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Die Pferdekutsche Berline Plural Berlinen ist ein zwei oder viersitziger voll durchgefederter Reisewagen Der Wagentyp erhielt seinen Namen nach der Nahe zu Berlin und aufgrund der Beliebtheit die er in der zweiten Halfte des 17 Jahrhunderts am Brandenburger Hof erlangte Berline des belgischen Konigs Leopold II Inhaltsverzeichnis 1 Erfindung und Verbreitung 2 Konstruktion und Typen 3 Etymologie 4 Weiterverwendung der Bezeichnung 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseErfindung und Verbreitung BearbeitenDer brandenburgische Baumeister Philip de Chiese gilt als Erfinder dieser in der Barockzeit sehr bekannten Pferdekutsche Er hatte dieses Transportmittel fur sich entwickelt um bequemer als mit den bis dahin genutzten Kutschen eine Fahrt im Auftrag seines Landesherrn nach Paris durchfuhren zu konnen Dieser Wagen zog unterwegs aber vor allem in der franzosischen Hauptstadt eine solche Aufmerksamkeit auf sich dass Chiese sofort etliche Auftrage fur einen Nachbau erhielt Er stellte in der Folgezeit eine nicht genannte Zahl der zweispannigen Fahrzeuge her und exportierte diese unter anderem nach Frankreich Holland Polen Russland und Schweden 1 Die Kurfurstin Dorothea benutzte 1671 auch eine solche Kutsche 1683 liess der Grosse Kurfurst uber seinen Pariser Gesandten Ezechiel Spanheim dem franzosischen Sonnenkonig Ludwig XIV ein vergoldetes Exemplar als Geschenk uberreichen 2 einschliesslich zehn Pferden 3 nbsp Berline als Skizze in SeitenansichtDie Erfindung durch de Chiese ist allerdings nicht vollstandig gesichert teilweise wird auch die erstmalige Herstellung in Frankreich behauptet 4 Eine sorgfaltig durchgefuhrte Recherche von Mitarbeitern des Luisenstadtischen Bildungsvereins weist ebenfalls auf die Entwicklung durch de Chiese hin 3 Das Grammatisch kritische Worterbuch der Hochdeutschen Mundart von Johann Christoph Adelung aus dem Jahr 1793 berichtet Philipp de Chiese General Quartiermeister und erster Baumeister des Churfursten Friedrich Wilhelms des Grossen machte sie zuerst in Paris bekannt 5 Konstruktion und Typen BearbeitenBei den Berlinen war der viersitzige Kutschkasten uber und nicht zwischen den sehr hoch gekropften Langbaumen aufgehangt so dass die Vorderrader hoher sein und doch unterlaufen konnten Der Kutschkasten hatte zwei bis auf den Boden reichende Turen und hing in Riemen an holzernen oder stahlernen Federn Das Fahrzeug wurde von zwei nebeneinander angeschirrten Pferden gezogen Um die Mitte des 18 Jahrhunderts kamen die in C Federn hangenden zweisitzigen Halbberlinen auf in denen sich die Fahrgaste gegenubersassen vis a vis Die Viersitzer wurden auch verwendet als Berliner Droschken erster Klasse Gegen Ende des 18 Jahrhunderts waren zunehmend Kutschen mit beweglichem Verdeck beliebt die sogenannten Stadtberlinen 6 Die Berline wurde besonders als Reisewagen und Postkutsche eingesetzt und im Verlauf des 18 und 19 Jahrhunderts zunehmend durch den gleichartig gefederten Landauer verdrangt der den Vorteil eines vollstandig zu offnenden Faltverdecks bot Im Auftrag der Deutschen Post AG besteht die letzte deutsche Postkutschenlinie Bad Kissingen Bad Bocklet bzw dem Schloss Aschach Verwendet wird eine Berline mit Coupe einer Rekonstruktion aus dem Jahre 1967 aus den Hauptwerkstatten fur Kraftpostwagen in Bamberg Etymologie BearbeitenIm Worterbuch der Academie francaise erscheint das Wort berline 1718 fur eine Art Kutsche mit neuartiger Aufhangung weicher gefedert als andere Kutschen 7 Dies ist der alteste franzosische Worterbuchbeleg 8 Im Jahr 1721 wird ausgefuhrt die Kutschen seien vor wenigen Jahren aufgetaucht und von manchen brelingue