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Anton Adalbert Edler von Braunmuhl 14 Oktober 1901 in Kelheim 12 Marz 1957 in Munchen war ein deutscher Psychiater Er wurde bekannt als ein Pionier der somatischen Therapie psychischer Erkrankungen Braunmuhl wandte in grossem Umfang Schocktherapien an darunter als einer der ersten deutschen Psychiater die Elektrokrampftherapie Spater gehorte er zu den Anhangern der Leukotomie Inhaltsverzeichnis 1 Leben und Wirken 2 Schriften 3 Literatur 4 EinzelnachweiseLeben und Wirken BearbeitenAls Sohn des Amtsrichters Anton Padua von Braunmuhl und seiner Ehefrau Anna geb Stangl in Kelheim geboren studierte er Medizin in Munchen und absolvierte sein praktisches Jahr als Assistent Walther Spielmeyers an der Deutschen Forschungsanstalt fur Psychiatrie Unmittelbar nach Promotion und Approbation kam Braunmuhl im Mai 1927 als Assistenzarzt an die Heil und Pflegeanstalt Eglfing Haar wo er bis auf eine kurze Unterbrechung 1946 bis zu seinem Tod tatig bleiben sollte Nachdem ihm 1934 eine Habilitation verweigert worden war weil er kein Mitglied der NSDAP war habilitierte sich Braunmuhl 1943 Sein Spezialgebiet war die Histopathologie Er fuhrte die kolloidchemische Betrachtungsweise in die Neuropathologie ein und fuhrte Modellversuche zur Bildung von Plaques und Fibrillenveranderungen im Gehirn durch die er als Ausdruck einer Synarese interpretierte und damit als fakultative Merkmale physikalisch chemischer Vorgange Als Anstaltsarzt widmete sich Braunmuhl vor allem der kausalen Therapie psychischer Erkrankungen Er fuhrte ab 1936 damals neu entwickelte somatische Behandlungsverfahren in der Anstalt Eglfing Haar ein So wurde am 3 November 1936 eine Insulinstation unter seiner Leitung eroffnet auf der Insulinschocktherapien durchgefuhrt wurden Braunmuhl kombinierte diese Therapie auch mit der Cardiazolschocktherapie und erprobte 1938 das Krampfmittel Azoman der Firma Boehringer amp Sohn Seine Behandlungsstation weckte unter Besuchern die Hoffnung Schizophrenie konne wirksam behandeln werden 1 Nach einem Besuch bei dem italienischen Psychiater Ugo Cerletti der seit 1938 als erster Elektrokrampfe an Menschen anwendete erwarb Braunmuhl ein Elektrokrampf Gerat bei der Firma Siemens Reiniger und begann noch im Dezember 1939 mit dieser Therapieform Bis Ende 1941 verabreichte er ca 6 000 Krampfbehandlungen in Eglfing Haar Im Unterschied zu Friedrich Meggendorfer in Erlangen der die Elektroden starr am Kopf des Kranken befestigte entwickelte Braunmuhl mobile von Hand gefuhrte Elektroden 2 Braunmuhl liess die Patienten ausserdem die von ihm sogenannte embryonale Lagerung einnehmen Er kombinierte die Insulinschocktherapie und die Elektrokrampfbehandlung auch als wahrend des Zweiten Weltkrieges das Insulin knapper wurde 3 In Veroffentlichungen setzte sich Braunmuhl fur ein aktives therapeutisches Vorgehen der Psychiater ein und wandte sich gegen Kritiker welche die somatischen Behandlungsmethoden mit beruchtigten fruhen Behandlungsmethoden der Psychiatrie wie dem Drehstuhl oder der Spritzmaschine verglichen Er war sich uber die Gefahren der neuen Therapien fur die Patienten im Klaren bereits kurz nach Eroffnung der Insulinstation war ein Patient an der Therapie gestorben 4 sah sich aber durch die Schwere der Krankheit berechtigt sie anzuwenden Diese radikale Betonung der Therapie wurde als ein Teil des Konzeptes der NS Psychiatrie