen und kam mit ihrer Lehranalyse in Kontakt Bekannt wurde er auch mit Sigmund Freud Heinz Hartmann Ernst Kris Eva Rosenfeld und Helene Deutsch Dadurch wurde sein Interesse an der Psychoanalyse geweckt Er gab die Malerei auf begann eine Lehranalyse und liess sich zum Psychoanalytiker ausbilden 5 Eigene Familie Bearbeiten In Wien lernte Erik Erikson 1929 seine spatere Ehefrau die kanadische Erzieherin und Tanzwissenschaftlerin Joan Serson kennen 6 Zwischen 1931 und 1944 bekam das Ehepaar insgesamt vier Kinder Kai Theodor 1931 Jon 1933 Sue 1938 und Neil 1944 Trotz der intensiven Arbeit im psychoanalytischen Bereich unterzogen sich Erikson und seine Ehefrau selbst nie einer Psychoanalyse 5 das Familienleben war von Mustern des Schweigens 7 gepragt sowie von einer distanzierten Beziehung des Vaters zu seinen Kindern wie seine Tochter beschreibt Er hatte das Aufziehen der Kinder schon immer meiner Mutter uberlassen weil er sich selbst in all diesen Dingen fur erbarmlich inkompetent meine Mutter dagegen fur ausserordentlich begabt hielt 8 Da bei Neil nach der Geburt das Down Syndrom festgestellt wurde traf Erikson ohne Wissen seiner Ehefrau die Entscheidung das Kind in ein Heim zu geben Dies wurde sowohl innerhalb der Familie als auch nach aussen tabuisiert die Familie zog fort und es bestand kein Kontakt zu dem Kind Neil starb mit 21 Jahren 9 Das Aufrechterhalten einer perfekten Fassade belastete die Familie schwer Das offentliche Bild das sie abgaben reprasentierte all das was sie unbedingt sein wollten wahrend sie in ihrem privaten Leben von unerforschten nie geklarten Gefuhlen hinsichtlich ihrer Beziehung zu Neil ihrer Beziehung zueinander und ihrer Beziehung zu ihren drei anderen Kindern heimgesucht wurden 10 Emigration und Berufsweg Bearbeiten Nachdem die Nationalsozialisten 1933 in Deutschland die Macht erlangt hatten emigrierte Erikson mit seiner Frau und seinem ersten Sohn Kai von Wien uber Kopenhagen in die Vereinigten Staaten von Amerika Er liess sich in Boston nieder und eroffnete die erste Praxis fur Kinderpsychoanalyse in der Stadt Nach der Ankunft in den USA anderte das Ehepaar den bisherigen Familiennamen Homburger Der Sohn Kai bekam stattdessen den Nachnamen Erikson von Eriks Sohn in Anlehnung an skandinavische Traditionen der Nachnamensgebung Auch Joan und die spater geborenen Kinder erhielten diesen Familiennamen Lediglich Erik selbst behielt den Nachnamen seines Stiefvaters als mittleren Bestandteil seines Namens Erik H Erikson 11 Im Jahr 1938 lebte er eine Zeitlang mit Sioux Indianern zusammen und analysierte deren Zusammenleben Im folgenden Jahr wurde Erikson US amerikanischer Staatsburger Spater reiste er auch an die nordkalifornische Westkuste um den indianischen Fischerstamm der Yurok zu studieren 12 In den USA wurde er ohne jemals ein Universitatsstudium absolviert zu haben Professor fur Entwicklungspsychologie an den Eliteuniversitaten Berkeley und Harvard Im Jahr 1959 wurde er in die American Academy of Arts and Sciences gewahlt In Harvard entwickelte und veroffentlichte er sein beruhmt gewordenes Stufenmodell der psychosozialen Entwicklung eine Weiterentwicklung des freudschen Modells psychosexueller Entwicklung das die