oder brelinde genannt worden Richtig sei jedoch berline da sie aus Berlin in Deutschland gekommen seien Andere wurden die Erfindung den Italienern zuschreiben 9 Johann Christoph Gottsched schrieb 1748 uber die Verwendung des Begriffs Berline durch die Franzosen Wo man die Sache selbst von einem benachbarten Volke bekommen hat da muss man auch wohl das Wort behalten so wie die Franzosen eine zuruckschlagende Kutsche Berline nennen weil sie in Berlin erfunden worden Johann Christoph Gottsched Grundlegung einer deutschen Sprachkunst 10 In der 1771 erschienenen Abhandlung des franzosischen Kunstschreiners Andre Jacob Roubo uber die Schreinerei heisst es zum Wagenbau Eine zweite Art moderner Wagen nennt man Berlinen nach Berlin der Hauptstadt von Preussen wo sie erfunden wurden Die Berlinen sind nun die haufigsten Wagen und es gibt mehrere Arten davon Die eigentlichen Berlinen oder Berlinen a deux fonts fur vier Personen und die Halbberlinen Vis a vis fur zwei Personen Eine leichtere Art von Berlinen nennt man Carrosse coupe oder Berlingot meist jedoch Diligence Andre Jacob Roubo L art du menuisier carrossier 11 Weiterverwendung der Bezeichnung Bearbeiten nbsp Citroen Traction Avant Im Franzosischen bezeichnet das Wort berline eine FahrzeugbauartIm heutigen Franzosischen bezeichnet das Wort berline im Automobilwesen einen geschlossenen Personenwagen mit jeweils zwei Seitenfenstern wohingegen eine Limousine drei Seitenfenster besitzt und im Bergbau einen Grubenwagen Im Italienischen Spanischen und Portugiesischen ist berlina bzw Berlinetta ital Verkleinerungsform von Berlina ebenfalls die gangige Bezeichnung fur diese Fahrzeugbauart Die vielfaltige Verwendung der Berline in anderen Landern geht hochstwahrscheinlich auf die damals erfolgten Exporte zuruck Literatur BearbeitenWagen In Meyers Konversations Lexikon 4 Auflage Band 16 Verlag des Bibliographischen Instituts Leipzig Wien 1885 1892 S 318 Karl Eduard Vehse Geschichte der deutschen Hofe seit der Reformation 48 Bande Hamburg 1851 bis 1858Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Berline Kutsche Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Die letzte deutsche Postkutsche auf der Website von Bad KissingenEinzelnachweise Bearbeiten Horst Strassburg Gekutscht mit der Berline In BZ am Abend 24 Oktober 1983 Karl Eduard Vehse Geschichte der deutschen Hofe seit der Reformation Band 1 Preussen Hamburg 1851 S 139 Textarchiv Internet Archive a b Jutta Schneider 3 Juni 1671 Erste Ausfahrt mit einer Berline In Berlinische Monatsschrift Luisenstadtischer Bildungsverein Heft 6 1996 ISSN 0944 5560 S 60 61 luise berlin de Kluge Etymologisches Worterbuch Berlin 1999 S 99 mit weiteren Nachweisen Adelung Grammatisch kritisches Worterbuch der Hochdeutschen Mundart Band 1 Leipzig 1793 S 882 883 Wagen In Meyers Konversations Lexikon 4 Auflage Band 16 Verlag des Bibliographischen Instituts Leipzig Wien 1885 1892 S 318 Nouveau Dictionnaire De L Academie Francoise Band 1 A L Paris 1718 S 146 Textarchiv Internet Archive berline Centre National de Ressources Textuelles et Lexikales Dictionnaire universel francois et latin Band 1 Paris 1721 Spalte 993 Textarchiv Internet Archive Johann Christoph Gottsched Grundlegung einer deutschen Sprachkunst 1 Ausgabe Leipzig 1748 S 150 Online 3 Ausg 1752 S 194 4 Ausg 1757 S 203 5 Ausg 1762 S 198 nach der 5 Ausg in Ausgewahlte Werke Berlin New York 1968 1987 Band 8 S 242 Alle diese Ausgaben sind online Andre Jacob Roubo L art du menuisier carrossier L art du menuisier Teil 3 Band 1 Paris 1771 S 459 gallica bnf frNormdaten Sachbegriff GND 7514943 6 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Berline Fuhrwerk amp oldid 223586468