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Das Altonaer Bekenntnis ist der gebrauchliche Name fur das Wort und Bekenntnis Altonaer Pastoren in der Not und Verwirrung des offentlichen Lebens eine Kanzelabkundigung die von 21 Altonaer Pastoren am 11 Januar 1933 in der Hauptkirche Altona und der Petrikirche in Altona verlesen und in der Hamburgischen Kirchenzeitung vom 20 Januar 1933 abgedruckt wurde Sie stellt eine spate Reaktion der Geistlichen auf den Altonaer Blutsonntag vom 17 Juli 1932 dar an dem Kommunisten und Nationalsozialisten sich eine blutige Strassenschlacht mit 18 Toten geliefert hatten Altonaer Bekenntnis an der Hauptkirche Altona Inhaltsverzeichnis 1 Entstehung 2 Inhalt 3 Bewertungen 4 Folgen 5 Fussnoten 6 LiteraturEntstehung BearbeitenBereits am 18 Juli 1932 einen Tag nach dem Altonaer Blutsonntag versammelten sich alle in Altona anwesenden evangelisch lutherischen Pastoren beim Propst Georg Heinrich Sieveking Sie planten fur den folgenden Sonntag einen Not Gottesdienst bei dem eine Botschaft der evangelisch lutherischen Kirche in Altona verlesen wurde Am 1 August 1932 setzte die Altonaer Pastorenkonferenz eine Kommission ein und beauftragte diese die Haltung der Kirche zu den politischen Parteien und Bewegungen klarzustellen Erfahrungsgemass wurden Beerdigungsfeiern die die Pastoren zu halten hatten immer wieder zu politischen Demonstrationen umfunktioniert daher sollten die Aufgaben von Kirche und Staat klar abgegrenzt werden 1 Die erarbeiteten Thesen wurden in mehreren Gesamtkonferenzen ab September 1932 beraten Dabei gab es starke Debatten um das Verhaltnis von Schopfung und Erbsunde und die Konsequenzen dieses Verhaltnisses fur das Verstandnis von Politik und Kultur Fur Hans Asmussen der massgeblich mitwirkte war die Ablehnung des kirchlichen Liberalismus und Positivismus entscheidend Die angestrebte Distanzierung der Kirche von Politik und Kultur insgesamt wurde nur von einer Minderheit liberaler Pfarrer kritisiert 2 Am 14 Dezember unterschrieben 21 Pastoren Abraham Andersen Hans Asmussen Christansen Karl Hasselmann Ernst Hildebrand Hoffmann Ketels Knuth W Petersen A Reuter R Reuter Roos Schroder Siegmann Sieveking Stalmann Thedens Thomsen Thun und Johannes Tonnesen das fertiggestellte Altonaer Bekenntnis und setzten als Termin fur die Verlesung einen Abendgottesdienst am 11 Januar 1933 einem Mittwoch fest An diesem Tag war die Altonaer Hauptkirche so uberfullt dass ein Parallelgottesdienst in St Petri gehalten wurde wo Asmussen das Bekenntnis verlas Der Text wurde in einer Auflage von 230 000 Exemplaren verbreitet 3 und in der Hamburgischen Kirchenzeitung abgedruckt 4 Inhalt BearbeitenUnter der Uberschrift Das Wort und Bekenntnis Altonaer Pastoren in der Not und Verwirrung des offentlichen Lebens wird zunachst als Aufgabe der Kirche definiert die Gewissen zu scharfen und das Evangelium zu verkunden Zugleich werden Anspruche abgewehrt die auf eine Bundesgenossenschaft im politischen Kampf Weihe und Rechtfertigung von politischem Handeln oder lediglich materielle Hilfe abzielen und dabei diesen fundamental anderen Auftrag der Kirche verkennen Jeder der Artikel wird dabei mit Worten eingeleitet die an die reformatorischen Bekenntnisschriften des 16 Jahrhunderts erinnern Wir glauben lehren und bekennen Im Artikel 1 Von der Kirche heisst es Sie muss das Wort frei reden Sie ist niemand untertan Wenn jemand bei militarischen staatlichen oder parteilichen Festen die Kirche nur dazu haben will um die Feierlichkeit der Feste zu heben missbraucht er die Kirche Wer von der Verkundigung des Pastors erwartet dass er eine bestimmte Wirtschaftsform den Krieg oder den Frieden den Waffendienst oder die Kriegsverweigerung rechtfertigen oder bestatigen soll wer vom Pastor verlangt dass er den Heldentod furs Vaterland unbedingt als seligen Tod ansprechen soll der verleitet ihn zur Verleugnung des Herrn Christus und seines Erlosungswerkes 5 Artikel 2 Von den Grenzen des Menschen verwirft die Utopie eines kommenden irdischen Weltreiches der Gerechtigkeit des Friedens und der allgemeinen Wohlfahrt Man verleugne damit die von Gott gesetzten Grenzen Jede Partei die solche Ziele in Aussicht stelle werde zur Religion In Artikel 3 Vom Staate wird Gott als Schopfer des Staates bezeichnet Es wird jedoch ein Widerstandsrecht eingeraumt Wenn aber der Fall eintritt dass die Obrigkeit selbst wider der Stadt Bestes handelt dann muss jeder entscheiden wann der Augenblick gekommen ist wo man Gott mehr gehorchen muss als dem Menschen In Artikel 4 Von den Aufgaben des Staates werden die Parteien kritisiert als politische Konfessionen die den Bestand des Staates gefahrden In der Wortwahl fallt