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Die 1999 auf Deutsch erschienene Monografie Die Regeln der Kunst Genese und Struktur des literarischen Feldes 1 ist eine systematische Zusammenfassung von Pierre Bourdieus Forschungen zur Kunstsoziologie Bourdieus kunsttheoretisches Hauptwerk 2 Bourdieu untersucht die sozialen Voraussetzungen unter denen einem Produkt die Eigenschaft Kunst zu sein zugeschrieben wird Hauptthema ist nicht die materielle Anfertigung eines Kunstwerks sondern die Produktion des Werts kultureller Guter am Beispiel der Literatur und Bildenden Kunst in Frankreich seit 1830 Schwerpunkt der empirischen Analyse ist Gustave Flaubert und sein Roman Die Erziehung des Herzens die Bourdieu einbettet in die Entstehung des kunstlerischen Milieus und des Lebensstils der Boheme Bourdieu rekonstruiert ihre asthetischen Diskurse und ihre Verbindungen zum Kunstmarkt der sie wiederum mit der burgerlichen Gesellschaft verknupft gegen die sie sich in Opposition entwickelt hat Aus der historischen Analyse verallgemeinert er eine Reihe von Regeln der Entwicklung und Veranderung kultureller Werte Inhaltsverzeichnis 1 Ubersicht 2 Vorbemerkung Redundanz reduzieren Transparenz erhohen 3 Beweisziel Selbstschopfung des Kunstlers ist Ideologie 4 Objektiver Schein der autonomen Kunst 4 1 Autonomie des literarisch kunstlerischen Feldes 4 2 Anti Okonomie als Vermarktungsstrategie 5 Analyse der Asthetik Flauberts 5 1 Flauberts Position im literarischen Feld 5 2 Lekture der Erziehung des Herzens 6 Grundlagen einer genetischen Kulturanalyse 6 1 Doppelte Beeinflussung kultureller Produktion 6 1 1 Determinanten des Produktionsfeldes 6 1 2 Determinanten der Biografie 6 2 Falsche Reduktionen 6 3 Enthistorisierung 7 Beispiele genetischer Kunstanalysen 7 1 Malerei des Quattrocento Gemalde fur Kramerseelen 7 2 Faulkner Lekture verandert den Leser 7 3 Schritte einer genetischen Literaturanalyse 8 Rezeption 9 Weblinks 10 EinzelnachweiseUbersicht BearbeitenSchon dass der Titel Regeln der Kunst behauptet ist ein Statement 3 Es betont Bourdieus Auffassung eines Ensembles gesellschaftlicher Mechanismen die die Produktion Vermarktung und Konsumtion auch einzigartiger Kulturguter bestimmen Als solche soziale Regeln oder Mechanismen gelten fur Bourdieu vor allem die folgenden 4 In der Geschichte des literarisch kunstlerischen Feldes entsteht ein expandierender Raum der asthetischen Moglichkeiten der Richtungen und Schulen die sich den einzelnen Produzenten als ein Vorgegebenes aufzwingen Dieses historische Erbe pragt zusammen mit der individuellen Geschichte der Produzenten ihrer Herkunft und dem Einfluss ihres Umfeldes die Entscheidungen bestimmte asthetische Moglichkeiten des Feldes in ihrem Habitus und in neuen Werken zu verwirklichen Das Ganze der miteinander korrespondierenden Neuerungen verandert die asthetischen Schwerpunkte des Feldes und drangt mit dieser Dynamik jede bisherige Avantgarde in die symbolische Vergangenheit Mit der allmahlichen Bedeutungsverschiebung vom Inhalt zur Form vom Sujet zum Ausdruck wird ein wachsender Teil der kunstlerischen Werke durch Referenzen auf nur noch interne Positionen des Feldes bestimmt die von Produzenten und Rezipienten einen geschichtlichen Uberblick eine Historisierung ihres asthetischen Urteils verlangen In der literarisch kunstlerischen Produktion erzeugen mehrere strategische Funktionen des Feldes den objektiven Eindruck es nicht mit einem Feld und nicht mit seiner sozialen Geschichte zu tun zu haben Bourdieu argumentiert vor allem gegen die durch die Felder der literarischen und kunstlerischen Produktion selbst erzeugte Illusion Kunst entstehe ohne gesellschaftliche Voraussetzungen und damit in einem quasi magischen Schopfungsakt durch einen isoliert begnadeten Kunstler Es geht Bourdieu um den Bruch mit diesem Glauben der es anerkannten Kunstlern gestattet durch das Wunder der Signatur oder des Namenszugs bestimmte Produkte zu heiligen 5 Gegen den Vorwurf er wurde so ephemere Objekte wie ein Kunstwerk auf das blosse Produkt eines Milieus zu reduzieren besteht Bourdieu darauf dass nur durch eine historisch soziologische Analyse verstanden werden konne wie ein Kunstler sich auf die zu seiner Zeit in seinem Umfeld gegebenen Festlegungen beziehe und sich in seiner Befreiungsarbeit als schopferisch Wirkender erst hervorbringe 6 Hinter der Abwehr der soziologischen Analyse des kunstlerischen Feldes vermutet er die interessierte Hypothese eines Gegensatzes von Masse und empfindsamer Elite die sich damit nur als Deuter des Unerkennbaren aufwerte Erst die soziologische Analyse eines Kunstwerkes die die Bedingungen seiner Produktion und Rezeption reflektiere konne in der Historisierung seine Einzigartigkeit die Bildungsformel das Erzeugungsprinzip den Daseinsgrund verstandlich machen und so kunstlerische Erfahrung und Genuss intensivieren 7 Vorbemerkung Redundanz reduzieren Transparenz erhohen BearbeitenDie Untersuchung ist im Original in drei grossere Teile gegliedert von denen der erste die Genese des literarischen und kunstlerischen Feldes mit einem Akzent auf Flaubert und seiner Erziehung des Herzens untersucht der zweite Teil die Ergebnisse fur die Produktion kultureller Werte verallgemeinert und sich auf die gesellschaftliche Determination der Kulturproduzenten konzentriert und der dritte Teil Theorien des kunstlerischen Werts und der angemessenen asthetischen Erfahrung analysiert Der erste Teil mit seiner weitgehend linearen Gedankenfuhrung ist immer wieder Bezugspunkt der folgenden Teile Einige Subthemen werden mehrfach aufgegriffen und nach und nach erganzt sodass der Anschaulichkeit und der Ersparung von Wiederholungen wegen der erste Teil des Werks den ordnenden Bezugspunkt dieser Zusammenfassung bildet Viele der spateren Bezugnahmen und Erganzungen zu fruhere Ausfuhrungen werden daher im ersten Teil und dort vor allem in den Belegen eingeordnet anhand der breit streuenden Seitenangaben in den Belegen wird deutlich dass viele Themen ihre Spur durch das ganze Werk ziehen sodass eine ubersichtliche Darstellung diese Hinweise besser auf bestimmte Ankerpunkte konzentriert 8 Die Fulle des Materials und die Kreisbewegung der Argumentation lassen sich ohne Wiederholungen nicht entlang des Inhaltsverzeichnisses wiedergeben Es scheint daher ubersichtlicher vom Beweisziel auszugehen Erst mit der Kritik des Glaubens an den magischen Kunstler fallen die langeren und kurzeren Abschnitte der Untersuchung in eine nachvollziehbare Ordnung und der Leser entgeht der Addition einer unubersichtlichen Zahl von Kapiteln Die Zusammenfassung der Regeln der Kunst folgt daher weniger dem Inhaltsverzeichnis als einer hoffentlich ubersichtlicheren Gliederung 9 Beweisziel Selbstschopfung des Kunstlers ist Ideologie BearbeitenBourdieu geht es um eine Kritik des kulturellen Aberglaubens und Fetischismus um den Bruch mit der charismatischen Schopfer Ideologie Diesem Ziel wird als organisierendem Zentrum die Fulle des Materials zugeordnet Die Reichweite des geplanten Unternehmens zeigt sich an einem Personenregister mit 748 Namen und einem Begriffsregister mit wegen weiterer Differenzierungen nur ungenau zu beziffernden 174 Stichworten die zum Teil in den Kulturwissenschaften ublich zum Teil von Bourdieu fur seine soziologische Theorie ubernommen und modifiziert worden sind 10 Bei der Betrachtung der kunstlerischen Produktion werde das Bild der Dynamik kunstlerischer Entwicklung durch die Kampfe der asthetischen Positionen Stile und Schulen bestimmt Dadurch werde die Aufmerksamkeit fokussiert auf die sichtbaren Produzenten als voraussetzungslose Schopfer ihrer Produkte Diese Sichtweise sei das Haupthindernis fur eine rigorose Wissenschaft von der Produktion des Werts kultureller Guter Vom Schopfer Mythos aus werde die ungebuhrliche Frage nach den gesellschaftlichen Bedingungen ihrer Moglichkeit zuruckgewiesen die Frage danach wer denn diesen Schopfer geschaffen hat So entstehe Ideologie ein Glauben an die magische Kraft des Kunstlers oder Autors zur Transsubstantiation von Etwas in Kunst Aber der Produzent des Werts des Kunstwerks ist nicht der Kunstler sondern das Produktionsfeld als Glaubensuniversum das mit dem Glauben an die schopferische Macht des Kunstlers den Wert des Kunstwerks als Fetisch schafft 11 Die Illusion der Interessefreiheit kultureller Produktion und der Glaube an die Selbstschopfung des Kunstlers seien Effekt mehrerer objektiver Merkmale des kunstlerischen Feldes 1 Die Beziehung jedes einzelnen Werkes auf das Umfeld der literarischen und kunstlerischen Diskurse auf das kumulierte Erbe der Positionen und Positionierungen sei nicht immer explizit 2 die heftigen