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Amor intellectualis Dei oder Amor intellectualis erga Deum lat fur geistige Gottesliebe bzw Liebe zu Gott ist ein Begriff des niederlandischen Philosophen Baruch de Spinoza der die spirituelle Erfahrung einer Vereinigung nicht nur zwischen Mensch und Gott beschreibt sondern auch zwischen rationalen und affektiven Komponenten des Erkennens Die dritte Gattung der Erkenntnis nach Meinung und Vernunft aus welcher der amor Dei intellectualis entspringt nennt Spinoza intuitives Wissen scientia intuitiva Es hat Goethe und den deutschen Idealismus fasziniert Benedictus de Spinoza Kunstwerk von Rudolf Roth Inhaltsverzeichnis 1 Begriffsgeschichte 2 Rezeption 3 Siehe auch 4 EinzelnachweiseBegriffsgeschichte BearbeitenLaut Wolfgang Rod findet sich die Idee einer der Erkenntnis entspringenden Liebe schon lange vor Spinoza erstmals wohl bei Platon dessen Lehre vom philosophischen Eros im Symposion den Gedanken enthalt dass der von der Liebe zum Schonen an sich Geleitete in der geistigen Schau das Wahre selbst beruhrt 1 Die platonische Liebe sei der Trieb des Endlichen zum Ewigen und naher die sittliche Hingabe Jenes an Dieses zum Zweck seiner Wesens und Lebenserganzung Die Affektenlehre Spinozas geht aber von dem Prinzip der Selbsterhaltung und der Begierde des Endlichen aus 2 Wenn Ebreo betonte dass auch Gott die Geschopfe liebe ausserte er eine Ansicht die Spinoza entschieden zuruckwies wenn der Mensch wie alle endlichen Wesen als Manifestation Gottes in Gott ist ist er von Gott nicht verschieden und kann daher von diesem nicht geliebt werden 3 Spinoza erklart dass des Geistes amor intellectualis Dei nur ein Teil der unendlichen Liebe Gottes zu sich selber ist 4 und er zieht nur die Folgerungen aus seinen metaphysischen Grundannahmen wenn er schliesslich beider Identitat behauptet 5 6 Die Erkenntnis als der machtigste Affekt namlich als der Affekt der Vernunft selbst sofern diese nicht Leiden sondern Tun ist ist amor intellectualis Liebe der Vernunft 7 Wie er das Verhaltnis von Intellekt und Liebe auffasste geht schon aus im Kurzen Traktat hervor wo der Intellekt Bruder der Liebe ist 8 Die Einsicht dass alle Seienden der Einheit der Natur angehoren fasste Spinoza als Vereinigung mit dieser als der absolut unendlichen Substanz auf 9 Solange wir von Gott nicht eine so klare Idee haben die uns mit ihm derart vereinigt dass sie nicht zulasst irgend etwas ausserhalb von ihm zu lieben so lange konnen wir nicht sagen in Wahrheit mit Gott vereinigt zu sein also unmittelbar von ihm abzuhangen 10 Wir erkennen Gott allein durch ihn selbst Dabei ist eine klare Erkenntnis fur Spinoza das was nicht durch vernunftgemasse Uberzeugung sondern durch ein Fuhlen und Geniessen der Dinge selbst entsteht 11 Die Liebe ist eine Vereinigung durch die der Liebende und das Geliebte zu einem und demselben Ding werden oder zusammen ein Ganzes ausmachen 12 Spinoza berichtet dass wir wenn wir Gott einmal zu erkennen anfangen dann auch mit ihm noch naher als mit unserem Korper vereinigt und von diesem Korper gleichsam losgelost sein mussen Fur ihn besteht unsere Seligkeit in der Vereinigung mit Gott und in der Liebe zu Gott liegt unser Heil unsere Gluckseligkeit und unsere Freiheit 13 Rezeption BearbeitenGoethe nahm im Faust den spinozistischen Gedanken vom amor Dei intellectualis auf Entschlafen sind nun wilde TriebeMit jedem ungestumen Thun Es reget sich die Menschenliebe Die Liebe Gottes regt sich nun Diese Verse zeichnen das Bild