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Das Klaviziterium oder Clavicytherium auch Claviciterium Klavizitherium oder Klavicitherium ist ein besaitetes Tasteninstrument bei dem die Tonerzeugung durch Anreissen der Saiten mittels Kielen wie beim Cembalo geschieht Beim Clavicytherium steht der Korpus jedoch aufrecht und die Saiten verlaufen senkrecht also vertikal zu den Tasten wodurch es platzsparend an einer Wand platziert werden kann Clavicytherium oben rechts In Michael Praetorius Syntagma musicum 1615 1619 Der Name Clavicytherium setzt sich zusammen aus den lateinischen Wortern clavis fur Taste und cytherium was man gemeinhin von der antiken griechischen Kithara ableitet demnach wurde eine wortliche Ubersetzung ins Deutsche lauten Tasten Kithara oder Tasten Zither Der Wortteil cytherium lasst sich allerdings auch von dem lateinischen Adjektiv cythereus oder cythereius ableiten Das bedeutet der Venus heilig weil sich auf der Insel Kythera heute Kythira ein bedeutendes Heiligtum dieser Gottin befand 1 2 Demnach ware das Clavicytherium ein der Venus geweihtes Tasteninstrument Schon 1388 in einem Brief Johanns I von Aragon an Philipp den Kuhnen von Burgund wird ein Instrument erwahnt das einer Orgel ahnelt aber das mit Saiten klingt semblant dorguens que sona ab cordes 3 dieses Instrument konnte ein Clavicytherium gewesen sein Das wurde bedeuten dass es alter als das Cembalo ist Der Name Clavicytherium erscheint zum ersten Mal 1511 in Sebastian Virdungs Musica getutscht 4 Clavicytherien waren anscheinend eher selten wurden aber bis zum 18 Jahrhundert gebaut spater auch mit Hammerklaviermechanik Erhaltene Instrumente ohne Anspruch auf Vollstandigkeit Das fruheste erhaltene Clavicytherium ist ein kleines anonymes Instrument von ca 1470 1480 vermutlich aus Ulm es befindet sich heute im Royal College of Music in London und ist das alteste erhaltene Kielinstrument uberhaupt 5 Es hat als Besonderheit nur einen halben Resonanzboden andere Instrumente mit diesem Detail gibt es in Oslo Norsk Folkmuseum Anonymus und in Stockholm Musikmuseet Henning Hake 1657 6 Im oberen Bereich schwingen die Saiten frei wie bei einer Harfe Das Instrument hat nur ein ungedampftes Register d h der Klang kann nach dem Anzupfen der Saite ungehindert ausschwingen mit einem atherischen Effekt der an ein Psalterium erinnert 7 Ein anonymes Clavicytherium typisch suddeutscher Provenienz von ca 1620 im Germanischen Nationalmuseum Nurnberg Dies ist ein aussergewohnliches und klanglich farbiges Instrument mit drei 8 Registern bei nur zwei 8 Saitenbezugen und einer 4 Oktave Einer der beiden 8 Bezuge kann von zwei verschiedenen Registern an verschiedenen Stellen angezupft werden und produziert daher zwei verschiedene Klangqualitaten Ein dunkles virginalartiges Register und ein Nasalregister der dritte 8 liegt dazwischen und hat einen normalen silbrigen Cembaloklang Auch der 4 ist ein Nasalregister Mindestens eines der Register hat ausserdem Messingplektren und geteilte Register wie beispielsweise bei spanischen Orgeln d h es konnen im Bass und im Diskant verschiedene Klange gewahlt werden 8 Ein anonymes italienisches Clavicytherium des 17 Jahrhunderts hat ein viereckiges Gehause mit bemalten Flugelturen wie eine Orgel und ein Bild von Konig David im Inneren der das eigentliche Instrument scheinbar wie eine Harfe spielt New York Metropolitan Museum of Art 9 Ein prunkvolles Pyramiden Clavicytherium von Martin Kaiser aus der 2 Halfte des 17 Jahrhunderts heute im Kunsthistorischen Museum Wien stammt aus dem Besitz Kaiser Leopolds