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Carl Balthasar Walter Heerdt 9 Marz 1888 in Frankfurt am Main 2 Februar 1957 ebenda war ein deutscher Chemiker Er gilt als Erfinder des Zyklon B Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Schulzeit und Studium 1 2 Berufstatigkeit 1 2 1 Tatigkeit fur Degussa und TASCH 1 2 2 Entwicklung des Zyklon B 1 2 3 Grunder und Geschaftsfuhrer der HeLi Heerdt Lingler 1 2 4 Wahrend des Nationalsozialismus 1 2 5 Nach dem Zweiten Weltkrieg 2 Publikationen 3 Literatur 4 EinzelnachweiseLeben BearbeitenSchulzeit und Studium Bearbeiten Der Sohn eines Kaufmanns besuchte die Wohlerschule und anschliessend das Goethe Gymnasium in seiner Heimatstadt Nach dem Abitur reiste Heerdt zunachst fur vier Monate nach Schottland und England bevor er im Herbst 1906 ein Studium der Chemie an der Universitat Munchen aufnahm Nachdem er das chemische Verbandsexamen bestanden hatte ging er Ende des Jahres 1910 nach Giessen Im Februar 1911 promovierte er an der dortigen Universitat bei Karl Elbs Uber die Reduktion von Naphtolcarbonsauren zu Aldehyden Mit der Arbeit an seinem Dissertationsthema hatte Heerdt bereits im Munchner Laboratorium von Hugo Weil 1863 1942 begonnen den er neben Elbs als Lehrer ansah Berufstatigkeit Bearbeiten Tatigkeit fur Degussa und TASCH Bearbeiten Heerdt arbeitete anschliessend fur die Deutsche Gold und Silber Scheideanstalt Degussa in deren amerikanischem Tochterunternehmen Roessler amp Hasslacher er zwischen 1912 und 1916 in der Schadlingsbekampfung tatig war Dabei arbeitete er mit Cyanwasserstoff Blausaure der vor allem in den USA zur Entwesung gefallter Baume eingesetzt wurde 1 Zuruck in Deutschland ubernahm er 1917 die Leitung des Technischen Ausschusses fur Schadlingsbekampfung TASCH den Fritz Haber vom Kaiser Wilhelm Institut fur physikalische Chemie in Berlin in Zusammenarbeit mit der Degussa eingerichtet hatte und der an das Preussische Kriegsministerium angeschlossen war Die Mitarbeiter des TASCH fuhrten mit Blausaure Begasungen von Getreidesilos Militaranlagen und Grenzubergangen durch 2 Mit Ende des Ersten Weltkriegs wurde Heerdt von Haber als Geschaftsfuhrer des TASCH eingesetzt der an das Reichswirtschaftsministerium angegliedert wurde und noch bis zum 31 Marz 1919 bestehen blieb Unter Heerdts Leitung stand ab 1920 auch die von Haber als offentlich rechtliche Korperschaft initiierte Deutsche Gesellschaft fur Schadlingsbekampfung Degesch die im Marz 1919 mit gemeinnutzigem offentlich rechtlichem Status gegrundet 1920 von einem Firmenkonsortium ubernommen und schliesslich 1922 von der Degussa gekauft und damit privatisiert wurde 3 Mit der Degesch sollten die Verfahren zur Schadlingsbekampfung mit Blausaure welche der TASCH erprobt hatte allgemein zuganglich gemacht werden 1 Wesentliche Forschungsarbeiten wurden weiterhin in Habers Kaiser Wilhelm Institut durchgefuhrt Entwicklung des Zyklon B Bearbeiten Da gasformige Blausaure sowohl geruchsneutral und farblos ist als auch fur den Menschen todlich wirkt in flussigem Zustand aber explosiv ist und dazu neigt sich durch Polymerisation zu zersetzen suchte man nach Wegen ein nichtfluchtiges Derivat mit Warnstoffen zu entwickeln Ein erstes von Ferdinand Flury und Albrecht Hase entwickeltes Praparat aus Cyan und Chlor verbindungen liess sich die Degesch 1920 unter dem Namen Zyklon patentieren Dies war allerdings in der Herstellung kostspielig und wurde ausserdem nach den Bestimmungen des Versailler Vertrages verboten weil Bestandteile