Kampfe in diesem Feld um die Definition von Kunst lasse die tieferen Strukturen der objektiven Geschichte des Feldes und der sozialen Geschichte der Produzenten in den Hintergrund treten 3 die Entdeckung eines Kunstlers werde wahrheitswidrig einzelnen statt wenigstens einer kleinen Gruppe von Pionieren von Galeristen oder Mazenen und damit dem Feld selbst zugeschrieben 4 die Auslagerung der Vertriebsfunktionen an Galerien und Verlage reinige den Kunstler vom Verdacht okonomischer Interessen 5 die Prasentation der Kunstwerke in Museen lose die Werke aus ihrem Entstehungskontext und enthistorisiere sie 6 ein ganzes Spektrum kommentierender und archivierender Berufe ausserhalb der unmittelbaren Produktion der Kunstwerke erarbeite in seinen Diskursen Sinn und Wert der Kunst Die Uberzeugung von einem Schopfer Kunstler sei demnach Effekt realer Faktoren des Feldes ein objektives Trugbild sei eine wohlbegrundete Illusion ein entrealisierender Realitatseffekt 12 Diese Bedingungen starken gemeinsam den Glauben an die Inkarnation des Genies im Kunstwerk wahrend der Kunstler in Wirklichkeit seine magische Wirksamkeit der gesamten Logik des Feldes das ihn anerkennt und ermachtigt der Gesamtheit der im Produktionsfeld wirkenden Akteure verdanke Der Annahme einer irgendwie magisch genialisch kreativen Schopfung konne nur durch eine historische Analyse nur durch das Verstandnis der Logik jener gesellschaftlichen Welten des kunstlerischen und literarischen Feldes der Boden entzogen werden Um der Falle dieses magischen dieses essentialistischen Denkens zu entgehen sei der Verzicht auf den Glauben an das Unstofflich Vergeistigte des reinen Interesses fur die reine Form der Preis der zu zahlen ist 13 Objektiver Schein der autonomen Kunst BearbeitenAutonomie des literarisch kunstlerischen Feldes Bearbeiten Erster Schwerpunkt der Untersuchung ist die Analyse der Entwicklung einer Parallelgesellschaft der Schriftsteller und Kunstler zwischen etwa 1830 und 1880 in Paris wo das literarisch kunstlerische Feld der Boheme entstand in einer burgerlichen Welt und zugleich auch gegen sie 14 Der Begriff des Feldes ist fur Bourdieus Analyse zentral Ein soziales Feld bedeutet ein Ganzes von historischen Bedingungen in denen Akteure wie in einem Spielfeld a nach bestimmten Regeln b aufgrund individueller Determinanten und c mit ihrem Habitus einem differenzierenden und damit die objektiven Moglichkeiten inkorporierenden Auftreten d Positionen zu erreichen und zu verandern suchen Die Begriffe Feld und Habitus dynamisieren daher einerseits die historisch gewachsenen Strukturen und grenzen sich vom Strukturalismus ab und objektivieren andererseits das Auftreten der Akteure und grenzen sich so von idealistischen und essenzialistischen Positionen ab 15 Im literarisch kunstlerischen Feld hatten sich drei Positionen ausdifferenziert Die burgerliche romantisch sentimentale oder konservative Kunst die realistische oder sozial propagandistische engagierte Kunst und die Avantgarde der sich zu diesen beiden im Gegensatz entwickelnde L art pour l art Diese das soziale Feld der Literatur zu jener Zeit strukturierenden Positionen konstituierten den Raum der asthetischen Moglichkeiten in dem die Produzenten auf eine ihren personlichen Dispositionen entsprechende Weise ihre Wahlentscheidungen uber Gattung und Sujet Komposition und Stil trafen Damit bezogen sie sich qua Negation oder Gefolgschaft auf den umgebenden Raum und grenzten sich immer auch von anderen Produzenten ab 16 Mit dem Auftreten nachdrangender Kunstlergenerationen fragmentieren sich die asthetische Positionen die Abgrenzungen von den schon bestehenden Richtungen lassen mit der Ausrufung der jeweils nachsten Revolution kurzfristige Moden als Weg des Eintritts in das kunstlerische und literarische Feld entstehen die um den Erfolg konkurrieren Unleugbar ist der Effekt der Notwendigkeit sich abzusetzen um zu existieren Neulinge konnen nur dadurch Anerkennung finden dass sie der inzwischen kanonisierten Avantgarde eine asthetische Alterung aufzwingen zum Beispiel durch den Vorwurf der erfolgsbedingten Korruption ihrer asthetischen Werte des Anfangs Dieser Kampf zeige sich in immer neuen klassifizierenden Mode Namen als Distinktionszeichen fur die zur Orthodoxie mutierende bisherige Avantgarde und fur die jugendliche Haresie die nach ihrem moglichen Aufstieg selbst der Dialektik ihres Erfolgs erliegen werde Das Veranderungsgesetz des Produktionsfeldes sei die Dialektik der Distinktion 17 Die Alterung betreffe nicht nur die Zukunftsaussichten der Produzenten sondern auch die ihre Werke vermarktenden Verlage und Galerien deren symbolische Position sich im Feld der jeweiligen Gegenwart ebenfalls zur Vergangenheit hin verschiebe wodurch sich letztlich auch die Geschmacksauspragungen der Konsumenten veranderten 18 nbsp Offener Brief E Zolas an den Prasidenten der frz RepublikDie Kulturproduktion konne allmahlich eine relative Autonomie erreichen indem sich die internen Positionen des Feldes differenzieren und sich die mit den Positionen verbundenen lange Zeit von der Academie gelenkten asthetischen Diskurse intensivieren Die zusatzlichen Kunden aus der wachsenden Mittelschicht fuhrten zu einer Lockerung der okonomischen Abhangigkeit von der grossburgerlichen Kundschaft die meist eine distanzierte Haltung zu den systematischen asthetischen Experimenten der Avantgarde einnimmt Der Schriftsteller Emile Zola vollende die gewachsene Starke des Feldes mit seinem J accuse Ich klage an indem er 1898 in der Dreyfus Affare offentlich die Werte der Wahrheit und Gerechtigkeit dem Feld der Politik aufzwinge und damit im Gegensatz zu den abhangigen Schriftstellern des 17 Jahrhunderts den modernen Typus des unabhangigen Intellektuellen erfinde der sich der Universalitat verpflichtet Diese Macht des kritischen Intellektuellen die aus der Verbindung der autonomen universellen Werte mit dem politischen Engagement entsprang sieht Bourdieu am Ende des 20 Jahrhunderts erodieren durch den wachsenden Einfluss der Medientechnokraten und der wirtschaftlichen sowie staatlichen Institutionen im Feld der Kulturproduktion 19 Anti Okonomie als Vermarktungsstrategie Bearbeiten Neben der Autonomie des Feldes sei die doppelte Logik der Vermarktung der Kunstprodukte ein weiteres Moment des Glaubens an die Kunst als einer interesselosen Schopfung In den Jahren nach 1880 etabliert sich eine neuartige gegenlaufige Doppel Hierarchie der Gattungen zum Beispiel im literarischen Feld Einerseits ein Ranking nach kommerziellem Erfolg oder Umsatz 1 Theater 2 Roman 3 Lyrik andererseits eine umgekehrte Wertung nach dem Ansehen der Gattung 1 Lyrik 2 Roman 3 Theater 20 Dieses zweite Ranking einer nach ihrem Selbstverstandnis anti okonomischen Logik unterstreiche die inzwischen erreichte Autonomie des Feldes und stutze sich auf den besonderen Doppelcharakter der Kunst als Ware Im Markt fur Kulturprodukte entwickle sich aus der dualistischen Struktur der Wertung von Kunstprodukten der Hauptgegensatz zwischen einer burgerlichen Massenproduktion und einer reinen Kunst fur die intellektuelle Avantgarde die die burgerliche Kunst wegen ihrer Abhangigkeit vom Geld denunzierte Auch diese Selbstvermarktung durch Verneinung der Vermarktungsabsicht starke den Glauben an die Voraussetzungslosigkeit der Kunst Aber da sie den Schein ihrer Anti Okonomie als Verkaufsstrategie nutzte konne sie sich von ihrem Gegenteil nicht vollig frei machen 21 Diese Doppellogik gelte seit den 1880er Jahren und auch fur das 20 Jahrhundert 22 Sie prage zugleich die Bewegung dieser Waren auf dem Kunstmarkt Die Verlagshauser operieren dementsprechend mit wenigstens einer Strategie der Bestseller die kurzfristig planbar und auf Massenproduktion orientiert ist und einer der literarisch anspruchsvollen Longseller die anfangs oft in kleinen Auflagen erscheinen und sich bestenfalls langfristig lohnen konnen Eine wichtige Ressource der Kleinverlage sind die Entdecker der spateren Longseller sowie die symbolischen und finanziellen Preise von Akademien Museen Galerien usw die einzelne Werke so weit aus dem Angebot herausheben dass sie schliesslich in den Lehr und Studienplanen auftauchen und damit die Werke kanonisieren Aber die Entdecker und die Institutionen seien Teil des kunstlerischen Feldes und entdecken nie etwas was nicht schon andere im Feld als Aufmerksamkeit fordernd bewertet hatten 23 Analyse der Asthetik Flauberts BearbeitenFlauberts Position im literarischen Feld Bearbeiten Bei Flaubert sieht Bourdieu eine strukturelle Homologie zwischen den konstitutiven Positionen des literarischen Feldes und den besonderen und allgemeinen Merkmalen seines kunstlerischen