des Weisen der scheinbar asketisch nur dem starksten Affekt gehorcht in dem erkennende Gottesliebe und Selbstbefreiung ein und dasselbe sind 14 Die Betrachtung der Urphanomene ist fur Goethe eine Form der Gottesverehrung und so gibt es zwar auch fur ihn wie fur Spinoza einen amor Dei intellectualis nur entspricht dieser dem bei Goethe veranderten Sinn der Scientia intuitiva und ist folglich vermittelt durch die intellektuelle Anschauung der Urphanomene In dieser Anschauung und nicht wie bei Spinoza in einer logischen teils unmittelbar teils aus dem Unmittelbaren durch Deduktion erfassten Erkenntnis besteht fur Goethe die Scientia intuitiva 15 16 In der Tradition von Spinozas scientia intuitiva verwenden auch Johann Gottlieb Fichte Schelling und Holderlin den Terminus intellektuale Anschauung In Aufnahme von Spinozas amor Dei intellectualis prazisiert Fichte die Idee der Wechselliebe dahingehend dass das Bewegtsein des Menschen durch Liebe zu Gott in Wahrheit nichts anderes als Gottes eigene Selbstliebe sei an deren Ruckbezuglichkeit auf sich und an deren Selbstrealisation der Mensch teilhat 17 Siehe auch BearbeitenDeus sive Natura SpinozismusEinzelnachweise Bearbeiten Vgl Platon Symposion 212a Zitiert nach Wolfgang Rod Benedictus de Spinoza Eine Einfuhrung Stuttgart 2002 S 112 Heinrich von Stein Sieben Bucher zur Geschichte des Platonismus Untersuchungen uber das System des Plato und sein Verhaltnis zur spateren Theologie und Philosophie 3 Teil Verhaltnis des Platonismus zur Philosophie der christlichen Zeiten Gottingen 1875 S 245 Wolfgang Rod Benedictus de Spinoza Eine Einfuhrung Stuttgart 2002 S 112f Spinoza Ethica ordine geometrico demonstrata V prop 35 36 Spinoza Ethica ordine geometrico demonstrata V prop 36 corr Gertrud Jung Die Affektenlehre Spinozas ihre Verflechtung mit dem System und ihre Verbindung mit der Uberlieferung in Kant Studien 32 Berlin 1927 S 85 150 hier 109 Reiner Wiehl Nietzsches Anti Platonismus und Spinoza in Violetta Waibel Hrsg Spinoza Affektenlehre und amor Dei intellectualis S 348 Spinoza Kurze Abhandlung von Gott dem Menschen und dessen Gluck In Wolfgang Bartuschat Hrsg Samtliche Werke Band 1 Hamburg 1991 S 27 Wolfgang Rod Benedictus de Spinoza Eine Einfuhrung Stuttgart 2002 S 111 Spinoza Kurze Abhandlung von Gott dem Menschen und dessen Gluck In Wolfgang Bartuschat Hrsg Samtliche Werke Band 1 Hamburg 1991 S 33 Spinoza Kurze Abhandlung von Gott dem Menschen und dessen Gluck In Wolfgang Bartuschat Hrsg Samtliche Werke Band 1 Hamburg 1991 S 56 Spinoza Kurze Abhandlung von Gott dem Menschen und dessen Gluck In Wolfgang Bartuschat Hrsg Samtliche Werke Band 1 Hamburg 1991 S 64 Zitiert nach Gerda Lier Das Unsterblichkeitsproblem Grundannahmen und Voraussetzungen Gottingen 2010 S 19f Martin Bollacher Der junge Goethe und Spinoza Studien zur Geschichte des Spinozismus in der Epoche des Sturms und Drangs Tubingen 1969 80 Kurt Hubner Glaube und Denken Dimensionen der Wirklichkeit Tubingen 2004 S 419f Hans Jurgen Schings Zur Rezeption Spinozas in Wilhelm Meisters Lehrjahren In Jahrbuch des Wiener Goethe Vereins 89 90 91 1985 86 87 S 37 88 hier 84 Edith Dusing Sittliches Streben und religiose Vereinigung Untersuchungen zu Fichtes spater Religionsphilosophie in Jaeschke Walter Hrsg Der Streit um die Gottlichen Dinge 1799 1812 Mit Texten von Goethe Hegel Jacobi Novalis Schelling Schlegel u a und Kommentar Hamburg 1999 98 128 hier 125 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Amor intellectualis Dei amp oldid 221906433