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Ein Divertor ist eine Vorrichtung in Fusionsreaktoren die das Fusionsplasma vom Fusionsprodukt Helium 4 und von Verunreinigungen befreit Divertoren konnen in ringformigen Fusionsreaktoren der Bauarten Tokamak und Stellarator eingesetzt werden Divertorkassette in einem Modell des Tokamaks ITER am unteren Ende des D formigen Plasmagefass QuerschnittsInhaltsverzeichnis 1 Funktionsweise 2 Entwicklungsgeschichte 2 1 Der Limiter 2 2 Der magnetische Limiter 2 3 Der Divertor 2 3 1 Der Divertor im Tokamak 2 3 2 Der Divertor im Stellarator 3 Aktuelle Forschung 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseFunktionsweise BearbeitenUm eine kontinuierliche Fusion aufrechtzuerhalten mussen wahrend des Betriebes das Fusionsprodukt Helium 4 sowie unvermeidlich aus dem Wandmaterial herausgelosten Verunreinigungen s Sputtern aus dem Fusionsplasma entfernt werden Da das Plasma aus vollstandig ionisierten Atomkernen besteht Elektronenhullen haben sie nicht mehr tragt jeder der Kerne so viele positive elektrische Elementarladungen wie seiner Ordnungszahl entspricht Somit haben die bei der Fusion entstehenden Helium 4 Kerne die doppelte Ladung von Wasserstoff Deuterium und Tritiumkernen und beispielsweise ein Eisenkern die 26 fache Ladung Durch geeignete zusatzliche Magnetfelder werden alle Kerne mit mehr als einer Elementarladung aus dem Plasma heraus auf gekuhlte Prallplatten des Divertors gelenkt Dort verlieren sie ihre Energie und konnen dadurch Elektronen einfangen also zu neutralen Atomen werden diese werden durch Vakuumpumpen aus dem Plasmagefass entfernt Die leichten Kerne verbleiben trotz dieser Zusatzmagnete im Plasma Die Prallplatten sind durch den Aufprall der Teilchen einer hohen Warmebelastung ausgesetzt zusatzlich zu der Belastung aller plasmanahen Teile durch die schnellen Neutronen Als Material dafur kommen Metalle mit hohem Schmelzpunkt wie Molybdan und Wolfram aber auch Graphit in Betracht Auch Verbundmaterialien aus diesen Elementen werden erprobt Die genaue Formgebung der Platten ist wichtig damit nur die Verunreinigungen aus dem Plasmastrom abgesondert werden Der Divertor muss zudem modular aufgebaut sein um seine Teile bei Bedarf leicht austauschen zu konnen Wegen der Strahlung der aktivierten Teile mussten Reparaturen und Wartungsarbeiten nach Inbetriebnahme ferngesteuert ausgefuhrt werden Entwicklungsgeschichte BearbeitenDer Limiter Bearbeiten In fruheren Versuchsanlagen wurde versucht das Plasma lediglich mit dem so genannten Limiter Begrenzer einzugrenzen und alle Teilchen die sich hinter der letzten geschlossenen Magnetflache befinden einzufangen Der Limiter besteht aus Platten die je nach gewunschter Plasmagrenze mehr oder weniger weit in den Reaktorraum hineinragen Er ist so ausgelegt dass die an ihm freigesetzte Warmeleistung problemlos aufgenommen werden kann Jedoch zeigte sich dass die auf Grund der hohen Belastung aus dem Limiter selbst herausgelosten Atome z B Eisen Nickel Chrom Sauerstoff zu starken Energieverlusten im Plasma fuhrten welche sich in Form von abgestrahltem Licht bemerkbar machten Der magnetische Limiter Bearbeiten Erfolgversprechender waren Versuche mit einem Limiter basierend auf Magnetfeldern welche den Kontakt des Plasmas mit der umgebenden Wand vermeiden Dabei wird versucht das Gebiet des guten Plasmas mit nur geringer Verunreinigung vom ausseren Gebiet durch eine spezielle Formgebung des Magnetfelds zu trennen Die Trennung Separation erfolgt an der einhullenden Flache in der die aussersten geschlossenen Magnetfeldlinien verlaufen der Separatrix Da die meisten Verunreinigungen an der Wand selbst entstehen werden sie durch die offenen Feldlinien ausserhalb der Separatrix wieder auf die Wand zuruck gelenkt und dringen nicht in das Plasma ein Wegen der speziellen Formgebung der Magnetfelder die eine Begrenzung des Plasmas bewirkt nennt man dies einen magnetischen Limiter Da bei diesem Verfahren ein unmittelbarer Kontakt des Plasmas mit der Wand vermieden wird konnen der Plasmarand und damit auch das Plasma viel heisser sein Die damit einhergehende Verbesserung des magnetischen Einschlusses wurde in vielen Experimenten nachgewiesen 1 Der