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Den Westfalischen Landstandepokal Arnsberger Landstandepokal oder Arnsberger Willkomm hat Kurfurst Maximilian Heinrich von Bayern 1667 in seiner Eigenschaft als Herzog von Westfalen den westfalischen Landstanden geschenkt Der Pokal war bei zahlreichen feierlichen Anlassen im Herzogtum aber auch bei Kaiserkronungen in Gebrauch Westfalischer LandstandepokalInhaltsverzeichnis 1 Schenkung 2 Beschreibung 3 Symbolik 4 Kunstler 5 Aufbewahrung 6 Verwendung 7 Weiterer Verbleib 8 Einzelnachweise 9 LiteraturSchenkung BearbeitenDie Schenkung fand anlasslich des Landtages von 1667 statt Ein direkter Zusammenhang mit der dort erfolgten Bewilligung von 15 000 Reichstalern ist unwahrscheinlich da die Vergabe des Auftrages zur Herstellung des Pokals Monate fruher stattgefunden hatte 1 Moglicherweise vorangegangen war ein unbekanntes Huldigungsgeschenk der Stande an den Fursten das dieser im Einklang mit den damaligen Gepflogenheiten mit dem Landstandepokal entgegnete Die Stiftungsurkunde ist am 22 Januar 1667 auf dem Arnsberger Schloss ausgefertigt worden 2 Beschreibung BearbeitenDer Pokal ist 71 5 cm hoch Der Durchmesser betragt oben 25 cm und unten 24 8 cm Hergestellt ist er aus vergoldetem Silber Kristallglas und Glasflussen Der Scheibenfuss ist leicht gewolbt und ist mit einem gewundenen Band bedeckt Darin befinden sich eingefasste farbige Glasflusse Daruber befindet sich ein gekehlter Sockel aus Akanthusblattern Uber dem Sockelbereich folgt ein grosser Doppeladler als Symbol des heiligen Romischen Reiches Ungewohnlich sind seine gekreuzten Halse In einem der Fange halt er den Reichsapfel Entgegen der heraldischen Norm halt der Adler den Reichsapfel in seinem rechten Fang und es fehlt ein Zepter 3 Uber dem Adler befindet sich eine Krone Diese ist sehr stilisiert und ist vermutlich in ihrer heutigen Form die Folge eines spateren Austausches der Pokalschale im Jahr 1708 3 Daruber erhebt sich unter einem Blattkranz eine glaserne halbkugelformige Schale die kraftige wulstige Rippen aufweist Eingeschnitten oder geschliffen sind Blutenzweige Insekten und das Wappen des Kurfurstentums Koln von Lowen flankiert Die Pokalmundung ist mit einem Reif von hangenden Akanthusblattern eingefasst Die Schale ist nicht original sondern wurde nach Beschadigungen wohl 1708 angefertigt Auf der Schale befindet sich eine ebenfalls halbkugelformige Deckelkalotte Diese diente bis 1708 als Pokalschale und wurde spater zum Deckel umgearbeitet Die dort eingeschliffenen Pflanzen sind deutlich kraftiger als die der Schale Das personliche Wappen des Kurfursten steht auf dem Kopf Hinzu kommt ein Jager mit seinem Hund Die Mundung ist mit einem Lorbeerkranz gefasst In diesem sind farbige Steine angebracht Den Deckel kront das Bildnis eines sich aufbaumenden Westfalenrosses 4 nbsp Maximilian Heinrich von BayernDer Steinschmuck bestand ursprunglich aus 69 Steinen aus Glasfluss Im Text der Verleihungsurkunde heisst es auss sonderbarer kunst und selbst eigener invention Daraus wird geschlossen dass der Kurfurst der sich fur Alchemie interessierte und ein Konner in der Kunst des Steinschliffs war die Steine selbst hergestellt und geschliffen hat 5 Symbolik BearbeitenDer Pokal folgt einem symbolischen Konzept und spiegelt die Rolle des Herzogtums Westfalens im Heiligen Romischen Reich wider Die Basis mit dem Doppeladler steht fur das Reich selbst Im Mittelpunkt steht das Kurfurstentum Koln mit den Glasschalen und den kurfurstlichen Wappen Daruber erhebt sich das Westfalenross als Symbol des Herzogtums Westfalen Der Deckelwulst mit dem Lorbeerkranz steht fur Ruhm Das Eichenlaub fur Kraft und Starke Die blauen Steine symbolisieren Heiligkeit Wahrheit unheilabwendende Kraft und gottliche Tugenden Die roten und orangen Steine auf der Brust des Reichsadlers und des Pferdes stehen fur Konigtum Wurde und Macht Die grunen Steine symbolisieren Reinheit Keuschheit Unsterblichkeit Hoffnung und Glaube 6 Kunstler Bearbeiten nbsp Detailansicht Schaftbereich mit dem DoppeladlerDie Herkunft des Stuckes ist unklar Es fehlen Kennzeichnungen der Werkstatte Man ging einige Zeit von einer Augsburger Herkunft aus Aber dies erscheint aus verschiedenen Grunden eher unwahrscheinlich So sind die Fassungen fur die angebrachten Steine fur Augsburger Verhaltnisse zu einfach Auch hatten Augsburger Werkstatten dunnwandigeres Glas verwandt 7 Moglicherweise wurde der Pokal aus verschiedenen bereits vorhandenen Einzelteilen zusammengesetzt Die Goldschmiede stammten dabei aus Suddeutschland oder aus