eine dem damaligen Zeitgeist verhaftete Diktion auf unverkennbar wird auf den verhassten Friedensvertrag von Versailles angespielt Weil das Leben infolge der Sunde dauernd bedroht ist gebietet Gott dem Staat die Bereitschaft es im Notfall durch Waffengewalt zu verteidigen Wenn es sein muss mussen solche Vertrage die den Bestand des Staates gefahrden bekampft und beseitigt werden Denn das Leben ist grosser als alles was Menschen setzen Gott hat uns als Deutsche geschaffen Darum sollen wir auch Deutsche sein wollen So gewiss jede Nation Lebensrecht und Lebenspflicht hat so gewiss haben wir Deutsche es auch Wo immer wir in unserem Deutschsein bedroht werden hat die deutsche Obrigkeit die Aufgabe von Gott Volk und Staat in seiner Deutschheit zu bewahren 6 Artikel 5 Von den Geboten Gottes enthalt Gedanken zur sonntaglichen Feiertagsruhe zur Ehe zur Gerichtsbarkeit und zur Arbeitslosigkeit Es wird als Sunde bezeichnet wenn Volksglieder als untermenschlich gewertet werden wenn der Respekt vor der deutschen Nation untergraben sie selbst aber in Wehrlosigkeit den Angriffen und dem diplomatischen Spiel aller preisgegeben wird Das Bekenntnis endet mit einem deutlichen Hinweis auf das Wort vom Kreuz als Grund und Ziel der kirchlichen Botschaft Dieses wird am ehesten gehort wo Menschen sich der Ordnung Gottes fugen und in den von Gott gesetzten Grenzen bleiben Das Evangelium stelle alle an den rechten Platz und sei damit alleinige Hilfe und volliges Heil fur unser irdisches Vaterland Bewertungen BearbeitenDie Bekenntnisschrift massgeblich von Hans Asmussen verfasst richtete sich ideologiekritisch gegen politischen Extremismus jeder Art und gilt als das erste wichtige Dokument des kirchlichen Widerstandes gegen die NS Diktatur der sich wenig spater in der Bekennenden Kirche organisierte Die totale politische Neutralitat der Kirche wird darin aufgegeben und stattdessen werden politische Erlosungslehren scharf angegriffen Es ist jedoch in der Forschung umstritten inwieweit es direkt auf die Barmer Theologische Erklarung eingewirkt hat Auch wenn das Bekenntnis in einigen seiner Aussagen dem autoritar organischen Denken des Jungkonservativismus verpflichtet 7 ist liegt seine bleibende Bedeutung in der Abgrenzung gegen den Totalanspruch politischer Bewegungen die sich als Heilsbringer ansehen Der Kirchenhistoriker Klaus Scholder bewertet es als einen Schritt in ein neues Land dessen Bedeutung erst die kommenden Jahre ganz erweisen sollten 8 Folgen BearbeitenDas Bekenntnis fand ein lebhaftes Echo Mehrere kirchliche Gruppen schlossen sich ihm an und es wurde als Musterbeispiel einer kirchlichen Stellungnahme zum offentlichen Leben angesehen Die Einigkeit der beteiligten Pastoren hielt jedoch nicht lange an Einige traten den Deutschen Christen bei andere waren nach der Machtergreifung Repressalien ausgesetzt Propst Sieveking verlor im Dezember 1933 sein Amt Hans Asmussen wurde schon im Mai 1933 vorlaufig und dann im Mai 1934 endgultig suspendiert und konnte bis Kriegsende nicht mehr als Pastor tatig sein Er wirkte aber an der Barmer Theologischen Erklarung mit die bis heute in vielen evangelischen Landeskirchen Geltung hat Fussnoten Bearbeiten Enno Konukiewitz Hans Asmussen Ein lutherischer Theologe im Kirchenkampf Gutersloh 1984 ISBN 3 579 00115 9 S 49 50 Enno Konukiewitz Hans Asmussen S 51 Claus Jurgensen Die Pastoren von Altona vor 50 Jahren In Reinhold Gunther u a Hrsg Das Altonaer Bekenntnis Text und Theologie Zeitgeschichte und Zeugen Nordelbischer Konvent Heft 21 Neumunster 1983 S 28 Hamburgische Kirchenzeitung Band 8 1933 vom 20 Januar 1933 Seite 2 bis 5 Reinhold Gunther u a Hrsg Das Altonaer Bekenntnis Text und Theologie Zeitgeschichte und Zeugen Nordelbischer Konvent Heft 21 Neumunster 1983 S 6 Reinhold Gunther u a Hrsg Das Altonaer Bekenntnis S 8 Hartmut Ludwig Altonaer Bekenntnis RGG 4 Auflage Band 1 Sp 381 Klaus Scholder Die Kirchen und das Dritte Reich Band 1 Frankfurt M Ullstein 1977 S 227Literatur BearbeitenDas Altonaer Bekenntnis in der Hamburgischen Kirchenzeitung vom 20 Januar 1933 als Faksimile zur online Darstellung am Bildschirm und als Download pdf 8 MB 1 im Wortlaut abgedruckt u a in Joachim Beckmann Hrsg Kirchliches Jahrbuch fur die Evangelische Kirche in Deutschland 1933 1945 2 Auflage Gutersloh Mohn 1976 S 17 22 Reinhold Gunther u a Hrsg Das Altonaer Bekenntnis Text und Theologie Zeitgeschichte und Zeugen Nordelbischer Konvent Heft 21 Neumunster 1983 Simon Gerber Noch einmal Das Altonaer Bekenntnis Schriften des Vereins fur Schleswig Holsteinische Kirchengeschichte 52 Neumunster 2006 S 251 261 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Altonaer Bekenntnis amp oldid 226684867