I Es ist verziert mit Schildpatt Elfenbein und vergoldeter Bronze Dieses Instrument hat nicht die typische unregelmassige Cembalo oder Harfenform bedingt durch die langen Bass Saiten links und die kurzen Diskant Saiten rechts sondern eine symmetrische Form mit konkav geschwungenen Seitenwanden rechts und links Die langen Basssaiten stehen also alle in der Mitte die kurzen Saiten links und rechts Es ist eine ausgeklugelte Mechanik notwendig damit diese ungewohnliche Saitenanordnung von den Tasten aus bespielt werden kann Ein anderes Pyramiden Clavicytherium von einem italienischen Cembalobauer 17 Jahrhundert ist erhalten in Rom im Museo Nazionale degli Strumenti musicali 10 Drei Clavicytherien sind erhalten von dem sud niederlandischen Cembalobauer Albert Delin eines von 1751 im Musee Instrumental Brussel die anderen beiden im Staatlichen Institut fur Musikforschung Berlin 1752 und im Gemeentemuseum Den Haag ca 1760 11 Delins Instrumente haben eine Disposition von zwei 8 Registern mit Lautenzug 12 Aus der zweiten Halfte des 18 Jahrhunderts sind drei Clavicytherien aus Irland erhalten eines davon zugleich ein Claviorganum von Woffington Privatsammlung Japan die anderen beiden in Pyramidenform Ferdinand Weber 1764 und Henry Rother 1774 13 Das erste Clavicytherium mit Pianoforte Mechanik stammt von dem Sizilianer Domenico del Mela 1739 es befindet sich im Museo degli Strumenti musicaliin Florenz 14 Von Christian Ernst Friederici sind drei Pyramiden Pianos erhalten eines davon 1745 im Musee Instrumental Brussel 15 Im 19 Jahrhundert wurden gelegentlich Pianos in Form eines Clavicytheriums gebaut diese Instrumente wurden jedoch normalerweise anders benannt Ein Pyramiden Piano von Conrad Graf von ca 1829 Gemeentemuseum Den Haag ist ein pomposes Mobelstuck im agyptisch angehauchten Empirestil mit Doppeladler und Lyra und mit Skulpturen die Kerzenleuchter halten Es wurde angeblich fur einen reichen ungarischen Geschaftsmann gebaut der etwas Ungewohnliches haben wollte 16 Ahnlich pompos ist ein sogenanntes Giraffen Piano von Corneille Charles Emanuel van der Does ca 1820 in Wirklichkeit ein Empire Clavicytherium in der normalen schragen Form mit Lowen Karyathiden als Beine und einer rein dekorativen Saule an der linken Seite 17 Andrea Sacchi Marc Antonio Pasqualini gekront von Apollo 1641 Der beruhmte Sanger spielt auf einem harfenartigen Clavicytherium ohne Resonanzboden das auch von Mersenne 1636 erwahnt wirdDas Clavizytherium kann als Vorlaufer der aufrecht stehenden Klaviere Pianinos betrachtet werden Das historische Clavizytherium erlebte in den 1950er Jahren eine Renaissance als J C Neupert Bamberg ein so bezeichnetes Cembalino in Kleinklavier Form mit einklappbarer Klaviatur und senkrechtem Bezug in Serie fertigte Inhaltsverzeichnis 1 Literatur 2 CD Einspielungen 3 Weblinks 4 EinzelnachweiseLiteratur BearbeitenEdward L Kottick A History of the Harpsichord Indiana University Press Bloomington Indiana 2003 englisch Edward L Kottick George Lucktenberg Early Keyboard Instruments in European Museums Indiana University Press Bloomington Indianapolis 1997 englisch Langenscheidts Grosses Schulworterbuch Lateinisch Deutsch bearbeitet von Dr Erich Pertsch Erweiterte Neuausgabe 1983 Langenscheidt Berlin et al 1971 1977 1983 John Henry van der Meer Cembalo Klavizitherium Spinett Virginal In Ludwig Finscher Hrsg Die Musik in Geschichte und Gegenwart Zweite Ausgabe Sachteil Band 2 Bolero Encyclopedie Barenreiter Metzler Kassel u a 1995 ISBN 3 7618 1103 9 Sp 487 528 Online Ausgabe fur Vollzugriff Abonnement