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Der Eisenbahnunfall von Leipzig war der Frontalzusammenstoss zweier Zuge zwischen den Bahnhofen Leipzig Mockau und Leipzig Hauptbahnhof am 15 Mai 1960 Mindestens 54 Menschen starben Er war einer der schwersten Eisenbahnunfalle der Deutschen Reichsbahn nach dem Zweiten Weltkrieg Inhaltsverzeichnis 1 Ausgangslage 2 Unfallhergang 3 Folgen 4 Rechtliche Aufarbeitung 5 Literatur 6 Weblinks 7 Anmerkungen 8 EinzelnachweiseAusgangslage Bearbeiten nbsp E 44 136 Schwesterlokomotive der verungluckten Lok im Leipziger Hauptbahnhof 1958 Zuge die aus dem Bahnhof Leipzig Hbf in Richtung Halle ausfuhren mussten zunachst das Befehlsstellwerk B3 passieren danach das Warterstellwerk W7 Beide waren elektromechanische Stellwerke das Stellwerk B3 ein Vierreihenhebelwerk der Bauform VES Gegen 20 20 war der Zug Sg 5556 von Halle uber Gleis 9 in Gleis 15 des Leipziger Hauptbahnhofs eingefahren Gegen 20 20 erteilte der Fahrdienstleiter des Stellwerks B3 dem Warter des Stellwerks W7 den Auftrag die Fahrstrasse fur die Ausfahrt des P 466 aus Gleis 11 nach Halle einzustellen Der P 466 war mit der Elektrolokomotive E 44 053 bespannt Gleichzeitig wurde die Einfahrt des mit der E 17 123 bespannten E 237 von Halberstadt erwartet der uber Gleis 9 in Gleis 12 einfahren sollte Zur fur den E 237 einzustellenden Zugfahrstrasse gehorte die Weiche 268 die dem P 466 Flankenschutz gewahren sollte und zum Stellbereich des Stellwerks W7 gehorte Unfallhergang BearbeitenAls die Mitarbeiter die Fahrstrasse fur den P 466 einstellen wollten liess sich die Weiche 268 zwar umstellen aber das Uberwachungsrelais zog nicht an Dies bedeutete dass sich das zugehorige Hauptsignal nicht auf Fahrt stellen liess Deshalb suchten Mitarbeiter im Stellwerk B 3 nach einer alternativen Fahrstrasse fur den E 237 welche die gestorte Weiche vermied Die Mitarbeiter des Stellwerks W 7 beschlossen den P 466 mit einem schriftlichen Befehl am haltzeigenden Signal vorbeifahren zu lassen Die Weiche 268 stand ja richtig nur die Uberwachung war gestort Sie vergassen aber die im Fahrweg folgenden Weichen 262 und 263 die seit der Einfahrt des Sg 5556 unverandert lagen fur den P 466 umzustellen Ohne exakte Fahrwegprufung gaben sie die Fahrwegsicherungsmeldung an den Fahrdienstleiter ab und dieser stimmte zu den Zug mit schriftlichem Befehl weiterfahren zu lassen Der Fahrdienstleiter liess den P 466 abfahren Der Zug kam am haltzeigenden Signal vom Stellwerk W7 zum Stehen das unter anderem die Weichen 262 263 und 268 deckte Ein Mitarbeiter des Stellwerks handigte dem Lokomotivfuhrer vorschriftswidrig den schriftlichen Befehl fur die Weiterfahrt aus Der Befehl hatte zum einen vom Fahrdienstleiter des Stellwerks B3 mit gezeichnet unterschrieben werden mussen Damit das nicht auffiel hatten Mitarbeiter des Stellwerks den Befehl mit einer etwa eine Stunde zuruckliegenden Uhrzeit ausgestellt Ausserdem gaben sie dem Lokfuhrer gleich beide Ausfertigungen des Befehls auch diejenige die der Zugfuhrerin hatte ubergeben werden mussen die sich am Schluss des Zuges im Gepackwagen aufhielt Der Lokomotivfuhrer nahm den Befehl wohl nur oberflachlich zur Kenntnis jedenfalls fuhr er los Er fuhr ohne es zu bemerken die Weiche 262 auf und gelangte uber die weitere Weiche 263 auf das Gleis der Gegenrichtung Der Lokfuhrer bemerkte das entweder nicht oder reagierte falsch fuhr weiter und beschleunigte zugig Hier bestand die Fahrstrasse unverandert seit der Einfahrt des Sg 5556 auf der sich der E 237 naherte Die Mitarbeiter des Stellwerks W7 beobachteten die Fahrt des