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Bruno de Finetti 13 Juni 1906 in Innsbruck 20 Juli 1985 in Rom war ein italienischer Mathematiker Seine wichtigsten Resultate sind in der Statistik und Wahrscheinlichkeitstheorie anzusiedeln Insbesondere baute er den subjektiven Wahrscheinlichkeitsbegriff aus Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Werk 2 1 Vertauschbarkeit 2 2 Weiteres 2 3 Satz von de Finetti 2 3 1 Beweis 2 4 Anwendung 3 Veroffentlichungen Auswahl 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseLeben BearbeitenDe Finetti kam als Bruno Johannes Leonhard Maria von Finetti zur Welt 1 Sein Grossvater Giovanni Ritter von Finetti war ein Bauunternehmer aus Triest das in dieser Zeit zu Osterreich gehorte und am Bau der Arlbergbahn beteiligt Deswegen ubersiedelte die Familie nach Innsbruck De Finettis Vater Gualtiero ubernahm das Unternehmen bis er 1910 einen Ruf als Baudirektor nach Triest bekam Kurz darauf starb der Vater und die Familie zog nach Trient die Heimat der Mutter Bruno de Finetti studierte angewandte Mathematik in Mailand und schloss das Studium 1927 mit einer Arbeit uber affine Vektorraume ab Die Arbeit wurde ausgezeichnet Danach ubernahm er Forschungsaufgaben am neu gegrundeten Istituto Centrale di Statistica in Rom und bekam 1930 die venia legendi In jener Zeit bekam er auch Kontakt mit der italienischen Form des Pragmatismus der ihn insbesondere in seinem Antirealismus stark beeinflusste Dies brachte de Finetti dazu die Annahme zu verwerfen Wahrscheinlichkeiten seien objektiv vorhanden Stattdessen entwickelte er unabhangig von Frank Ramsey die Theorie der subjektiven Wahrscheinlichkeit 1931 ging de Finetti in die Wirtschaft und wurde zum Aktuar der Assicurazioni Generali di Trieste In diesem Rahmen ubernahm er auch Lehrtatigkeiten 1939 erfolgte ein Ruf der Universitat Triest dem de Finetti aber im faschistischen Italien keine Folge leisten konnte da er unverheiratet war Erst 1946 konnte er den Lehrstuhl annehmen In diese Zeit fallen viele seiner 200 Veroffentlichungen die jedoch ausserhalb Italiens lange Zeit unbeachtet blieben 1951 und 1957 jeweils lud ihn Leonard Jimmie Savage ein einflussreicher amerikanischer Statistiker zu einer Gastprofessur nach Chicago ein Dadurch erreichten de Finettis Auffassungen weite Bekanntheit und der nach ihm benannte Satz s u wurde zu einer Hauptstutze der subjektiven Wahrscheinlichkeitstheorie Von 1954 bis 1981 lehrte de Finetti an der Universitat Rom wo er 1985 hoch geehrt verstarb Werk BearbeitenDe Finetti schlug folgendes Gedankenexperiment zur Rechtfertigung der subjektiven Wahrscheinlichkeitsauffassung vor Man muss einen Preis dafur festlegen ob es vor 10 Milliarden Jahren Leben auf dem Mars gab Ist dies der Fall so muss man einen Dollar bezahlen gab es kein Leben so gibt es keinen Zahlungsstrom Die Antwort auf die Frage ob es Leben gab wird erst am kommenden Tag geluftet Wenn bei der Zuweisung der Odds Wettquoten gegen die Regeln der Wahrscheinlichkeitsrechnung verstossen wird hat die Gegenseite einen sicheren Weg dem Buchmacher finanziellen Verlust zuzufugen wie de Finetti zeigt Die Regeln der Wahrscheinlichkeitsrechnung erstrecken sich damit auch auf Situationen unvollstandiger Information wo keine zufalligen Ereignisse eine Rolle spielen Fur de Finetti sind Wahrscheinlichkeiten deswegen Produkt unserer unzureichenden Information Es existiert keine objektive