www.wikidata.de-de.nina.az
Vom 3 Oktober 1990 dem Tag der Deutschen Einheit bis 31 Dezember 1991 versorgte die Einrichtung nach Art 36 Einigungsvertrag das Gebiet der ehemaligen DDR mit Horfunk und Fernsehen nach den allgemeinen Grundsatzen des offentlich rechtlichen Rundfunks Sie ersetzte den vorherigen Staatsrundfunk der DDR und war Vorganger der Landesrundfunkanstalten in den funf neuen Landern und Ost Berlin Inhaltsverzeichnis 1 Entstehungsgeschichte 2 Organisation 3 Entwicklung 4 Finanzen 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseEntstehungsgeschichte BearbeitenIm Gegensatz zur Bundesrepublik Deutschland wo nach 1945 der Staatsrundfunk der Zeit des Nationalsozialismus durch eine offentlich rechtliche dezentral von den Bundeslandern verantwortete Rundfunkorganisation mit Landesrundfunkanstalten ersetzt wurde lebte in der DDR der Staatsrundfunk des Dritten Reiches als Staatsrundfunk der DDR unter Fuhrung des Zentralkomitees der SED organisatorisch weiter Das Staatliche Komitee fur Rundfunk Horfunk und das Staatliche Komitee fur Fernsehen waren fur das Programm die Studiotechnik der Deutschen Post fur die Produktion und technische Abwicklung zustandig Bei den Beitrittsverhandlungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR war politischer Wille dass das Organisationsmodell des Rundfunks in der DDR beendet werden sollte und das westdeutsche Modell Grundlage neuer Landesrundfunkanstalten in den ostdeutschen Bundeslandern werden sollte 1 Da gleichzeitig das politisch belastete und unglaubwurdig gewordene Personal des Staatsrundfunks nicht in den neuen Landesrundfunkanstalten einfach weitermachen sollte und der Apparat des DDR Horfunks und Fernsehens viel zu aufgeblaht war fur eine moderne Rundfunkanstalt musste die alte Organisation beendet werden es durfte keinen Betriebsubergang und keinen Ubergang von Arbeitsvertragen in die neuen Landesrundfunkanstalten geben Gleichzeitig aber brauchten die erst am 22 Juli 1990 durch DDR Gesetz gegrundeten neuen Lander 2 die erst am 14 Oktober 1990 ihre Landtage wahlten Zeit die Gesetze fur die neuen Landesrundfunkanstalten zu verabschieden und diese dann auch aufzubauen Bis dahin sollten der Bildschirm nicht schwarz und das Radio nicht stumm bleiben Geregelt haben die Verhandlungspartner diese Zwischenzeit im Kapitel VIII Kultur Bildung und Wissenschaft Sport des Einigungsvertrags und zwar im Artikel 36 mit der Uberschrift Rundfunk Darin haben sie fur 15 Monate eine eigene Einrichtung fur den Weiterbetrieb von Radio und Fernsehen im Beitrittsgebiet vorgesehen Im Absatz 1 des Artikels heisst es Der Rundfunk der DDR und der Deutsche Fernsehfunk werden als gemeinschaftliche staatsunabhangige rechtsfahige Einrichtung von den in Artikel 1 Abs 1 genannten Landern und dem Land Berlin fur den Teil in dem das Grundgesetz bisher nicht galt bis spatestens 31 Dezember 1991 weitergefuhrt soweit sie Aufgaben wahrnehmen fur die die Zustandigkeit der Lander gegeben ist Die Einrichtung hat die Aufgabe die Bevolkerung in dem in Artikel 3 genannten Gebiet nach den allgemeinen Grundsatzen des offentlich rechtlichen Rundfunks mit Horfunk und Fernsehen zu versorgen 3 Der Einigungsvertrag wurde im Sommer 1990 verhandelt und am 31 August unterzeichnet Volkskammer und Bundestag stimmten am 20 September der Bundesrat am 21 September zu in Kraft getreten ist er am 29 September 1990 vier Tage vor dem Tag der Einheit Weil der Auslandsrundfunk nicht zur Landeraufgabe gehorte wie auch in der Bundesrepublik die Deutsche Welle vom Bund nicht aus der Rundfunkgebuhr finanziert wurde erliess der Staatssekretar im Bundesinnenministerium Hans Neusel bereits am 26 September 1990 einen Organisationserlass nach dem Radio Berlin International als