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Der Scherer erstes illustriertes Tiroler Witzblatt spater Der Scherer Illustriertes Tiroler Halbmonatsblatt fur Kunst und Laune in Politik und Leben war eine Satirezeitschrift die von 1899 bis 1906 zuerst in Innsbruck dann in Linz und zuletzt in Wien erschien Herausgeber war Karl Habermann der auch die volkische nationalliberale und antiklerikale Ausrichtung des Scherer bestimmte Kopftitel der Zeitschrift Der Scherer Inhaltsverzeichnis 1 Grundung und Name 2 Entwicklung des Scherer bis 1904 3 Einzelnachweise 4 WeblinksGrundung und Name BearbeitenDer Name der Zeitschrift die sich unter anderem den Munchner Simplicissimus von Thomas Theodor Heine zum Vorbild nahm weist auf die programmatische Ausrichtung des Scherer hin Als Scherleute oder Scherer wurden in Tirol die Schadlingsbekampfer bezeichnet die vor allem Kleintiere bspw Ratten Maulwurfe zu Gunsten einer besseren landwirtschaftlichen Nutzung unschadlich machten Die Schadlinge denen sich der Scherer im Sinne seiner Leser anzunehmen versprach waren in erster Linie die katholische Amtskirche und katholisch konservative Politiker die osterreichisch ungarische Burokratie 1 und Juden 2 nbsp Antiklerikale Karikatur von Arpad Schmidhammer im Scherer In folgendem Gedicht weisen die Scherer Leute so die Selbstbezeichnung der Redaktion darauf hin Der Scherer ist im Kirchenbann das kann ihn gar nicht scheren und der erboste Dunkelmann Ubername fur Kleriker Anm wird drum ihn nicht bekehren Er geht aufs Feld so nach wie vor vergrabt dort seine Trappeln mundartlich Fallen fur Ratten und Maulwurfe Anm und zieht er wieder sie empor wird mancher Scher Tiroler Mundart fur Maulwurf ubertragen Kleriker drin zappeln 3 Die erste Ausgabe des Scherer erschien am 1 Mai 1899 Die gegen die vorherrschende konservative Geisteshaltung in Tirol gerichteten Verse und Karikaturen sicherten dem Scherer die Sympathie eines grossen Teils der liberal burgerlichen Intelligenz Insbesondere wurde die Zeitschrift zum Sammelpunkt der literarischen Bewegung Jung Tirol 4 Als Mitarbeiter in den ersten Jahren schienen unter anderen die Schriftsteller und Lyriker Arthur von Wallpach Anton Renk Hermann Greinz Heinrich von Schullern und Carl Dallago sowie die Maler und Zeichner Arpad Schmidhammer Eduard Thony und Ferdinand Freiherr von Reznicek auf 5 Der volkisch alldeutsche Propagandist Wilhelm Rohmeder lancierte im Scherer vor 1903 Boykottaufrufe gegen nicht deutsche Gaststatten in den sprachlichen Grenzgebieten welche deutschen Reisenden zu empfehlen sind und verband dies mit antiitalienischer Hetze 6 Entwicklung des Scherer bis 1904 BearbeitenDer Scherer war in der ersten Phase bis 1904 durch seine bissige Satire und kompromisslos deutschnational liberale Rhetorik zu einem Feindbild fur das katholisch konservative Tirol geworden Regelmassig wurden Ausgaben beschlagnahmt oder zensiert Herausgeber Habermann wurde wegen der antiklerikalen Karikaturen und Kommentare mehrmals vor Gericht zitiert nbsp Der Scherer vor Gericht Karikatur aus Scherer Protest Nummer 1 Oktober 1899Bereits im Juli 1899 nur drei Monate nach Erscheinen der Erstausgabe warnte der Brixner Furstbischof Simon Aichner in einem Hirtenbrief vor der antireligiosen Tendenz der Zeitschrift und verbot den katholischen Glaubigen die Lekture des Scherer indem er feststellte dass jeder der dieses Blatt liest bezahlt oder wie immer unterstutzt seine Gewissenspflicht arg verletzt 7 In den ersten Jahren des Scherer war neben der katholischen Amtskirche insbesondere den Jesuiten vor allem die osterreichische Burokratie ein Feindbild Bis 1902 tritt der in deutschnationalen Kreisen immer haufiger anzutreffende Antisemitismus weder in den