des Praparats von der deutschen Armee im Ersten Weltkrieg als Giftgase eingesetzt worden waren 4 5 1922 gelang es Heerdt saugfahige Tragermaterialien zunachst Kieselgur Granulat mit Blausaure zu tranken die in Dosen gepresst werden konnten 4 Die Herstellung erfolgte unter primitiven Umstanden in einem holzernen Pferdestall mit Hilfe von Werkstudenten 6 1923 und 1924 entwickelte Heerdt gemeinsam mit Bruno Tesch und weiteren Chemikern einen modifizierten Warnstoff der nicht unter das alliierte Verbot von Chemiewaffen fiel In Abgrenzung von der fruheren Formel nannten die Chemiker das Produkt Zyklon B 4 Degesch und Degussa meldeten verschiedene Patente auf das Zyklon B Verfahren an Heerdt erhielt im Rahmen eines 1926 geschlossenen Erfindervertrages eine Vergutung von 0 8 bis 1 7 der verkauften Menge des Zyklon B und eine Beteiligung von 10 bei einer Lizenzvergabe der Degesch an Dritte 7 Am 27 Dezember 1926 erteilte das Reichspatentamt das Zyklon B Patent bei dem Walter Heerdt als Erfinder angegeben wurde ruckwirkend zum 22 Juni 1922 an die Degesch DRP 438818 8 Das Zyklon B wurde in der Dessauer Zuckerraffinerie industriell hergestellt und zunachst als Zyklon vertrieben Der Name Zyklon B fand intern zur Unterscheidung vom Vorgangerprodukt Zyklon A Verwendung 7 Grunder und Geschaftsfuhrer der HeLi Heerdt Lingler Bearbeiten Am 24 August 1925 grundete Heerdt der erst Ende 1925 als Geschaftsfuhrer der Degesch ausscheiden sollte gemeinsam mit dem Kaufmann Johann Lingler Prokurist der Degesch die Firma Heerdt Lingler HeLi in Frankfurt am Main Die HeLi schloss einen Vertrag mit der Degesch der ihr als Handelsfirma das Monopol fur den Vertrieb und die Anwendung fur Degesch Produkte sudwestlich der Elbe einraumte Dazu gehorten im Ausland auch Osterreich Ungarn die Balkanlander Polen Holland und Agypten Ziel dieser vom Vorstandsmitglied der Degussa Hermann Schlosser initiierten Umorganisation der Degesch war die Verringerung des Geschaftsrisikos durch Dezentralisierung Eine weitere Handelsfirma wurde Tesch amp Stabenow die Bruno Tesch aus Verargerung daruber dass nur Heerdt einen Erfinder Vertrag fur das Zyklon B erhalten hatte bereits 1924 gegrundet hatte 9 Heerdt sass auch im elfkopfigen Verwaltungsrat der Degesch 10 Das Zyklon B Patent erwies sich als wirtschaftlicher Erfolg wenngleich die grossten Gewinne bis 1938 im Ausland gemacht wurden In ihrer Studie zur Geschichte des Zyklon B erklarten Jurgen Kalthoff und Martin Werner 1998 dass Zyklon B zum fuhrenden Begasungsmittel in der Schadlingsbekampfung geworden sei 11 Der Historiker Peter Hayes wies dagegen auf ernst zu nehmende Konkurrenz durch Arsen und Schwefelverbindungen sowie Praparaten auf Dampfbasis hin 10 Wahrend des Nationalsozialismus Bearbeiten 1931 hatte die Degesch 51 der Geschaftsanteile der HeLi ubernommen deren ausserdeutsches Vertragsgebiet gleichzeitig erweitert worden war 12 Heerdt blieb bis Mitte Juli 1941 alleiniger Geschaftsfuhrer der HeLi Zu diesem Zeitpunkt wurde seine Frau wegen einer Bemerkung in einem abgefangenen Brief von der Gestapo verhaftet Heerdt lag mit Herzproblemen bis Anfang Februar 1942 im Krankenhaus Der Gauwirtschaftsberater der NSDAP in Hessen Nassau Karl Eckardt forderte im August 1941 von der Degesch die sofortige Abberufung Heerdts als Geschaftsfuhrer Heerdt und seine Familie seien bekannt dafur dass sie jede Beruhrung mit der Partei vermieden und den deutschen Gruss nicht gebrauchten Bei einer Hausdurchsuchung sei belastendes Material gefunden worden