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Der Codex Aesinas Codex Aesinas Latinus 8 Sigle E ist eine Sammelhandschrift aus dem 15 Jahrhundert aus dem ehemaligen Privatbesitz der graflichen Familie Baldeschi Balleani aus dem italienischen Jesi Ancona die 1902 zufallig entdeckt wurde Der besondere Wert der Handschrift liegt in den beinhaltenden zu den kleineren Schriften des romischen Historiographen Tacitus zahlenden Agricola und der Germania Durch die Einbindung von acht Blattern in karolingischer Minuskelschrift im Agricola gilt der Tacitus Teil des Codex in der Forschung gemeinhin als direkte Abschrift des verschollenen Codex Hersfeldensis H der Urschrift Archetyp der Opera minora des Tacitus und die karolingischen Folia als Originale Die Eigentumerfamilie Baldeschi Balleani verkaufte den Codex 1994 an die Biblioteca Nazionale Centrale di Roma Biblioteca Vittorio Emanuele II wo er heute als Codex Vittorio Emanuele 1631 gefuhrt wird Inhaltsverzeichnis 1 Entdeckung und Verbleib 2 Beschreibung und Aufbau 3 Literatur 4 Weblinks 5 AnmerkungenEntdeckung und Verbleib Bearbeiten nbsp Folio 58r des karolingischen Quaternio Agricola c 19 2 21 1 nbsp Folio 69 r Germania c 14 1 16 3 von der Hand GuarnierisDer damalige Conte Aurelio Guglielmi Balleani beauftragte den ortlichen Philologen und Gymnasialprofessor Cesare Annibaldi die Handschriften der graflichen Privatbibliothek zu sichten Die Handschriften hatten in der zweiten Halfte des 15 Jahrhunderts zur Bibliothek des Humanisten Stefano Guarnieri 1425 1493 Kanzler und Diplomat in Perugia gehort die er mit seinem Bruder Francessco zusammengestellt hatte Die Guarnieris waren aus Osimo geburtig nur 15 km von Jesi entfernt und stammten dort aus einer gebildeten vornehmen alten landadeligen Familie 12 Jahrhundert Uber die weibliche Linie der graflichen Familie wurde diese Bibliothek 1793 durch die Heirat der letzten Nachfahrin der Bruder Sperandia Guarnieri mit Gaetano Balleani geerbt und blieb bis 1994 im Besitz der Familie Annibaldi entdeckte in einer der Handschriften Guarnieris die Werke von Tacitus und im Agricolateil einen Quaternio von acht Folien zu 16 Seiten in karolingischer Minuskel des fruhen 9 Jahrhunderts f 56 bis 63 Des Weiteren enthielt die Handschrift eine lateinische Version des sogenannten Dictys Cretensis die nach dem Incipit von einem L Septimius stammte ebenfalls fast zur Ganze in karolingischer Minuskel des 9 Jahrhunderts Da das Schriftbild des Quaternios genau der Beschreibung aus dem Jahr 1455 durch Pier Candido Decembrio des Agricola im Hersfeldensis entsprach 1 schloss Annibaldi darauf hier ein Fragment der verschollenen Urschrift vorliegen zu haben Guarnieri musste das Agricola Faszikel aus dem zerteilten Hersfeldensis erworben haben und hat die fehlenden Teile erganzt und die Germania wahrscheinlich aus H kopiert In der Folge publizierte Annibaldi seinen wissenschaftlich sensationellen Fund 1907 ein Faksimile des Agricola mit Kollationen der Dictys und der Germania und 1910 gab er ein Faksimile der Germania mit einem diplomatisch redigierten Text heraus Die Familie versuchte 1929 den Codex uber Sotheby s in London zu versteigern was aber nicht gelang beziehungsweise dieser wieder aus dem Verkauf genommen wurde In den 1930er