Auslandsrundfunk der DDR am 2 Oktober um 24 Uhr seinen Betrieb einzustellen hatte Organisation BearbeitenDeutscher Fernsehfunk und Funkhaus Berlin wie sich die ehemaligen Fernsehen und Rundfunk der DDR seit 1990 nannten arbeiteten so wie sie waren unter Leitung ihrer kommissarischen Generalintendanten Michael Albrecht und Christoph Singelnstein weiter Neu war die Einbindung in die Einrichtung mit den im Absatz 2 des Artikels 36 vorgesehenen Organen Der Rundfunkbeauftragte und Der Rundfunkbeirat Der Rundfunkbeauftragte leitet die Einrichtung und vertritt sie gerichtlich und aussergerichtlich Er ist fur die Erfullung des Auftrags der Einrichtung im Rahmen der dafur verfugbaren Mittel verantwortlich und hat fur das Jahr 1991 unverzuglich einen in Einnahmen und Ausgaben ausgeglichenen Haushaltsplan aufzustellen 4 Der Rundfunkbeauftragte sollte von der Volkskammer auf Vorschlag des Ministerprasidenten der DDR Lothar de Maiziere gewahlt werden oder aber wenn das nicht zustande kame von den Landessprechern der funf neuen Landern und dem Oberburgermeister von Ost Berlin In den heissen letzten Monaten der DDR hatte die Volkskammer anderes zu tun als einen Rundfunkbeauftragten zu wahlen so berief Bundesminister Gunther Krause am 15 Oktober einen Tag nach den Landtagswahlen in den neuen Landern die noch amtierenden Landesbeauftragten und den Berliner OB Tino Schwierzina zur Wahl eines Rundfunkbeauftragten in die Aussenstelle des Bundeskanzleramtes in der Klosterstrasse in Berlin ein und schlug Rudolf Muhlfenzl den Kandidaten des Bundeskanzlers zur Wahl vor Er wurde gewahlt und am 23 Oktober vom Bundesinnenminister bestellt der ihn und seine acht Berater auch bezahlte Nur zwei der acht Berater kamen aus dem Umfeld des offentlich rechtlichen Rundfunks die anderen aus dem Umfeld des kommerziellen Radios und Fernsehens bzw von Staatskanzleien Ronald Frohne Recht und Personal Stellvertreter Roland Tichy Medienpolitik Stasiuberprufung Buroleiter Stellvertreter Volkram Gebel Programmbeobachtung Donald McLaughlin Wirtschaft und Vermogen Rolf Markner Haushalt Finanzen und Gebuhren Bernd Rieger Haushalt Finanzen und Gebuhren Helmut Haunreiter Technik Matthias Gehler Pressesprecher Zweites Organ war der Rundfunkbeirat seine Aufgaben beschreibt Abs 4 Artikel 36 so Der Rundfunkbeirat hat in allen Programmfragen ein Beratungsrecht und bei wesentlichen Personal Wirtschafts und Haushaltsfragen ein Mitwirkungsrecht Der Rundfunkbeirat kann den Rundfunkbeauftragten mit der Mehrheit von zwei Dritteln seiner Mitglieder abberufen Er kann mit der Mehrheit von zwei Dritteln seiner Mitglieder einen neuen Rundfunkbeauftragten wahlen 5 Obwohl Rudolf Muhlfenzl als Rundfunkbeauftragter umstritten war ist es nie zu einer Abwahl gekommen Das hing auch mit der Zusammensetzung des Rundfunkbeirats zusammen Je drei der 18 Mitglieder wurden von den Landtagen bzw der Stadtverordnetenversammlung von Ost Berlin benannt sie sollten Personlichkeiten des offentlichen Lebens als Vertreter gesellschaftlich relevanter Gruppen sein Das war angelehnt an die Zusammensetzung der Rundfunkrate als Aufsichtsgremien der Landesrundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland In Wirklichkeit aber war der Rundfunkbeirat eher ein Ebenbild der parteipolitischen Verhaltnisse in den Landtagen als eines der gesellschaftlichen Gruppen Zwar war ein Schriftsteller sein Vorsitzender Uwe Gruning aber der war gleichzeitig CDU MdL in Sachsen 6 und Gunter Gaus altgedienter linker Journalist aus dem Westen sass fur Brandenburg oder besser die SPD im Beirat Knapp ein Jahr beriet der Beirat den Rundfunkbeauftragten Muhlfenzl von der konstituierenden Sitzung am 14 Dezember 1990 bis zur letzten am 18 Dezember 1991 Entwicklung BearbeitenDer