Koln Offenbar stammen Fuss und Schaft aus einer Hand Ob die Glasarbeiten ebenfalls alteren Ursprungs sind ist nicht klar Aber das kronende Pferd war eine eigenstandige Kleinplastik die fur den Pokal zu einem Westfalenross umgearbeitet wurde Die stilistische Nahe zu zeitgenossischen liturgischen Geraten wie etwa Monstranzen kann neben der Person des Auftraggebers auch damit zu tun haben dass die ausfuhrende Werkstatte hauptsachlich geistliche Gegenstande fertigte Es konnte sich um die des Kolner Meisters Christian Schweling den Alteren gehandelt haben aber auch andere Werkstatten kommen in Frage 8 Aufbewahrung Bearbeiten nbsp Detailansicht WestfalenrossUrsprunglich wurde das Stuck im Archiv des Arnsberger Schlosses verwahrt Nach dem Abriss des als Archiv dienenden Turms wurde es im Schloss selbst aufbewahrt Nach dem Tod von Clemens August I von Bayern fand sich der Pokal 1761 als reprasentatives Schatzkammerstuck in der kurfurstlichen Garderobe Die Zerstorung und die Plunderung des Schlosses ein Jahr spater hat der Pokal auf unbekannte Weise uberstanden Danach wurde es im Archivturm des Rathauses Arnsberg das auch als Tagungsgebaude der Landstande diente aufbewahrt 9 Verwendung BearbeitenUber seine genaue Verwendung gibt es kaum zeitgenossische Aussagen Nach Auskunft eines hessischen Beamten aus dem Jahr 1808 scheint der Pokal zu Zeiten des Herzogtum anlasslich der Landtage Huldigungen und anderen festlichen Gelegenheiten wie den Festtafeln der Landstande und Kurfursten genutzt worden zu sein um aus demselben offentlich die Gesundheit Vivat Dux et Ducatus auszubringen Die schon im 18 Jahrhundert ubliche Bezeichnung Willkomm legt nahe dass er auch zum Empfang und zur Huldigung des Landesherren bei dessen Ankunft im Herzogtum diente Auch zur Begrussung neu aufgeschworener Ritter durfte er verwandt worden sein 10 Maximilian Friedrich von Konigsegg hat 1764 den Pokal zu Reprasentationszwecken mit zur Kronung des Kaisers Joseph II nach Frankfurt genommen Der Pokal wurde wahrscheinlich beim Kronungsmahl gezeigt Dasselbe war 1790 unter Maximilian Franz von Osterreich bei der Kronung von Leopold II der Fall Dazu haben die Landstande ihre Genehmigung erteilt Zum letzten Mal verwandt wurde der Pokal anlasslich des von Ludwig von Hessen einberufenen letzten Landtag von 1803 11 Weiterer Verbleib Bearbeiten nbsp Ludwig X I von Hessen DarmstadtNach dem Ubergang des Herzogtums Westfalen an Hessen Darmstadt veranlasste Ludwig I der ein passionierter Sammler von Alterthumern war 1808 die Uberstellung des Pokal nach Darmstadt Seine Sammlung aber auch der Darmstadter Hof insgesamt wies nur vergleichsweise wenige hochwertige Silberarbeiten auf Daher war Ludwig an dem Erwerb des Stuckes lebhaft interessiert Der Pokal bildete schliesslich ein Zentrum der furstlichen Sammlung barocker Silberarbeiten 4 Nach dem Ubergang des Herzogtums Westfalens an Preussen gab es zahlreiche vergebliche Versuche von preussischer Seite einige wertvolle Stucke darunter auch den Willkomm von Hessen Darmstadt zuruckzubekommen Auch im 20 Jahrhundert verliefen vergleichbare Bemuhungen ergebnislos Erstmals in Arnsberg als Leihgabe wieder zu sehen war der Willkomm 1977 anlasslich einer Ausstellung zur Goldschmiedekunst im kurkolnischen Sauerland Im Jahr 1996 wurde eine originalgetreue Replik angefertigt 12 Da das Hessische Landesmuseum Darmstadt in dem der Pokal normalerweise aufbewahrt wird renoviert wird ist er seit 2009 als Leihgabe fur mehrere Jahre im Sauerlandmuseum in Arnsberg zu sehen 13 Einzelnachweise Bearbeiten Heller S 9 Reissland S 11f a b Reissland S 20 a b Heller S 7 Reissland S 26 Gosmann S 51 Reissland S 28 Heller S 8 Reissland S 27f Gosmann S 52 Gosmann S 53 Reissland S 11f S 17 Gosmann S 57 Dazu ausfuhrlich Gosmann S 61 69 Theo Hirnstein Hessens Beute kehrt zuruck In Westfalenpost vom 24 April 2009Literatur BearbeitenMichael Gosmann Hrsg Der Arnsberger Landstandepokal von 1667 Eine Stiftung des Kolner Kurfursten Maximilian Heinrich von Bayern fur das Herzogtum Westfalen Heimatbund Arnsberg 1997 ISBN 3 930264 14 5 Stadtekundliche Schriftenreihe uber die Stadt Arnsberg 23 Darin Carl Benno Heller Der Arnsberger Landstandepokal im Hessischen Landesmuseum Darmstadt S 7 10 Ingrid Reissland Ein gewisses silbern vergeuldtes Trinkgeschirr gnadigst verehret Zur Ikonographie des Arnsberger Landstandepokals S 11 32 Michael Gosmann Zur Geschichte des Willkomms der Landstande des Herzogtums Westfalen S 47 78 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Westfalischer Landstandepokal amp oldid 239260847