Wahrscheinlichkeit Bruno de Finetti 2 Vertauschbarkeit Bearbeiten De Finetti beschaftigte sich mit in der Reihenfolge vertauschbaren Zufallsvariablen sogenannten austauschbaren Familien von Zufallsvariablen Das sind Zufallsvariablen bei denen die Reihenfolge der Ereignisse keinen Einfluss auf die Gesamtwahrscheinlichkeit hat Die Annahme der Vertauschbarkeit ist starker als dass die Zufallsvariablen identisch verteilt und schwacher als dass sie identisch verteilt und unabhangig sind Weiteres Bearbeiten 1929 fuhrte de Finetti den Begriff der unendlichen Teilbarkeit von Zufallsvariablen ein Er ist eng mit dem des Levy Prozesses verbunden Die De Finetti Diagramme zur einfachen Darstellung des Anteils von Genotypen an einer Population wurden nach ihm benannt Sie sind ein 2 Simplex De Finetti lehnte die s Additivitat von Zufallsvariablen ab weil sie seiner Auffassung nach zu paradoxen Konsequenzen fuhrte Zusammen mit Alfred Renyi versuchte er eine alternative Axiomatisierung der Wahrscheinlichkeitsrechnung zu entwickeln Diese Axiomatisierung fand aber kaum Anklang Satz von de Finetti Bearbeiten Hauptartikel Satz von de Finetti Ausserdem bewies er 1931 den Satz von de Finetti auch Darstellungssatz von de Finetti englisch de Finetti s theorem oder de Finetti s representation theorem der besagt dass alle ins Unendliche fortsetzbaren Folgen einer vertauschbaren Zufallsvariablen als Wichtung einer identisch und unabhangig verteilten Zufallsvariablen dargestellt werden konnen und umgekehrt Nehmen wir einen beliebig fortsetzbaren Prozess an in dem es aus n displaystyle n nbsp Versuchen k displaystyle k nbsp Treffer und n k displaystyle n k nbsp Misserfolge gibt wobei die Wahrscheinlichkeit einer Anzahl von Treffern nicht von ihrer Reihenfolge abhangt fur ein gegebenes k displaystyle k nbsp gibt es aufgrund der Vertauschbarkeit n k displaystyle tbinom n k nbsp Folgen aus den 2 n displaystyle 2 n nbsp insgesamt moglichen Folgen Dann gibt es genau eine Verteilungsfunktion W p displaystyle W p nbsp derart dass P s n k n k 0 1 p k 1 p n k d W p displaystyle P s n k n choose k int 0 1 p k 1 p n k mathrm d W p nbsp oder mit b i n k p n displaystyle bin k p n nbsp als der Dichte der Binomialverteilung geschrieben P s n k 0 1 b i n k p n d W p displaystyle P s n k int 0 1 bin k p n mathrm d W p nbsp Beweis Bearbeiten De Finetti fuhrt eine heuristische Uberlegung an 3 Nehmen wir zunachst einen endlichen Fall mit n displaystyle n nbsp Versuchen wobei es k displaystyle k nbsp Treffer und n k displaystyle n k nbsp Misserfolge gibt Dann kann jedes k displaystyle k nbsp unabhangig von den anderen betrachtet werden Fur ein gegebenes k displaystyle k nbsp sind alle Folgen die dieses k displaystyle k nbsp an Treffern liefern wegen der Vertauschbarkeit gleich wahrscheinlich Es handelt sich um ein Urnenmodell ohne Zurucklegen und demzufolge um eine hypergeometrische Verteilung Demnach muss es genau eine Wichtung w displaystyle w nbsp mit 0 w k 1 displaystyle 0 leq w k leq 1 nbsp und k 0 n w k 1 displaystyle textstyle sum k 0 n w k 1 nbsp geben sodass P s n k k 0 n h y p k n w k displaystyle P s n k sum k 0 n hyp k n w k nbsp Wenn n displaystyle n nbsp gegen unendlich geht geht die hypergeometrische zur Binomialverteilung uber und die Summe wird zum Integral Damit ergibt sich der Satz 4 5 Ein formal korrekter Beweis kann etwa uber das Momentproblem gefuhrt werden Das n displaystyle