Rundfunkbeauftragte musste die Rundfunk und Fernsehversorgung bis 31 Dezember 1991 aufrechterhalten und wollte dennoch schon mehr als die Halfte des Personals abbauen 3000 der ursprunglich 13 000 Mitarbeiter von Rundfunk und Fernsehen der DDR waren bis Oktober 1990 durch Outsourcing nicht medienrelevanter Bereiche wie Polikliniken Einzelhandelsgeschaften und feinmechanischen Werkstatten sowie einzelnen Entlassungen etwa der Offiziere im besonderen Einsatz der Stasi oder von Fernsehproduktionspersonal ausgeschieden Etwa 10 000 Mitarbeiter ubernahm Muhlfenzl Bis 30 Juni 1991 wollte er nur noch 6300 zum 30 September nur noch 3150 Mitarbeiter haben Zum 31 Dezember 1991 arbeiteten noch etwa 5000 Menschen im Rundfunk und Fernsehen der DDR und wurden an diesem Tag um 24 Uhr entlassen 7 In der Zwischenzeit hatte Muhlfenzl zum 15 Dezember 1990 das ARD Programm auf die erste Senderkette von DFF 1 schalten lassen und gleichzeitig die vorher nicht genutzte dritte Senderkette dem ZDF ubergeben Das zweite DDR Fernsehprogramm wurde zur DFF Landerkette in den neuen Bundeslandern entstanden neue Landesstudios diese lieferten dem ARD Programm Aktualitat und anderen Produktionen bei Am 14 Februar 1991 erliess der Rundfunkbeauftragte Rudolf Muhlfenzl mit Zustimmung des Personalstrukturausschusses des Rundfunkbeirats und des Personalrats der Einrichtung seine Dienstanweisung Nr 8 Uberprufung nach rechtsstaatlichen Grundsatzen Alle Mitarbeiter bekamen in der 8 Kalenderwoche des Jahres einen Fragebogen und sollten ihn bis 28 Februar 1991 bei ihren jeweiligen Intendanten oder Landesdirektoren abgeben Gefragt wurde darin u a nach SED Zugehorigkeit Parteifunktionen Leitungstatigkeit Stasi Tatigkeit Nicht wahrheitsgemasse Angaben sollten zur fristlosen Kundigung fuhren Ausgewertet wurden die 9 600 abgegebenen Fragebogen von zwei Mitarbeitern aus der ehemaligen DDR 1 700 davon fur eine nahere Auswertung markiert Zwei Kirchenvertreter haben dann 1 677 Fragebogen ausgewertet 162 Mitarbeiter wegen fehlender Angaben einbestellt und am Schluss folgende Feststellungen getroffen 202 Mitarbeiter 93 beim FS hatten Beziehungen zur Stasi 197 Mitarbeiter 106 beim FS sollten nicht mehr weiterbeschaftigt werden 627 Mitarbeiter 375 beim FS sollten nicht mehr in Leitungsfunktionen beschaftigt werden 45 Mitarbeiter schieden aus diversen Grunden wahrend der Aktion selbst aus 7 Im Radio wurden die bereits im April 1990 im Vorfeld der Landergrundungen eingefuhrten Landesprogramme fortgefuhrt und gestarkt Im letzten Teil seiner Amtszeit versuchte Muhlfenzl moglichst viele Bestandteile des DDR Rundfunks und Fernsehens dauerhaft zu sichern Er brachte das Radioprogramm DS Kultur in den neu entstehenden nationalen Horfunk Deutschlandradio ein Rundfunksinfonieorchester und Rundfunkchor gingen in der neu entstehenden ROC GmbH auf der Berliner Rundfunk die Produktion des Fernsehprogramms elf99 und das Fernsehballett wurden privatisiert Die Auflosung und Abwicklung des Deutschen Fernsehfunks und des Funkhauses Berlin aber auch die Erhaltung der Programmbestande wurden auf die Zeit nach dem 31 Dezember 1991 verlagert Rudolf Muhlfenzl grundete dazu die NFL GmbH fur Abwicklung und Auflosung aller Vertrage und Sachmittel die Lander die NLG GmbH fur die Verwertung der Grundstucke und die Abwicklung aller arbeitsrechtlichen Forderungen und die Chefs der Staats und Senatskanzleien der neuen Bundeslander und Berlins nahmen das Angebot der ARD an das Deutsche Rundfunkarchiv werde treuhanderisch fur die neuen Landesrundfunkanstalten die Archive und Programmbestande von Radio und Fernsehen der DDR sichern Finanzen BearbeitenFinanziell hatte die Einrichtung nie Probleme Denn am 14 September 1990 hatte der DDR Medienminister Gottfried Muller