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Alfred Weitnauer 1 Februar 1905 in Kempten Allgau 3 Juni 1974 in Obergunzburg war ein deutscher Schriftsteller Heimatpfleger Historiker und Volkskundler Zu seinen Verdiensten gehort die Pragung des Namens Allgau und das Verfassen bzw die Herausgabe von Dutzenden historischer Werke die sich mit der Geschichte des Allgaus und seiner Familien befassen Alfred Weitnauers Grab auf dem Evangelischen Friedhof Kempten Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Werk 3 Auszeichnungen 4 Werke Auswahl 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseLeben BearbeitenAlfred Weitnauer wurde am 1 Februar 1905 in der Reichsstrasse in der Nahe des St Mang Platzes in Kempten Allgau geboren besuchte die Volksschule und die Oberrealschule Kempten im Gebaude der heutigen Realschule an der Salzstrasse seiner Heimatstadt Schon als Schuler schrieb er Zeitungsartikel Er studierte Staatswissenschaft Geschichte und Kunstgeschichte in Wurzburg Munchen und Berlin wurde Diplom Volkswirt promovierte zum Dr oec publ und zum Dr phil jeweils mit Auszeichnung summa cum laude Zwischenzeitlich war er beim Berliner Lokal Anzeiger in der Wirtschaftsredaktion tatig im Anschluss daran arbeitete er fur die Rockefeller Stiftung an der Geschichte der Preise Als das Vermogen der Stiftung 1935 von den Nationalsozialisten eingezogen wurde gewann ihn der Kemptener Oberburgermeister Otto Merkt fur das Amt des Heimatpflegers des Kreises Schwaben und Neuburg mit Dienstsitz in Kempten Auf dieser Stelle war er zunachst als Angestellter ab 1937 im Beamtenverhaltnis als Gauvolkstumswart der NSKG und zweiter Gauheimatpfleger tatig 1 Um die Beamtenstelle zu erlangen suchte er um Aufnahme in die NSDAP nach und wurde bald darauf Parteimitglied 2 Nicht zuletzt verfasste Alfred Weitnauer zum 50 Geburtstag von Adolf Hitler eine Denkschrift in der er uber Allgauer Vorfahren des Fuhrers und Reichskanzlers spekuliert diese ist im Stadtarchiv Kempten aufbewahrt 3 Das Amt des Heimatpflegers ubte er bis zu seinem Ruhestand 1970 aus Weitnauers Verhaltnis zur NS Fuhrung war gespalten Zwar schrieb er auch im Bezug auf die Blut und Boden Ideologie und nutzte das Regime fur seine eigenen Zwecke Er war aber auch gegen die Anschauung Adolf Hitlers samtliche Werte zu vernichten und er war kein Anhanger des Antisemitismus Dies gefahrdete letztendlich auch die Heimatpflege mit der sich Weitnauer mit Herzblut befasste Eine Vielzahl der gegenuber dem Nazi Regime verfassten Bekenntnisse zielte eher auf eine Unterordnungsgeste fur die Diktatur ab um sich die Gestapo vom Leibe zu halten aber auch um andere Vorzuge daraus zu ziehen Aufgrund seiner guten Englischkenntnisse wurde er fur kurze Zeit von den US Alliierten vom 21 Juli 1945 bis zum 3 August 1945 als ehrenamtlicher Burgermeister von Kempten eingesetzt Von dem Historiker Max Spindler 1894 1986 wurde er zusammen mit dem Bistumshistoriker Friedrich Zoepfl 1885 1973 und dem Mundartforscher Eduard Nubling 1906 1997 beauftragt eine Satzung fur die neu zu grundende Schwabische Forschungsgemeinschaft zu entwerfen die 1949 gegrundet wurde 4 Spater distanzierte sich Weitnauer von der Forschungsgemeinschaft Im Jahr 1970 veroffentlichte er in seinem Rechenschaftsbericht uber 35 Jahre Heimatpflege in Schwaben dass die Gemeinschaft lediglich ein Hindernis fur seine eigenen Vorhaben war da sie die von ihm geplante Herausgabe schwabischer Geschichtsquellen bereits in ihr Programm mit aufgenommen hatte 5 6 1937 heiratete er Marie Anne Schnell Schroder aus Borkum aus der