beschrieben die sich im Wesentlichen als eine arztlich heilende Wissenschaft verstand und diejenigen die als nicht mehr heilbar erschienen der Vernichtung preisgab 5 Braunmuhl befurwortete zwar die Zwangssterilisation der Therapierten weil auch er die Ursache der psychischen Krankheit in den Erbanlagen begrundet sah 6 Er beteiligte sich jedoch nicht aktiv an den Vernichtungsaktionen gegen psychisch kranke Menschen wie der Aktion T4 So konfrontierte er nach eigener Angabe als einziger Anstaltsarzt den Anstaltsleiter Hermann Pfannmuller weil ihm die massenhaften Verlegungen verdachtig vorkamen und lehnte es ab an Tagen Bereitschaftsdienst zu leisten an denen die Gemeinnutzige Krankentransport GmbH Patienten abholte Pfannmuller fur den Braunmuhl wegen seiner Therapien als Aushangeschild der Anstalt diente versprach ihn nicht mehr damit zu behelligen 7 Hans Ludwig Siemen konzediert ein mogliches Motiv Braunmuhls moge es gewesen sein durch seine Therapien moglichst viele Menschen durch Heilung zu retten Gleichzeitig verweist er darauf dass unter Braunmuhl und Pfannmuller in Eglfing Haar das menschenverachtende Psychiatrieprogramm des Nationalsozialismus in besonders extremer Weise umgesetzt worden sei Wahrend Braunmuhl mehr als 500 Patienten mit modernsten Methoden therapierte wurden mehr als 2 000 Menschen in die Totungsanstalten Grafeneck und Hartheim deportiert und dort ermordet 8 Die Historikerin Sibylle von Tiedemann halt es fur bewiesen dass Braunmuhl wohl nie in einem der Hungerhauser von Eglfing Haar tatig war wo Patienten durch systematischen Nahrungsmittelentzug ermordet wurden Aber als behandelnder Arzt habe er 60 Patienten bis zu ihrem unnaturlichen Tod begleitet Er sei Mitwisser und Mittater gewesen der nach dem Krieg die Aufarbeitung unterbunden habe 9 Braunmuhl hatte nach Kriegsende im Mai 1945 zunachst kommissarisch die Klinikleitung in Eglfing Haar ubernommen Zum 1 Dezember 1945 wurde er von der amerikanischen Militarverwaltung zum Direktor der Heil und Pflegeanstalt Kaufbeuren bestellt Im August 1946 setzte ihn das bayerische Innenministerium anstelle von Gerhard Schmidt der von der Belegschaft aus dem Amt gedrangt wurde wieder als Direktor von Eglfing Haar ein Braunmuhl forderte offenbar Personal aus der NS Zeit Der Direktor der Heil und Pflegeanstalt Erlangen Werner Leibbrand kritisierte 1947 gegenuber dem bayerischen Innenministerium dass der fur seine reaktionare Gesinnung bekannte Braunmuhl belastete alte Medizinalrate wieder in ihre Posten einsetze und vollig unbelaste jungere Leute hinausgraule 9 Im Jahr 1947 erhielt Braunmuhl eine Honorarprofessur in Munchen Er gehorte zu den ersten deutschen Psychiatern die nach Ende des Zweiten Weltkriegs die in den USA entwickelten Methoden der Leukotomie an seiner Anstalt einfuhrte Er ubersetzte auch das Buch Psychochirurgie der beiden amerikanischen Lobotomie Pioniere Walter Freeman und James Watts ins Deutsche Ferner spekulierte er nach 1945 uber mogliche Krankheiten Adolf Hitlers In einem Aufsatz von 1954 10 meinte er Paralysis Agitans Parkinson Krankheit bei Hitler feststellen zu konnen Er machte sich auch als Laienmaler einen Namen In Haar wurde 1976 auf Antrag des Klinikums die von Braunmuhl Strasse nach ihm benannt Aufgrund neuerer Recherchen fur ein Gedenkbuch fur die Munchner Opfer der nationalsozialistischen Euthanasie Morde wurde deutlich dass Braunmuhl tiefer in die Verbrechen