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Der eindimensionale Mensch ist eines der bekanntesten Werke des deutsch amerikanischen Soziologen und Philosophen Herbert Marcuse Es erschien 1964 in den USA unter dem Titel One Dimensional Man und wurde drei Jahre spater in der Ubersetzung von Alfred Schmidt auch in Deutschland verlegt Der Untertitel der deutschen Ausgabe lautet Studien zur Ideologie der fortgeschrittenen Industriegesellschaft Marcuse wurde mit dem Werk in den 1960er Jahren zum Mentor der deutschen Studentenbewegung 1 Inhaltsverzeichnis 1 Inhalt 2 Rezeption 3 Ausgaben 4 Literatur 5 Siehe auch 6 EinzelnachweiseInhalt BearbeitenMarcuse konstatiert sowohl in der Wissenschaft als auch im offentlichen Diskurs ein eindimensionales und positives bzw positivistisches Denken Insbesondere die Wissenschaft fluchtete sich aus Furcht vor Werturteilen oder politischer Einmischung in die Empirie und in quantitatives Denken Grundsatzliche qualitative Reflexion der gesellschaftlichen Probleme und Aufgabenstellungen fanden in dieser technokratischen Herrschaftswissenschaft nicht statt Statt die Ungleichheit im Kapitalismus und die nukleare Bedrohung zu hinterfragen und zu kritisieren wurden diese Probleme nur verwaltet und somit immer neu reproduziert Marcuse hebt in diesem Zusammenhang einen vom klassischen Marxismus noch nicht beachteten Kapitalismus Aspekt besonders hervor die Manipulation des Individuums seine Instrumentalisierung durch die suggestive Kraft der Konsumwerbung In den sowjetisch dominierten Systemen des Ostblocks sieht er keine Alternative im Gegenteil Sie seien nur zum Schein sozialistisch in Wahrheit bestehe eine negative Konvergenz zwischen westlichen und der ostlichen Industriegesellschaften da beide Systeme von Herrschaft und Gleichschaltung gepragt seien 2 Marcuse unterscheidet zwischen wahren und falschen Bedurfnissen Zwar konne die Frage was wahre und falsche Bedurfnisse seien nur von den Individuen selbst beantwortet werden sofern sie frei von Manipulation durch Reklame und Massenkultur seien 3 Der Manipulation setzt Marcuse die Negation entgegen einerseits die Verneinung durch Kritik andererseits die Weigerung dieses Spiel mitzuspielen und die Suche nach dem qualitativ Anderen Marcuse ist bezuglich der Anderung dieser Verhaltnisse pessimistisch und betont die stabilisierende affirmative Kraft des eindimensionalen Denkens Das oft aufgegriffene Schlagwort der Grossen Verweigerung als Ausweg taucht auf den letzten Seiten auf Viele Gruppen der 68er Bewegung und der alternativen Szenen bezogen sich auf dieses Motiv aber auch auf seine anderen Werke und propagierten ein Aussteigen aus dem kapitalistischen System Marcuses Utopie liegt darin eine befreite Gesellschaft vernunfttheoretisch und triebtheoretisch zu begrunden mindestens jedoch die Moglichkeit einer anderen freieren Gesellschaft wach zu halten In seinem Essay Versuch uber die Befreiung 1969 unter dem Arbeitstitel Jenseits des eindimensionalen Menschen geplant entwickelte Marcuse im Anschluss an Der eindimensionale Mensch eine optimistischere Position In seinem 1967 vor Studenten der Freien Universitat Berlin gehaltenen Vortrag Das Ende der Utopie wird dieser Ansatz ausgefuhrt In Gesellschaften mit hochentwickelten Produktivkraften besteht demnach die Moglichkeit zu einer Umwalzung durch die Armut und Elend und entfremdete Arbeit abgeschafft werden konnen Anders als Marx beschrieben hatte kann das Reich der Freiheit im Reich der Notwendigkeit erscheinen Marcuse bezeichnet die Negation der bestehenden Gesellschaft als Voraussetzung zur Transformation menschlicher Bedurfnisse Es bedarf einer jenseits der judaochristlichen Moral stehenden neuen Moral die die vitalen Bedurfnisse nach Freude und nach dem Gluck erfullt und die asthetisch erotischen Dimensionen umfasst Er befurwortet ein Experiment der Konvergenz von Technik und Kunst sowie von Arbeit und Spiel Charles Fourier habe die Differenz zwischen einer freien und einer unfreien Gesellschaft erstmals deutlich