Projekts Erst durch die analytische Verbindung von Feld und Form werde die spezifische Logik des Werks verstanden seine genuin kunstlerische Genese durch die aktive Integration aller Ressourcen die im Raum der Moglichkeiten angelegt sind 24 nbsp Gustave FlaubertDie allgemeine Entstehungsformel fur Flauberts Gesamtwerk sei die Positionierung fur die von der Academie abgewertete Gattung des Romans gewesen Auf die asthetischen Positionen des Feldes habe er sich mit seiner Mischung aus Realismus und Ironie bezogen sowie mit dem spater so genannten Flaubertschen Ton aus verfeinertem Schreibstil und ausserster Plattheit des Sujets die er zuweilen mit den Realisten auch mit den Romantikern gemeinsam hat eine gewisse Dissonanz mit der sich in jedem Augenblick die ironische manchmal parodistische Distanz des Schreibenden zu dem in Erinnerung bringt was er schreibt Uber die dominierenden kunstlerischen Positionen hinaus habe Flaubert aber das ganze unendliche Universum moglicher Kombinationen einbezogen und zum Beispiel in den Naturwissenschaften ein stilistisches Ideal die Prazision und ein kognitives Modell das Ideal der Unparteilichkeit gefunden 25 Den Eindruck der Interesselosigkeit ihrer Kunst vermittelten Flaubert und der mit ihm befreundete Baudelaire als Erfinder einer reinen Asthetik die sich von allen Auftragen der Belehrung des Lesers befreite und nur noch an der Perfektionierung der die Realitat steigernden Form auch trivialer Sujets arbeitete sodass ihnen Leidenschaftslosigkeit Gleichgultigkeit und Gefuhlskalte vorgeworfen werden konnte Aber auch das L art pour l art die zunehmende Betonung der Ausdrucksweise gegenuber dem Ausgedruckten sei eine Fortentwicklung der im kunstlerischen Feld entwickelten Positionen Als Abgrenzung von anderen Positionen sei es auch deren Transformation sodass eine Wechselwirkung zwischen dem Feld der kunstlerischen Produktion und dem Werk eines Kunstlers entstehe 26 Lekture der Erziehung des Herzens Bearbeiten nbsp Die Erziehung des Herzens Titelblatt der frz Erstausgabe von 1869Als Prolog vor seiner historisch soziologisch asthetischen Untersuchung kunstlerischer Produktion analysiert Bourdieu ausfuhrlich Flauberts Roman Die Erziehung des Herzens 1869 auf 60 Druckseiten Aber erst vor dem Hintergrund von Bourdieus spater erlauterten Ergebnisse werde die Hellsichtigkeit Flauberts deutlich sowie ein Verstandnis moglich sowohl der Erzeugungsformel die dem Werk zugrunde liegt als auch der Arbeit mit der Flaubert sie ins Werk zu setzen vermochte 27 Flaubert erzahle das lange Scheitern seiner Hauptfigur Frederic Moreau der infolge seiner standigen Unentschlossenheit und Verkennung der Realitaten weder als Literat oder Kunstler noch als geschaftemachender Burger reussiert Auf wenigstens dreierlei Weise sei dieser Roman mit dem gesellschaftlichen Feld verknupft in dem er entstanden sei Erstens durch die von der Hauptfigur verbundenen gesellschaftlichen Kreise in denen sich die Pole der burgerlichen und kunstlerischen Welt spiegeln zweitens durch die im Roman und in den Salons der flaubertschen Epoche vermittelten Gegensatze von Geld und Kunst drittens durch die in den Figuren personifizierten Machtstrukturen die als personliche Merkmale und durch ihre Anschaulichkeit verschleiert wurden Dieses reale Zusammenwirken des Feldes der Macht mit dem der Kunst transferiere Flaubert in die in der Analyse zu entdeckenden Tiefenstrukturen die uber diese Arbeit an der Form ins Werk ubertragen werden Der Autor fungiere als Medium einer partiellen Anamnese von sozialen und psychologischen Strukturen die er in seinem Werk zugleich aufdecke und verhulle der literarische Diskurs produziere einen entrealisierenden Realitatseffekt 28 Flauberts Erzahlung lege in einer gleichsam systematischen Kombinatorik seiner zwanzig Protagonisten wie in einer Art soziologischem Experiment die Erzeugungsformel der Figurenbewegungen frei die sich an den relevanten Positionen des sozialen Raums und den Regeln ihrer Besetzung orientieren Bei allen Unterschieden der individuellen Pradispositionen der Einsatze Trumpfe und Strategien verhalten sich die Figuren im Allgemeinen standpunktlogisch und lassen sich damit als Inkorporation der im Feld vorhandenen sozialen Positionen auffassen Was im erzahlten Zusammentreffen der Akteure und in den von ihnen geschaffenen Ereignisverlaufen daher als Zufall erscheine sei in Wirklichkeit die in den Personen inkorporierte Notwendigkeit Nicht nur die Struktur des gegebenen sozialen Raums werde in Figurenlogik transformiert auch die Vielfalt der impliziten und expliziten Referenzen auf andere mit den relevanten asthetischen Positionen verbundene Werke mit ahnlichen Sujets beweise die Beziehung des fiktiven Universums der Erziehung des Herzens zum Feld der literarischen Produktion Die soziologische Analyse reduziere daher die individuelle Leistung des Kunstlers nicht nur nicht auf das blosse Produkt eines Milieus sondern lasse sie erst als kreative einzigartige Umgestaltung der vorhandenen Festlegungen verstehen 29 Grundlagen einer genetischen Kulturanalyse BearbeitenDoppelte Beeinflussung kultureller Produktion Bearbeiten Bourdieu weist explizit darauf hin dass er die am Beispiel des literarisch kunstlerischen Feldes entwickelten Zusammenhange fur alle Felder der Kulturproduktion und alle Produzenten kultureller Guter zu verallgemeinern sucht In mehreren Kapiteln greift er daher die Themen der Kampfe um Positionen um die Definition der wahren Kunst und um die Veraltung der zeitweiligen Avantgarde wieder auf diese Erweiterungen wurden zur Reduzierung von Wiederholungen schon im Abschnitt uber die Autonomie der Kunst eingeordnet Die folgende Zusammenfassung konzentriert sich daher auf den Standpunkt eines einzelnen Kulturproduzenten auf die gesellschaftlichen Bedingungen der von ihm zu treffenden Entscheidungen uber seine kunstlerischen Projekte In der kulturellen Produktion seien die Praktiken der Schriftsteller und Kunstler und nicht zuletzt ihre Werke Produkt der Begegnung zweier Geschichten 1 der Geschichte der Produktion der besetzten Position und 2 der Geschichte der Dispositionen derer die sie besetzen Determinanten des Produktionsfeldes Bearbeiten In der Geschichte der Produktion erfassen die Positionskampfe alle stilistischen Mittel und alle in der Geschichte eines Feldes entwickelten Positionen zu denen sich die Neulinge in Abgrenzung oder in Anlehnung positionieren Die Besetzung einer vorhandenen oder Entwicklung einer neuen Position erfordere die Beherrschung des kumulierten Erbes eine Ubersicht uber alle kulturellen Positionierungen d h alle Werke alle literarischen und kunstlerischen Formen und Begriffe deren Gesamtheit die Feldgeschichte bildet Wer die Struktur der Positionen und Positionierungen eines Feldes verstehen wolle sei von der Kenntnis der historischen Bezuge von der Kenntnis der Geschichte des Feldes und damit dem wahrzunehmenden Raum des Moglichen abhangig wodurch die Produktion kultureller Werke sich zunehmend historisiere Die Ubersicht uber das kumulierte Erbe des Feldes objektiviere sich in der Kulturgeschichte und die Zulassungsgebuhren fur Neulinge bestunden daher in der Beherrschung dieser Geschichte auf die sich auch jede Neuerung als Uberschreitung der bisher kumulierten Moglichkeiten ex negativo beziehe Die Historisierung des asthetischen Urteils trete immer starker bei den Produzenten hervor und artikuliere sich in Werken die sich ihrer formalen Eigenschaften und ihres Werts ausschliesslich der Geschichte des Feldes verdanken Konsequent sei daher der naiv malende Zollner Henri Rousseau als Versager dieser intellektuellen Eingangsprufung und wegen seiner kleinburgerlichen Asthetik der starren Vorderansichten Mittelplatzierungen und Statussymbole von seinen Malerkollegen einerseits grausam verhohnt worden und rechtfertigte gerade als Amateur andererseits den Glauben an den ungeschaffenen Schopfer Der Raum des Moglichen funktioniere als ein System von Wahrnehmungs Bewertungs und Ausdrucksschemata als ein legitimierender Code der sich den einzelnen Produzenten und ihren Ausdrucksimpulsen aufzwinge und Neuerungen sowohl fordere als auch Grenzen setze Indem aber der Code eines Feldes der Produktion des einzelnen Werkes vorhergehe das einzelne Werk also transzendiere und sich dadurch als autonome Ordnung bestatige verliere das kulturelle Erbe den Charakter als Ergebnis eines sozialen Prozesses es erscheine als Transzendenz obgleich es sich durch den langsamen Wandel des Feldes selbst verandere 30 Die Historisierung des asthetischen Urteils die erforderliche Ubersicht uber den expandierenden Raum des asthetisch Moglichen betreffe