Ehe gingen drei Tochter hervor Alfred Weitnauer starb am 3 Juni 1974 in Obergunzburg im Allgau Sein Grab teilt er sich mit seiner Frau auf dem Evangelischen Friedhof in Kempten Werk BearbeitenWeitnauers weit gefacherte Interessen und Arbeitsgebiete umfassten Landeskunde Archivpflege Familienforschung Mundart Heimatkunde Volkskunde Trachtenerneuerung Denkmalpflege Museumspflege und Naturschutz Im Stadtarchiv Kempten wird sein Nachlass aufbewahrt darunter ist die sog Weitnauer Sammlung die Tausende von Dokumentationsfotos zu allen oben genannten Themenbereichen umfasst am bedeutendsten Als Heimatpfleger formte er dieses Amt er war ab Juni 1935 der zweite hauptamtliche Gauheimatpfleger nach Bartholomaus Eberl Weitnauer war es ein Herzensanliegen im bayerischen Schwaben ein eigenes schwabisches und Allgauer Bewusstsein wieder zu wecken die Schwaben wieder schwabisch zu machen und ihnen ihre Minderwertigkeitsgefuhle gegenuber den pragenden Altbaiern zu nehmen Dies fuhrte auch zu seinem Engagement zur Wiedereinfuhrung einer schwabischen Tracht die letztlich zum Allgauer Trachtenstreit zwischen Vertretern der Gebirgstrachtenbewegung und den Trachtenerneuerern fuhrte Inzwischen ist es weitgehend Konsens dass im Allgau seit mehr als 150 Jahren sowohl die Gebirgstracht als auch die stadtisch hofische Tracht parallel zueinander existieren 7 1935 grundete Weitnauer den Verlag fur Heimatpflege und veroffentlichte dort ungefahr achtzig Bucher mit einer Gesamtauflage von mehreren hunderttausend Exemplaren Auch in Zeitschriften publizierte er zahlreiche z T popularwissenschaftliche humorvolle und auch zeitkritische Aufsatze und Artikel in denen sich seine grosse schriftstellerische Begabung zeigte Obwohl er eine brillante wissenschaftliche Ausbildung besass und zeit seines Lebens unermudlich Quellen erschloss und veroffentlichte gibt es auch etliche Geschichten in seinen Veroffentlichungen deren historisch beweisbarer Kern unter literarischen Ausschmuckungen zu verschwinden droht Seine grosstenteils ohne Quellenbelege konstruierten Theorien zur Siedlungsgeschichte Kemptens sind dafur das Beispiel das die nachhaltigsten Auswirkungen zeigte Weitnauer der sich selbst als stolzer evangelischer Stadtburger darstellte behauptete das erste Kloster in Kempten habe am St Mang Platz gestanden und sei erst Jahrhunderte spater auf die Illerhochterrasse in den Bereich der Residenz verlegt worden Weitere Teile dieser Theorie waren ein frankischer Konigshof am Standort des Rathauses 8 und im Bereich der Backerstrasse ein alemannisches Dorf 9 Durch die Platzierung dieser These 1953 im ersten Band einer wissenschaftlichen Zeitschrift 1949 im ersten Einwohnermeldebuch Kemptens nach dem Zweiten Weltkrieg und 1950 in einem kleinen Stadtfuhrer 10 der in einer Hunderttausender Auflage anlasslich eines Sparkassen Jubilaums kostenlos verteilt wurde 11 wurde diese frei erfundene Version unausloschliches Allgemeingut Inzwischen sind Weitnauers siedlungsgeschichtliche Thesen durch die umfangreichen archaologischen Ausgrabungen in Kempten seit 1982 durch geologische Untersuchungen und die historische Forschung vollstandig widerlegt was jedoch nicht verhindert dass sie auch in neueren Publikationen immer wieder auftauchen 9 Auch seinem Buch von 1961 zum keltischen Erbe in Bayern mangelt es an wissenschaftlich stichhaltigen Belegen fur seine wie immer begabt formulierten und dadurch so uberzeugenden Theorien Weitnauers Hauptwerk ist die funfbandige Chronik des Allgaus 3 Textbande ein Bildband und ein Registerband fur die er in reicher