gemacht indem er eine Gesellschaft in Aussicht stellte in der selbst gesellschaftlich notwendige Arbeit im Einklang mit den befreiten eigenen Bedurfnissen der Menschen organisiert werden kann In dieser Rede pragt Marcuse den Begriff vom moglichen Ende der Geschichte Das Werk schliesst mit dem Zitat von Walter Benjamin Nur um der Hoffnungslosen willen ist uns die Hoffnung gegeben Rezeption BearbeitenDas Buch zahlt zu den Klassikern der Sozialwissenschaft 4 Marcuse wurde mit dem Buch vor allem in der Studentenbewegung und in der Neuen Linken rezipiert Spater kamen die Neue Sozialen Bewegungen hinzu Das Buch ist das bekannteste Werk von Herbert Marcuse und wurde fur Leserinnen und Leser haufig ein erster Zugang zur Kritischen Theorie 5 Der Ratekommunist Paul Mattick veroffentlichte eine kritische Monographie uber Marcuses eindimensionalen Menschen die 1969 auf deutsch erschien Marcuse selbst anerkannte diese als die allein ernstzunehmende Kritik Der britische Philosoph Alasdair MacIntyre kritisierte am One Dimensional Man dass Marcuses Aussagen freischwebend bleiben mehr suggestiv als voll verstandlich wenngleich nicht einmal mit einiger Genauigkeit gesagt werden kann was suggeriert wird Die Wirkung ist beschworend und antirational ein eher magischer als philosophischer Gebrauch der Sprache 6 Nach Stefan Breuer habe das Buch Marcuse als Erbe und Vollender der klassischen Imperialismustheorien ausgewiesen Wie diese habe Marcuse als Kennzeichen der Epoche die Auflosung des Primats der Okonomie durch den Primat der Politik mit der Auflosung aller vermittelnden Instanzen gesehen Aber im Unterschied zu Kautsky und Hilferding Lenin und Bucharin habe er darin keine Politisierung der Klassenauseinandersetzungen mehr erkennen konnen in der die Wirklichkeit zum revolutionaren Gedanken drangt Vielmehr sei der Kapitalismus zum reinen Herrschaftsverhaltnis geworden aus dem es keinen Ausweg mehr gab ausser dem Willen der Beherrschten 7 Ausgaben BearbeitenOne Dimensional Man Studies in the Ideology of Advanced Industrial Society Beacon Press Boston 1964 Der eindimensionale Mensch Studien zur Ideologie der fortgeschrittenen Industriegesellschaft Ubers von Alfred Schmidt Luchterhand Neuwied 1967 u o 4 Aufl Deutscher Taschenbuchverlag dtv wissenschaft Munchen 2004 ISBN 3 423 34084 3 erneut bei Zu Klampen Verlag Luneburg 2014 hrsg von Peter Erwin Jansen ISBN 978 3 866 74239 0Literatur BearbeitenStefan Breuer Die Krise der Revolutionstheorie Negative Vergesellschaftung und Arbeitsmetaphysik bei Herbert Marcuse Syndikat Frankfurt am Main 1977 Paul Mattick Kritik an Herbert Marcuse Der eindimensionale Mensch in der Klassengesellschaft Aus dem Amerikanischen von Hermann Huss Europaische Verlagsanstalt Frankfurt am Main 1969 Claus Rolshausen Marcuse Herbert Der eindimensionale Mensch In Sven Papcke Georg W Oesterdiekhoff Hrsg Schlusselwerke der Soziologie Westdeutscher Verlag Wiesbaden 2001 S 306 308 Siehe auch BearbeitenKritische Theorie Frankfurter Schule Kritik der ArbeitEinzelnachweise Bearbeiten Franco Volpi Julian Nida Rumelin Hrsg Lexikon der philosophischen Werke Kroner Stuttgart 1988 S 482 Martin Janicke Staatstheorie der Gegenwart In Dieter Nohlen Hrsg Lexikon der Politik Band 1 Politische Theorien Directmedia Berlin 2004 S 606 Stuart Jeffries Grand Hotel Abgrund Die Frankfurter Schule und ihre Zeit Klett Cotta Stuttgart 2019 S 366 Joachim Wurst One Dimensional Man In Samuel Salzborn Hrsg Klassiker der Sozialwissenschaften 100 Schlusselwerke im Portrait Springer VS Wiesbaden zweite Auflage 2016 S 232 Joachim Wurst One Dimensional Man S 229 und 232 f Alasdair MacIntyre Herbert Marcuse Reihe Moderne Theoretiker dtv Munchen 1971 S 112 Stefan Breuer Die Krise der Revolutionstheorie Negative Vergesellschaftung und Arbeitsmetaphysik bei Herbert Marcuse Syndikat Frankfurt am Main 1977 S 174 f Normdaten Werk GND 4114511 2 lobid OGND AKS LCCN n2006025526 VIAF 183513502 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Der eindimensionale Mensch amp oldid 237430211