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Der Begriff Alteuropa wird seit dem 19 Jahrhundert in der Archaologie der historischen Ethnologie und der Linguistik fur die Zeit der Ur und Fruhgeschichte in Europa verwendet insbesondere fur vermutete Kulturen und Volker vor der Nachweisbarkeit indogermanischer Kulturen in Mittel und Westeuropa Davon streng zu unterscheiden ist die in der Geschichtswissenschaft vorgeschlagene Epoche Alteuropa Inhaltsverzeichnis 1 Allgemeines 2 Einzelne Theorien 2 1 Marija Gimbutas 2 2 Kritik und weitere Forschungen 3 Volker 4 Siehe auch 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseAllgemeines BearbeitenDie Diskussion ist mit der Frage der Herkunft Urheimat der Indogermanen und dem Ablauf der Ausweitung ihrer Kultur und Sprache bzw der Einwanderung indogermanischer Volker verknupft Die Theorie des vorindoeuropaischen Alteuropa hangt von der Annahme ab dass die Ausbreitung der indogermanischen Sprache mit einer physischen Einwanderung einer neuen Bevolkerung einherging Daher werden europaische Kulturen vor den Indogermanen als alteuropaisch bezeichnet Archaologische Indizien fur die Ausbreitung einer indogermanischen Ursprache wahrend des Neolithikums wurden unter anderem mit der Anatolien Hypothese von Colin Renfrew erbracht Marija Gimbutas nahm eine indogermanische Einwanderung im Jung Endneolithikum an Siehe auch Kurgan Hypothese Von dem Alteuropa Begriff wie ihn etwa Gimbutas oder Renfrew verwenden ist der Begriff in der Kombination Alteuropaische Hydronymie zu unterscheiden Dieser bezieht sich in der Namensforschung auf Gewassernamen die aus fruh oder prahistorischer Zeit stammen die jedoch nach Meinung einiger Forscher indogermanisch nach Meinung anderer Forscher hingegen vor indogermanisch sind Als ein Erklarungsversuch fur diese Gewassernamen als nicht indogermanisch ist die Vaskonische Hypothese anzusehen die eine in Alteuropa verbreitete vaskonische Sprachfamilie annimmt Einzelne Theorien BearbeitenMarija Gimbutas Bearbeiten Der Begriff Alteuropa wurde von der Archaologin Marija Gimbutas fur archaologische Kulturen des Neolithikums und der fruhen Kupferzeit in Europa verwendet Gemass Marija Gimbutas sei Alteuropa vor Einwanderung der Indogermanen im Wesentlichen friedfertig und matrilinear organisiert gewesen Es gebe keine Anzeichen fur Gewalt und soziale Ungleichheit Auch Frauen und Manner seien ungeachtet der matrilinearen und matrilokalen Verwandtschaftsorganisation weitgehend gleichberechtigt gewesen Die alteuropaischen Kulturen in diesem Sinne haben sich von West uber Mitteleuropa den Donauraum bis hin zum Mittelmeerraum und Anatolien erstreckt 1 Im religiosen Bereich spielten Frauen eine grosse Rolle Die uberwaltigende Anzahl der ausgegrabenen Figurinen ist weiblich nur 2 3 mannlich 2 In ihrem Buch The Language of the Goddess untersuchte Marija Gimbutas das Symbolsystem und Ikonographie der Gottheiten Alteuropas Sie konnte eine Vielzahl von unterschiedlichen Gottinnen Darstellungen nachweisen die teilweise uber lange Zeitraume hinweg weitgehend konstant geblieben sind Beispiele sind Die Vogelgottin die Schlangengottin und die Grosse Gottin von Leben Tod und Wiedergeburt 3 Marija Gimbutas glaubte weiterhin dass im Neolithikum die biologische Vaterschaft unbekannt gewesen sei 4 Siehe auch Marija Gimbutas im Artikel Geschichte der Matriarchatstheorien Kritik und weitere Forschungen Bearbeiten Der Archaologe Svend Hansen bringt die religions und ereignisgeschichtliche Konzeption von Gimbutas mit der Eranos Tagung von 1938 in Verbindung 5 6 Allerdings kann er nicht nachweisen dass Marija Gimbutas diese Tagung oder ihre Inhalte gekannt hatte Die Archaologin Lynn Meskell bezeichnete Gimbutas Vorstellung von Alteuropa als ein feministisches Utopia das von zeitgeschichtlichen Projektionen durchdrungen sei Sie legte eine Ubersicht kritischer Beitrage