Jahren geriet der Codex in den Fokus der NS Ideologen bezogen auf die enthaltene Germania als Urschrift der germanisch deutschen Geschichte und Volkstums Hitler personlich teilte Mussolini 1936 bei dessen Staatsbesuch in Berlin die Bitte mit den Codex dem Deutschen Reich zu ubergeben die Mussolini zunachst positiv beschied Spater anderte Mussolini seine Meinung und verweigerte die Ubergabe auf Grund der breiten Ablehnung in Italien eine Handschrift des eigenen nationalen antiken Erbes ausser Landes zu geben Auf diplomatische Vermittlung und Einwirken Himmlers hin wurde 1939 durch die italienische Regierung Rudolf Till und Paul Lehmann fur die Forschungsgemeinschaft Deutsches Ahnenerbe die Untersuchung des Codex gewahrt Die Ergebnisse wurden 1943 veroffentlicht mit fotografischen Abbildungen die das Istituto di patologia del libro in Rom von den Folien des Agricola und der Germania hergestellt hatte Ein Satz der Fotografien ist nach dem Krieg 1947 an die Widener Library der Harvard University auf Vermittlung der US Botschaft in Italien ubergegangen Im Verlauf des Krieges und durch den Staatsstreich im Juni 1943 gegen Mussolini und durch die alliierte Invasion Italiens beorderte Himmler ein SS Kommando im Herbst des Jahres nach Jesi um den Codex rucksichtslos zu beschlagnahmen Das Kommando unterzog alle drei Palazzi des Grafen rigorosen Razzien blieb aber erfolglos Die antifaschistische Familie die gewarnt wurde hielt sich versteckt und den Aesinas verborgen in einer einfachen Truhe die das Kommando ubersehen hatte In der Nachkriegszeit verwahrten die Eigentumer die Handschrift in der eigenen Florentiner Bank wo sie 1966 durch das Hochwasser des Arno Wasserschaden erlitten hat In den Jahren danach erfolgte eine Restaurierung durch ein spezialisiertes Labor in der Abtei Grottaferrata wo er zudem neugebunden wurde Die Herzog August Bibliothek in Wolfenbuttel trat 1987 an die Familie Baldeschi Balleani heran um den Codex zu erwerben liess letztlich jedoch aufgrund der Beschadigungen vom Kauf ab Im Jahr 1993 war das italienische Ministerium fur Kulturguter am Kauf einer Handschrift aus der Privatbibliothek der Familie interessiert In diesem Kontext untersuchte ein Beamter den Aesinas und eine weitere Handschrift mit Werken von Cicero Der italienische Staat machte fur alle drei ein Angebot sodass der Kauf im Juni 1994 abgeschlossen wurde Die drei Handschriften wurden in den Bestand der Nationalbibliothek in Rom mit einer jeweils neuen Signatur als Vittorio Emanuele 1630 1631 1632 aufgenommen Im Rahmen des 2000 Jubilaums der Varusschlacht 2009 wurde der Aesinas erstmals einem breiten Publikum in der dreigeteilten Ausstellung Imperium Konflikt Mythos im Detmolder Landesmuseum in der Teilausstellung Mythos gezeigt Beschreibung und Aufbau Bearbeiten nbsp Folio 47 r des Dictys Explicit Buch 5 nbsp Folio 52r Incipit Agricola Der Aesinas umfasst 76 Pergamentfolien im Quart Format 27 3 22 0 cm nach Restaurierung und Neubindung 26 4 21 1 cm Die Seiten zeigen den Text in zwei Kolumnen zu je dreissig Zeilen deren Hohen und Breiten zwischen 20 3 und 6 2 cm geringfugig variieren Die Teile aus dem 9 Jahrhundert zeigen in den einleitenden Worten Buchstaben in Kapitalen markant in den Folia der Incipite die in abwechselnden