www.wikidata.de-de.nina.az
Dieser Artikel beschreibt einen Film aus dem Jahr 2014 zu den namensgebenden historischen Schauprozessen siehe Moskauer Prozesse Die Moskauer Prozesse ist ein Film aus dem Jahr 2014 Der Schweizer Milo Rau setzte in seinem Gerichtsdrama drei russische Strafverfahren gegen Kuratoren und Kunstlerinnen filmisch um FilmTitel Die Moskauer ProzesseProduktionsland DeutschlandOriginalsprache RussischErscheinungsjahr 2014Lange 86 MinutenStabRegie Milo RauDrehbuch Milo RauProduktion Arne Birkenstock 2 1 Kamera Markus Tomsche 1 Schnitt Lena Rem 1 BesetzungMaxim Schwetschenko Anna Stavickaja Jekaterina Stanislawowna Samuzewitsch 1 Dmitri Gutow Anton Nikolaew Ekaterina Degot Alexander Schaburow Tatjana Antoschina Wladimir Sergejew Michail Kusmitsch Ryklin 1 Jelena Wolkowa Viktoria Lomasko Andrei Jerofejew Andrei Kowalenko Waleri Korowin Dmitri Enteo Wladimir Chomjakow Gleb Pawlowitsch Jakunin Wsewolod Tschaplin Alexei Kurajev Marat Gelman Alexei Beljajew Gintowt Inhaltsverzeichnis 1 Inhalt Zusammenfassung 1 1 Fall Achtung Religion 2003 1 2 Fall Verbotene Kunst 2006 1 3 Fall Pussy Riot 2010 2 Hintergrund 3 Storung der Dreharbeiten im Sacharow Zentrum 4 Entstehung 5 Kritiken 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseInhalt Zusammenfassung BearbeitenMilo Raus Die Moskauer Prozesse behandelt drei russische Strafverfahren gegen Kuratoren und Kunstlerinnen Dargestellt werden die Gerichtsverhandlungen gegen die Ausstellungen Achtung Religion die religiose Symbole verfremdete und Vorsicht Kunst mit beispielsweise der Darstellung eines gekreuzigten Lenins sowie der Prozess im Rahmen des sogenannten Punk Gebetes gegen die Pussy Riot Aktivistinnen Marija Wladimirowna Aljochina Jekaterina Samuzewitsch und Nadeschda Tolokonnikowa thematisiert 3 Als Richterin fungiert die Kinokritikerin Olga Schakin die Verteidigung der Kunstler bilden die Kunstkritikerin Jekatarina Degot und die Juristin Anna Stavitzkaja die auch in den Prozessen um Achtung Religion und Verbotene Kunst die Verteidigung vertrat Die Staatsanwaltschaft vertritt Maxim Schewschenko ein in Russland bekannter Fernsehjournalist zusammen mit dem regierungskritischen Juristen Maxim Krupski einem Vertreter des Menschenrechtszentrums Memorial der als einziger der Darsteller nicht seine personliche Meinung vertrat Die Prozesse beginnen jeweils mit kurzen Statements von Kunstlern oder Philosophen So betont Dimitri Gutow die Aussergewohnlichkeit der Veranstaltung Hier kamen harsch verfeindete Kontrahenten zusammen Der Philosoph Michail Kusmitsch Ryklin erwahnt in Russland eine regelrechte Hasskampagne gegen die gefahrliche moderne Kunst Kern der Darstellung sind die Kreuzverhore von geladenen Zeugen durch Verteidigung und Staatsanwaltschaft Drei der Schoffen halten die Kunstler fur schuldig des Schurens von religiosem Hass drei fur unschuldig einer enthielt sich der Stimme sodass die Prozesse formal mit dem Freispruch der Kunstler enden 4 5 Fall Achtung Religion 2003 Bearbeiten Die Ausstellung Achtung Religion im Sacharow Zentrum war der zeitgenossischen Kunst gewidmet Am 14 Januar 2003 eroffnet wurden vier Tage spater Exponate von militanten orthodoxen Christen beschadigt oder zerstort und die Ausstellung entgegen dem Wunsch der Kunstler geschlossen Am 12 Februar 2003 forderte die Duma mit Mehrheitsbeschluss die russische Generalstaatsanwaltschaft auf gegen die Organisatoren der Ausstellung tatig zu werden Juri Samodurow Der Direktor des Sacharow Zentrums und Hauptangeklagter verzichtete zwar auf eine Zivilklage gegen die Eindringlinge wegen des Schadens dies hatte aber zur Folge dass die Anwalte des Museums den Gerichtssaal nicht betreten durften Verteidiger waren die Menschenrechtler Alexander Podrabinek Lew Ponomarjow Jewgeni Ichlow