Produzenten und Rezipienten gleichermassen Im Feld der Literatur seien zum Beispiel im Hinblick auf die fur das Verstehen erforderliche hohe Kompetenz Verfasser und legitimer Leser untereinander austauschbar 31 Die in der Logik des Feldes unter dem Einfluss der Historisierung produzierten Werke gehen einher mit einer wachsenden Ratlosigkeit der zu wenig vorgebildeten Rezipienten die sich durch die vor allem mit der Moderne verbundenen Fokussierung auf die Form wie beispielsweise in den monochromen Bildern Yves Kleins in ihrer mentalen Integritat verletzt fuhlen 32 Das wachsende Netz der Positionen damit auch die zunehmende Historisierung eines Feldes durch die Kumulation des Erbes und der Schein seiner unabhangigen Dynamik verstarke wiederum die Autonomie des Feldes und verringere die Moglichkeiten einer Intervention von ausserhalb die sich an den internen Strukturen brechen sich transformieren lassen musse obgleich das Machtfeld nicht allen Einfluss verliere den es durch Institutionen und uber konservative Intellektuelle mit ihrer doppelten Loyalitat ausube 33 Determinanten der Biografie Bearbeiten Auch die Geschichte der individuellen Dispositionen der Akteure der Platzwahl und der Platzwechsel werde von verschiedenen gesellschaftlichen Faktoren bestimmt Asthetische und politische Positionen wurden eingenommen in Abhangigkeit von der sozialen Herkunft und von den im Feld besetzten Positionen wobei das Feld selbst der Wahrnehmung und Bewertung des Moglichen als Richtschnur dient Der Umfang der im Feld der kulturellen Produktion wahlbaren Positionen hange ab von personlichen Dispositionen und dem okonomischen sozialen und kulturellen Kapital eines Aspiranten Generell seien es die am besten Ausgestatteten die sich als erste neuen Positionen zuwenden die oft symbolisch und langfristig zumindest fur die ersten Investoren von Zeit und Muhen die eintraglichsten Platzierungen werden In der Bildung und Auflosung von Gruppen zeige sich die gesellschaftliche Determinierung indem sich diese Gruppen in der Phase des Aufstiegs zwar durch vorubergehend gemeinsame Interessen zusammenfinden aber mit dem Beginn ihrer Anerkennung infolge der ungleichen Verteilung des erworbenen symbolischen Kapitals auseinanderbrechen Die Privilegierung durch Herkunft und Bildung erklarten die Unterschiede in den Beitragen der Produzenten zur intellektuellen Formalisierung und Institutionalisierung der asthetischen Position 34 Sowohl die in den besetzten Positionen und ihren Werken sich objektivierende Geschichte eines autonomen Feldes als auch die sich den Dispositionen der Produzenten einpragenden gesellschaftlichen Bedingungen verweisen auf die Notwendigkeit des Bruchs mit der charismatischen Schopfer Ideologie Die Konstruktion einer Kunstlerbiografie konne nur Endpunkt einer wissenschaftlichen Untersuchung sein die neben dem Habitus und seinen individuellen Dispositionen auch die generationenubergreifenden familiaren Laufbahnen die dem Feld immanenten Wahlmoglichkeiten und die durch das Umfeld begrenzte Menge legitimer Entscheidungen berucksichtige 35 Falsche Reduktionen Bearbeiten Bourdieu erlautert seine Entscheidungen fur die Ubernahme der ihn interessierenden in alteren Diskursen vorgefundenen Begriffe Habitus und Feld die es erlauben die wichtigen beiden Anforderungen an ein wirkliches Verstehen zu erfullen namlich tiefer zu blicken als nur die zu beobachtenden Interaktionen der Akteure und ihre Auswahl aus den gegebenen Moglichkeiten als bewusste Erfullung der Strukturen aufzufassen 36 Allen nur immanenten literaturwissenschaftlichen Ansatzen sei das durch die Feldtheorie mogliche genetische Verstandnis der Produktion kultureller Werte entgegengesetzt Prominent seien literaturwissenschaftliche Ansatze die eine Selbstschopfung des Kunstlers unterstellen sich auf dessen Personlichkeit und Lebensereignisse konzentrieren und dadurch auf die eine oder andere Weise einen Mythos von der unbefleckten Empfangnis vertreten Diese wurden den Zusammenhang von sozialer Umgebung und Werk zugunsten einer ungesellschaftlichen Isolierung des Werkes auflosen sei es als a Determination durch anthropologische Konstanten sei es durch b Strukturen der Sprache oder c der Mythen d durch die Kette von Entwurfen bis hin zum fertigen Werk oder e durch eine kalendarische Gemeinschaft in einem Zeitgeist dessen Effekt ohne Untersuchung seiner tatsachlichen Auswirkung auf das Feld einfach behauptet werde 37 Aber auch externe sozialgeschichtliche Ansatze scheitern sofern sie ein Werk und bestimmte soziale Interessen in einen unmittelbaren Zusammenhang bringen und es mehr oder weniger als simple Widerspiegelung oder symbolischen Ausdruck der sozialen Welt auffassen Allein der Feldbegriff ermoglicht es uber den Gegensatz zwischen interner und externer Analyse hinauszugelangen 38 Daraus geht hervor dass man der Kunstwissenschaft ihren eigentlichen Gegenstand nur geben kann wenn man nicht nur mit der herkommlichen Kunstgeschichte bricht sondern auch mit einer Sozialgeschichte der Kunst die nur zum Schein mit den Voraussetzungen der herkommlichsten Konstruktion des Gegenstands bricht 39 Enthistorisierung Bearbeiten Thema ist die Kritik einer Wissenschaft die weder von der historisch sozialen Genese der Kultur produzierenden Felder noch von ihrem eigenen Beitrag zur Dynamik eines Feldes ein angemessenes Verstandnis entwickle Sowohl in der Beschreibung der kulturellen Produkte als auch der Analyse des Verstehens werde durch Enthistorisierung und angebliche Voraussetzungslosigkeit der Glaube an eine interesselose reine Kulturproduktion und ihre ebenso reine kontemplative Rezeption bestarkt Sowohl die verbreitete Wesensanalyse der Kunstwerke als auch die der angemessenen asthetischen Wahrnehmung berucksichtige nicht dass beide eine historisch gesellschaftliche Geschichte haben Selbst die Bemerkung von Arthur C Danto dass der Wert eines Kunstwerkes von der institutionell verfassten Kunstwelt Artworld verliehen werde ubergehe die historische und soziologische Untersuchung der Genese und Struktur der Institution Vielmehr bestatige die institutionelle Logistik der Rezeption die die Werke in den Museen aus dem Kontext ihrer Genese herauslose diesen problematischen Realitatseffekt den Glauben an die Magie des Kunstlers 40 Die Unscharfe Vagheit und Willkur der Kulturwissenschaft hange davon ab dass sie sich weder uber die Historizitat des Feldes noch uber ihre eigene Zugehorigkeit klar sei Alle Kategorien asthetischer und philosophischer Beschreibungen seien historisch entstanden damit implizite Stellungnahmen und Waffen im Konkurrenzkampf der Positionen meist sind diese Kampfbegriffe ursprunglich als Beleidigungen oder Verurteilungen gemeint Die Begriffe operierten mit dem Anspruch auf Voraussetzungslosigkeit Universalitat Absolutheit und Rationalitat die abweichenden Vorstellungen abgesprochen werde In Gadamers hermeneutischer Theorie der philosophischen Lekture zum Beispiel werde die Leugnung des ungeheuren unsichtbaren Sockels der grossen Gedanken zur Methode um die Konstruktion einer anachronistischen und willkurlichen Wahrheit des professionellen Lesers zu legitimieren Die Freiheit des Denkens konnen dagegen nur durch eine historische Anamnese zuruckgewonnen werden 41 Die Wesensanalysen der Kunstgeschichte beschreiben nur naiv jenes historisch Transzendentale den historisch entstandenen und jedem Produzenten vorgegebenen und daher autonom erscheinenden Raum des Moglichen statt den reflexiv genetischen Zusammenhang der Entwicklung von Produktion und Rezeption der Werke zu konstruieren Das Auge des gebildeten Kunstliebhabers ist ein historisches Produkt es habe wie das Werk eine phylogenetische und ontogenetische soziale Geschichte Ohne eine spezifische Schulung konne von einem Liebhaber die erforderliche asthetische Kompetenz mit ihren Kategorien Begriffen und Taxonomien nicht erworben werden diese Kompetenz habe also ihre kumulierten historischen und sozialen Voraussetzungen Das von Kant beschriebene reine Vergnugen an der Kultur sei das Privileg derer denen die wirtschaftliche und gesellschaftliche Position zuganglich ist in der sich solche reine interesselose Disposition dauerhaft einstellen kann 42 In der doppelten Enthistorisierung von Produktion und Rezeption bleibe der Kunstwissenschaft nur die essentialistische Fixierung auf die sichtbaren Objekte den Kunstler und die Kunstwerke als Fetische Auch im entwickelten Feld der Literatur seien im Hinblick auf die fur das Verstehen der Werke erforderlichen Kompetenzen inzwischen Verfasser und legitimer Leser untereinander austauschbar Die Werke der literarischen Avantgarde postulierten einen gebildeten