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Erdbebensicheres Bauen bezeichnet die gesamten Bemuhungen Bauwerke so auszulegen auszustatten oder nachzurusten dass sie Erdbeben bis zu einer gewissen Starke uberstehen Dabei unterscheidet man zwei Ansatze Erdbebengerechtes Bauen mit dem Schutzziel in grossen Erdbeben die Fluchtwege offen zu halten Duktiles Tragwerkverhalten per Sollbruchstellen bei Uberbelastung Ungeschutzte Einbauten Erdbebensicheres Bauen mit dem Schutzziel der Ausfallsicherheit Elastisches Tragwerkverhalten per Erdbebenisolation Zerstorungsfreies Reaktionsverhalten der EinbautenDie Stockwerke von Pagoden wie die Pagode von Hōryu ji schwingen bei Erdbeben so dass ein Einsturz meist verhindert werden kann 1 Inhaltsverzeichnis 1 Normung 2 Bauweise 3 Seismische Isolation 3 1 Uberblick 3 2 Elastomerlager 3 2 1 Grosse Vollgummilager 3 2 2 Modifizierte Bruckenlager 3 3 Bleikernlager 3 4 Gleitlager 3 5 Gleitpendellager 3 6 Ablenken der Wellen 4 Schwingungsverhalten und Schwingungstilger 5 Besondere Gebaude 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseNormung BearbeitenAls Bemessungsregeln gelten europaweit seit ihrem Erscheinen die Eurocodes Die Auslegung von Bauwerken gegen Erdbeben ist in der Normenreihe des Eurocode 8 EN 1998 1 bis 6 geregelt Die von Land zu Land unterschiedlichen Randbedingungen z B die zu erwartenden Erdbebenintensitaten und Bodenbeschleunigungen werden in den jeweiligen nationalen Anwenderdokumenten festgehalten nbsp EN 1998Bereich BauwesenTitel Eurocode 8 Auslegung von Bauwerken gegen ErdbebenTeile Teil 1 Grundlagen Erdbebeneinwirkungen und Regeln fur HochbautenTeil 2 BruckenTeil 3 Beurteilung und Ertuchtigung von GebaudenTeil 4 Silos Tankbauwerke und RohrleitungenTeil 5 Grundungen Stutzbauwerke und geotechnische AspekteTurme Maste und SchornsteineLetzte Ausgabe Teil 1 2004 AC 2009Teil 2 2005 A1 2009 A2 2011 AC 2010Teil 3 2005 AC 2010Teil 4 2006Teil 5 2004Teil 6 2005Klassifikation 91 010 30 91 080 13 93 040Nationale Normen DIN EN 1998ONORM EN 1998SN EN 1998Ersatz fur DIN 4149 nbsp DIN 4149Bereich BauwesenTitel Bauten in deutschen Erdbebengebieten Lastannahmen Bemessung und Ausfuhrung ublicher HochbautenLetzte Ausgabe 2005 04 zuruckgezogen aber baurechtlich anzuwenden Zuruckgezogen November 2010Klassifikation 91 120 25 nbsp Erdbebenzonen nach Eurocode 8 Teil 1 Nationales Anwenderdokument fur Deutschland nbsp Dampfende Gummilager unter dem Trager eines offentlichen Gebaudes in Glendale KalifornienFur Deutschland gilt die ubernommene Version des Eurocodes DIN EN 1998 mit ihren 6 Teilen Vorlaufer war die DIN Norm DIN 4149 Bauten in deutschen Erdbebengebieten Lastannahmen Bemessung und Ausfuhrung ublicher Hochbauten Bis auf weiteres ist die bereits normativ zuruckgezogene Norm DIN 4149 2005 baurechtlich anzuwenden da der Eurocode 8 nicht in den Listen der bauaufsichtlich eingefuhrten Technischen Baubestimmungen der Bundeslander steht Dabei gelten in den einzelnen Bundeslandern je nachdem in welcher Erdbebenzone sie die Grundstucke befinden unterschiedliche technische Bestimmungen 2 Wichtiger Bestandteil der deutschen Ausgabe des Eurocodes ist ein nationales