Reihen in Rot Gold und in Grun ausgefuhrt sind Die Incipite sind in Unciale in Rot und Gold gestaltet In Folio 40 v ist am Ende des Textes des ein Baum in roter Tinte gezeichnet Des Weiteren zeigt das allgemeine Schriftbild der karolingischen Teile durchgangig Rubrizierungen auf Die humanistischen Anteile beziehungsweise Hinzufugungen spiegeln bewusst das Aussehen der alteren Teile wider Sie zeigen dazu rubrizierte Titel und abwechselnd rote und schwarze rubrizierte Kapitale in den einleitenden Worten Die Herkunft der humanistischen Teile aus der Hand Stefano Guarnieris konnte Annibaldi durch Vergleiche mit dessen ubrigen uberlieferten Schriften feststellen Guarnieri hat den Codex vermutlich in den 1460er Jahren zusammengestellt 2 Die Tacitusteile hat er wahrscheinlich direkt oder indirekt aus dem Hersfeldensis abgeschrieben Bei der Kopierung versuchte er seine Schrift der karolingischen Minuskel anzugleichen Der Codex ist folgend aufgebaut Folio 1 bis 51 enthalt den Dictys Cretensis Die Folia 2v bis 4 9 und 10 und 51 aus der Hand Guarnieris Folia 5 bis 8 und 11 50 aus karolingischer HerkunftFolio 52 bis 65 folgt der Agricola f 52 bis 55 und 64 65 aus der Hand Guarnieris Folio 56 bis 63 der karolingische Quaternio mit Glossen und Corrigenda eines zeitnahen Korrektors aus der ersten Halfte des 9 Jahrhunderts Sie enthalten den Text ab Kapitel 14 1 munia bis 40 2 missum Diese Folia datiert Bernhard Bischoff um die Mitte des 9 Jahrhunderts des Weiteren vermutet er eine westfrankische Herkunft aus der Loire Region Folio 66 bis 75 die Germania die vollstandig durch Guarnieri geschrieben wurde Des Weiteren sind Palimpsest Folia enthalten die Guarnieri zunachst abgeschrieben hatte dann jedoch rasierte um diese neu zu uberschreiben unter anderen auch karolingische Folia deren Spuren jedoch erkennbar blieben Die Palimpseste sind folgende Partien Dictys Cretensis Folio 1 enthielt den Prolog und I 1 2 transmissum Folio 2 enthielt Dictys I 22 cunctis II 2 secundo Folio 2v durch Guarnieri mit dem Prolog des Dictys uberschrieben Agricola Folia 69 und 76 enthielten Agricola c 40 2 bis 46 4 Germania Folio 69 durch Guarnieri uberschrieben mit Germ c 14 1 bis 19 1 Folio 76 karolingisch unbeschriebenes Doppelblatt weitere Verwendung als DeckblattLiteratur BearbeitenAusgabenCesare Annibaldi Hrsg L Agricola e la Germania di Cornelio Tacito nel MS latino n 8 della biblioteca del Conte G Balleani in Iesi Citta di Castello 1907 La Germania di Cornelio Tacito nel ms Latino n 8 della biblioteca del conte G Balleani in Jesi Edizione diplomatica Critica a cura di Cesare Annibaldi Leipzig 1910 Rudolf Till Handschriftliche Untersuchungen zu Tacitus Agricola und Germania mit einer Photokopie des Codex Aesinas Berlin Dahlem 1943 archive org ForschungsliteraturBernhard Bischoff Das benediktinische Monchtum und die Uberlieferung der klassischen Literatur In Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktiner Ordens 92 1981 S 165 190 hier S 181 Dictys Cretensis Ephemeridos belli Troiani libri Herausgegeben von Werner Eisenhut Teubner Stuttgart 1994 ISBN 3 8154 1301 X Bibliotheca scriptorum Graecorum et Romanorum Teubneriana Nachdruck der 2 Auflage von 1973 Heinz Heubner Die Uberlieferung der Germania des Tacitus In Herbert