Leser der ein Endpunkt der Geschichte des literarischen Feldes sei Seine Art der reinen Lekture werde in einem Bildungssystem produziert und reproduziert das mit kanonisierten Texten zum Beispiel der griechischen und romischen Klassiker das enthistorisierende Lesen und Verstehen einube und damit die Vorstellung einer uberzeitlichen Menschheit vermittle aber gerade das uns spontan Einleuchtende musse der Selbsterkenntnis wegen historisiert werden 43 nbsp Sandro Botticellis Verkundigung von 1489 1490 gilt als typisches Quattrocento GemaldeBeispiele genetischer Kunstanalysen BearbeitenMalerei des Quattrocento Gemalde fur Kramerseelen Bearbeiten Am Beispiel der Malerei des Quattrocento 15 Jahrhundert kann Bourdieu zeigen welche Diskrepanz zwischen einerseits der Rezeption der Zeitgenossen und ersten Adressaten der Bilder zum Beispiel der Piero della Francescas oder Botticellis besteht und andererseits einem Verstehen heutiger Interpreten die einen uberhistorischen konstanten Code annehmen der vermeintlich nur durch einen intellektuellen Akt des Entzifferns zu verstehen sei Dagegen konne das erste Verstehen der Zeitgenossen ihre ursprungliche Wahrnehmung nur aus ihrer Alltagserfahrung mit einer historischen Ethnologie rekonstruiert werden So wurden allerdings sakralisierte Werke der Malerei wieder zu dem was sie in ihrer Entstehung fur die Auftraggeber die Produzenten und die Rezipienten waren Gemalde fur Kramerseelen Durch die zwischen den selbstbewussten Auftraggebern und Kunstlern in Werkvertragen detailliert vereinbarten Sujets Accessoires und die mehr oder weniger teuren Farben konne historisch belegt werden dass die Produktion eines Gemaldes fest in das soziale Feld einbezogen war Die den Kunstlern vermittelten Bilderwartungen der asthetisch qualifizierten Auftraggeber wurden durch Konkurrenz der burgerlichen Gruppierungen und ihre symbolischen Manifestationen durch den Gegensatz von Humanismus und christlicher Askese und durch die zunehmende Wertschatzung raffinierter Malweisen bestimmt Vor allem aber wurde der zeitgenossische Code der Blick des Quattrocento das System von erworbenen Wahrnehmungs Beurteilungs und Genussschemata in alltaglichen Situationen gepragt in Schule der Kirche auf dem Markt in geschaftlichen Verhandlungen usw Das Vergnugen die Freude der damaligen Betrachter beruhe auf dem sozial fundierten Selbstbewusstsein der Auftraggeber und Rezipienten die in den Gemalden ihren Einklang mit der Welt darstellen liessen Die Ideologie des Schopfer Kunstlers dagegen verstehe jene Bilderfindungen ihrer gesellschaftlichen Bedingungen entkleidet als uberzeitliche Konstanten 44 Faulkner Lekture verandert den Leser Bearbeiten nbsp William FaulknerIn einem letzten Schritt Bourdieu zeigt Bourdieu am Beispiel Faulkners wie die Avantgarde beispielsweise im Feld der Literatur aus dem Raum der asthetischen Moglichkeiten auch solche realisieren kann die nicht hermetisch sind und dadurch die asthetische Wahrnehmung ihrer Rezipienten verandern 45 Bourdieu untersucht William Faulkners Werke Eine Rose fur Emily und Schall und Wahn und zeigt wie der Autor mit bestimmten kompositorischen Errungenschaften den naiven Leser heranfuhrt an den Bruch mit der traditionellen Konzeption des Romans und der naiv chronologischen Vorstellung von Zeiterfahrung Der Leser werde nicht nur nicht aus der Rezeption ausgeschlossen sondern durch die Durchbrechung der als Doxa unterstellten ublichen erwartbaren Zeitstruktur zu einem anderen Lesen motiviert Wie ein Test oder eine Versuchsanordnung fordert er zu wiederholter aber auch verstarkter Lekture auf Die Texte produzieren somit selbst den impliziten oder informierten Leser und aussergewohnlichen Archileser den die Literaturtheorie als den idealen Leser voraussetze Die Komposition motiviere den Leser durch Enttauschung seiner Vorurteile uber die Plausibilitat der Welt seine asthetische Kompetenz zu erweitern 46 Schritte einer genetischen Literaturanalyse Bearbeiten Im Modus der Anwendung hat Bourdieu ausser bei der Faulkner Analyse sein Modell seine Regeln der historischen Literaturanalyse in seiner Lekture der Erziehung des Herzens und in der Kritik anderer Ansatze prasentiert Die Aufzahlung der Elemente bzw Schritte einer solchen Literaturanalyse folgt hier in der abschliessenden Zusammenfassung der anschaulichen Reihenfolge im ersten Drittel von Bourdieus Monografie und folgt damit auch der in der Regel bei einem Werk beginnenden Lekture des nicht professionellen Lesers Allerdings An anderer Stelle skizziert Bourdieu mit seiner Bemerkung zu den drei notwendigen Schritten der Analyse kultureller Werke eine anders akzentuierte mehr systematische oder logisch genetische Reihenfolge 1 Machtfeld und Felder der Kultur 2 Innere Struktur der Kulturfelder 3 Genese des Habitus der Akteure 47 Von einem zu untersuchenden literarischen Werk ausgehend sind im ersten Schritt in einer strikt immanenten Analyse die sich gegen die hermeneutische Willkur des Von aussen hinein Tragens richtet die relevanten Positionen des narrativen Universums zu identifizieren und die Regeln nach denen sie besetzt oder inkorporiert werden konnen In einem zweiten Schritt ist auf die Strategien der Akteure einzugehen ihre Dispositionen ihre Moglichkeiten Einsatze und Trumpfe mit denen sie die sozialen Positionen zu erobern suchen Sofern sich drittens durch diese Analyse der Determinanten die Standpunktlogik der fiktiven Akteure die Inkorporierung der Bedingungen durch die Protagonisten offenbart ist ein genetisches Verstandnis des Figurenhandelns moglich Das untersuchte Werk transzendierend musse die anfanglich immanente Lekture viertens die Illusion vermeiden dass die Oberflache der Figurenbewegung schon ihre konstitutiven Momente enthalte und enthullen wie die grundlegenden Strukturen des Feldes in der Personalisierung und Anschaulichkeit der Darstellung verhullt wurden Die uber sprachliche Merkmale des Textes hinausgehende Lekture musse die Eigengeschichte des realen Feldes und seiner asthetischen Moglichkeiten und damit das Erbe an okonomischen sozialen und asthetischen Voraussetzungen und ihre aktuelle Bedeutung fur das zu untersuchende Werk und seinen Produzenten analysieren Zur Verdeutlichung dieser Zusammenhange nutzt Bourdieu auch Diagramme und topografische Karten Funftens musse sich auch eine sozialgeschichtliche externe Analyse der Gefahr bewusst bleiben ein Werk auf das soziale Interesse einer Person oder einer Gruppe zu reduzieren es als Widerspiegelung einer sozialen Position oder einer Weltanschauung zu verkurzen und damit aus dem Kunstler den bewusstlosen Sprecher einer sozialen Gruppe zu machen Dagegen ist auch hier die kumulierte Eigengeschichte des produzierenden Feldes neben den sozialen Kampfen zu berucksichtigen und statt einer Uberdeterminierung auch die Moglichkeit der Koinzidenz unabhangiger Kausalreihen zu bedenken die Moglichkeit der Umgehung dieser Denkfallen das Instrument des Bruchs mit allen partiellen Visionen liegt in der Idee des Feldes 48 Rezeption BearbeitenJan Behrs siehe Weblinks kommentiert die gesammelten Schriften Bourdieus zur Kunst und Kultur 49 aussert sich aber auch zu den Regeln der Kunst Bourdieus kunsttheoretischem Hauptwerk Hier habe Bourdieu mit der Analyse von Flauberts Erziehung des Herzens ein Musterbeispiel einer soziologischen Analyse von Literatur geliefert allerdings einen Theoriewalzer mit einem stilistisch nicht unbedingt niedrigschwelligen Einstieg Die Absicht zum Diskursbegrunder im Sinne Michel Foucaults zu werden ist in allen Texten dort zu finden Der daraus entstehende Anschein von ausserster Souveranitat die gelegentlich auf unvorteilhafte Weise ins Herrische umschlagt ist ebenso gewohnungsbedurftig wie eindrucksvoll Matthias Beilein siehe Weblinks kommentiert im Journal of Literary Theory die Anwendung von Bourdieus Forschungsansatz in der deutschen Literaturwissenschaft In 21 Aufsatzen im Sammelband Text und Feld Bourdieu in der literaturwissenchaftlichen Praxis 50 geht es um die Anwendung der Feldtheorie die nicht auf die Regeln der Kunst reduziert wird In der Vielzahl der Aufsatze zeige sich die Brauchbarkeit von Bourdieus Theorie selbst in den Vorschlagen zur Modifikation und Weiterentwicklung mithin zur Anpassung an andere nationale Felder oder andere historische Konstellationen Fur Bernhard Fetz siehe Weblinks besitzt das Werk trotz einiger redundanter Passagen den Charme der Anschaulichkeit seiner Thesen Bourdieus Analysen von Werken Flauberts und auch Faulkners im vorliegenden Band sind brillant weil sich die theoretischen Implikationen aus dem analysierten Gegenstand ergeben Ihre Grenzen haben Die Regeln der Kunst