Anwenderdokument Der Bemessung liegt eine darin enthaltene Erdbebenzonenkarte zugrunde die auch schon in der DIN 4149 enthalten war Die in der Karte festgelegten Zonen richten sich nach dem 475 jahrlichen Erdbeben ein Erdbeben mit einer bestimmten Starke die in 50 Jahren mit einer Wahrscheinlichkeit von 10 uberschritten wird Der Grossteil des Bundesgebietes gilt als nicht erdbebengefahrdet das heisst das im statistischen Mittel einmal in 475 Jahren auftretende Erdbeben weist eine Intensitat 6 auf der Europaischen Makroseismischen Skala EMS auf Die am starksten gefahrdeten Gebiete der Zone 3 EMS Intensitat I 7 5 liegen um Basel und Aachen sowie in den Hohenzollernschen Landen Als an sich gefahrdet einschliesslich Zone 0 gelten grosse Gebiete beiderseits des Rheins Sudwurttemberg das Donautal bis etwa zur Altmuhlmundung sowie das Vogtland und seine weitere Umgebung bis etwa Leipzig und schliesslich die Alpen und das nahere Alpenvorland Entscheidend fur die konkrete Gefahrdung am Standort ist daruber hinaus der dortige Untergrund Bauweise BearbeitenAls forderlich gelten Bauweisen die bei horizontaler Belastung grosse Verformungen zulassen und nur mit Vorankundigung duktil nicht sprode versagen Wird erdbebengerecht konstruiert und ausgefuhrt konnen das u a sein Stahlbauten Stahlbetonkonstruktionen in Ortbetonbauweise Stahl Stahlbeton Verbundbauweise Holzbauweise Fachwerk 3 Zudem wirken folgende Konstruktionsprinzipien gunstig auf den Widerstand gegen Erdbebenbelastung statisch uberbestimmte Systeme redundante Bauteile symmetrische Grundrisse der Gebaude insbesondere rund Anordnung vertikal durchlaufender zentraler Mittelpfeiler 1 horizontale Aussteifungen durch z B Schubwande duktile Materialien und Verbindungen moglichst bodennaher Schwerpunkt massearme leichte BauweiseSeismische Isolation BearbeitenUberblick Bearbeiten Die Entkopplung von Bauwerken von ihrem Untergrund um die Wirkung der Erdbebenwellen auf diese zu verringern kann durch verschiedene Arten der Lagerung erreicht werden Das wesentliche Prinzip beruht dabei auf einer Erhohung der Eigenschwingdauer des Bauwerks gemeinsam mit der Lagerung Die auftretenden dreidimensional einwirkenden Erdbebenkrafte werden durch eine Verschiebung im Antwortspektrum des Bauwerkes verringert Siehe auch Schwingungsisolierung Elastomerlager Bearbeiten Grosse Vollgummilager Bearbeiten Hochelastische zylindrische Elastomerlager wirken in alle Raumrichtungen isolierend und dampfend Sie sind bei entsprechender Auslegung zum Schutz gegen die grossten Erdbeben geeignet RSL Raumlich schwimmende Lagerung Modifizierte Bruckenlager Bearbeiten Diese wirken in horizontaler Richtung 2D vertikal steif isolierend und dampfend Sie sind bei grosser Schubverformungsfahigkeit zum Schutz vor kleineren Erdbeben geeignet HSL Horizontal schwimmende Lagerung Bleikernlager Bearbeiten Ein Gummilager enthalt dabei zusatzlich einen Bleikern der durch plastische Verformung dampfend wirkt und Energie absorbiert Gleitlager Bearbeiten Gleitlager ermoglichen die horizontale Bewegung 2D des Bauwerks auf dem Untergrund und werden meist in Kombination mit anderen Verfahren der Absorption und Dampfung