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Die Waldglashutte im Reiherbachtal auch als Glashutte Kreickgrund I bezeichnet war eine spatmittelalterliche Glashutte die im Tal des Reiherbachs zwischen Polier und Bodenfelde im heute niedersachsischen Solling lag Die Relikte der Glashutte die wahrend des 15 Jahrhunderts Waldglas herstellte liegen heute im Erdreich einer Wiese an einem kleinen Bachlauf Seit dem Jahr 2012 wird die Stelle an der sich oberirdisch keine Baulichkeiten erhalten haben von der Martin Luther Universitat Halle Wittenberg archaologisch untersucht Ausgrabung der Waldglashutte im Reiherbachtal August 2013 Inhaltsverzeichnis 1 Lage 2 Allgemeines 3 Entdeckung 4 Grabungskampagnen 4 1 2012 4 2 2013 4 3 2014 4 4 2015 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseLage Bearbeiten nbsp Reiherbachtal im Bereich des Kreickgrundes mit Bachlauf und GrabungsstelleDie Waldglashutte lag etwa zwei Kilometer nordlich von Bodenfelde in dem vom Reiherbach durchflossenen Reiherbachtal ostlich der Landesstrasse 551 auf 150 Meter u NN Die Fundstelle befindet sich in Hohe eines namenlosen Tals das fruher die Bezeichnung Kreickgrund trug und ein ostliches Nebental des Reiherbachtals darstellt Unmittelbar an der fruheren Glashutte fuhrt ein kleiner Bach vorbei der weiter oberhalb nahe der Erhebung Heidkopf entspringt und das langgestreckte Wiesental des Kreickgrundes durchfliesst Weiter oberhalb im Tal bestand die fruhmittelalterliche Waldglashutte im Kreickgrund Allgemeines BearbeitenIm naheren Umfeld von Bodenfelde finden sich in Talern und hoher gelegenen Waldbereichen mindestens 11 fruhere Glashuttenstandorte Das Gebiet zwischen Bodenfelde und Nienover diente uber Jahrhunderte als Standort fur Waldglashutten 1 Im Solling tauchen mittelalterliche Waldglashutten bereits im 12 Jahrhundert auf wie die Waldglashutte am Giersberg In der spatmittelalterlichen Wustungsperiode im 14 Jahrhundert ist eine Huttentradition kaum noch nachweisbar wahrend in der fruhen Neuzeit im 16 Jahrhundert eine neue Produktionsphase einsetzte von der beispielsweise die Waldglashutte am Lakenborn zeugt Bis ins 20 Jahrhundert gehorte das waldreiche Weserbergland einschliesslich des Sollings zu den wichtigsten Herstellungsgebieten von Glas in Europa Die Glasmacherei war hier ein exportierendes Spezialgewerbe dem eine uberregionale und internationale Bedeutung zukam Die Hutten lagen meist in abgelegenen Waldgebieten die fur andere Zwecke wie die Jagd wenig lohnend waren Nicht unerheblich profitierten die Landesherren als Grundeigentumer des Waldes vom Huttenzins Wenn nach maximal 25 Jahren die Holzvorrate in der naheren Umgebung aufgebraucht waren wanderten die Waldglashutten weiter In der Glashuttenforschung ist die Erkenntnislage zu den vorindustriellen Produktionsanlagen der Waldglashutten noch unzureichend Dies liegt am schlechten Erhaltungszustand der Bodenrelikte Von den Glasofen bleiben haufig nur die untersten Teile der steinernen Fundamente und wie in diesem Fall ein mit Ziegeln ausgelegter Boden erhalten Damit lassen sich zwar die Umrisse und die Anordnung der Ofen rekonstruieren doch die Bauweise der hoher gelegenen Ofenteile kann nur vermutet werden Es ist anzunehmen dass die zum Teil schlechte Fundlage auch auf die damaligen Glasmacher zuruckzufuhren ist Nach der Aufgabe der Hutte konnten sie die Anlage demontiert oder zerstort haben um ihr Betriebsgeheimnis zu huten Entdeckung BearbeitenDen Standort der Waldglashutte im Reiherbachtal entdeckte ein Heimatforscher im Jahr 2004 bei der Suche nach einer Wustung 2 Ihm war eine Urkunde des Herzogs Otto des Einaugigen des Furstentums Gottingen bekannt 3 die die Ubereignung einer Muhle an das Kloster Lippoldsberg in der um 1400 wust gefallenen Siedlung Bredenbeke 4 zum Inhalt hat Die Siedlungsstelle konnte der Heimatforscher im Reiherbachtal lokalisieren als er in Bachnahe auf Steinfundamente