dort wo die heutige Medienwirklichkeit die in der Beschreibung manchmal statisch anmutenden Kampfe im Feld tendenziell auflost Fur den der die Genese der kunstlerischen Wahrnehmungsmuster verstehen will ist es das von Bourdieu entwickelte Instrumentarium unverzichtbar Hans Edwin Friedrich siehe Weblinks sieht nach seiner ausfuhrlichen Kritik der Regeln der Kunst eine Hauptschwache im Mitschleppen der hegelianisch marxistischen Philosophie vor allem in der Pramisse des gesellschaftlichen Ubergewichts des Feldes der Macht und der Okonomie in dieser materialistischen Reduktion verzichte Bourdieu bei der Textanalyse auch auf die Errungenschaften der immanenten Ansatze der Lekture Die Schwachen lagen daher vor allem in der Theorie die Starken der Regeln der Kunst dagegen in der empirischen Analyse Gustav Mechlenburg siehe Weblinks gewinnt wegen des Schwerpunkts der Analyse von Flauberts Erziehung des Herzens den Eindruck Bourdieu trauert einer Zeit nach in der seiner Meinung nach die Grenzen zwischen Kunst und Kommerz noch gewahrt waren Nach Michael Wetzel siehe Weblinks uberschatze Bourdieu zwar mit der Einordnung seiner Theorie unter die neuzeitlich narzisstischen Krankungen des Individuums seine Originalitat aber er stelle eine fur die moderne Asthetik nachgerade legendare ideologische Position in Frage namlich die des Autors und Kunstlers als eines autonomen Schopfers seiner Werke Bourdieus Analysen seien in ihrer differenzierten und kenntnisreichen Durchfuhrung unbestreitbar und erhellend Was ihre Rezeption allerdings erschwert ist der sehr selbstbezogene Stil der Argumentation dessen aleatorische auf Zufall beruhende redundante Abfolge sich mit anderen Beitragen zum Thema wenig abgibt So werde Walter Benjamin nur en passant und die Frage der modernen Medien Technologie gar nicht erwahnt Weblinks BearbeitenJan Behrs Bruchstucke einer grossen Theorie Pierre Bourdieus gesammelte Aufsatze zum kunstlerischen Feld in Literaturkritik de vom 29 Juli 2015 zuletzt abgerufen am 1 Marz 2022 1 Matthias Beilein Ein erweitertes Feld in Journal of Literary Theory zuletzt abgerufen am 1 Marz 2022 2 Bernhard Fetz Pierre Bourdieu Die Regeln der Kunst in Literaturhaus Wien zuletzt abgerufen am 1 Marz 2022 3 Hans Edwin Friedrich Vom Uberleben im Dschungel des literarischen Feldes Uber Pierre Bourdieus Regeln der Kunst in zuletzt abgerufen am 1 Marz 2022 4 Joseph Jurt Die Theorie des literarischen Feldes von Pierre Bourdieu in Research Gate abgerufen am 1 Marz 2022 5 Gustav Mechlenburg Trauer um die verlorene Autonomie in Die Tageszeitung vom 26 August 1999 zuletzt abgerufen am 1 Marz 2022 6 Michael Wetzel Die Regeln der Kunst Genese und Struktur des literarischen Feldes in Deutschlandfunk am 24 Oktober 1999 zuletzt abgerufen am 1 Marz 2022 7 Nina Tessa Zahner Die Selektivitat des Publikums zeitgenossischer Kunst als Herausforderung fur die Rezeptionstheorie Pierre Bourdieus in Jahrbuch Kulturmanagement 2010 1 55 75 zuletzt abgerufen am 6 Marz 2022 8 Einzelnachweise Bearbeiten Pierre Bourdieu Die Regeln der Kunst Genese und Struktur des literarischen Feldes Ubersetzt von Bernd Schwibs und Achim Russer 1 Auflage Frankfurt a M Suhrkamp 1999 551 Seiten mit Personen und Begriffsregister ISBN 3 518 58264 X Erstausgabe auf Franzosisch schon 1992 Hans Edwin Friedrich und Jan Behrs siehe Weblinks Wetzel siehe Weblinks Der Titel ist eine Herausforderung In der weiter unten folgenden Ubersicht werden die hier skizzierten Regeln ausfuhrlich entwickelt Regeln sind eine Richtschnur fur die eine Karriere anstrebenden Akteure also die Kulturproduzenten und zugleich fur die Beobachter des Feldes die Kritiker die zu lange und zu oft die konfliktreiche Entwicklungen asthetischer Positionen als eine Art Naturgesetz poetischen Wandels verstanden haben Bourdieu Regeln der Kunst S 214 ff 223 ff 322 f 329 f Bourdieu Regeln der Kunst S 270 f 362 f 457 f Bourdieu Regeln der Kunst S 173 Der hermeneutische Narzissmus betrachte dagegen das Verstehen eines Werkes als Verschmelzung oder Identifikation des Betrachters mit dem Produzenten Dieses Postulat Gadamers erklart Bourdieu voller Verachtung als intellektuell nicht einmal satisfaktionsfahig Ertragt es uberhaupt die Diskussion Bourdieu Regeln der Kunst S 9 ff 11 f 287 Anm 6 und S 473 f 475 f Dem Elend des hermeneutischen Ahistorismus widmet sich Bourdieu ausfuhrlicher S 480 ff Zur Redundanz der Untersuchung aussern sich kritisch auch Fetz und Wetzel siehe Weblinks Bourdieu formuliert anlasslich einer weiteren Ruckkehr zur mehrfach beschriebenen Konkurrenz der Kulturproduzenten Hier ware die ganze Untersuchung der Logik wieder aufzugreifen vgl Erster Teil Kapitel 2 die er nun als Modell der Veranderung auch in anderen Feldern als dem der literarisch kunstlerischen Produktion beschreibt Bourdieu Regeln der Kunst S 380 Anm 35 Ein ahnlicher Hinweis ist seine Bemerkung in der Fussnote auf S 461 in der er sich dafur entschuldigt auf der Halfte der Seite 461 eine kaum auch nur programmatisch zu nennende Skizze entworfen zu haben nachdem er auf mehr als 400 Seiten seine historisch soziologische Analyse ausgebreitet hat Das Werk erscheint nicht immer konsistent und ein Kompositum uberlappender Essays So auch das vorgezogene Schlusswort auf S 489 und die doppelte Coda des Da Capo und des Postscriptums Als Folge der notwendigen Beherrschung eines zunehmenden theoretischen Erbes auch in den Sozialwissenschaften sieht Bourdieu wachsende Verstandnisschwierigkeiten zwischen Spezialisten und Laien im Sinne eines leichteren Zugangs der nicht professionellen Leser zu seinen Ideen hatte er die folgende Darstellung moglicherweise toleriert Dafur spricht dass er die Erziehung des Herzens entgegen seiner eigenen Forschungssystematik als Prolog aller Theorie voranstellt Bourdieu war sich der hohen Einstiegsschwelle bei seiner Theorie bewusst Bourdieu Regeln der Kunst S 19 ff 340 385 f Bourdieu Regeln der Kunst S 296 f 341 476 Anm 28 Bourdieu Regeln der Kunst S 271 362 456 ff Bourdieu bezeichnet diesen Glauben als Doxa als eine allgemeine stillschweigende Pramisse Diese methodische Suspendierung gemeint die Verneinung der Pramisse eines Schopfer Kunstlers ist um so schwieriger durchzufuhren als die Bindung an das kulturell Sakrale sich nur hochst selten in Form expliziter Behauptungen auszusprechen noch weniger sich zu begrunden braucht Erst nach ihrer Infragestellung werde die Doxa zum Dogma wenn von einer Institution oder dominierenden Theoretikern zur Norm erklart An der Produktion des Werts der Werke sei im Gegensatz zu diesem Glauben an den Schopfer Kunstler die Gesamtheit der Akteure und Institutionen des kunstlerischen Feldes beteiligt Bourdieu Regeln der Kunst S 298 362 f 486 Bourdieu widmet dem Thema der objektiven Erzeugung der Schopfer Ideologie durch das Feld immer wieder seine Aufmerksamkeit damit liefert er nicht nur eine Theorie der Regeln bzw Mechanismen des Feldes sondern auch eine Theorie der Irrtumsentstehung Die Tauschung uber die wahre Natur des Prozesses wird so zu einem objektiven Effekt und keine Auftragsarbeit wie Gramscis Hypothese vom organischen Intellektuellen insinuiert Vgl Ingar Solty Tragt Gramscis Begriff des organischen Intellektuellen noch in Das Argument 2009 Archivierte Kopie Memento des Originals vom 20 Marz 2022 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot d1wqtxts1xzle7 cloudfront net Damit liegt Bourdieu eher bei Marx mit seinem Diktum Sie wissen es nicht aber sie tun es wo die Akteure des Warentauschs und spater der Mehrwertproduktion auch funktional handeln ohne die Implikationen ihres Handelns voll zu reflektieren Zitiert nach Karl Marx Das Kapital 3 Bde 1867 94 I Band Der Produktionsprozess des Kapitals I Ware und Geld Bourdieu Regeln der Kunst S 15 f 144 ff 166 ff 270 ff 298 341 f 360 ff 384 f 391 399 427 437 f 499 Die Wissenschaft von kulturellen Werken wird sich nur dann ganz von der essentialistischen Sicht befreien konnen wenn sie ihren Gegenstand einer vollstandigen historischen Analyse unterzieht Bourdieu Regeln der Kunst S 457 f Nach Wetzel siehe Weblinks hat sich Bourdieu schon mehrfach mit dieser Entzauberung des Geniekultes der grossen Manner in Literatur und Kunst beschaftigt Die kapitalistische Industrialisierung Frankreichs und die Zentralisierung aller Verwaltung in Paris ermoglicht Staatsauftrage mit gigantischen Profiten des Grossburgertums und einen grossen Stellenzuwachs im Staatsdienst damit auch zahlungskraftige Kauferschichten die als teils bildungs und kulturlose Aufsteiger sich von Kunstlern Konsekration und Legitimation erhoffen Gleichzeitig kommt es zu einem Zustrom gut ausgebildeter junger Leute nach Paris die eine neue