verstrickt war als bislang bekannt Daher benannte die Gemeinde Haar am 1 Marz 2019 die von Braunmuhlstrasse in Max Isserlin Strasse um 11 Schriften BearbeitenUber einige myelo lymphoide und lymphoepitheliale Organe der Anuren Ein Beitr z Morphol des Jugularkorperchens des Corpus propericardiale und Corpus procoracoidale wie der Kiemenhohlenkorperchen von Rana temporaris Munchen Med Diss 1927 Nur in beschrankter Anzahl fur den Austausch Akad Verlagsges Leipzig 1926 mit Walter Spielmeyer Die Anatomie der Psychosen Springer Berlin 1930 Oswald Bumke Anton von Braunmuhl und Walter Spielmeyer Handbuch der Geisteskrankheiten Springer Berlin 1930 ISBN 978 3 540 07661 2 Der Elektrokrampf in der Psychiatrie In Munch med Wschr 87 1940 S 511 514 Die Insulinschockbehandlung der Schizophrenie unter Berucksichtigung des Cardiazolkrampfes Ein Leitfaden f d Praxis A v Braunmuhl J Springer Berlin 1938 Funf Jahre Shock und Krampfbehandlung in Eglfing Haar In Arch f Psych 114 2 1941 S 410 440 Der meine Jugend erfreut Tagebuchblatter eines Inntalers Echter Wurzburg 1941 Insulinshock und Heilkrampf in der Psychiatrie 2 Auflage Wissenschaftliche Verl Ges Stuttgart 1947 Walter Freeman James W Watts Psychochirurgie Intelligenz Gefuhlsleben und soziales Verhalten nach praefrontaler Lobotomie bei Geistesstorungen Ubers von Anton von Braunmuhl Wissenschaftl Verl Ges Stuttgart 1949 Hrsg Umstrittene Probleme der Medizin Mit Beitragen v Anton v Braunmuhl u a Medica Verl Stuttgart Zurich 1954 Das Nervenkrankenhaus Haar bei Munchen des Bezirks Oberbayern 1905 1955 Bezirk Oberbayern Munchen 1956 Literatur BearbeitenJulius Hallervorden In Memoriam Anton von Braunmuhl 1901 1957 In Der Nervenarzt 28 1957 S 375f Bernhard Richarz Heilen Pflegen Toten Zur Alltagsgeschichte einer Heil und Pflegeanstalt bis zum Ende des Nationalsozialismus Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 1987 In memoriam Anton Edler von Braunmuhl In Biomedizinische Technik Biomedical Engineering Band 3 Heft 6 S 179 Einzelnachweise Bearbeiten Richarz Heilen S 86 98 Braunmuhl A 1942 Uber mobile Elektrodentechnik bei der Elektrokrampftherapie In Archiv f Psychiatrie 114 3 S 605 610 Richarz Heilen S 98 107 Richarz Heilen S 86 Hans Ludwig Siemen Psychiatrie im Nationalsozialismus In Michael von Cranach u Hans Ludwig Siemen Hrsg Psychiatrie im Nationalsozialismus Die bayerischen Heil und Pflegeanstalten zwischen 1933 und 1945 Oldenbourg Munchen 1999 S 28f Richarz Heilen S 106 Richarz Heilen S 160 Petra Stockdreher Die Heil und Pflegeanstalt Egelfing Haar In Michael von Cranach u Hans Ludwig Siemen Hrsg Psychiatrie im Nationalsozialismus Die bayerischen Heil und Pflegeanstalten zwischen 1933 und 1945 Oldenbourg Munchen 1999 S 347 a b Bernhard Lohr Schmerzliche Suche nach der Wahrheit In Suddeutsche Zeitung 18 April 2017 Braunmuhl Anton von War Hitler krank In Stimmen der Zeit 79 1954 S 94 102 Archivierte Kopie Memento vom 20 September 2020 im Internet Archive Max Isserlin statt von BraunmuhlNormdaten Person GND 116429003 lobid OGND AKS LCCN no2016141891 VIAF 77067007 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Braunmuhl Anton vonALTERNATIVNAMEN Braunmuhl Anton Edler vonKURZBESCHREIBUNG deutscher PsychiaterGEBURTSDATUM 14 Oktober 1901GEBURTSORT KelheimSTERBEDATUM 12 Marz 1957STERBEORT Munchen Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Anton von Braunmuhl Mediziner amp oldid 233726042