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Das Cauchy sche Fundamentaltheorem nach Augustin Louis Cauchy besagt dass der Spannungsvektor T n ein Vektor mit der Dimension Kraft pro Flache eine lineare Abbildung der Einheitsnormale n der Flache ist auf der die Kraft wirkt siehe Abb 1 Die lineare Abbildung leistet nach Cauchy ein Spannungstensor der nur vom Spannungszustand und nicht von der Orientierung n der Schnittflache abhangt Cauchy begrundete das Fundamentaltheorem mit dem im Folgenden skizzierten Tetraederargument das sich auf dem Schnittprinzip dem zweiten Newton schen Gesetz und dem Cauchy schen Postulat 1 grundet wonach der Spannungsvektor nur von der Normale und nicht etwa auch von der Krummung der Flache abhangt Abb 1 Der Spannungsvektor T n an einer Schnittflache dA ist eine lineare Funktion des Normalenvektors nMit diesem fur die Kontinuumsmechanik zentralen Theorem fuhrte Cauchy das wichtigste Hilfsmittel der Kontinuumsmechanik die Tensorrechnung ein Vier fundamentale physikalische Gesetze die Impuls Drehimpuls und Energiebilanz sowie der zweite Hauptsatz der Thermodynamik in Form der Clausius Duhem Ungleichung werden in der Kontinuumsmechanik in ihrer am materiellen Punkt gultigen Gestalt mit Hilfe des Spannungstensors formuliert Inhaltsverzeichnis 1 Einfuhrung 2 Der Tetraeder 3 Das Spannungsprinzip von Euler Cauchy 4 Das zweite Newton sche Gesetz 5 Der Cauchy sche Spannungstensor 6 Das Tetraederargument 7 Siehe auch 8 Fussnoten 9 LiteraturEinfuhrung BearbeitenBetrachtet wird ein Zylinder an dem zwei entgegen gesetzte gleich grosse Krafte F auf den Stirnflachen ziehen 1 in Abb 2 sodass mechanisches Gleichgewicht herrscht nbsp Abb 2 Zylinder grau unter ausserer Belastung 1 mit Schnittebenen 2 und Schnittspannungen 3 rot die sich aufteilen in Schubspannungen 4 grun und Normalspannungen 5 gelb Die Krafte 1 sollen die Resultierende eines auf der ganzen Flache gleichmassig wirkenden Spannungsvektors sein Der Zylinder kann nun gedanklich an Schnittflachen 2 zerteilt werden Weil dies nur gedanklich ausgefuhrt wird bleibt jedes Teilstuck im Gleichgewicht weswegen an jeder Schnittflache wieder gleichmassig verteilte Spannungsvektoren 3 mit immer gleich grosser resultierender Schnittkraft 1 wirken Hier ist nun dreierlei festzustellen Durch schrage Schnitte vergrossert sich die Schnittflache womit sich die Lange der Betrag der flachenbezogenen Spannungsvektoren 3 verringert Die Spannungsvektoren 3 mussen nicht in Richtung der Normale auf den Schnittflachen liegen sondern teilen sich auf in Normalspannungen 5 in Normalenrichtung und Schubspannungen 4 in der Schnittflache senkrecht zur Normalen Die Schnittspannungen 4 und 5 sind von der Ausrichtung der Normale der Schnittflache abhangig nbsp Abb 3 Vier flachenverteilte Krafte Pfeile am infinitesimal kleinen Tetraeder grau mussen sich jederzeit und uberall gegenseitig aufheben Durch geeignet gelegte Schnitte kann gedanklich aus dem Zylinder ein Tetraeder wie in Abb 3 herausgetrennt werden Auch dieser Teilkorper befindet sich wie der ganze Zylinder im Gleichgewicht weswegen sich die Schnittkrafte rote Pfeile auf allen vier Flachen in Summe aufheben Rein geometrisch erweist sich dass die Normalenvektoren auf den Seitenflachen sich ebenfalls zu null summieren wenn sie mit dem Inhalt ihrer Dreiecksseite multipliziert werden Beide Bedingungen Nullsumme der Spannungsvektoren und der Normalenvektoren die jeweils mit dem Flacheninhalt gewichtet werden lassen sich nur dann bei beliebig gestalteten Tetraedern erfullen wenn die Spannungs und Normalenvektoren linear und unbeeinflusst vom gewahlten Bezugssystem voneinander abhangen Bezugssysteminvariante lineare Abbildungen leisten Tensoren Das Cauchy sche Fundamentaltheorem fasst diese Aussagen in einer Formel zusammen 2 t s n n s displaystyle vec t boldsymbol sigma top cdot hat n hat n cdot boldsymbol sigma nbsp Darin ist t displaystyle vec t nbsp der Spannungsvektor T n in Abb 1 3 in Abb 2 s displaystyle boldsymbol sigma nbsp der Spannungstensor