und Sergei Kowaljow Samodurow und die fur Ausstellungen zustandige Mitarbeiterin Ljudmila Wassilowskaja wurden am 28 Marz 2005 zu einer Geldstrafe von je 100 000 Rubeln verurteilt 6 eine Mitangeklagte hatte sich das Leben genommen 1 Fall Verbotene Kunst 2006 Bearbeiten Ljudmila Wassilowskaja Organisatorin der Ausstellung Vorsicht Religion sowie Juri Samodurow und Andrei Jerofejew wurden 2006 beziehungsweise 2010 nach Art 282 Strafgesetzbuch der Russischen Foderation angeklagt Fall Pussy Riot 2010 Bearbeiten Hauptartikel Pussy Riot A Punk Prayer Jekaterina Stanislawowna Samuzewitsch vertrat ihre erst Ende Dezember 2012 begnadigten Mitstreiterinnen Marija Aljochina und Nadeschda Tolokonnikowa Ihrerseits stellte sie klar dass der Auftritt in der Kathedrale ein Protest gegen den klerikalen Staat unter Putin aber kein Angriff auf Gefuhle von Glaubigen sein wollte 4 Hintergrund BearbeitenGedreht wurde im Sacharow Zentrum in Moskau und die Gerichtsverhandlungen von russischen Burgern und Burgerinnen nachgestellt Anwalte ein Verfassungsrichter sowie Zeugen und Experten die verschiedene politische Sichtweisen vertreten Aus den Kreuzverhoren Pladoyers und Sachverstandigen Berichten werde ein verstorendes Bild des heutigen Russlands dargestellt so auch von orthodoxen Fanatikern die von der Pest des Neoliberalismus sprechen Der russisch orthodoxe Priester Gleb Jakunin aussert uber die Aktion von Pussy Riot sie habe zwar auch seine Gefuhle verletzt doch wichtiger ist dass die frechen Frauen die unzuchtige Kopulation der russischen Staatsmacht mit der Kirche sichtbar machen 7 Dargestellt sei kein einfaches Reenactment also nicht eine moglichst detailgetreue Schilderung von historischen Ereignissen der Regisseur bestimmte zwar die Rahmenbedingungen aber den Verlauf der Verhandlung uberliess er seinen Protagonisten Milo Rau erlautert zu Beginn des Films zu zeigen wie die Prozesse hatten aussehen konnen wenn sie tatsachlich nach den rechtsstaatlichen Grundsatzen des Landes abgelaufen waren Wenn sie nicht dazu genutzt worden waren staats und kirchenkritische Stimmen einzuschuchtern Der Titel des Films erinnere an die Moskauer Prozesse zwischen 1936 und 1938 Schauprozesse aus der Anfangszeit des Grossen Terrors unter Stalin mit denen er die alte Garde der Bolschewiki die noch aus der Anhangerschaft Lenins stammte aus dem Weg raumte und damit seine Alleinherrschaft sicherte Die Inszenierung und Dreharbeiten fanden vom 1 bis 3 Marz 2013 in Moskau statt 7 wobei sie am 3 Marz 2013 von russischen Beamten und von orthodoxen Glaubigen unterbrochen wurden 8 Man hat uns informiert dass hier eine Veranstaltung zum Schutz von Pussy Riot stattfindet und dass dabei die orthodoxe Kirche kritisiert wird Szenen die den Filmauftakt bilden 7 Ansonsten sind in der filmischen Umsetzung die Protagonisten im Gerichtssaal zu sehen unterbrochen von kurzen Ausschnitten von Interviews mit Zeugen der Gerichtsverhandlungen 3 Storung der Dreharbeiten im Sacharow Zentrum BearbeitenDie Dreharbeiten im Sacharow Zentrum in Moskau wurden am 3 Marz 2013 mehrfach unterbrochen Der aus der Schweiz stammende Regisseur Milo Rau musste sich gegenuber Beamten in der Uniform der russischen Einwanderungsbehorde ausweisen und seine Visa Papiere wurden kontrolliert Die Juristin Anna Stavitskaja spielte in Raus Inszenierung die Rolle einer Verteidigerin sie soll mit ihrer professionellen Spitzfindigkeit und ihrem Verhandlungsgeschick dazu beigetragen haben dass die Beamten der Einwanderungsbehorde wieder abzogen Nach einer etwa zweistundigen Unterbrechung wurden die Arbeiten fortgesetzt aber kurz danach sturmten einige Manner in den Saal Die Gruppe setzte sich in die Zuschauerbanke folgte dem Geschehen und verliess den Saal nach einigen Minuten Vor dem Gebaude hatten