Jankuhn Dieter Timpe Hrsg Beitrage zum Verstandnis der Germania des Tacitus Bericht uber die Kolloquien der Kommission fur die Altertumskunde Nord und Mitteleuropas im Jahr 1986 Teil 1 Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 1989 ISBN 3 525 82459 9 S 16 26 Sven Lundstrom Rezension W Eisenhut 1973 In Gnomon 47 1975 S 802 804 Giuseppina Magnaldi Svetonio Tacito e il codice Hersfeldense In Prometheus 23 2 1997 S 118 144 Heft 3 S 229 246 C W Mendell Manuscripts of Tacitus Minor Works In Memoirs of the American Academy in Rome 19 1949 S 133 135 145 Harald Merklin Dialogus Probleme in der neueren Forschung In Wolfgang Haase et al Hrsg Aufstieg und Niedergang der romischen Welt II Prinzipat Band 33 3 Walter de Gruyter Berlin New York 1991 ISBN 3 11 012541 2 S 2255 2283 kostenpflichtig bei de Gruyter Online Charles E Murgia Review Article The Minor Works of Tacitus A Study in Textual Criticism Cornelii Taciti Opera minora by M Winterbottom R M Ogilvie In Classical Philology 72 1977 S 323 343 Charles E Murgia R H Rodgers A Tale of Two Manuscripts In Classical Philology 79 1984 S 145 153 Francesca Niutta Sul codice Esinate di Tacito ora Vitt Em 1631 della Biblioteca Nazionale di Roma In Quaderni di storia 43 22 1996 S 173 202 Egert Pohlmann Codex Hersfeldensis und Codex Aesinas zu Tacitus Agricola In Georg Heldmann Hrsg Gegenwartige Vergangenheit Ausgewahlte Kleine Schriften Walter de Gruyter Berlin New York 2008 S 153 160 kostenpflichtig bei de Gruyter Online Rodney P Robinson Hrsg The Germania of Tacitus A critical Edition Philological Monographs published by the American Philological Association 5 Middletown Connecticut 1935 Franz Romer Kritischer Problem und Forschungsbericht zur Uberlieferung der taciteischen Schriften In Wolfgang Haase et al Hrsg Aufstieg und Niedergang der romischen Welt II Prinzipat Band 33 3 de Gruyter Berlin New York 1991 ISBN 3 11 012541 2 S 2299 2339 David Schaps The Found and Lost Manuscripts of Tacitus Agricola In Classical Philology 74 1 1979 S 28 42 Rudolf Till Hrsg Tacitus Das Leben des Iulius Agricola Berlin 1976 Michael Winterbottom The Manuscript Tradition of Tacitus Germania In Classical Philology 70 1975 S 1 7 Michael Winterbottom R M Ogilvie Cornelius Tacitus Opera minora recognoverunt brevique adnotatione critica instruxerunt Scriptorum classicorum Bibliotheca Oxoniensis Oxford 1975 Weblinks BearbeitenBeschreibung beim Handschriften Census der Bibliotheken Italiens Manus Online Photografien des Manus Incipit Germania Repro in Farbe bei Arachne de abgerufen am 10 November 2016 Fotosatz des Aesinas der Widener Library in HarvardAnmerkungen Bearbeiten Milano Bibl Ambros R 88 sup fol 112 Est alius liber eiusdem de vita Julii agricole soceri sui In quo continetur descriptio Britanie Insule nec non populorum mores et ritus Incipit Clarorum virorum Opus foliorum decem et quattuor in columnellis Finit Nam multos veluti inglorios Nach Remigio Sabbadini Il ms Hersfeldese delle opere minori di Tacito In Rivista di filologia e di istruzione classica 29 1901 S 262 264 hier 262 Spatestens 1474 fruhestens nach 1455 bezogen auf die Beschreibung Decembrios der H zuletzt unzerteilt gesehen hat Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Codex Aesinas amp oldid 235491537