so dass mit Heerdts Vorladung oder Inhaftierung zu rechnen sei Der Degussa Direktor Hermann Schlosser lehnte es ab sich fur Heerdt zu verwenden der vom Krankenbett aus am 21 August 1941 seinen Rucktritt einreichte und durch Gerhard Peters ersetzt wurde Nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus wurde auch Heerdt durch die Gestapo verhaftet Auf Intervention Winifred Wagners bei Heinrich Himmler wurden er und seine Frau im Marz 1942 mit der Auflage entlassen Frankfurt zu verlassen 13 Heerdt siedelte nach Nussdorf am Attersee in Osterreich uber Der 1943 auslaufende Erfindervertrag fur das Zyklon B wurde nicht erneuert Heerdt erhielt ab 1943 eine monatliche Mitarbeitervergutung in Hohe von 200 Reichsmark von der Degesch und weitere 600 RM bzw 200 RM monatlich von der HeLi als Lebensversicherungs Zuschuss Hinzu kamen 6000 RM jahrlich aus Heerdts Geschaftsanteil 14 Nach dem Zweiten Weltkrieg Bearbeiten Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs schied Peters aus der Geschaftsfuhrung der Degesch aus Heerdts politische Schwierigkeiten wahrend des Nationalsozialismus pradestinierten ihn fur die Leitung der Degesch und er wurde wieder zum Geschaftsfuhrer der Degesch bestellt Diese Position hatte er bis zu seinem Tod inne 15 Publikationen BearbeitenUber die Reduktion von Naphtolcarbonsauren zu Aldehyden Hofling Munchen 1911 Zugleich Dissertation an der Universitat Giessen 1911 Die neuen Verfahren und Vorrichtungen zur Sanierung von ungeziefer verseuchten Wohnstatten S L a 1923 Literatur BearbeitenJurgen Kalthoff Martin Werner Die Handler des Zyklon B Tesch amp Stabenow eine Firmengeschichte zwischen Hamburg und Auschwitz VSA Hamburg 1998 ISBN 3 87975 713 5 Peter Hayes Die Degussa im Dritten Reich Von der Zusammenarbeit zur Mittaterschaft ubersetzt von Anne Emmer Beck Munchen 2004 ISBN 978 3 406 52204 8 Einzelnachweise Bearbeiten a b Peter Hayes Die Degussa im Dritten Reich Von der Zusammenarbeit zur Mittaterschaft C H Beck Munchen 2004 ISBN 978 3 406 52204 8 S 284 Hayes Die Degussa im Dritten Reich S 284f Hayes Die Degussa im Dritten Reich S 285 a b c Hayes Die Degussa im Dritten Reich S 285f Jurgen Kalthoff und Martin Werner Die Handler des Zyklon B Tesch amp Stabenow eine Firmengeschichte zwischen Hamburg und Auschwitz VSA Hamburg 1998 ISBN 3 87975 713 5 S 28 30 Kalthoff und Werner Die Handler des Zyklon B S 56 f a b Kalthoff und Werner Die Handler des Zyklon B S 58f Patent DE438818 Verfahren zur Schadlingsbekampfung Angemeldet am 20 Juni 1922 veroffentlicht am 27 Dezember 1926 Anmelder Degesch Erfinder Walter Heerdt Kalthoff und Werner Die Handler des Zyklon B S 234 Kalthoff und Werner Die Handler des Zyklon B S 62f Hayes Die Degussa im Dritten Reich S 289 a b Hayes Die Degussa im Dritten Reich S 292 Kalthoff und Werner Die Handler des Zyklon B S 79 Kalthoff und Werner Die Handler des Zyklon B S 82 Kalthoff und Werner Die Handler des Zyklon B S 112f Kalthoff und Werner Die Handler des Zyklon B S 113 Hayes Die Degussa im Dritten Reich S 350 Kalthoff und Werner Die Handler des Zyklon B S 216 Hayes Die Degussa im Dritten Reich S 312 Normdaten Person GND 1026852390 lobid OGND AKS VIAF 263765715 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Heerdt WalterALTERNATIVNAMEN Heerdt Carl Balthasar WalterKURZBESCHREIBUNG deutscher ChemikerGEBURTSDATUM 9 Marz 1888GEBURTSORT Frankfurt am MainSTERBEDATUM 2 Februar 1957STERBEORT Frankfurt am Main Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Walter Heerdt amp oldid 232064158