und s displaystyle boldsymbol sigma top nbsp sein transponierter n displaystyle hat n nbsp der Normaleneinheitsvektor n in Abb 1 und das Skalarprodukt Das Tetraederargument gilt nicht nur im Gleichgewicht bei homogenem Spannungszustand sondern jederzeit und uberall in jedem Korper was im Folgenden detaillierter ausgefuhrt wird Der Tetraeder Bearbeiten nbsp An einem Tetraeder grau greifen Schnittspannungsvektoren rot anCauchy s Tetraederargument fur die Einfuhrung des Spannungstensors kann an einem aus einem Korper herausgeschnittenen Tetraeder eingesehen werden siehe Abbildung rechts Drei der Flachen des Tetraeders seien parallel zu einer beliebigen Orthonormalbasis ausgerichtet und im Schnittpunkt dieser drei Flachen liege der Ursprung o im Bild eines kartesischen Koordinatensystems mit x y und z Richtungen Die Kanten des Tetraeders haben vom Ursprung aus gesehen die Langen a b und c in negativer x y bzw z Richtung So besitzen die Flachen die Flachenelemente Flacheninhalt mal Normale a x b c 2 e x a y a c 2 e y a z a b 2 e z displaystyle vec a x frac bc 2 vec e x quad vec a y frac ac 2 vec e y quad vec a z frac ab 2 vec e z nbsp Das Flachenelement der vierten schragen Flache berechnet sich mit dem Kreuzprodukt a g a g n g 1 2 a b 0 0 b c 1 2 b c a c a b a x a y a z displaystyle vec a g vec a g vec n g frac 1 2 begin pmatrix a b 0 end pmatrix times begin pmatrix 0 b c end pmatrix frac 1 2 begin pmatrix bc ac ab end pmatrix vec a x vec a y vec a z nbsp Darin ist displaystyle cdot nbsp die Frobeniusnorm eines Vektors und n g displaystyle vec n g nbsp der Normalenvektor der Flache Die Flachenelemente summieren sich zum Nullvektor Das Spannungsprinzip von Euler Cauchy BearbeitenNach dem Spannungsprinzip von Euler Cauchy existiert auf den Schnittflachen ein Feld von Spannungsvektoren das die Wirkung des dort weggeschnittenen Teils des Korpers ersetzt siehe Schnittprinzip Die Spannungsvektoren haben die Gestalt t i j 1 3 t i e j e j j 1 3 s i j e j i 1 2 3 displaystyle vec t i sum j 1 3 vec t i cdot hat e j hat e j sum j 1 3 sigma ij hat e j quad i 1 2 3 nbsp wenn wie ublich die x y und z Koordinaten mit 1 2 und 3 durchnummeriert werden Der erste Index i bezieht sich also auf die Flachennormale und der zweite j auf die Komponente des Spannungsvektors Bei hinreichend infinitesimal kleinem Tetraeder konnen diese Spannungsvektoren als konstant uber die Flachen angenommen werden Dem Cauchy schen Postulat 1 zufolge hangen diese Spannungsvektoren ausschliesslich von den Normalenvektoren n displaystyle hat n nbsp im betreffenden Punkt der Flache ab und nicht z B von deren Krummung Eine Konsequenz hiervon ist das Cauchy sche Fundamentallemma nach dem auf verschiedenen Seiten derselben Flache wirkende Spannungsvektoren entgegengesetzt gleich gross sind t n t n displaystyle vec t hat n vec t hat n nbsp Dieses Lemma entspricht Newton s Prinzip von Actio und Reactio Das zweite Newton sche Gesetz BearbeitenDas zweite Newton sche Gesetz besagt dass die am Tetraeder von aussen angreifenden Krafte neben volumenverteilten Kraften diese mit der Flache multiplizieren Spannungsvektoren den Tetraeder beschleunigen Wenn die Kantenlangen des Tetraeders die Grossenordnung L haben dann sind die Flachen und die mit der Flache multiplizieren Spannungsvektoren von der Grossenordnung L2 und das Volumen des Tetraeders hat die Grossenordnung L3 Bei infinitesimal kleinen Kantenlangen mit L 0 konnen die dem Volumen und damit der Masse proportionalen Grossen Gewichtskraft Impulsanderung oder Tragheitskraft gegenuber den Oberflachenkraften vernachlassigt werden Also muss am infinitesimal kleinen Tetraeder in allen Raumrichtungen die Summe der Oberflachenkrafte verschwinden Anders ausgedruckt mussen die Oberflachenkrafte am Tetraeder jederzeit und uberall im Gleichgewicht sein Der Cauchy sche Spannungstensor BearbeitenSummation der in x y und z Richtung an den Tetraeder angreifenden Oberflachenkrafte liefert b c 2 t x a c 2 t y a b 2 t z b c 2 s x x s x y s x z a c 2 s y x s y y s y z