sich in der Zwischenzeit mehrere Einsatzwagen der Polizei eingefunden die aber ebenfalls wieder abzogen Maxim Schewschenko ein bekannt staatskonformer Fernsehjournalist und im Spielfilm Theaterexperte der Anklage soll deeskalierend und beruhigend auf die Polizeibeamten eingewirkt haben 8 Entstehung BearbeitenAuf Einladung von Milo Rau fanden sich vom 1 bis 3 Marz 2013 im Sacharow Zentrum nebst den Darstellern einhundert geladene Gaste ein Binnen drei Tagen wurden die drei Prozesse nicht nachinszeniert sondern neu aufgerollt als Schau Prozess mit offenem Ausgang Als Regisseur wahlte Rau die Beteiligten zwar aus gab aber keine Texte vor oder definierte gar die Rollen und Figuren Hingegen engagierte er sieben Schoffen die einen Querschnitt durch die Moskauer Gesellschaft bilden sollten vom streng orthodoxen Bienenzuchter bis zum liberalen Inhaber eines Fotostudios Das Sacharow Zentrum diente als nachgestellter Gerichtsraum und die Schoffen hatten zu beurteilen ob die beiden Ausstellungen und der Auftritt von Pussy Riot uberhaupt ins Gebiet des Strafrechts fallen ob die Kunstler es darauf angelegt haben Glaubige zu beleidigen und was die Kunst in Russland darf 4 Die Inszenierung im Sacharow Zentrum wurde mit Kameras zur filmischen Nachbearbeitung aufgenommen und parallel als Live Mitschnitt den geladenen Kunstlern und Journalisten gezeigt Seine Deutschland Premiere feierte Raus Dokumentarfilm am 18 Marz 2014 im Rahmen der Lit Cologne im Kolner Museum Ludwig und seit 20 Marz 2014 wird Die Moskauer Prozesse im Verleih von RealFictionFilme in deutschen Kinos gezeigt 1 2 7 Kritiken Bearbeiten nbsp Dieser Abschnitt besteht nur aus einer listenhaften Sammlung von Zitaten aus Kritiken Stattdessen sollte eine zusammenfassende Darstellung der Rezeption des Werkes als Fliesstext erfolgen wozu auch markante Zitate gehoren konnen Die Stimmung auf der Leinwand ist so aggressiv und hasserfullt dass sich das Gefuhl breitmacht dieser Film spiele nicht in unserer Gegenwart sondern in einer Zeit in der Nationalismus Chauvinismus Rassismus Homophobie und Intoleranz zum guten gesellschaftlichen Ton gehorten Doch was am Mittwoch im Kinosaal des Kolner Museum Ludwig zu sehen war ist keine Geschichte aus dem 19 Jahrhundert sondern ein bitteres Stuck Zeitgeschichte Milo Raus Film Spiel bezieht keine Position Er versucht Meinungen und Stimmungen einzufangen Positionen gegeneinander zu stellen um sie einer breiten Offentlichkeit zuganglich zu machen Dass nicht immer deutlich wird wer welche Rolle spielt oder eben nicht spielt ist ein Manko des Films Dass wahrend der Dreharbeiten die echte Staatsmacht auftaucht unter dem Vorwand Passe zu prufen zeigt einmal mehr welch aufklarerische Rolle Kunst haben kann 7 Die Welt In teilweise scharf gefuhrten mitunter turbulenten Debatten vor allem zwischen der leider uberforderten Richterin und dem teuflisch guten einschuchternd bissigen Maxim Schewschenko wurde schnell klar dass diese Moskauer Prozesse den Kern der russischen Gesellschaft betreffen ihre offenkundig ungeklarte Identitat In grosster Deutlichkeit traten jene Konflikte zutage die das Verhaltnis von Kirche und Staat Kunst und Religion betreffen Wozu braucht es moderne Kunst Sind religiose Gefuhle schutzenswerter als die Gefuhle von Kunstlern Sollte der Staat sich in Kunstfragen neutral verhalten Was sind die Werte der russischen Nation Man konnte als westlicher Beobachter mitunter den Eindruck gewinnen einem vormodernen Grundsatzstreit beizuwohnen Die russische Verfassung sichert zwar Rede und Meinungsfreiheit und legt die Trennung von Staat und Kirche fest ist aber augenscheinlich nur ein Papier ohne Gultigkeit in der Wirklichkeit Milo Rau ist mit seinem Projekt damit etwas sehr Seltenes gelungen Er hat zu einer Form von politischer