von fruheren Gebauden stiess und mittelalterliche Keramik fand Da er im Bachbett auch einen Stein mit Glasschmelzresten fand was auf eine Glashutte hinwies suchte er bachaufwarts weiter Rund 100 Meter von der Wustungsstelle entfernt stiess er auf die Reste einer Waldglashutte durch Scherben von Glasschmelzgefassen im Bachbett Die Fundstelle tragt die offizielle Bezeichnung Glashutte Kreickgrund I und ist als Bo 5 Bodenfelde klassifiziert Im Tal des Kreickgrundes finden sich hoher gelegen mit Kreickgrund 2 und Kreickgrund 3 bzw Bo 6 und Bo 7 zwei weitere Fundstellen von einstigen Glashutten oder deren Produktionsresten 5 Grabungskampagnen Bearbeiten2012 Bearbeiten Eine erste Ausgrabung fuhrte das Institut fur Kunstgeschichte und Archaologien Europas IKARE der Martin Luther Universitat Halle Wittenberg im Jahre 2012 durch Sie wurde wie auch die folgenden Grabungen vom Sollingverein dem Flecken Bodenfelde und der Stadt Uslar unterstutzt Die Ausgrabung erfolgte als Lehr und Forschungsgrabung durch den Archaologen Hans Georg Stephan mit rund 15 Studenten Zuvor war auf dem Gelande eine geophysikalische Prospektion mit der zerstorungsfreien Methode der Geomagnetik vorgenommen worden Damit konnen Besonderheiten oder Veranderungen im Boden wie menschliche Bodeneingriffe durch die Errichtung von Gebauden oder Ofenstellen festgestellt werden Durch den Einsatz eines Magnetometers konnten im Boden Gebaudestrukturen der ehemaligen Glashutte mit mindestens drei Ofen erkannt werden Bei einem Grabungsschnitt vom Bachbett hinauf zum Plateau des Huttenplatzes sowie auf einer kleinen freigelegten Flache wurden Grundmauern von Brennofen und mit Glas durchsetzte Steine sowie Glasscherben entdeckt Die Funde lassen darauf schliessen dass die Glashutte im Zeitraum von 1420 bis 1460 Glasgefasse fur den alltaglichen Gebrauch und Fensterglas herstellte Dazu zahlen blaue und rote Farbglaser die fur Kirchenfenster produziert wurden Ein gefundener Silberpfennig aus Bremen entstammt der Zeit um 1420 er kam anscheinend auf dem Schiffswege uber die Weser in die Region 2013 Bearbeiten nbsp Ausgrabungsgelande nach Ende der Grabung Herbst 2013Bei der Grabung im Jahre 2013 wiederum mit 16 Studenten der Martin Luther Universitat Halle Wittenberg wurden die Reste von zwei Glasnebenofen entdeckt die stark zerstort waren Vermutlich sind die Ofen und die Produktionshalle nach Betriebsende abgetragen worden Die Grosse des Betriebsareals lasst darauf schliessen dass zwei Glasmeister in der Hutte tatig waren Der Fund eines Dachziegels weist darauf hin dass zur Glashutte feste Gebaude gehorten die eingedeckt waren Da Waldglashutten ublicherweise nicht langer als 25 Jahre bestanden ist die massive Bauweise ein Indiz fur einen einst lohnenswerten Betrieb Die Ausgraber untersuchten auch eine unterhalb der Glashutte am Bachrand entdeckte Halde mit Produktionsresten Darunter befand sich grunliches sowie blaues und rot uberfangenes Glas Des Weiteren wurden in der Abfallhalde Fragmente von grossen und dickwandigen Glasschmelzgefassen festgestellt Die Funde belegen dass in der Hutte Flach und Hohlglas hergestellt wurde Die Grabungsergebnisse bestatigten die bereits im Jahr 2012 vorgenommene Datierung der Hutte in das 15 Jahrhundert Die Einschatzung beruht auf Fragmenten vorgefundener Gebrauchskeramik sowie technischer Keramik darunter Reste von Glasschmelzgefassen und Glas nbsp Ausgrabungsbereich der fruheren Halden mit Produktionsabfallen direkt am BachlaufDie Grabungskampagne 2013 war ursprunglich auf acht Wochen angesetzt und wurde wegen der ausgiebigen Funde um zwei Wochen verlangert 2014 Bearbeiten An einer funfwochigen Ausgrabung im Jahre 2014 waren 10 Studierende aus Berlin Freiburg Halle China Grossbritannien und Vietnam beteiligt Zu den Funden gehorten insbesondere Bruchstucke von Schmelzhafen in denen Glas geschmolzen wurde Weitere Funde waren blaue grune und rote