eingesetzt Gleitpendellager Bearbeiten Diese Bauwerklager kombinieren verschiedene Verfahren und verwenden eine konkave Gleitplatte Sie wurden unter anderem beim Akropolismuseum angewendet 4 Weiche Bauteile wie eine schwimmende Lagerung oder die Aufhangung einer Hangebrucke sind weitere Moglichkeiten der Lagerung von Bauwerken zur Verringerung der Belastung aus Erdbeben Ablenken der Wellen Bearbeiten Wissenschaftler an der Universitat Marseille haben 2009 eine Simulation entwickelt die nahelegt dass Rayleigh Wellen durch Ringe aus ausgewahlten Materialien die in konzentrischen Kreisen um Gebaude herum verbaut werden die Erdbebenwellen ableiten konnen und so die Gebaude im Zentrum der Anlage geschutzt wurden 5 Eine praktische Anwendung ist dafur aber nicht absehbar Schwingungsverhalten und Schwingungstilger Bearbeiten nbsp Schwingungstilger im TK Elevator TestturmBei der Planung moderner Gebaude orientiert man sich zunehmend an historischen Gebaudetypen die sich als besonders erbebenresistent erwiesen haben So zeigen Japanische Pagoden bei Erdbeben ein Schwingungsmuster auch Schlangentanz genannt um den zentralen Mittelpfeiler durch das die Erschutterungen abgefedert werden da sich jedes Stockwerk in eine entgegengesetzte Richtung bewegt Ausserdem werden Schwingungen bei Pagoden und anderen traditionellen Holzbauten dadurch abgebremst dass die einzelnen Balken nicht genagelt sondern in einander gesteckt und verkeilt sind was zusatzliche Beweglichkeit ermoglicht 1 Besonders bei Hochhausern kommen Schwingungstilger Schwingungspendel zum Einsatz Ihre Aufgabe ist es bei einem Erdbeben die auftretende Schwingungsenergie aufzunehmen und dadurch ein Schwingen des eigentlichen Gebaudes zu verhindern Solche Systeme konnen als aktive passive oder Hybridsysteme ausgelegt sein und finden sich beispielsweise im John Hancock Tower in Boston oder dem australischen Sydney Tower 6 Konstruktiv handelt es sich bei solchen Systemen um eine grosse Masse teilweise mehrerer hundert Tonnen die gleitend gelagert oder als Pendel freischwingend im oberen Teil eines Hochhauses eingebaut werden und die eingetragene vertikale Energie aufnehmen und abbauen ohne dass das eigentliche Tragwerk damit belastet wird In der Regel werden zusatzlich Dampfersysteme in diese Konstruktionen integriert um Resonanzeffekte und zu grosse Bewegungen zu verhindern Besondere Gebaude BearbeitenDie Nuklearkatastrophe von Fukushima seit Marz 2011 lenkte weltweit das Augenmerk darauf dass Kernkraftwerke nicht jedem Beben trotzen konnen und dass sie trotz ihrer teilweise massiven Bauweise von Flutwellen erheblich beschadigt werden konnen Nach dem verheerenden Erdbeben von Kōbe 1995 bei dem mehr als 6400 Menschen starben wurden in Japan die Vorschriften verscharft Seitdem gebaute Reaktoren mussen mindestens Erdstossen der Richter Magnitude M 7 75 standhalten konnen in besonders gefahrdeten Regionen sogar Beben bis M 8 25 Das Tōhoku Erdbeben von 2011 hatte allerdings eine Momenten Magnitude von M 9 0 Das zeigt auf dass Richter Magnituden als Mass fur die freigesetzte Wellenenergie und Zerstorungsintensitaten gemass der Mercalli Sieberg Skala als Mass fur das