noch ein kurz vorher von der Volkskammer beschlossenes Gesetz veroffentlicht in dem vom 1 Oktober 1990 an die Rundfunkgebuhr von ursprunglich 9 Mark der DDR auf die im Westen damals ublichen 19 DM pro Monat erhoht wurde 8 Trotz des Wegfalls des fruheren Staatszuschusses der zu DDR Zeiten etwa so viel Geld in die Kasse brachte wie die Rundfunkgebuhr und eines erheblichen Modernisierungsstaus schwamm die Einrichtung im Geld 1991 verfugte sie uber einen Etat von etwa einer Milliarde DM Mit dem Abbau der Programme der Tatsache dass Neuinvestitionen ausschliesslich in den neuen Landesrundfunkanstalten stattfanden brauchte sie aber weniger Geld als prognostiziert So konnte die Einrichtung die neu entstehenden Landesrundfunkanstalten subventionieren alle Abwicklungskosten einschliesslich aller Abfindungen an die entlassenen Mitarbeiter ubernehmen und am Schluss noch 500 Millionen DM an die neuen Landesrundfunkanstalten bzw Bundeslander auszahlen 8 Literatur BearbeitenRoland Tichy Sylvia Diel Hrsg Deutschland einig Rundfunkland Fischer Verlag Munchen 2000 ISBN 3 88927 260 6 Joachim Felix Leonhard Der Rundfunk der DDR wird Geschichte und Kulturerbe In Dietrich Schwarzkopf Rundfunkpolitik in Deutschland Band 2 Munchen 1999 ISBN 3 423 30714 5 Claus Werner Hrsg Medien Wende Wende Medien Dokumentation des Wandels im DDR Journalismus Okt 1989 bis Okt 1990 Vistas Verlag Berlin 1991 ISBN 3 89158 063 0 Heide Riedel Mit uns zieht die neue Zeit 40 Jahre DDR Medien Vistas Verlag Berlin ISBN 3 89158 095 9 Edith Spielhagen Hrsg So durften wir glauben zu kampfen Erfahrungen mit DDR Medien Vistas Verlag Berlin 1993 ISBN 3 89158 087 8 Gunther von Lojewski Axel Zerdick Hrsg Rundfunkwende Der Umbruch des deutschen Rundfunksystems nach 1989 aus der Sicht der Akteure Schriftenreihe der MABB Vistas Verlag Berlin 2000 ISBN 3 89158 292 7 Rainer Stein Vom Fernsehen und Radio der DDR zur ARD die Entwicklung und Neuordnung des Rundfunkwesens in den neuen Bundeslandern Marburg 2000 ISBN 3 8288 8089 4 Wolfgang Hoffmann Riem Rundfunkneuordnung in Ostdeutschland Stellungnahme zu Vorschlagen uber den Aufbau des offentlich rechtlichen Rundfunks in den neuen Bundeslandern Hans Bredow Institut Forschungsberichte und Materialien Bd 13 Hamburg 1991 ISBN 3 87296 075 X Ernst Dohlus Kein Kahlschlag Die Auflosung des Staatsrundfunks der DDR In epd medien 45 2014 Gemeinschaftswerk der Evangel Publizistik GEP gGmbH Frankfurt S 3 11 Weblinks BearbeitenArt 36 Einigungsvertrag jaecker com Arbeit von Tobias Jacker am Otto Suhr Institut der FU Berlin uber die Rundfunkwende Ernst Dohlus In der Grauzone wie der Staatsrundfunk der DDR aufgelost wurde Phasen und Organisation In Deutschland Archiv 11 September 2014 Ernst Dohlus In der Grauzone wie der Staatsrundfunk der DDR aufgelost wurde Menschen Material und Programmvermogen In Deutschland Archiv 22 September 2014 Ernst Dohlus In der Grauzone wie der Staatsrundfunk der DDR aufgelost wurde Was geschah mit dem Geld und den Grundstucken in Deutschland Archiv 27 Oktober 2014 Einzelnachweise Bearbeiten epd medien 45 2014 Kein Kahlschlag Die Auflosung des Staatsrundfunks der DDR S 4 Landereinfuhrungsgesetz der DDR vom 22 Juli 1990 Art 36 Abs 1 Satz 1 und 2 EV Art 36 Abs 3 Satz 3 und 4 EV Art 36 Abs 4 Satz 3 bis 5 EV Roland Tichy Silvia Diehl Deutschland einig Rundfunkland S 160 a b In der Grauzone Wie der Staatsrundfunk der DDR aufgelost wurde Menschen Material und Programmvermogen In Deutschlandarchiv 22 September 2014 a b In der Grauzone Wie der Staatsrundfunk der DDR aufgelost wurde Was geschah mit dem Geld und den Grundstucken In Deutschlandarchiv 27 Oktober 2014 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Einrichtung nach Art 36 Einigungsvertrag amp oldid 232420318