Bild noch in den Textbeitragen zu Tage Diese Zuruckhaltung gegenuber der judischen Gemeinschaft konnte mit der beinahe religiosen Verehrung fur den Tiroler Dichter Adolf Pichler zusammenhangen der den Scherer Leuten als grosses Vorbild galt und der als uberzeugter Deutschnationaler den Antisemitismus ablehnte Zitat Pichler Ich achte sie die Juden Anm als Mitmenschen und trete dafur ein dass das Gesetz der Menschenliebe auch ihnen gegenuber ohne Einschrankung gilt 8 Auch war blinder Nationalismus im Scherer der Fruhphase nicht zu finden Das Deutschtum der Tiroler wurde zwar betont anderen Volkern gegenuber zeigten sich die Scherer Leute aber versohnlich 9 nbsp Antibritische Karikatur zum Burenkrieg im Scherer ein burischer Freiheitskampfer prugelt John Bull die Personifizierung des Aggressors GrossbritannienInsbesondere galten die Sympathien dem antiklerikal liberalen Frankreich der Scherer befurwortete entgegen dem Zeitgeist die deutsch franzosische Aussohnung 10 Von diesem Ansatz ausgenommen blieb Grossbritannien das als imperialistische Macht vor allem aufgrund der grausamen Kriegfuhrung gegen die Burenrepubliken Oranje und Transvaal Ziel von wutenden Kommentaren und bissigen Karikaturen im Scherer war 11 Die ablehnende Haltung gegenuber imperialistischen Bestrebungen war ein Kennzeichen des Scherer So wurde auch die China Politik des wilhelminischen Deutschen Kaiserreiches bei aller Betonung eines gesamtdeutschen Nationalbewusstseins harsch kritisiert und abgelehnt 12 nbsp Das Logo des Scherer Verlages ein stilisierter Tiroler Adler der sich auf einen Scher mundartlich fur Maulwurf sturztNeben der Zeitschrift erschienen im gleichnamigen Scherer Verlag Logo siehe Abbildung rechts die Werke der Mitarbeiter Anton Renk Arthur von Wallpach aber auch Adolf Pichler publizierten im Scherer Verlag ihre Werke Daneben druckte der Scherer Verlag vor allem auch Postkarten die meist politisch weltanschauliche Sujets gemass der Ideologie des Scherer zum Inhalt hatten Die Unterstutzung aus dem liberal burgerlichen Umfeld und der intellektuellen Szene der Jahrhundertwende wird durch die zahlreichen namhaften Sympathiebekundungen deutlich die im Scherer unter der Rubrik Briefkasten veroffentlicht wurden Peter Rosegger Felix Dahn Ludwig Thoma Cosima Wagner und naturlich Adolf Pichler 13 In Osterreich Ungarn und vereinzelt auch im Deutschen Kaiserreich bildeten sich Sympathisantenkreise namens Scherergemeinden 1903 wurde der Scherer Verlag von der Oberosterreichischen Buchdruckerei und Verlagsgesellschaft ubernommen und erschien ab 1 Oktober 1903 in Linz 14 Einzelnachweise Bearbeiten Hoiss Unterweger Ein Lokalaugenschein in Tirol 1900 1950 in Neuhaus Holzner Literatur als Skandal Gottingen 2007 S 313 Andre Banuls Das volkische Blatt Der Scherer in Vierteljahrshefte fur Zeitgeschichte 2 1970 S 199 PDF Der Scherer Ausgabe vom 1 Erntemond 1899 S 12 Hoiss Unterweger Lokalaugenschein S 314 Banuls Scherer S 201 Michael Wedekind Tourismus und Nation Zur Politisierung des Reisens in der spaten Habsburgermonarchie In Hannes Obermair u a Hrsg Regionale Zivilgesellschaft in Bewegung Festschrift fur Hans Heiss Cittadini innanzi tutto Folio Verlag Wien Bozen 2012 ISBN 978 3 85256 618 4 S 68 93 hier S 74 f Innsbrucker Nachrichten 4 Juli 1899 S 1 Adolf Pichler Aus Tagebuchern 1850 1899 S 323 Banuls Scherer S 200 Der Scherer Ausgabe vom 17 Nebelmond 1901 S 14 Der Scherer Ausgabe vom 1 Hornung 1900 Buren Nummer bspw Der Scherer Ausgabe vom 15 Gilbhard 1900 S 16 Banuls Scherer S 201 Banuls Scherer S 198Weblinks BearbeitenDigitalisat bei Austrian Literatur Online Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Der Scherer erstes illustriertes Tiroler Witzblatt amp oldid 222102582