globale Ausmass der Zerstorungen nicht reprasentativ sein mussen fur die konkrete Zerstorungswirkung am einzelnen Bauwerk Fur die Zerstorungswirkung am einzelnen Bauwerk reprasentativ sind drei Grossen Seismische Kennwerte 3D am Felshorizont des Standorts Kennwerte fur die 3 dimensional wirkenden Erdbebenwellen grosste Beschleunigung Geschwindigkeit Verschiebung Erdbebentyp Dauer der Intensivbewegung Allfallige Verstarkung bei lockerem Boden zwischen dem Felshorizont und dem Fundament Baugrund Erdbebenexposition von einer vollen bis zu keiner Exposition infolge lokaler Wellenmuster Beim Tohoku Erdbeben Seebeben verantwortlich fur die Super GAUs an drei AKWs in Fukushima Japan verschluckte ein Seegraben ca 130 km ausserhalb tatsachlich einen erheblichen Anteil der Wellenenergie bevor sie das Festland erreichte In Kalifornien stehen Stand November 2011 zwei alte Kernkraftwerke an exponierten Standorten die im Zusammenhang mit dem Thema Erdbebensicherheit oft erwahnt werden das Kernkraftwerk San Onofre seit 1968 und mittlerweile stillgelegt 7 und das Kernkraftwerk Diablo Canyon seit 1984 1985 Letzteres liegt 3 km entfernt von einer Erdbebenspalte die man wahrend des Baus entdeckte beide liegen in der Nahe der San Andreas Verwerfung Literatur BearbeitenErdbebensichere Hauser In Zentralblatt der Bauverwaltung Nr 71 1909 S 476 zlb de kurze Darstellung Weblinks BearbeitenInhaltsverzeichnis der DIN 4149 2005 04 Beuth Verlag Erdbebengerechtes Bauen Memento vom 1 November 2016 im Internet Archive Bundesamt fur Umwelt BAFU Schweiz Faltblatt Erdbebebengerechte Neubauten in der Schweiz Bundesamt fur Umwelt BAFU Schweiz Erdbebengerechtes Entwerfen und Konstruieren von mehrgeschossigen Holzbauten Bundesamt fur Umwelt BAFU Schweiz und Lignatec Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten Richtlinien des BWG Schweiz 2002 Erdbeben und Bauwerke in der Schweiz Stiftung fur Baudynamik und Erdbebeningenieurwesen Erdbebengerechtes Bauen Basler amp Hofmann Zurich Abfrage zur Zuordnung von Orten zu Erdbebenzonen der DIN 4149 Erdbebensicheres Bauen Hinweise fur das Bauen in Erdbebengebieten Baden Wurttembergs PDF 0 6 MB Wirtschaftsministerium Baden Wurttemberg 2008 Einzelnachweise Bearbeiten a b c Japanische Pagoden Universitat Wien abgerufen am 20 Februar 2022 Erdbebensicher Bauen Hinweise fur das Bauen in Erdbebengebieten Baden Wurttembergs PDF 596 kB Wirtschaftsministerium Baden Wurttemberg abgerufen am 20 Februar 2022 Hamid Isfahany und Georg Pegels Erdbebensichere Hauser fur Entwicklungslander Alexander von Humboldt Stiftung abgerufen am 8 August 2009 Georg Kuffner Fusse in Schalen In FAZ net 11 Oktober 2005 abgerufen am 14 Dezember 2014 Suzanne Krause Tarnkappe gegen Erdbeben Konzentrische Ringe sichern Gebaude Abgerufen am 8 August 2009 Konstantin Meskouris Erdbebensicheres Bauen Bundesministerium fur Bildung und Forschung archiviert vom Original am 5 Mai 2015 abgerufen am 22 Mai 2015 Lena Jakat Reaktoren in Risikogebieten Die gefahrlichsten AKW Standorte der Welt In sueddeutsche de 7 Marz 2012 abgerufen am 26 Mai 2015 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Erdbebensicheres Bauen amp oldid 233947834