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Die Burgerwasserkunst oder Kaufleutewasserkunst war ein Lubecker Wasserversorgungssystem der fruhen Neuzeit Die Turme der Lubecker Burgerwasserkunst hinten und der Brauerwasserkunst vorne auf dem Huxterdamm im Jahre 1552 dargestellt auf der Lubecker Stadtansicht des Elias Diebel Die Brauerwasserkunst rechts und die Burgerwasserkunst links um 1860Schnittzeichnung der Burgerwasserkunst 1847Die Wasserkunste kurz vor ihrem Abriss 1874 Inhaltsverzeichnis 1 Hintergrund 2 Die Konstruktion 3 Das Leitungsnetz 4 Das Ende der Burgerwasserkunst 5 LiteraturHintergrund BearbeitenMit der Brauerwasserkunst verfugte Lubeck bereits seit dem ausgehenden 13 Jahrhundert uber eine Wasserversorgung die jedoch nur den sudostlichen Teil des Stadtgebiets abdeckte Dieser Zustand missfiel zunehmend den einflussreichen Kaufleuten deren Hauser sich vorwiegend im Zentrum der Stadt und dort bevorzugt auf dem Rucken des Stadthugels in der Umgebung von Rathaus und Marienkirche befanden Da die Brauerwasserkunst technisch nicht in der Lage war diese hochgelegenen Grundstucke zu versorgen schlossen sich 284 der betroffenen Lubecker Burger zusammen und traten in Verhandlungen mit dem Rat um die Erlaubnis zur Errichtung einer weiteren Wasserkunst zu erlangen Im Jahre 1531 kam es zur Einigung mit dem Rat der den Bau einer neuen Anlage auf dem Huxterdamm unmittelbar neben der bestehenden Brauerwasserkunst gestattete Die Bauarbeiten wurden rasch in Angriff genommen und schon 1533 konnte die neue Burgerwasserkunst den Betrieb aufnehmen Die Konstruktion BearbeitenKernstuck der Burgerwasserkunst war ein etwa 20 Meter hoher Wasserturm in Ziegelbauweise der zugleich das erste Lubecker Bauwerk im Stile der Renaissance darstellte In seinem Inneren befand sich in 16 Metern Hohe der Hochbehalter der 14 75 Kubikmeter Wasser fassen konnte und hoch genug lag um mit dem resultierenden Wasserdruck auch die hochstgelegenen Grundstucke des Stadthugels zu versorgen Im Untergeschoss des Turms befanden sich vier Pumpen welche von einem unterschlachtigen Wasserrad angetrieben wurde Das Wasser der Wakenitz gelangte durch ein weit in den Fluss hinausgelegtes Rohr zum Pumpwerk und wurde dann durch zwei Steigleitungen in den Hochbehalter befordert Von dort gelangte es in die Hauptleitung die das Versorgungsnetz speiste Im 18 Jahrhundert erhielt die Burgerwasserkunst ein Mansarddach auf dessen Spitze sich eine Neptunsfigur mit Dreizack in der Hand und Delphin zu den Fussen befand Aus Dreizack und Delphin sprudelte Wasser wenn Uberdruck in den Leitungen herrschte oder eine separate kleine Wasserkunst in Betrieb gesetzt wurde Giovanni Botero erwahnte bereits 1596 das Lubecker System in seiner Weltbeschreibung 1 und Adam Anderson berichtete dass die Wasserwerke der Stadt London nach diesem Lubecker Muster angelegt wurden 2 Das Leitungsnetz BearbeitenDie Hauptleitung des zur Burgerwasserkunst gehorenden Netzes verlief durch die Johannisstrasse und die Mengstrasse Abzweigungen fuhrten unter anderem in die Konigstrasse und die Breite Strasse Das Leitungsnetz deckte das gesamte Stadtzentrum ab reichte nach Westen bis hinunter an die Trave und im Norden bis zum Koberg Die Wasserleitungen waren zumeist ausgebohrte Baumstamme es wurden jedoch in der Hundestrasse auch holzerne Rinnen mit aufgenagelten Deckeln gefunden Die Burgerwasserkunst diente fast ausschliesslich der Speisung von Hausanschlussen mit Steigsaulen und Soden Ausnahmen waren ein offentlicher Brunnensod in der Breiten Strasse und als Besonderheit der Burgerwasserkunst insgesamt vier als Hydranten dienende Saulen in der Konigstrasse der Breiten Strasse und der Mengstrasse an die bei Branden