a b 2 s z x s z y s z z s x x s y x s z x s x y s y y s z y s x z s y z s z z s 1 2 b c a c a b a g s a g a g s n g displaystyle begin aligned frac bc 2 vec t x frac ac 2 vec t y frac ab 2 vec t z amp frac bc 2 begin pmatrix sigma xx sigma xy sigma xz end pmatrix frac ac 2 begin pmatrix sigma yx sigma yy sigma yz end pmatrix frac ab 2 begin pmatrix sigma zx sigma zy sigma zz end pmatrix amp underbrace begin pmatrix sigma xx amp sigma yx amp sigma zx sigma xy amp sigma yy amp sigma zy sigma xz amp sigma yz amp sigma zz end pmatrix boldsymbol sigma top underbrace frac 1 2 begin pmatrix bc ac ab end pmatrix vec a g amp boldsymbol sigma top cdot vec a g vec a g boldsymbol sigma top cdot vec n g end aligned nbsp Hier manifestiert sich der Cauchy sche Spannungstensor s s x x s x y s x z s y x s y y s y z s z x s z y s z z t x t y t z i 1 3 e i t i displaystyle boldsymbol sigma begin pmatrix sigma xx amp sigma xy amp sigma xz sigma yx amp sigma yy amp sigma yz sigma zx amp sigma zy amp sigma zz end pmatrix begin pmatrix vec t x amp vec t y amp vec t z end pmatrix top sum i 1 3 vec e i otimes vec t i nbsp in dem die Spannungsvektoren in x y und z Richtung zeilenweise eingetragen sind 2 Das Rechenzeichen displaystyle otimes nbsp bildet das dyadische Produkt von zwei Vektoren Zwar ist der Cauchy sche Spannungstensor symmetrisch aber das ergibt sich erst aus dem Drallsatz der hier nicht in die Betrachtung einfliesst Das Tetraederargument BearbeitenNach dem zweiten Newton schen Gesetz muss wie oben dargelegt die Summe aller Krafte in jeder Raumrichtung verschwinden b c 2 t x a c 2 t y a b 2 t z a g t g a g s n g t g 0 s n g t g displaystyle begin aligned frac bc 2 vec t x frac ac 2 vec t y frac ab 2 vec t z vec a g vec t g vec a g boldsymbol sigma top cdot vec n g vec t g vec 0 rightarrow boldsymbol sigma top cdot vec n g vec t g end aligned nbsp Wenn also s n g t g displaystyle boldsymbol sigma top cdot vec n g vec t g nbsp gilt dann sind die Krafte im Gleichgewicht Nun ist auch umgekehrt 0 s 0 s a x a y a z a g s a x s a y s a z s a g b c 2 s e x a c 2 s e y a b 2 s e z a g s n g displaystyle begin aligned vec 0 amp boldsymbol sigma top cdot vec 0 boldsymbol sigma top cdot vec a x vec a y vec a z vec a g amp boldsymbol sigma top cdot vec a x boldsymbol sigma top cdot vec a y boldsymbol sigma top cdot vec a z boldsymbol sigma top cdot vec a g amp frac bc 2 boldsymbol sigma top cdot hat e x frac ac 2 boldsymbol sigma top cdot hat e y frac ab 2 boldsymbol sigma top cdot hat e z vec a g boldsymbol sigma top cdot hat n g end aligned nbsp Es gilt also auch die Umkehrung Wenn die Spannungsvektoren die vom Spannungstensor transformierten Normalenvektoren sind dann herrscht am infinitesimal kleinen Tetraeder Gleichgewicht Weil die Ausrichtung des Tetraeders und die Schrage seiner vierten Flache beliebig gewahlt werden konnen folgt das Cauchy sche Fundamentaltheorem t s n displaystyle vec t boldsymbol sigma top cdot vec n nbsp oder gleichbedeutend t n s displaystyle vec t vec n cdot boldsymbol sigma nbsp Siehe auch BearbeitenFormelsammlung TensoralgebraFussnoten Bearbeiten a b Haupt 2000 nennt das Postulat Cauchy sches Spannungsprinzip a b Manchmal wie in Haupt 2000 wird die transponierte Beziehung t s n s s displaystyle vec t boldsymbol sigma cdot hat n quad rightarrow quad boldsymbol sigma boldsymbol sigma top nbsp benutzt Dann stimmen die Indizes der Komponenten der Spannungsvektoren an dieser Stelle nicht mit denen der Spannungskomponenten im Cauchy schen Spannungstensor uberein Weil der Cauchy sche Spannungstensor aufgrund der Drehimpulsbilanz symmetrisch ist hat diese Diskrepanz aber keine Auswirkungen Literatur BearbeitenH Altenbach Kontinuumsmechanik Springer 2012 ISBN 978 3 642 24118 5 P Haupt Continuum Mechanics and Theory of Materials Springer 2000 ISBN 3 540 66114 X W H Muller Streifzuge durch die Kontinuumstheorie Springer 2011 ISBN 978 3 642 19869 4 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Cauchysches Fundamentaltheorem amp oldid 226872656