Recherchearbeit Daten zusammengetragen hat Die Textbande wurden von dem bekannten Kemptener Grafiker Heinz Schubert 1912 2001 illustriert Wahrend des Zweiten Weltkriegs wurden seine Zusammenstellungen Allgauer Witze die er als Serie unter dem Titel Lachendes Allgau veroffentlichte als moralische Aufmunterung in die Frontpakete gegeben Dadurch gelang es ihm fast bis Kriegsende Papierzuteilungen und Druckkontingente zu bekommen was er auch zur Veroffentlichung anderer Werke z B seiner Quellenzusammenstellungen in der Reihe Allgauer Heimatbucher nutzte Weitnauer war in der NS Zeit als Heimatpfleger intensiv mit der Dokumentation der Bauwerke und Kunstdenkmaler des Allgaus beschaftigt Praktisch fuhrte dies zur Anlage geheimer Depots fur Kunstwerke die aus Museen und Kirchen in ganz Deutschland ins Allgau gebracht wurden und so den Krieg und die Besatzungszeit unbeschadet uberstanden Das Allgau kam auf diese Weise zum Titel des Luftschutzkellers deutscher Kunst Auch bei der durchaus riskanten Rettung historisch bedeutsamer Glocken vor dem Einschmelzen verzeichnete Weitnauer manche Erfolge Auszeichnungen BearbeitenWeitnauer wurde unter anderem mit der Ehrenburgerwurde seiner Heimatstadt 1973 mit dem Bayerischen Poetentaler 1961 mit dem Bayerischen Verdienstorden 1959 und dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet Werke Auswahl BearbeitenVenezianischer Handel der Fugger erste Dissertation 1929 Sehr schone Balladen um 1930 illustriert von Sepp Zwerch Der Reichsstadt Kempten Kriegslasten und deren Aufbringung wahrend des Dreissigjahrigen Krieges zweite Dissertation 1931 Das Lehenbuch des furstlichen Stifts Kempten von 1451 Oechelhauser Kempten 1938 Die Bevolkerung des Stifts Kempten vom Jahre 1640 Oechelhauser Kempten 1939 Das Burgerbuch der Reichsstadt Kempten Oechelhauser Kempten 1940 Die Bauern des Stifts Kempten 1525 26 Schwabenverlag Ellwangen 1949 Kempten Sehenswertes u Wissenswertes aus Geschichte Kunst und Wirtschaft der Allgauer Hauptstadt Volkswirtschaftlicher Verlag Fehr Kempten 1949 Die Allgauer Rasse im Selbstverlag Kempten 1952 Umschlagbild von Heinz Schubert spater mind 3 weitere Umschlagvariationen Allgauer Sagen Mitautor bei Hermann Endros Allgauer Zeitungsverlag Kempten 2 Auflage 1954 Allgauer Chronik ein Bildband und drei Textbande zwei Auflagen Keltisches Erbe in Schwaben und Baiern Kempten 1961 Alte Allgauer Geschlechter Verl fur Heimatpflege Kempten 1963 Allgau Urlaub Verl fur Heimatpflege Kempten 1966 Allgauer Chronik 5 Bande 1969 1972 Auch Schwaben sind Menschen zahlreiche Auflagen Bei uns im Allgau zahlreiche Auflagen Lachendes Allgau zahlreiche Auflagen Allgauer Spruche zahlreiche Auflagen Schones Allgau von A Z zahlreiche Auflagen Drei Konige im Schwabenland schwabisches Theaterstuck Allgauer Zeitungsverlag Kempten ISBN 3 88006 019 3 Echt antik schwabisches Theaterstuck Verlag fur Heimatpflege Kempten 1969 Sing nicht Vogel Schwabisches Theaterstuck Allgauer Zeitungsverlag Kempten ISBN 3 88006 009 6Literatur BearbeitenAlfred Weitnauer Schlussbilanz Ein Rechenschaftsbericht uber 35 Jahre Heimatpflege in Schwaben Verlag fur Heimatpflege Kempten Allgau u a 1970 Hilmar Sturm Alfred Weitnauer ein Lebensbild zum 100 Geburtstag In Heimat Allgau Zeitschrift fur Heimatpflege 19 Jahrgang Nr 4 2004 ISSN 0948 6593 S 8 15 Beide Quellen gibt es auch im Portal Allgauer Heimatpfleger Personlichkeiten Memento vom 6 Oktober 2007 im Internet Archive Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Alfred Weitnauer im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Alfred Weitnauer