Entwicklung des Menschen von seiner Geburt an bis zum Tod in acht Phasen untergliedert In jeder dieser Phasen des Entwicklungsmodells kommt es zu einer entwicklungsspezifischen Krise deren Losung den weiteren Entwicklungsweg bahnt Das Schlusselkonzept Eriksons zum Verstandnis der menschlichen Psyche ist die Identitat beziehungsweise die Ich Identitat im Gegensatz zur Ich Entwicklung die meist im jungen Erwachsenenalter stagniert Erikson entwickelte das Phasenmodell zusammen mit seiner Frau Joan Erikson er hatte nicht studiert sie dagegen schon Er selbst gab spater an er konne seinen eigenen Anteil von dem ihren nicht unterscheiden auch die Tochter beschreibt das Arbeiten der Eltern explizit und ausfuhrlich als Arbeitsteilung Dabei fuhrte die wechselseitige emotionale Abhangigkeit zu zahlreichen Spannungen die jedoch nicht offen thematisiert wurden 13 Daruber hinaus ubersetzte bzw korrigierte Joan seine Arbeiten da sie Englisch als Muttersprache gelernt hatte er aber nicht In seinen letzten Jahren und nach seinem Tod entwickelte sie das gemeinsame Modell weiter und erganzte eine 9 Lebensphase des hochbetagten Alters 14 15 Im Phasenmodell der Eriksons wird jede Krise durch Polaritaten charakterisiert Urvertrauen Urmisstrauen Autonomie Scham Zweifel Initiative Schuldgefuhl Leistung Minderwertigkeitsgefuhl Identitat Identitatsdiffusion Intimitat Isolation Generativitat Stagnation Ich Integritat VerzweiflungDabei wird angenommen dass diese Phasen altersspezifisch aufeinander aufbauend und universell sind Dies ist allerdings umstritten 16 Neben der Kinder und Entwicklungspsychologie beschaftigte sich Erikson auch mit Ethnologie Hier pragte er 1968 den fruchtbaren Begriff der Pseudospeciation der Urmensch hatte Stamme gebildet die sich untereinander meist wie getrennte Arten Pseudospecies verhalten und miteinander konkurriert hatten Erikson verfasste ab den 1950er Jahren psychoanalytisch orientierte Biografien uber Martin Luther und Mahatma Gandhi unter anderem im Zusammenhang mit dem von ihm begrundeten Begriff der Generativitat Mit seinem Buch uber Luther wurde er zu einem Vorreiter der Psychohistorie Methodisch in seiner Nachfolge bewegt sich damit auch die in Grossbritannien lehrende australische Historikerin Lyndal Roper u a in ihren detaillierten Studien ebenfalls uber Luther Fur die Biografie uber Mahatma Gandhi Gandhi s Truth 1969 erhielt Erikson 1970 den Pulitzer Preis Lebensende Bearbeiten Mitte der 1980er Jahre begann Erikson sich emotional und geistig zunehmend zuruckzuziehen In dieser Phase setzte seine Frau die Arbeit zunehmend alleine fort 17 Am 12 Mai 1994 verstarb Erik H Erikson in Harwich Massachusetts im Alter von 91 Jahren Psychische Situation Bearbeiten Zeit seines Lebens kampfte Erikson mit einer Neigung zur Depression Er litt unter Gefuhlen der eigenen Wertlosigkeit Unsicherheit und Unzulanglichkeit Als er 1929 seine Frau kennenlernte hatte er sich gerade von einer schweren Depression erholt Seine Frau wurde ihm aufgrund ihrer emotionalen Starke zu einer unverzichtbaren Stutze 18 Verbindung mit anderen Theorien BearbeitenIn ihrem Artikel Personlichkeitsentwicklung nach Theorie von E Erikson und nach A Modell beschrieb die Psychologin