lederne Loschschlauche angeschlossen werden konnten Von den Abnehmern des Wassers wurde eine einheitliche Gebuhr das sogenannte Kunstgeld erhoben Nur drei gewerbliche Kunden zwei Brauer und ein Backer entrichteten wegen ihres hohen Verbrauchs den doppelten Satz Zum Zeitpunkt ihrer Auflosung im Jahr 1867 waren insgesamt 359 Hauser an das 5940 Meter lange Leitungsnetz der Burgerwasserkunst angeschlossen Das Ende der Burgerwasserkunst BearbeitenWie die benachbarte Brauerwasserkunst versah die Burgerwasserkunst ohne Unterbrechung ihren Dienst bis weit in das 19 Jahrhundert Allerdings gab die Wasserversorgung immer haufiger Anlass zur Klage und zu gewichtigen Bedenken Zum einen reichte die Menge des durch die Pumpen geforderten Wassers nicht mehr aus den Bedarf zu decken Die wachsende Wasserknappheit lag auch an den holzernen Leitungen die oftmals faulig und undicht geworden waren Wegen der nachlassenden Menge wurde die Versorgung mit Wasser rationiert Die verschiedenen Bereiche des Netzes wurden nur noch zu bestimmten Zeiten mit Wasser versorgt Der schlechte Zustand der Leitungen trug auch dazu bei dass Strassen verschlammten und Keller uberschwemmten da die Leitungen brachen Bedenken rief ausserdem hervor dass bei sinkender Wassermenge auch der Wasserdruck sank und bei Branden mehr als ein Viertel der zum Einsatz gelangenden Feuerspritzen nicht mehr vorsorgt wurden Zum anderen wurde die Wasserqualitat besorgniserregend Oberhalb des Huxterdamms wurden Unrat und Abfalle in die Wakenitz gekippt aus mehreren Strassen fuhrten Siele Abwasser in den Fluss Das ungefiltert in die Leitungen gepumpte Wasser hatte einen unangenehmen Faulnisgeruch zu dem auch die Schlammablagerungen auf dem Grund der Wakenitz beitrugen In der ersten Halfte des 19 Jahrhunderts wurde Lubeck von mehreren Choleraepidemien heimgesucht die insgesamt 2500 Todesopfer forderten Untersuchungen ergaben den Zusammenhang zwischen der Ausbreitung der Krankheit und verschmutztem Trinkwasser so dass Wege zu einer Verbesserung der Lubecker Wasserversorgung gesucht wurden 1861 vorgelegte Plane sahen vor am Standort der Wasserkunste auf dem Huxterdamm eine neue Wasserkunst zu errichten Dieses Vorhaben wurde jedoch nicht weiter verfolgt Der Senat gab Planen fur eine mit Dampfkraft betriebene Stadtwasserkunst den Vorzug bei denen das Wasser der Wakenitz nicht mehr in unmittelbarer Stadtnahe sondern abseits der Verunreinigungen in grosserer Entfernung zur Altstadt entnommen wurde Dieses Projekt wurde 1865 von Senat und Burgerschaft angenommen und in den folgenden zwei Jahren umgesetzt Mit Inbetriebnahme der neuen Wasserkunst im Jahre 1867 wurde die Burgerwasserkunst ebenso wie die Brauerwasserkunst uberflussig 1874 wurden beide Wasserturme abgebrochen und samtliche Anlagen beseitigt Es haben sich keine Uberreste erhalten wenn man von holzernen Rohrleitungen absieht die bis heute bei Strassenarbeiten in der Lubecker Altstadt gefunden werden und Aufschluss uber den genauen Verlauf des Versorgungsnetzes geben Literatur BearbeitenMieszyslaw Grabowski Doris Muhrenberg In Lubeck fliesst Wasser in Rohren seit 700 Jahren Eine kulturgeschichtliche Studie Hansestadt Lubeck Lubeck 1994 Ausstellungen zur Archaologie in Lubeck 1 ZDB ID 2167832 7 Ausstellungskatalog Lubeck Museum Burgkloster 16 Dezember 1994 12 Februar 1995 Rainer Andresen Das alte Stadtbild Geschichte Kirchen Befestigungen 2 Bande Verlag Neue Rundschau Lubeck 1980 1984 Relazioni universali Koln 1596 Teil 1 S 114 sonderbares Kunstwerk Geschichte des Handels deutsch 1773 79 Teil 5 S 236 Hugh Myddleton errichtete dort 1606 eine erste Wasserleitung Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Burgerwasserkunst amp oldid 236819175