P 466 in den unrichtigen Fahrweg und gerieten in Panik Statt das etwa 500 Meter weiter in Fahrtrichtung des Zuges gelegene Stellwerk B10 das zwar an Fahrten von und nach Halle nicht beteiligt war jedoch unmittelbar neben den betroffenen Streckengleisen stand zu alarmieren verstandigten sie nur ihren Fahrdienstleiter auf dem Stellwerk B3 der aber nichts machen konnte da er noch weiter vom ausfahrenden Zug entfernt war als das Stellwerk W7 In der Nahe des Einfahrvorsignals und der Berliner Brucke auf Hohe der Leipziger Wollkammerei stiessen die Zuge im Bogen frontal zusammen Mehrere Wagen beider Zuge entgleisten Folgen Bearbeiten54 Menschen starben Anm 1 und 240 1 Anm 2 weitere wurden verletzt Unter den Toten befanden sich der Lokfuhrer des P 466 und die Eltern des gerade einen Monat alten spateren Malers Neo Rauch Um sich zu entlasten versuchten die Mitarbeiter der Stellwerke die auf der Durchschrift des Befehls und im Protokollbuch des Stellwerks B3 angegebene bewusst falsch eingetragene Uhrzeit der Realitat anzupassen Die Falschung wurde aber erkannt weil das Original des Befehls aus dem vollig zertrummerten Fuhrerstand der Lokomotive geborgen werden konnte Ministerprasident Otto Grotewohl erteilte dem Minister fur Verkehrswesen Erwin Kramer der sich noch in der Nacht an den Unfallort begeben hatte Sondervollmacht und betraute ihn mit der Leitung der Hilfsaktion fur die Betroffenen und deren Angehorige Rechtliche Aufarbeitung BearbeitenDer Unfall wurde vor einer Leipziger Strafkammer verhandelt der auch zwei Eisenbahner als Schoffen angehorten Im Rahmen der Ermittlungen waren zahlreiche Nachlassigkeiten des Stellwerkepersonals bekannt geworden die den Angeklagten jetzt allesamt zur Last gelegt wurden Das Gericht stufte das Verhalten der Stellwerksmitarbeiter als vorsatzliche Transportgefahrdung ein In der Konsequenz wurden in einem Urteil am 16 Dezember 1960 langjahrige Zuchthausstrafen verhangt fur den Signalwarter 15 und den Weichenwarter vom Stellwerk W7 zwolf Jahre Der Fahrdienstleiter erhielt zehn und sein Helfer acht Jahre beide waren Mitarbeiter im Stellwerk B3 In der Berufung folgte das Oberste Gericht der DDR diesem Urteil nicht Es erkannte auf Fahrlassigkeit durch nachlassige Dienstausubung Entsprechend wurden die Strafmasse erheblich herabgesetzt Es wurden auch keine Zuchthaus sondern nur noch Gefangnisstrafen ausgesprochen Signal und Weichenwarter erhielten je funf Jahre Freiheitsstrafe der Fahrdienstleiter drei und sein Helfer zwei Jahre Literatur BearbeitenHans Joachim Ritzau Jurgen Horstel Die Katastrophenszene der Gegenwart Verlag Zeit und Eisenbahn 1983 ISBN 3921304504 S 173 177 Todesweiche 262 Zugungluck am Bahnhof In Volksstimme v 29 September 2011 abgerufen am 9 April 2022 Weblinks BearbeitenGerd Bohmer Ein trauriges Kapitel Eisenbahngeschichte Bahnbetriebsunfalle bei der DR und DB nach dem zweiten Weltkrieg Beitrag in der MDR Sendereihe Lebensretter Anmerkungen Bearbeiten Die Angabe zur Zahl der Toten schwankt je nach Quelle zwischen 54 und 59 Entweder bezieht sich die kleinere Zahl von 54 Toten auf die direkt an der Unfallstelle Verstorbenen wahrend die Zahl 59 vermutlich auch die Opfer einschliesst die nachtraglich in den Krankenhausern verstarben oder die kleinere Zahl meint die getoteten Reisenden wahrend die grossere die Eisenbahnmitarbeiter einschliesst Ritzau nennt die Zahl von 206 Verletzten Einzelnachweise Bearbeiten bk Todesweiche 51 350343 12 386141 Koordinaten 51 21 1 2 N 12 23 10 1 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Eisenbahnunfall von Leipzig amp oldid 238858778