und Sozionikerin Tatiana Prokofieva 1999 den Zusammenhang zwischen den Entwicklungsphasen von Erikson und den psychischen Funktionen aus dem sozionischen A Modell Jede psychische Funktion durchlauft im Leben einer Person eine Phase besonders intensiver Entwicklung Diese Entwicklungsphasen beschreibt Erikson Der Ubergang von Stadium 6 auf 7 nach Erikson entspricht dem Ubergang von sozionischen Funktionen 8 auf 2 Kreativfunktion und ist allgemein als Midlife Crisis bekannt Phasen Erikson Psychische Funktionen Sozionik Alter der besonders intensiven EntwicklungI Ur Vertrauen vs Ur Misstrauen 5 Suggestivfunktion 1 LebensjahrII Autonomie vs Scham und Zweifel 6 Aktivierungsfunktion 2 3 LebensjahreIII Initiative vs Schuldgefuhl 4 Verletzbarkeitsfunktion 4 5 LebensjahreIV Werksinn vs Minderwertigkeitsgefuhl 3 Rollenfunktion 6 11 LebensjahreV Identitat vs Ich Identitatsdiffusion 7 Kontrollfunktion Einschrankungsfunktion 12 18 LebensjahreVI Intimitat und Solidaritat vs Isolation 8 Standardfunktion Hintergrundfunktion fruhes ErwachsenenalterVII Generativitat vs Stagnation und Selbstabsorption 2 Kreativfunktion ErwachsenenalterVIII Ich Integritat vs Verzweiflung 1 Grundfunktion reifes ErwachsenenalterWerke Auswahl BearbeitenChildhood and Society New York 1950 Kindheit und Gesellschaft Zurich 1957 Jugend und Krise Stuttgart 1970 engl 1968 Gandhis Wahrheit Uber die Ursprunge der militanten Gewaltlosigkeit Suhrkamp Frankfurt am Main 1978 3 Auflage 1984 ISBN 3 518 27865 7 engl 1970 Einsicht und Verantwortung Frankfurt a M 1964 1971 Identitat und Lebenszyklus Drei Aufsatze Frankfurt a M 1966 2 Aufl 1973 Young Man Luther A Study in Psychoanalysis and History W W Norton 1958 ISBN 0 393 00170 9 Der junge Mann Luther Eine psychoanalytische und historische Studie rororo 1970 ISBN 978 3499167331 Suhrkamp 2016 ISBN 978 3518467114 Der vollstandige Lebenszyklus Frankfurt a M 1988 2 Aufl 1992 engl 1985 Literatur BearbeitenDaniel Burston Erik Erikson and the American Psyche Ego Ethics and Evolution Aronson Lanham u a 2007 ISBN 978 0 7657 0494 8 Psychological Issues Peter Conzen Erik H Erikson Leben und Werk Kohlhammer Stuttgart u a 1996 ISBN 3 17 012828 0 Peter Conzen Erik H Erikson Grundpositionen seines Werkes Kohlhammer Stuttgart u a 2010 ISBN 3 17 021075 0 Sue Erikson Bloland Im Schatten des Ruhms Erinnerungen an meinen Vater Erik H Erikson Psychosozial Verlag Giessen 2007 ISBN 978 3 89806 501 6 Bibliothek der Psychoanalyse Hubert Hofmann Stiksrud Arne Hrsg Dem Leben Gestalt geben Erik H Erikson aus interdisziplinarer Sicht Krammer Wien 2004 ISBN 3 901811 14 1 Roland Kaufhold Spurensuche zur Geschichte der die USA emigrierten Wiener Psychoanalytischen Padagogen In Thomas Aichhorn Hrsg Geschichte der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung 1938 1949 Teil 1 Edition Diskord Tubingen 2003 S 37 69 Luzifer Amor 16 Jg Heft 31 ISSN 0933 3347 Juliane Noack Erik H Erikson Identitat und Lebenszyklus In Benjamin Jorissen Jorg Zirfas Hrsg Schlusselwerke der Identitatsforschung Ein Lehrbuch VS Verlag fur Sozialwissenschaften Wiesbaden 2010 ISBN 978 3 531 15806 8 S 37 53 Juliane Noack Erik H Eriksons Identitatstheorie Athena Verlag Oberhausen 2005 ISBN 3 89896 232 