zu diesem Konzept vor 7 Gegen ein ausschliesslich friedliches Alteuropa sprechen Belege von Massakern gegen Ende der Linienbandkeramischen Kultur um 5000 v Chr wie das Massaker von Talheim in Baden Wurttemberg 8 Ein ahnlicher und zeitgleicher Befund liegt von Schletz in Niederosterreich vor Demgegenuber versuchte der Sprachwissenschaftler Harald Haarmann in seiner umstrittenen These einer Donauzivilisation den friedlichen egalitaren und matristischen Charakter Alteuropas zumindest fur den Donauraum zu bestatigen Hierfur sprechen seiner Meinung nach zahlreiche Merkmale Das Fehlen einer Differenzierung zwischen Arm und Reich etwa in der Ausstattung der Graber das Fehlen von Herrscherinsignien das Fehlen herrschaftlicher Bauten z B Palaste die in ihrer uberwaltigenden Mehrheit weiblichen Figurinen und die vermutlich uberwiegend weiblichen Gottheiten 9 Volker BearbeitenZu den vermuteten vorindogermanischen Volkern des Alten Europas zahlen teilweise auch anatolischer Herkunft die Basken die Etrusker die Pelasger die Leleger die Iberer die Ligurer unsicher die Rater die Sikanen unsicher die Minoer unsicher die Lusitanier fraglich die Bandkeramiker die Vinca Kulturund andere Sie gelten demnach als alter als die keltischen Stamme wurden von ihnen aber zum grossten Teil assimiliert bevor diese wiederum vor allem sprachlich von den Italikern romanisiert wurden Andere wie die bei antiken Autoren als vorgriechische Bevolkerung erwahnten Pelasger und Leleger wurden angeblich von griechischen Stammen assimiliert Wiederum andere wie die Basken bestehen bis heute als sprachliche Einheit fort Eine Zugehorigkeit zu einer gemeinsamen vaskonischen Sprachfamilie lasst sich nicht fur alle diese Volker plausibel annehmen wohl aber fur einige Siehe auch BearbeitenVorindogermanisches Substrat Altmediterrane SprachenLiteratur BearbeitenMarija Gimbutas The Language of the Goddess New York 2006 Erstveroffentlichung 1989 Marija Gimbutas The Civilisation of the Goddess San Francisco 1991 HarperCollins Svend Hansen Bilder vom Menschen der Steinzeit Untersuchungen zur anthropomorphen Plastik der Jungsteinzeit und Kupferzeit in Sudosteuropa Archaologie in Eurasien Band 20 von Zabern Mainz 2007 ISBN 3 8053 3773 6 Harald Haarmann Das Ratsel der Donauzivilisation Munchen 2011 Becksche Reihe Lynn Meskell Goddesses Gimbutas and New Age archaeology In Antiquity Band 69 Nr 262 1995 S 74 86 Weblinks BearbeitenDie sprachliche Fruhgeschichte oder Was war eigentlich vor den Indogermanen Memento vom 12 Oktober 2004 im Internet Archive In Wolfgang Schindler Einfuhrung in die Sprachgeschichte PDF Datei 295 kB Einzelnachweise Bearbeiten Marija Gimbutas The Civilisation of the Goddess HarperCollins San Francisco 1991 Marija Gimbutas The Language of the Goddess New York 2006 Erstveroffentlichung 1989 S 175 Marija Gimbutas The Language of the Goddess New York 2006 Erstveroffentlichung 1989 M Gimbutas The Goddesses and Gods of Old Europe 6500 3500 London 1990 S 237 Svend Hansen Bilder vom Menschen der Steinzeit Untersuchungen zur anthropomorphen Plastik der Jungsteinzeit und Kupferzeit in Sudosteuropa Archaologie in Eurasien Band 20 von Zabern Mainz 2007 ISBN 3 8053 3773 6 Olga Frobe Kapteyn Hrsg Gestalt und Kult der Grossen Mutter Vortrage gehalten auf der Tagung in Ascona 8 15 August 1938 Eranos Jahrbuch 1938 Band VI Rhein Verlag Zurich 1939 Lynn Meskell Goddesses Gimbutas and New Age archaeology In Antiquity Band 69 Nr 262 1995 S 74 86 Joachim Wahl Hans Gunter Konig Anthropologisch traumatologische Untersuchung der menschlichen Skelettreste aus dem bandkeramischen Massengrab bei Talheim Kreis Heilbronn mit Tab Fundberichte aus Baden Wurttemberg 12 1987 S 65 193 Harald Haarmann Das Ratsel der Donauzivilisation Munchen 2011 Becksche Reihe S 149 150 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Alteuropa Sprachforschung amp oldid 232491162