Divertor Bearbeiten Die besten Ergebnisse bezuglich Einschlusszeit und Sauberkeit des Plasmas erhalt man jedoch mit Divertoren Hierbei werden entstehende Verunreinigungen nicht einfach auf die Wand zuruckbefordert sondern kontrolliert auf speziell ausgerustete Platten gelenkt Das bei der Neutralisation an den so genannten Divertorplatten entstehende Neutralgas welches gegenuber dem Plasmahauptstrom einen hoheren Druck aufweist wird durch Divertorpumpen aus der Reaktorkammer befordert Auf Grund der uberzeugenden Ergebnisse bzgl Energieeinschlusszeit und Sauberkeit des Plasmas bei ASDEX Axialsymmetrisches Divertorexperiment und ASDEX Upgrade werden zukunftige Fusionsreaktoren ITER DEMO Wendelstein 7 X mit Divertoren ausgerustet Dabei wird die grundsatzliche funktionale Anwendung der Divertoren von der Bauart der Fusionsreaktoren abhangen Der Divertor im Tokamak Bearbeiten 1981 wurde mit Hilfe von Experimenten an ASDEX die erste Divertoranordnung Divertor I in einem Tokamak erfolgreich getestet Dabei fand man einen Plasmazustand mit sehr guter Warmeisolation das so genannte H Regime High Confinement Regime 2 Dieser Entladungsvorgang ist bis heute noch die Grundoption zukunftiger Fusionsreaktoren Nach und nach wurden bei allen Reaktoren der Bauart Tokamak ITER JET ASDEX ASDEX Upgrade usw Divertoren eingesetzt Bei allen diesen Versuchsreaktoren sind die Divertorplatten im gesamten Reaktorraum ringsymmetrisch am Boden angeordnet Mit Hilfe von speziellen Magnetfeldern wird das Plasma von Verunreinigungen abgegrenzt und die Fusionsasche Helium 4 mit den Verunreinigungen auf die Divertorplatten gelenkt Unter kraftwerksahnlichen Bedingungen bringen die sehr stark gebundelten verunreinigten Plasmateilchen eine enorm hohe Warmebelastung der Platten mit sich Es wird versucht durch verschiedene Konzepte diese Warmeleistung zu handhaben Eines dieser Konzepte beruht auf der gezielten Verunreinigung im Randbereich der Fusionskammer durch das Einblasen des Edelgases Neon Im Randbereich verliert so das noch sehr heisse Plasma einen Teil seiner Energie und gibt sie an die Neon Atome weiter welche infolgedessen Licht im Ultraviolett oder Rontgenbereich emittieren Anders als im Inneren des Plasmas wo diese Abkuhlung vermieden werden musste verringert sie hier im Randbereich die auf die Divertorplatten auftreffende Leistung Ein weiteres Konzept beruht auf einer verbesserten geometrischen Anordnung der Prallplatten Es wird versucht das beim Auftreffen der Ionen entstehende Neutralgas so zu leiten dass es einen Teil der Energie des nachfolgenden Plasmas absorbiert Experimente zeigten dass die Prallplatten spurbar entlastet wurden 3 Verunreinigungen konnten so gelenkt werden dass sie sich im Divertorbereich konzentrierten und nicht ins Innere abdrifteten Dieser sogenannte Divertor II wurde erstmals im Sommer 1996 in ASDEX Upgrade eingebaut und im Herbst 2000 als Divertor II b so modifiziert dass eine erhohte Dreieckigkeit des Plasmas erreicht wurde 4 Dieses Verfahren kann die Divertorplatten weiter entlasten Ausserdem wurden verschiedene Divertor Materialien getestet die den Leistungs Teilchen und Warmeflussen unter zukunftigen Kraftwerksbedingungen standhalten sollen 5 Dabei erwies sich eine Wolframbeschichtung der Divertorplatten ebenso wie an der inneren Wand des Reaktors wegen ihrer thermischen und mechanischen Eigenschaften dem bisher verwendeten Graphit als uberlegen 6 Der Divertor im Stellarator Bearbeiten 1994 wurden erste Vorstudien zu einem Stellarator Divertor bei Wendelstein 7 AS in Angriff genommen Die in fruheren Stellaratoren wie auch beim Tokamak eingesetzten Limiterziegel aus Graphit waren bei hohen Heizleistungen und langen Entladungen Dauerbetrieb des Stellarators unvermeidlich uberhitzt worden Auch hier wurde daher auf magnetische Felder zuruckgegriffen um das beim Fusionsprozess entstehende Helium 4 und die Verunreinigungen auf Prallplatten zu fuhren und den inneren Teil des Plasmas durch die Separatrix vom ausseren Teil abzugrenzen Beim Stellarator muss kein zusatzliches Divertormagnetfeld erzeugt werden da in seinem nicht axialsymmetrischen Feld magnetische Inseln existieren Zur besseren Steuerung der Plasma Wand Wechselwirkung durch