6 Padagogik Perspektiven und Theorien 6 Zugleich Siegen Univ Diss 2005 Josef Rattner Erik H Erikson In Josef Rattner Klassiker der Tiefenpsychologie Psychologie Verlags Union Munchen u a 1990 ISBN 3 621 27102 3 S 561 583 Paul Roazen Erik H Erikson The Power and Limits of a Vision The Free Press New York NY 1976 ISBN 0 02 926450 2 Tatiana Prokofieva Personlichkeitsentwicklung nach Theorie von E Ericson und A Modell In Russisch Razvitie lichnosti po teorii E Eriksona i po modeli AWeblinks BearbeitenLiteratur von und uber Erik H Erikson im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Werke von und uber Erik H Erikson in der Deutschen Digitalen Bibliothek Manfred Rosenbach Entwicklung der Personlichkeit eine Abfolge psycho sozialer Krisen C George Boeree Personlichkeitstheorien Erik Erikson PDF 243 kB Belege Bearbeiten Peter Conzon Erik H Erikson Grundpositionen seines Werkes Stuttgart 2010 S 12 a b Sue Erikson Bloland Im Schatten des Ruhms Erinnerungen an meinen Vater Erik H Erikson Giessen 2007 Erikson E H Lebensgeschichte und historischer Augenblick Frankfurt 1977 S 25 Sue Erikson Bloland Im Schatten des Ruhms Erinnerungen an meinen Vater Erik H Erikson Giessen 2007 S 55 a b Die bei Anna Freud begonnene Analyse brach er ab Sue Erikson Bloland Im Schatten des Ruhms Erinnerungen an meinen Vater Erik H Erikson Giessen 2007 S 74 Sue Erikson Bloland Im Schatten des Ruhms Erinnerungen an meinen Vater Erik H Erikson Giessen 2007 S 61 Sue Erikson Bloland Im Schatten des Ruhms Erinnerungen an meinen Vater Erik H Erikson Giessen 2007 S 79 Sue Erikson Bloland Im Schatten des Ruhms Erinnerungen an meinen Vater Erik H Erikson Giessen 2007 S 32 Sue Erikson Bloland Im Schatten des Ruhms Erinnerungen an meinen Vater Erik H Erikson Giessen 2007 S 24ff Sue Erikson Bloland Im Schatten des Ruhms Erinnerungen an meinen Vater Erik H Erikson Giessen 2007 S 37 Sue Erikson Bloland Im Schatten des Ruhms Erinnerungen an meinen Vater Erik H Erikson Giessen 2007 S 59f Flammer August Entwicklungstheorien Psychologische Theorien der menschlichen Entwicklung 4 Auflage Hans Huber Bern 2009 Sue Erikson Bloland Im Schatten des Ruhms Erinnerungen an meinen Vater Erik H Erikson Giessen 2007 S 75ff Erikson Erik H Erikson Joan M The Life Cycle Completed Extended Version New York 1997 Sue Erikson Bloland Im Schatten des Ruhms Erinnerungen an meinen Vater Erik H Erikson Giessen 2007 Faltermaier Mayring Saup Strehmel Entwicklungspsychologie des Erwachsenenalters 3 Auflage Kohlhammer Stuttgart 2014 S 55 60 Sue Erikson Bloland Im Schatten des Ruhms Erinnerungen an meinen Vater Erik H Erikson Giessen 2007 S 150f Sue Erikson Bloland Im Schatten des Ruhms Erinnerungen an meinen Vater Erik H Erikson Giessen 2007 S 64f und 176f Normdaten Person GND 11853078X lobid OGND AKS LCCN n79026879 NDL 00438973 VIAF 4929517 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Erikson Erik H ALTERNATIVNAMEN Erikson Erik HomburgerKURZBESCHREIBUNG deutsch amerikanischer Psychologe und PsychoanalytikerGEBURTSDATUM 15 Juni 1902GEBURTSORT bei Frankfurt am MainSTERBEDATUM 12 Mai 1994STERBEORT Harwich Massachusetts USA Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Erik H Erikson amp oldid 237629373