n nbsp te Moment von W p displaystyle W p nbsp ist gleich der Wahrscheinlichkeit aus n displaystyle n nbsp Versuchen n displaystyle n nbsp Treffer zu erhalten W p displaystyle W p nbsp und die Folge sind dadurch eindeutig bestimmt Anwendung Bearbeiten Erweiterungen des Satzes auf Zufallsvariablen mit mehr als zwei Zustanden und Prozesse bei denen Teilfolgen vertauschbar sind sowie binomiale Naherungsformeln fur nur endlich fortsetzbare Zufallsvariablen existieren Inzwischen wurde gezeigt dass auch endliche und negativ korrelierte Zufallsfolgen gemass de Finetti dargestellt werden konnen wenn als Wichtung ein signiertes Mass aus 1 1 displaystyle 1 1 nbsp gewahlt wird 6 Diese Satze stellen einen Zusammenhang zwischen einerseits der Haufigkeit realer Ereignisse und andererseits subjektiven Wahrscheinlichkeitszuweisungen her wobei es von Bedeutung ist dass der Zusammenhang in beiden Richtungen wirkt Dieser Zusammenhang erlaubt mithilfe des Satzes von Bayes statistisch zu schliessen 7 8 De Finetti und ihm folgend die Anhanger einer bayesschen Wahrscheinlichkeitsauffassung sehen darin eine Rechtfertigung der Induktion 9 Veroffentlichungen Auswahl BearbeitenTeoria della Probabilita Gulio Einaudi Turin 1970 italienisch Theory of Probability A critical introductory treatment Band 1 Wiley Chichester 1974 ISBN 978 0 471 92611 5 ubersetzt aus dem Italienschen durch Antonio Machi und Adrian Smith Theory of Probability A critical introductory treatment Band 2 Wiley Chichester 1975 ISBN 0 471 92612 4 ubersetzt aus dem Italienischen von Antonio Machi und Adrian Smith Wahrscheinlichkeitstheorie Einfuhrende Synthese mit kritischem Anhang Oldenbourg Wien Munchen 1981 ISBN 978 3 486 44701 9 ubersetzt aus dem Italienischen von Dierk Hildebrandt Weblinks BearbeitenWebprasenz zu de Finettis Gedenken De Finetti Diagramme kostenlos online generieren Literatur von und uber Bruno de Finetti im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek John J O Connor Edmund F Robertson Bruno de Finetti In MacTutor History of Mathematics archive Probabilita e induzione Bologna 1993 Einzelnachweise Bearbeiten Biografie de Finettis von seinem Vetter Dr Hans Hochenegg PDF 1 5 MB Bruno de Finetti Wahrscheinlichkeitstheorie Vorwort Oldenbourg Munchen 1981 Bruno de Finetti Wahrscheinlichkeitstheorie Oldenbourg Munchen 1981 S 618 Fussnote 18 Wer einer Reihe von Syllogismen oder kleinen Ubergangchen folgt kann dazu gefuhrt werden widerwillig eine Wahrheit anzuerkennen ohne das warum zu sehen Aber gerade das warum zu sehen ist dagegen meiner Ansicht nach das Wesentliche Bruno de Finetti Wahrscheinlichkeitstheorie Oldenbourg Munchen 1981 S 618 Richard Jeffrey Subjective Probability The Real Thing Cambridge University Press 2004 PDF 605 kB S 87 Jay Kerns Gabor Szekely De Finetti s Theorem for Finite Exchangeable Sequences 2005 Jose M Bernardo The Concept of Exchangeability and its Applications 1996 PDF 87 kB Kerns Szekely a a O viertes Kapitel de Finetti a a O elftes Kapitel Normdaten Person GND 118887610 lobid OGND AKS LCCN n82043203 VIAF 52226638 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Finetti Bruno deALTERNATIVNAMEN Finetti Bruno Ritter vonKURZBESCHREIBUNG italienischer MathematikerGEBURTSDATUM 13 Juni 1906GEBURTSORT Innsbruck OsterreichSTERBEDATUM 20 Juli 1985STERBEORT Rom Italien Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Bruno de Finetti amp oldid 239105257