Lebensform die Boheme entwickeln die ihnen einen gegenseitigen Schutz durch Anerkennung und Anregung okologische Funktion gewahrt und gleichzeitig die Aufmerksamkeit neuer Kunden der Aufsteiger im Feld der Macht weckt Bourdieu Regeln der Kunst S 84 ff 377 397 f Wahrend der Strukturalismus das Handeln der Akteure als bewusstlose Erfullung der Strukturen verstehe operiere der Idealismus bzw Essenzialismus mit ahistorischen und geistigen Wesenselementen verschiedener Art Bourdieu Regeln der Kunst S 284 ff 328 ff 365 ff Bourdieu Regeln der Kunst S 98 ff 118 ff 145 164 Baudelaire Flaubert und andere Kunstler positionierten sich mit der Doktrin der L art pour l art diese entschlossene Parteinahme fur die Indifferenz gegen die burgerliche Gefalligkeitskunst und ebenso gegen die sozial engagierte realistische Kunst mit ihren politischen Auftragen Diese doppelte Opposition und Verachtung gegenuber dem Burgertum und dem sozialen Realismus zerstorte aber ihren Markt sodass eigentlich nur betuchte Burgersohne sich den Luxus der L art pour l art als beruflicher Praxis leisten konnten Bourdieu Regeln der Kunst S 118 ff 131 ff Bourdieu Regeln der Kunst S 205 ff 249 ff 379 ff 400 ff Ausser im Feld der Macht sind die Kampfe der Inhaber oder Aspiranten von Positionen selten so ausgepragt wie in den Feldern der relativ wenig institutionalisierten Literatur und der Kunst Die Kampfe der kulturellen Produktion drehen sich um interessegeleitete Definitionen der Nicht Zugehorigkeit zum jeweiligen Feld die sich mit den durch die permanenten Neuzugange verandernden Krafteverhaltnissen ebenfalls andern Diese Kampfe lassen die metaphysischen Vorannahmen des Spiels in den Hintergrund treten starken damit den Glauben an die Reinheit des asthetischen Diskurses und erzeugen eine feldbezogene illusio Jedes Scheitern an den dominanten Positionen der Konkurrenz ist infolge dieser permanenten Dynamik nur zeitweilig und kann selbst posthum noch zu einem Erfolg werden Bourdieu Regeln der Kunst S 270 346 ff 353 ff Wahrend manche Kritiker die konfliktreiche Entwicklungen asthetischer Positionen als eine Art Naturgesetz poetischen Wandels und allgemeiner aller kulturellen Veranderungen verstehen sieht Bourdieu darin einen aus den symbolischen Krafteverhaltnissen zwischen den Akteuren und den Institutionen hervorgehenden Kampf um die Verteidigung ihrer vitalen Interessen die sich letztlich in Einkommen und Stellenplanen ausmunzen Bourdieu Regeln der Kunst S 214 ff 223 ff 322 f 329 f Bourdieu Regeln der Kunst S 118 ff 154 ff 188 ff 196 f 227 ff 249 ff Die Dialektik der Entwicklung gilt ebenso fur die Malerei die von der theoretischen Vorarbeit der Literatur profitiere und ihr dann nach der Ubernahme der L art pour l art im Wechselspiel die Argumente zuwerfe bis sie sich von der Umklammerung der Schriftsteller zu losen beginne Indem die Maler damit das Literarische aufgeben alles mit dem Sujet dem Motiv oder der Aussage Verbundene gewinnt die Ikonografie die Darstellung die Malweise an sich einen besonderen Wert Auch in den Segmenten des Theaters der Lyrik und der Malerei entfalten sich im 19 Jahrhundert unterschiedliche asthetische Positionen und beweisen durch die damit verbundenen Selbstreflexionen eine Autonomie die sich mehr und mehr um die Gegensatzpaare Naturalismus versus Symbolismus und Avantgarde versus Massenproduktion verfestige diese Grenzen werden gegen Ende des 20 Jahrhunderts durchlassig und schleifen sich ab Bourdieu Regeln der Kunst S 187 ff 204 209 ff 384 f 523 ff Dieses Doppelwesen kann die Vorteile der beiden gegensatzlichen Logiken die der interesselosen Kunst in der allein symbolische Gewinne zahlen und die des Geschaftes in sich zumindest fur eine Weile vereinen Die Glaubwurdigkeit der kulturellen Produktion beruhe auf dem gesellschaftlichen Wunder eines von jeder nicht asthetischen Intention gereinigten asthetischen Akts Bourdieu Regeln der Kunst S 227 342 Zur Hybris der Lyriker als Vertreter der reinsten aller Gattungen siehe Bourdieu Regeln der Kunst S 375 dort auch Anm 32 Die Doppel Hierarchie von okonomischem und symbolischem Kapital wird spater von Bourdieu fur alle kulturellen Felder verallgemeinernd als heteronomes und autonomes Prinzip wieder aufgegriffen Bourdieu Regeln der Kunst S 344 ff In seinem Postscriptum beschreibt er die Ausweitung des Einflusses der kommerziellen Kulturproduktion und okonomischen Macht am Ende des 20 Jahrhunderts und ruft dazu auf die gewachsene und fur die kulturelle Avantgarde so produktive Autonomie des kulturellen Feldes mit einer Internationale der Intellektuellen zu verteidigen Bourdieu Regeln der Kunst S 523 ff Bourdieu Regeln der Kunst S 227 ff 236 f 273 Der etablierte Gegensatz von burgerlicher und avantgardistischer Kunst schaffe bei allen kulturellen Produkten eine relativ stabile Wahlverwandtschaft oder Harmonie zwischen Produzenten Vermittlern und Konsumenten einer Richtung der Kunst Diese Homologie entwickle sich im Hinblick auf Bewertungskategorien auf die Auswahl von Orten der Prasentation Museen Galerien Theater und Vertriebswege Verlage Feuilletons Sie entstehe weniger durch bewusste Anpassung z B der Produzenten an ihre Konsumenten der Kritiker an ihre Leser die mit dem Selbstverstandnis der Kunstler und Intellektuellen nicht vereinbar ware sondern mehr durch die zugrunde liegenden objektiven Strukturen des Produktionsfeldes die dualistische Struktur der Bewertung von Produkten als burgerlicher oder avantgardistischer Kunst und einer Dialektik wechselseitiger Beeinflussung Bourdieu Regeln der Kunst S 259 ff 266 395 ff Die Zunfte der sich um die Besorgung des Kunstwertes kummernden Funktionen unterstutzen das Feld nicht nur durch ihre Distanz zur materiellen Produktion des Werks sondern auch durch die Dokumentation der Feldgeschichte des Substrats im Raum des Moglichen Bourdieu Regeln der Kunst S 384 f 393 Mit dem Begriff der Homologie Ubereinstimmung Ahnlichkeit Verwandtschaft betont Bourdieu im Gegensatz zu einem direktiven Materialismus oder Strukturalismus oder einem praktischen Idealismus eine lockere Kausalitat als Spielraum der Akteure Die Pradispositionen des Kunstlers treten die Moglichkeiten des Feldes aktiv filternd vermittelnd und transformierend diese also inkorporierend zwischen das soziale Feld und den erworbenen Habitus Das aristotelische Vermogen und seine Verwirklichung spielen hier zusammen Bourdieu Regeln der Kunst S 29 ff 144 f 166 285 ff Bourdieu Regeln der Kunst S 147 ff 155 165 Anm 107 166 Fur alle Akteure in einem Feld der kulturellen Produktion bildet das aufgehaufte Erbe der Positionierungen das Universum der Werke den Raum des Moglichen Material fur eine neue Nutzung unter dem Einfluss der asthetischen Pradispositionen der aktuellen Kampfe und der geltenden Problematik Bourdieu Regeln der Kunst S 371 ff 384 ff 394 Anm 55 Arbeit an der Form das heisst erbarmungslose Eliminierung aller uberkommenen Vorstellungen aller fur eine Gruppe typischen Gemeinplatze und aller stilistischen Merkmale an denen sich die Zustimmung zur einen oder anderen Position oder deutlich gewordenen Positionierung verrat und systematische Verwendung des freien indirekten Stils der soweit wie moglich die Beziehung des Erzahlers zu den berichteten Sachverhalten oder zu den Personen von denen erzahlt wird im Ungewissen lasst Bourdieu Regeln der Kunst S 182 185 469 471 Im Prozess der wachsenden Autonomie des Feldes und der damit einhergehenden internen Kampfe des literarischen und kunstlerischen Feldes werden mit den Akteuren immer auch ihre Werke und asthetischen Mittel entweder verstossen oder zum neuen Massstab erhoben Der Produzent seine Manier und sein Stil werden das Hauptthema der asthetischen Diskurse Bourdieu Regeln der Kunst S 379 ff 470 f Bourdieu Regeln der Kunst S 83 Kursive Hervorhebung des Autors Obgleich die Analyse der Erziehung des Herzensdie Monografie eroffnet folgt sie hier auf die logisch vorausgehende Entwicklung des Gedankengangs die Bourdieu selbst mit seiner Bemerkung zur logisch genetischen Reihenfolge der drei Schritte der Analyse kultureller Werke skizziert 1 Machtfeld und Felder der Kultur 2 Innere Struktur der Kulturfelder 3 Genese des Habitus der Akteure Die wirkliche Hierarchie der Erklarungsfaktoren macht daher eine Umkehrung des gewohnlichen Vorgehens erforderlich Vermutlich aus Grunden der Anschaulichkeit und Nachvollziehbarkeit hat Bourdieu die Analyse der in Frankreich so popularen Erziehung des Herzens den theoretischen Ausfuhrungen vorangestellt Die Darstellung in den Regeln der Kunst wendet sich daher abwechselnd an den naiven und an den professionellen Leser Bourdieu Regeln der Kunst S 340 f Bourdieu Regeln der