Installationskunst gefunden die sich freimacht von vordergrundiger Padagogik Fur ihn ist anders als oftmals im politischen Theater die Buhne keine moralische sondern eine im besten Sinne intellektuelle Anstalt Sie nimmt die Teilnehmer wie die Zuschauer als Selbstdenker ernst Gewonnen hat dabei vornehmlich die ungemein clevere Kunst des Milo Rau Sie ist in denkbar vielschichtiger Weise kompliziert 4 Neue Zurcher Zeitung In dieser Szene in Milo Raus Film prallen Fiktion und Wirklichkeit am deutlichsten aufeinander Die in konservativ religiosen Burgerwehren organisierten Kosaken stehen tatsachlich vor der Tur und glauben es mit einer kirchenkritischen Kunstaktion zu tun zu haben Aber ihr Auftritt im Film ist nicht geplant genauso wenig wie jener der russischen Migrationsbehorde deren Mitarbeiter zuvor in den Gerichtssaal geplatzt sind und wissen wollten ob der Schweizer der das hier alles organisiert hat auch die notigen Papiere hat Viel wichtiger als das Urteil im Film ein knapper Freispruch ist jedoch der Einblick in die russische Gesellschaft und ihr Verhaltnis zu Religion und Autoritat den Rau gewahrt Eine Gesellschaft die nicht nur zu drei Vierteln russisch orthodox ist sondern ein schweres Trauma mit sich tragt seit in der Sowjetzeit alles Religiose verboten war und eine Zensurbehorde antisowjetische Propaganda auch in der Kunst eliminierte und sich nun trotzdem oder gerade deshalb auf der Suche nach Autoritat der Kirche zuwendet 3 Zeit Online Der Schweizer Theatermacher Milo Rau hat eine faszinierende Form gefunden den russischen Diskurs in konzentrierter Form sichtbar zu machen Interessanterweise beruft sich in Raus Film keiner der Akteure auf die Freiheit der Kunst Vielmehr geht es den Kunstbefurwortern darum zu zeigen dass ihre Intentionen harmlos gewesen seien Eine seltsam zahnlose Argumentation gegen die Riege von mehr oder weniger charismatischen Experten die im Pussy Riot Auftritt die Gefahr eines Liberal Faschismus wittern oder haarstraubende Vergleiche zu Stalins Antireligionspolitik ziehen So krude sind die Argumentationen und dabei anscheinend so wirkungsmachtig was nicht zuletzt der Trupp selbst ernannter Kosaken zeigt der zwischendurch zum Schutz des Vaterlands den Saal sturmen will man muss diesen Film sehen um es fur moglich zu halten epd Film 9 Weblinks BearbeitenDie Moskauer Prozesse in der Internet Movie Database englisch Die Moskauer Prozesse bei filmportal de mit Trailer und Fotogalerie Die Moskauer Prozesse auf realfictionfilme de Pressestimmen zu Die Moskauer Prozesse auf der Homepage des ProduzentenEinzelnachweise Bearbeiten a b c d e f g realfictionfilme de Die Moskauer Prozesse 20 Marz 2014 archiviert vom Original am 25 Marz 2014 abgerufen am 25 Marz 2014 nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www realfictionfilme de a b Die Moskauer Prozesse filmstarts de abgerufen am 25 Marz 2014 a b c Frida Thurm Die Moskauer Prozesse Putin gegen Pussy Riot 1 1 Zeit Online 18 Marz 2014 abgerufen am 23 Marz 2014 a b c d Dirk Pilz Die Moskauer Prozesse Gesellschaft vor Gericht Neue Zurcher Zeitung 5 Marz 2013 abgerufen am 25 Marz 2014 Dirk Pilz Autor der Neuen Zurcher Zeitung war vom 1 bis 3 Marz 2013 einer der geladenen Journalisten im Sacharow Zentrum Michail Ryklin Mit dem Recht des Starkeren Russische Kultur in Zeiten der gelenkten Demokratie Suhrkamp Verlag ISBN 3 518 12472 2 a b c d e Freche Frauen und die Unzucht Die Welt 23 Marz 2014 abgerufen am 23 Marz 2014 a b Christine Wahl Pussy Riot Storung des Prozesstheaterstucks in Moskau Der Tagesspiegel 3 Marz 2013 abgerufen am 24 Marz 2014 Barbara Schweizerhof Die Moskauer Prozesse epd Film 18 Februar 2014 abgerufen am 16 April 2015 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Die Moskauer Prozesse amp oldid 232752482