erforderlich Konrad Nagel Klavizitherium selbst gebaut Merseburger Kassel 1987 ISBN 3 87537 229 8 CD Einspielungen BearbeitenAll Lust und Freud The Clavicytherium of the Germanisches Nationalmuseum Nuremberg South German Keyboard Music around 1600 Bernhard Klapprott anonym Deutschland ca 1620 Label AEOLUS CD Einspielung 2019Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Klaviziterium Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Das alteste erhaltene Clavicytherium ca 1470 1480 wahrscheinlich deutsch in der Kollektion des Royal College of Music Museum Clavicytherium suddeutsch ca 1620 im Germanischen Nationalmuseum Nurnberg gesehen am 1 August 2017 Clavicytherium italienisch fruhes 17 Jhdt im Metropolitan Museum of Arts New York gesehen am 1 August 2017 Pyramiden Clavicytherium Martin Kaiser Dusseldorf Ende 17 Jhdt in der Musiksammlung des Kunsthistorischen Museums Wien gesehen am 1 August 2017 Pyramiden Clavicytherium vermutl deutsch 18 Jhdt im Metropolitan Museum of Arts New York gesehen am 1 August 2017 Einzelnachweise Bearbeiten Langenscheidts Grosses Schulworterbuch Lateinisch Deutsch bearbeitet von Dr Erich Pertsch Erweiterte Neuausgabe 1983 Langenscheidt Berlin et al 1971 1977 1983 S 303 genaugenommen war es ein Heiligtum der griechischen Gottin Aphrodite die aber der romischen Gottin Venus entspricht Edward L Kottick A History of the Harpsichord Indiana University Press Bloomington Indiana 2003 S 10 Edward L Kottick A History of the Harpsichord Indiana University Press Bloomington Indiana 2003 S 476 Fussnote 6 Edward L Kottick A History of the Harpsichord Indiana University Press Bloomington Indiana 2003 S 22 23 Edward L Kottick A History of the Harpsichord Indiana University Press Bloomington Indiana 2003 S 24 Edward L Kottick George Lucktenberg Early Keyboard Instruments in European Museums Indiana University Press Bloomington Indianapolis 1997 S 233f Edward L Kottick A History of the Harpsichord Indiana University Press Bloomington Indiana 2003 S 187 188 Edward L Kottick A History of the Harpsichord Indiana University Press Bloomington Indiana 2003 S 134 Edward L Kottick George Lucktenberg Early Keyboard Instruments in European Museums Indiana University Press Bloomington Indianapolis 1997 S 13 Wien und S 156 157 Rom Edward L Kottick George Lucktenberg Early Keyboard Instruments in European Museums Indiana University Press Bloomington Indianapolis 1997 S 33 Brussel S 76 Berlin S 162f Den Haag Edward L Kottick A History of the Harpsichord Indiana University Press Bloomington Indiana 2003 S 290 und 294 295 Webers Instrument in Privatbesitz in Dublin das Rothersche im National Museum in Dublin Siehe Edward L Kottick George Lucktenberg Early Keyboard Instruments in European Museums Indiana University Press Bloomington Indianapolis 1997 S 381f Edward L Kottick George Lucktenberg Early Keyboard Instruments in European Museums Indiana University Press Bloomington Indianapolis 1997 S 146 Edward L Kottick George Lucktenberg Early Keyboard Instruments in European Museums Indiana University Press Bloomington Indianapolis 1997 S 34 35 Edward L Kottick George Lucktenberg Early Keyboard Instruments in European Museums Indiana University Press Bloomington Indianapolis 1997 S 167 In London Victoria and Albert Museum Siehe Edward L Kottick George Lucktenberg Early Keyboard Instruments in European Museums Indiana University Press Bloomington Indianapolis 1997 S 248 250 Normdaten Sachbegriff GND 4196464 0 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Klaviziterium amp oldid 221103724