im Literaturportal Bayern Projekt der Bayerischen Staatsbibliothek Bestand Alfred Weitnauer im Katalog der Stadtbibliothek KemptenEinzelnachweise Bearbeiten Christina Rothenhausler Gutachten zu Richard Knussert im Nationalsozialismus PDF 1 1 MB vom 2 Juli 2020 148 S Seiten 63 auf Website der Stadt Kempten Allgau online auf kempten de Geschichte Abgerufen am 14 Juni 2023 Martina Steber Ethnische Gewissheiten Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 2010 S 387 Hilmar Sturm Alfred Weitnauer ein Lebensbild zum 100 Geburtstag In Heimat Allgau Zeitschrift fur Heimatpflege 19 Jahrgang Nr 4 2004 ISSN 0948 6593 S 8 15 online Eduard Nubling 30 Jahre Schwabische Forschungsgemeinschaft bei der Kommission fur bayerische Landesgeschichte Ansprache aus dem Jahre 1979 In Pankraz Fried Hrsg 50 Jahre Schwabische Forschungsgemeinschaft Studien zur Geschichte des bayerischen Schwaben 26 Schwabische Forschungsgemeinschaft Augsburg 1999 ISBN 978 3 922518 26 6 S 147 ff hier S 150 Wolfgang Zorn Grunderjahre Ein Ruckblick auf 1945 1955 In Pankraz Fried Hrsg 50 Jahre Schwabische Forschungsgemeinschaft Studien zur Geschichte des bayerischen Schwaben 26 Schwabische Forschungsgemeinschaft Augsburg 1999 ISBN 3 922518 26 5 S 71 ff hier S 80 Alfred Weitnauer Schlussbilanz Ein Rechenschaftsbericht uber 35 Jahre Heimatpflege in Schwaben Verlag fur Heimatpflege Kempten Allgau u a 1970 Interessen Gemeinschaft der Oberallgauer Gebirgstrachten und der Historischen Tracht Die Trachten im Oberallgau Abgerufen am 10 August 2023 Hans Peter Uerpmann Dorothee Ade Rademacher Gerhard Weber Beate Grentzenberg Josef Lorch Peter Zwerch Wolfgang Haberl Das Rathaus zu Kempten im Wandel der Geschichte Eine Dokumentation Hrsg Oberburgermeister der Stadt Kempten Josef Hoss Allgauer Zeitungsverlag Kempten 1987 ISBN 3 88006 128 9 S 125 f a b Birgit Kata Gerhard Weber Archaologische Befunde im Bereich der Kemptener Residenz In Birgit Kata u a Hrsg Mehr als 1000 Jahre Das Stift Kempten zwischen Grundung und Auflassung 752 bis 1802 Allgauer Forschungen zur Archaologie und Geschichte Nr 1 Verlag Likias Friedberg 2006 ISBN 3 9807628 6 6 S 41 76 hier S 58 f Kempten Sehenswertes und Wissenswertes aus Geschichte Kunst und Wirtschaft der Allgauer Hauptstadt diverse Auflagen und Ausfuhrungen Alfred Weitnauer Geschichte der Stadt und Kreissparkasse Kempten dazu Sehenswertes und Wissenswertes aus Geschichte Kunst und Wirtschaft der Allgauer Hauptstadt und der 30 Gemeinden des Landkreises Kempten Schwabenverlag Kempten 1950 Burger und Oberburgermeister von Kempten Allgau seit 1818 Georg Matthias von Konig 1818 1824 Leonhard Friedrich Schachenmayr 1824 1830 Franz Heinrich Schnitzer 1830 1836 Heinrich Wohrnitz 1836 1842 Karl Karrer 1842 1848 Franz Heinrich Schnitzer 1848 1850 Albert Kummer 1851 1854 Sebastian Arnold 1854 1873 Franz Seraph Korrn 1873 1881 Adolf Horchler 1881 1919 Otto Merkt 1919 1942 Anton Brandle 1942 1945 Otto Merkt 1945 Alfred Weitnauer 1945 Bernhard Stirnweiss 1945 1946 Anton Gotz 1946 1948 Georg Volkhardt 1948 1952 August Fischer 1952 1970 Josef Hoss 1970 1990 Wolfgang Rossmann 1990 1996 Ulrich Netzer 1996 2014 Thomas Kiechle seit 2014 Normdaten Person GND 117307025 lobid OGND AKS LCCN n84219341 VIAF 115162472 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Weitnauer AlfredKURZBESCHREIBUNG deutscher Schriftsteller Historiker und VolkskundlerGEBURTSDATUM 1 Februar 1905GEBURTSORT Kempten Allgau STERBEDATUM 3 Juni 1974STERBEORT Obergunzburg Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Alfred Weitnauer amp oldid 236283757