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Der Bucherskorpion Chelifer cancroides ist der in Mitteleuropa wohl bekannteste Vertreter der Pseudoskorpione Das nur wenige Millimeter grosse Tier kommt unter anderem auch in der Wohnumgebung des Menschen vor wo es sich als Jager von Staub und Bucherlausen sowie Hausstaubmilben nutzlich macht Fur den Menschen ist der Bucherskorpion harmlos menschliche Haut kann er mit seinen Scheren nicht durchdringen BucherskorpionBucherskorpion Chelifer cancroides SystematikKlasse Spinnentiere Arachnida Ordnung Pseudoskorpione Pseudoscorpiones Uberfamilie CheliferoideaFamilie CheliferidaeGattung CheliferArt BucherskorpionWissenschaftlicher Name der GattungCheliferGeoffroy 1762Wissenschaftlicher Name der ArtChelifer cancroides Linnaeus 1758 Ein Familienmerkmal der Cheliferidae ist die dunne Langslinie am HinterleibDie Pedipalpen Scherenarme wirken uberlang in Relation zum Korper Inhaltsverzeichnis 1 Merkmale 2 Lebensraum und Lebensweise 3 Bucherskorpion und Bienenschadlinge 4 Fortpflanzung und Individualentwicklung 5 Taxonomie und Systematik 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseMerkmale BearbeitenDer Vorderkorper geht wie bei allen Pseudoskorpionen ohne eine Verschmalerung gleichmassig in den Hinterkorper uber Die Korperlange betragt zwischen 2 5 und 4 5 mm die Farbung ist ein helles bis dunkleres Braun Die quergestreift aussehenden Ruckenplatten des Hinterkorpers sind durch eine feine Langslinie in der Mitte geteilt Wahrend die Cheliceren Mundwerkzeuge nur als sehr kleine ungestielte Scheren entwickelt sind stellen die Pedipalpen sehr lange Scherenarme dar Dabei sind insbesondere die als Femur und Patella bezeichneten Gliedmassenabschnitte deutlich langer als bei verwandten Arten Neben den uberlang wirkenden Scherenarmen verfugen Bucherskorpione uber vier Laufbeinpaare mit denen sie gleich gut vorwarts und ruckwarts laufen konnen Uber der Basis der Pedipalpen liegt an jeder Korperseite ein kleines Punktauge Die Geschlechter sind kaum zu unterscheiden Allein in Mitteleuropa kommen mehr als 100 Arten und Unterarten von Pseudo oder Afterskorpionen vor davon in Deutschland 49 in der Schweiz 63 und in Osterreich 69 1 Einige dieser Spezies ahneln dem Bucherskorpion sehr im Verhalten und Aussehen beispielsweise Dactylochelifer latreillei und Mesochelifer ressli beides ebenfalls Vertreter der Familie Cheliferidae 2 und sind in der Regel nur von Spezialisten sicher bis zur genauen Art zu bestimmen Im Freiland kann man eher den Moosskorpionen begegnen die einen eckigeren Vorderkorper und eine glanzende Chitinhulle aufweisen Lebensraum und Lebensweise BearbeitenBucherskorpione bevorzugen eher trockene Ortlichkeiten und verstecken sich in engen Spaltraumen Man trifft sie unter der Rinde toter Kiefern in Bienenstocken alten Vogelnestern Stallungen Schuppen und in Wohnungen des Menschen an Hier gehoren beispielsweise lose Tapeten und verstaubte Bucher oder Akten zu ihren Aufenthaltsorten Sie machen dort Jagd auf noch kleinere Tiere etwa Bucher und Staublause Springschwanze Bettwanzen sowie Milben Die Beute wird mit den Pedipalpenscheren ergriffen und aus einer Giftdruse in der Spitze des Scherenfingers wird etwas Gift injiziert Dann wird das meist noch zappelnde Opfer zu den kleinen Cheliceren gefuhrt und ein Loch in die Korperwand gebissen Hierdurch wird Verdauungsflussigkeit in die Beute gepumpt und diese anschliessend ausgesaugt In die Cheliceren munden auch Spinndrusen Mit diesen werden funf bis sieben Millimeter grosse Gespinstnester angefertigt in die sich das Tier zur Ruhe und auch zur Uberwinterung zuruckzieht Der Bucherskorpion ist in Mitteleuropa zwar weit verbreitet doch begegnet man nur gelegentlich einzelnen Exemplaren Wahrscheinlich infolge von Verschleppung durch den Menschen kommt die Art weltweit vor Haufiger tritt sie in Bibliotheken Museen und herbarischen Sammlungen auf Einige verwandte Arten unter anderem der noch kleinere Pseudoskorpion Lamprochernes nodosus klammern sich oft an den Beinen von Fliegen fest und lassen sich auf diese Weise transportieren sogenannte Phoresie Bucherskorpion und Bienenschadlinge BearbeitenDer Biologe Alois Alfons publizierte im Jahre 1891 Der Feind der Bienenlaus 3 und 1951 erschien von Max Beier einem Pseudoskorpionexperten der Artikel Der Bucherskorpion ein willkommener Gast der Bienenvolker 4 2006 brachte Torben Schiffer Bucherskorpione als Mittel zur Kontrolle des Varroabefalls in Bienenvolkern ins Gesprach Er sieht im gezielten Einsatz von Bucherskorpionen und alternativen Bienenstocken ein Mittel gegen den Varroamilben Befall bei Honigbienen 5 6 Eine Ubersicht uber die vorhandene wissenschaftliche Literatur zu diesem Thema zeigt allerdings dass es keinerlei seriose Grundlage fur diese These gibt 7 Bucherskorpione sind generalistische Jager die viele Lebensraume besiedeln und daher nicht allein auf das Leben im Bienenvolk spezialisiert sind Fortpflanzung und