die Separatrix wurden an den Positionen dieser magnetischen Inseln die Divertor Module installiert Wie beim Tokamak trifft das abzufuhrende verunreinigte Plasma auf die Prallplatten und kann dort durch die Divertorpumpen abgefuhrt werden Mehrere Experimente zeigten bereits weitgehend stationare Plasmaentladungen uber lange Energie und Teilcheneinschlusszeiten bei sehr hoher Plasmadichte und maximaler Heizleistung 7 8 9 10 Aktuelle Forschung BearbeitenDa die Divertorplatten zu den thermisch am hochsten belasteten Bauteilen in einem Fusionsreaktor gehoren ca 17 der Fusionsleistung das entspricht Spitzenbelastungen von ca 15 bis 20 MW m 11 liegt das Hauptaugenmerk der aktuellen 2021 Forschung auf der Optimierung der geometrischen Anordnung der Divertormodule Hierbei wird versucht die dynamischen Eigenschaften des auftreffenden Plasmas und des entstehenden Neutralgases so auszunutzen dass die auf die Divertorplatten auftreffende Leistung pro Flache verringert wird 3 Im Jahr 2022 soll dazu in ASDEX Upgrade ein Divertor in einer sogenannten Snowflake Konfiguration eingebaut werden die den abzufuhrenden Warmefluss verzweigt und somit auf eine grossere Flache verteilt 12 Des Weiteren mussen die Divertormodule so ausgelegt werden dass sie durch Roboter ausgewechselt werden konnen um die Strahlenbelastung des Personals besonders in zukunftigen Leistungsreaktoren gering zu halten Literatur BearbeitenEinfuhrung in die Kernfusion IPP Berichte PDF Datei 8 56 MB Aufbau und Funktionsweise Divertor Engl Memento vom 13 Juli 2007 im Internet Archive PDF Datei Weblinks BearbeitenForschung am Institut fur Energieforschung Julich Max Planck Institut fur Plasmaphysik Programm Kernfusion am Karlsruher Institut fur Technologie KIT Deutsche Physikalische Gesellschaft e V Bundesministerium fur Bildung und Forschung Japanische Fusionsforschung engl Einzelnachweise Bearbeiten Fusionsprodukt Overview of ASDEX Upgrade results O Gruber et al 2001 Nucl Fusion 41 1369 1389 a b High heat flux performance of plasma facing materials and components under service conditions in future fusion reactors Fusion Science and Technology 53 2T 278 287 FEB 2008 Modelling of radial electric field profile for different divertor configurations V Rozhansky et al 2006 Plasma Phys Control Fusion 48 1425 1435 Chapter 8 Edge and divertor physics in ASDEX Upgrade Fusion Science and Technology 44 3 659 681 NOV 2003 R Neu M Balden V Bobkov u A Plasma wall interaction and its implication in an all tungsten divertor tokamak Plasma Phys Control Fusion 49 B59 B70 2007 Gadelmeier F P Grigull K McCormick D Hildebrandt Island Divertor Experiments on the W7 AS Stellarator 29th EPS Conf on Controlled Fusion and Plasma Physics Montreux 2002 29th EPS Conference on Controlled Fusion and Plasma Physics Montreux 2002 ECA VOL 26B 2002 CD Grigull P K McCormick J Baldzuhn R Burhenn R Brakel H Ehmler Y Feng F Gadelmeier L Giannone D Hartmann D Hildebrandt M Hirsch R Jaenicke J Kisslinger J Knauer R Konig G Kuhner H Laqua D Naujoks H Niedermeyer N Ramasubramanian N Rust F Sardei F Wagner A Weller U Wenzel and the W7 AS Team First island divertor experiments on the W7 AS stellarator Plasma Phys Control Fusion 43 No 12A December 2001 175 193 Grigull P K McCormick Y Feng A Werner R Brakel H Ehmler F Gadelmeier D Hartmann D Hildebrandt R Jaenicke J Kisslinger T Klinger R Konig D Naujoks H Niedermeyer N Ramasubramanian F Sardei F Wagner U Wenzel and the W7 AS Team Influence of magnetic field configurations on divertor plasma parameters in the W7 AS stellarator 15th Int Conf on Plasma Surface Interaction in Controlled Fusion Devices Gifu Japan May 2002 R C Wolf et al 2017 Nucl Fusion 57 102020 In Nuclear Fusion 57 Jahrgang Nr 10 27 Juli 2017 S 102020 doi 10 1088 1741 4326 aa770d englisch Degradation and Defects in Plasma Facing Components for Future Fusion Devices I Zammuto M Weissgerber A Herrmann M Dibon V Rohde G Schall M Teschke T Vierle S Vorbrugg and the ASDEX Upgrade Team The new ASDEX upgrade upper divertor for special alternative configurations Design and FEM calculations Fusion Engineering and Design 171 Marz 2021 112468 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Divertor amp oldid 234840836