Kunst S 16 20 47 Anm 78 180 209 397 Indem die Genese des Werkes aus der Transformation der Bedingungen des literarischen Feldes ans Licht gehoben wird wird aus dem Material des Romans auch Flaubert als Element dieses Feldes mit analysiert und so Flaubert als Sozialanalytiker Flauberts genutzt Bourdieu kontrastiert seine Analyse mit Ausschnitten aus vier Interpretationen der Jahre 1928 bis 1977 die alle die sozialen Strukturen ignorieren und den Kern des Romans in der Psyche oder der Liebe oder in Flauberts vermuteter Homosexualitat Sartre finden Bourdieu Regeln der Kunst S 19 f 55 ff 72 ff Bourdieu Regeln der Kunst S 14 29 36 173 Indem die Kunst und Literaturgeschichte das sich kumulierende Erbe der kulturellen Produktion getreulich verzeichne und interpretiere vergrossere sie den Raum des Moglichen die Eintrittsschwelle fur alle Neulinge und zugleich die Klippen an denen externe Interventionen erst transformiert oder gebrochen und in das Feld eingepasst werden Dass die Logik unterschiedlicher Felder nicht einfach kompatibel ist zeige die Schwierigkeit der Versohnung von politischer kunstlerischer Avantgarde Bourdieu Regeln der Kunst S 349 ff 367 f 372 ff 384 ff 393 398 Anm 58 Als Transzendental der Positionen und Positionierungen funktioniert das kumulierte Erbe analog zu den philosophischen Versuchen Bewusstseinsinhalte neoplatonisch oder analytisch unabhangig vom Handeln oder voraussetzungslos zu konstruieren Aber auch bei den uberraschendsten Losungen durch einen Produzenten sei die wahrscheinliche Zukunft des Feldes stets in der Struktur des Feldes schon enthalten gewesen Bourdieu Regeln der Kunst S 427 ff Das durch kollektive Arbeit angehaufte Erbe erscheint jedem Akteur somit als Raum des Moglichen die von den Anwalten der schopferischen Spontaneitat gepriesene absolute Freiheit in diesen Dingen ist nur Naiven und Ignoranten gegeben Die aus rein formalen Experimenten hervorgegangenen Werke scheinen nur eine interne ausschliesslich den formalen Eigenschaften zugewandte Lesart zuzulassen und alle Bemuhungen zu vereiteln oder zu entwerten sie auf einen gesellschaftlichen Kontext zu reduzieren gegen den sie sich gerade konstituiert haben Bourdieu Regeln der Kunst S 367 372 375 384 ff 393 454 Anm 8 468 471 ff Zahner siehe Weblinks formuliert in ihrer Bourdieu fortsetzenden Studie Das Publikum der Gegenwartskunst ist demnach was die Bildungsabschlusse angeht in hochstem Masse elitar Zeit genossische Kunst hatte demnach eine hochexkludierende Wirkung sie erschlosse sich nur den Experten da nur diese uber das kunstspezifische Wissen das kulturelle Kapital zu ihrer Entschlusselung verfugten Das Ausmass an Autonomie uber das ein Feld verfugt ist am Ubersetzungs und Brechungseffekt zu messen den seine spezifische Logik externen Einflussen oder Anforderungen zufugt die gewiss hochst unzulangliche Metapher Brechung soll das noch unzureichendere Modell der Widerspiegelung vergessen lassen So wurden selbst konservative Kulturproduzenten bei aller Kritik an den links von ihnen stehenden Intellektuellen bis zu einem gewissen Grad die Autonomie des Feldes gegen Einmischungen aus dem Feld der Macht verteidigen Bourdieu Regeln der Kunst S 349 ff 365 ff 371 ff 384 f 400 406 439 ff 526 Dieses Modell des Bildungs und Auflosungsprozesses von Avantgardegruppen die es zu offentlicher Anerkennung brachten wird beispielhaft illustriert in der Geschichte der Impressionisten Bourdieu Regeln der Kunst S 423 ff Bourdieu Regeln der Kunst S 372 378 405 ff 409 ff 414 419 Bourdieu Regeln der Kunst S 285 ff 328ff 365 ff Bourdieu Regeln der Kunst S 305 310 ff 369 Ausfuhrlich setzt sich Bourdieu mit Jean Paul Sartres die Erziehung des Herzens betreffende Hypothese einer fruhen aber Flaubert zeitlebens determinierenden Entdeckung seiner burgerlichen Herkunft auseinander die Annahme dieses ursprunglichen Entwurfs negiere alle spateren Lernprozesse im Feld der literarischen Produktion im Namen der Verteidigung der Freiheit des Individuums auch Sartres Illusion der Allmacht des Denkens reproduziere somit den Mythos vom ungeschaffenen Schopfer Bourdieu Regeln der Kunst S 299 ff 406 Zu Sartres genreuberschreitender Selbstinszenierung als totaler Intellektueller siehe S 333 ff Diese Theorie der Widerspiegelung von Lukacs und Goldmann setzt namlich voraus ein Kunstwerk verstehen heisse die Weltanschauung der gesellschaftlichen Gruppe verstehen von der ausgehend oder auf die hin der Kunstler sein Werk erarbeitet habe und die als Besteller oder Adressat Ursache oder Ziel oder beides zugleich in gewisser Weise durch den Kunstler Ausdruck finde der uber die Gabe verfugt unbewusst Wahrheiten und Werte zu formulieren heisst sich zu quasi metaphysischen Behauptungen versteigen Bourdieu Regeln der Kunst S 324 328 367 Anm 24 Bourdieu Regeln der Kunst S 363 Bourdieu Regeln der Kunst S 452 459 461 Bourdieu Regeln der Kunst S 458 465 f 480 ff Der reine Blick ganz wie sein notwendiges Korrelat die reine Malerei die hergestellt wird um an und fur sich selbst gesehen zu werden als Malerei als Spiel von Formen Valeurs und Farben das heisst unabhangig von allem Bezug auf sie transzendierende Bedeutungen ist Ergebnis eines Reinigungsprozesses Bourdieu Regeln der Kunst S 367 372 375 384 ff 393 453 454 Anm 8 468 485 ff Zwischen der Natur der zur Lekture empfohlenen Werke und der praktizierten Form von Lekture herrscht gegenseitige Abhangigkeit Dieser reine alle historischen Verknupfungen ignorierende Blick diese durch eine mehr oder weniger lange asthetische Erfahrung mit der Kunst ermoglichte interne Lesart eines Kulturproduktes schliesse wachsende Teil der Gesellschaft aus der Rezeption aus die Bildungsfernsten heute scheitern notwendig mit ihren dem Alltag entnommenen Wahrnehmungsschemata Der z B von der Literaturtheorie geforderte implizite Leser der Archileser oder informierte Leser sei niemand anderer als der Theoretiker selbst Bourdieu Regeln der Kunst S 469 ff 477 ff 487 492 f Bourdieu Regeln der Kunst S 491 ff Er beruft sich hier auf Forschungsergebnisse von Michael Baxandall Die Wirklichkeit der Bilder 1977 Bourdieu wertet die alltagssprachlichen Kriterien des italienischen Kunstkritiker Cristoforo Landino 1425 1498 als Beispiel fur ein praktisches Schemata des Blicks auf Kunstwerke Als Gegenbeispiel aus dem Feld der Bildenden Kunst erwahnt Bourdieu Yves Klein der zusammen mit Robert Rauschenberg Barnett Newman und anderen durch seine monochromen Bilder die Malerei zu einem hermetischen Endpunkt fuhrte die Verletzung der mentalen Integritat der Rezipienten loste in den Ausstellungen ihrer Bilder Spott Gelachter und sogar Vandalismus aus so mehrfach bei Newmans Wer hat Angst vor Rot Gelb und Blau Zur Kritik Boudieus an der sich im Feld der Kunst einschliessenden Kunst siehe Bourdieu Regeln der Kunst S 375 393 455 468 471 Die reflexive Schreibweise Faulkners erheischt eine reflexive Lekture Im Anschluss an die Faulkner Analyse hatten wir festzuhalten dass das Lese Vergnugen auf der Zerstorung der Illusion des Glaubens an die Wirklichkeit der Welt der Welt des Common sense beruhe deren Kern der vom Erzahler und Leser geteilte Glaube an die Konsistenz der raumlichen und zeitlichen Strukturen sei Faulkners narrative Texte prangern die stillschweigenden Ubereinkunfte an auf denen der gesunde Menschenverstand beruht der zum Beispiel den herkommlichen Romanautor mit seinem Leser verbindet und stellen die von beiden geteilte doxa in Frage die dem doxischen Erleben der Welt und der Darstellung dieser Welt im Roman zugrunde liegt Bourdieu Regeln der Kunst S 473 502 ff 515 ff Vermutlich aus Grunden der Anschaulichkeit und Nachvollziehbarkeit hat Bourdieu die Analyse der in Frankreich so popularen Erziehung des Herzens den theoretischen Ausfuhrungen vorangestellt Die Darstellung in den Regeln der Kunst wendet sich daher abwechselnd an den naiven und an den professionellen Leser Bourdieu Regeln der Kunst S 83 340 f 385 f Bourdieus Konzept des sozialen und kunstlerischen Feldes ist der Grundstein einer Analyse die die Denkfallen der rein immanenten und rein sozialgeschichtlichen Methode vermeidet Bourdieu Regeln der Kunst S 19 ff 77 83 114 130 140 ff 313 ff 323 ff 330 340 f 367 393 Pierre Bourdieu Schriften Kunst und Kultur Kunst und kunstlerisches Feld Schriften zur Kultursoziologie 4 Herausgegeben von Franz Schultheis und Stephan Egger Ubersetzt aus dem Franzosischen von Bernd Schwabs Michael Tillmann u a Berlin Suhrkamp 2015 Markus Joch Christian Wolff Hrsg Text und Feld Bourdieu in der literaturwissenschaftlichen Praxis Tubingen Niemeyer 2005 399 S Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Die Regeln der Kunst amp oldid 237935172