Individualentwicklung BearbeitenZur Fortpflanzung fuhrt das Mannchen vor dem Weibchen einen Balztanz auf um anschliessend mit ihm zusammen vor und zuruckzutanzen ohne dass sich beide beruhren Dann setzt das Mannchen ein gestieltes Samenpaket Spermatophore auf den Untergrund ab ergreift das Weibchen mit den Pedipalpen und zieht es daruber Die Eier tragt das Weibchen in einem aus Sekret gebildeten Brutbeutel an der Genitaloffnung unter dem Hinterleib mit sich herum und ernahrt die Embryonen mittels einer korpereigenen Nahrlosung Die Eiablage erfolgt in speziell gesponnenen Brutkammern Nach dem Schlupfen benotigt der Nachwuchs drei Hautungen uber verschiedene Nymphenstadien Proto Deuto und Tritonymphe fur seine Entwicklung zum fertigen Bucherskorpion Dieser Prozess vollzieht sich innerhalb mehrerer Wochen 8 Taxonomie und Systematik BearbeitenDer Bucherskorpion wurde vom Begrunder der modernen Taxonomie Carl von Linne als Acarus cancroides erstbeschrieben 9 die Art wurde also von ihm der Gattungszuordnung entsprechend zu den Milben gerechnet Der Artname cancroides kann mit krabbenartig ubersetzt werden Es handelt sich um eine von insgesamt nur zwei von Linne berucksichtigten Pseudoskorpion Arten Aus Linnes knapper Artdiagnose Acarus antennis cheliformibus abdomine ovato depresso Milbe mit scherenformigen Antennen und ovalem abgeplatteten Hinterleib ist eigentlich unmoglich herzuleiten welche Art ihm damals tatsachlich vorgelegen hat Typusmaterial existiert keines mehr 10 Aus der Tradition und der Namensverwendung bei den folgenden Generationen von Arachnologen kann man aber mit einiger Sicherheit darauf schliessen dass der Bucherskorpion gemeint gewesen sein muss Der franzosische Naturforscher Etienne Louis Geoffroy 1725 1810 transferierte die Art im Jahr 1762 in die Gattung Chelifer in der sie seitdem verblieben ist Fur die biologische Nomenklatur ergab sich allerdings die Schwierigkeit dass Geoffroys Werk das er anonym publiziert hatte eigentlich fur Zwecke der Nomenklatur nicht verwendet werden darf Die ICZN sah sich daher 1989 veranlasst den Gattungsnamen formell festzuschreiben 11 Der Bucherskorpion ist die einzige Art der damit monotypischen Gattung Chelifer Zwar sind im Laufe der Jahrhunderte insgesamt 346 Arten dieser Gattung wissenschaftlich beschrieben worden Alle bis auf den Bucherskorpion wurden aber in andere spater beschriebene Gattungen transferiert oder mit anderen Arten synonymisiert plus 14 Artnamen die Nomina dubia sind 12 Bis 2014 wurde neben der Nominatform eine Unterart des Bucherskorpions anerkannt Chelifer cancroides orientalis Morikawa 1954 aus Japan Neuere Untersuchungen haben aber gezeigt dass die ostasiatischen Tiere obwohl generell etwas kleiner nicht wirklich von den ubrigen abzutrennen sind die Merkmale variieren klinal Dementsprechend werden nun keine Unterarten mehr unterschieden 12 Literatur BearbeitenHeiko Bellmann Spinnen Krebse Tausendfusser Europaische Gliederfusser ohne Insekten Steinbachs Naturfuhrer Mosaik Verlag Munchen 1991 ISBN 3 570 06450 6Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Bucherskorpion Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Rettung fur unsere Bienen Ein Forscher macht Hoffnung fur die Zukunft NDR Dokumentarfilm 45 Min 15 April 2019Einzelnachweise Bearbeiten Checkliste der Pseudoskorpione Mitteleuropas bei www arages de Memento des Originals vom 15 Marz 2017 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot arages de dort Link zu einem PDF Download Theo Blick amp Christoph Muster Rote Liste gefahrdeter Pseudoskorpione Arachnida Pseudoscorpiones Bayerns BAYLfU 166 2003 PDF online Beenature Project Zuruck zur Natur Abgerufen am 21 April 2019 Max Beier Der Bucherskorpion ein willkommener Gast der Bienenvolker In Osterreichischer Imker Bd 1 1951 S 209 211 Belesener Bienenretter aus der Reihe Tiergesprach Moderatorin Daniela Tepper Gesprachspartner Mario Ludwig in Deutschlandfunk Nova 2 September 2015 abgerufen am 28 April 2022 Torben Schiffer Beenature Project Abgerufen am 21 April 2019 Sebastian Spiewok Mythos Bucherskorpion In Deutsches Bienen Journal Nr 4 2021 S 16 18 P Appelhans Pseudoskorpione Ubersicht bei www natur in nrw de Mark S Harvey 2007 The smaller arachnid orders diversity descriptions and distributions from Linnaeus to the present 1758 to 2007 Zootaxa 1668 363 380 Es existieren zwei beschadigte Sammlungsbelege in der Sammlung heute von der Linnean Society in London verwaltet LINN 7004 LINN 7005 deren Artzugehorigkeit unklar ist International Commission on Zoological Nomenclature 1989 Opinion 1542 Chelifer Geoffroy 1762 Arachnida Pseudoscorpionida conserved Bulletin of Zoological Nomenclature 46 143 144 a b Mark S Harvey 2014 A review and redescription of the cosmopolitan pseudoscorpion Chelifer cancroides Pseudoscorpiones Cheliferidae Journal of Arachnology 42 1 86 104 doi 10 1636 K13 57 1 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Bucherskorpion amp oldid 228732648