Glasscherben Aus ihnen lasst sich schliessen dass die Glasmacher sich damals weniger auf grunes Gebrauchsglas als auf buntes Flachglas etwa fur Kirchenfenster spezialisiert hatten 6 Erkenntnisse uber die Art der Brennofen konnten in der Grabungskampagne 2014 nicht gewonnen werden dies soll bei einer weiteren Grabung im Jahre 2015 erfolgen 7 2015 Bearbeiten Die vierte Grabungskampagne erfolgte im Jahr 2015 und dauerte drei Monate an Sie erfolgte durch zwolf Mitarbeiter in Form von Studenten und Arbeitskraften An den Untersuchungen waren das Institut fur Archaologie Denkmalkunde und Kunstgeschichte der Universitat Bamberg sowie die Hochschule fur Technik und Wirtschaft Berlin beteiligt Die drei beteiligten Hochschulen fuhrten bei der Grabung ein von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt gefordertes Forschungsprojekt zur schadensfreien Bergung und Konservierung von mittelalterlichem Glas durch 8 Zu den Funden an zwei Neben und einem Hauptofen gehorten Glashafen sowie Scherben von grunlichem blauem und rotem Glas Sie bestehen Analysen zufolge aus Holzascheglas bzw Holzaschekalkglas also Waldglas Es gibt Uberlegungen die Fundstucke nach weiteren Untersuchungen als Dauerleihgabe im Museum in Uslarer auszustellen Geomagnetische Untersuchungen ergaben dass die Produktionsflache der Glashutte ohne die Abraumhalden etwa 1000 m gross war 9 10 Literatur BearbeitenFrank Muntefering Aus dem Reich der Mitte in den Solling In Taglicher Anzeiger Holzminden vom 17 August 2013 Online Kurzfassung Frank Muntefering Ein Dachziegel und ein glatter Stein geben Hinweise In Taglicher Anzeiger Holzminden vom 8 Oktober 2013 Online Kurzfassung Hans Georg Stephan Der Solling im Mittelalter Archaologie Landschaft Geschichte im Weser und Leinebergland Siedlungs und Kulturlandschaftsentwicklung Die Grafen von Dassel und Nienover Dormagen 2011 ISBN 9783938473153 Hans Georg Stephan Mittelalterliche Waldglashutten im Weserbergland Neue Forschungen zu den Anfangen der Technologie des europaischen Holz Asche Glases in der Karolingerzeit und zu einer Huttenlandschaft des 15 Jahrhunderts an der Oberweser In Stadt Land Burg Festschrift fur Sabine Felgenhauer Schmiedt Studia honoraria 34 Leidorf Rahden Westf 2013 ISBN 978 3 89646 553 5 S 377 393 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Waldglashutte im Reiherbachtal Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Internetseite zur Lehr und Forschungsgrabung Glashutten Bodenfelde mit Fundstucken und Karten Glasspur bis ins Mittelalter in Hessische Niedersachsische Allgemeine HNA vom 4 September 2012 Auf der Spur der Glasscherben im Solling Memento vom 13 Oktober 2012 im Internet Archive beim NDR vom 9 Oktober 2012 Mittelalterliche Glashutte Neue Suche nach Scherben in HNA vom 9 August 2013Einzelnachweise Bearbeiten Karte mit Standorten von 11 Waldglashutten bei Bodenfelde Roland Henne Standorte mittelalterlicher Waldglashutten im Hochsolling und im Raum Bodenfelde Teil II In Sollinger Heimatblatter 1 2005 S 14 ff Uber 200 Glashutten gibt es im mittelalterlichen Weserbergland Memento vom 3 Januar 2016 im Internet Archive In Taglicher Anzeiger Holzminden vom 13 Oktober 2010 Siehe Literatur Hans Georg Stephan Der Solling im Mittelalter S 446 und Wustungsliste S 468 Siehe Literatur Hans Georg Stephan Der Solling im Mittelalter S 522 Erste wissenschaftliche Ausgrabung einer Glashutte des spaten Mittelalters In HNA vom 8 August 2014 Funde der fruheren Glasproduktion in HNA vom 17 September 2014 Geheimnisse der Glashutten werden geluftet in Taglicher Anzeiger Holzminden vom 30 Juni 2015 pdf Jurgen Dumnitz Spuren zur altesten Glashutte Online in HNA vom 21 August 2015 Jurgen Dumnitz Spuren zur altesten Glashutte als PDF in HNA vom 21 August 201551 660561 9 546628 Koordinaten 51 39 38 N 9 32 47 9 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Waldglashutte im Reiherbachtal amp oldid 229455066