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Als Vorzugsjude oder auch Austauschjude wurden in der Sprache des Nationalsozialismus Haftlinge entsprechend NS rassenideologisch judischer Abstammung bezeichnet die wegen ihrer Verbindungen zum Ausland geeignet schienen als Gegenleistung fur die Freilassung deutscher Zivilinternierter oder auch fur die Lieferung rustungswichtiger Guter ausgetauscht zu werden Manchmal wird von Historikern auch der Begriff Austauschgeisel verwendet 1 Inhaltsverzeichnis 1 Zivilgefangenenaustausch 2 Internierungslager 3 Aufenthaltslager Bergen Belsen 4 Einzelne Austauschaktionen 4 1 Palastina 5 Siehe auch 6 Film 7 Literatur 8 EinzelnachweiseZivilgefangenenaustausch BearbeitenNach volkerrechtlich ublicher Praxis sollten Auslandsdeutsche im Machtbereich von Feindlandern nach Moglichkeit gegen in Deutschland internierte und inhaftierte Personen mit fremder Staatsangehorigkeit ausgetauscht werden Vorbereitet wurden solche Austauschaktionen von der Rechtsabteilung und der Politischen Abteilung des Auswartigen Amtes und dem Reichssicherheitshauptamt im Referat II B 4 spater IV F 4 dem Referat Auslanderpolizei und Grenzsicherung sowie fur judische Austauschgeiseln dem Eichmannreferat 2 Fur einen Zivilgefangenenaustausch waren auf deutscher Seite unter anderen Botschaftsangehorige Seeleute und Sanitater vorgesehen die nach Kriegsausbruch interniert worden waren Da man relativ wenige Auslander zum Austausch anbieten konnte um die grosse Zahl der im feindlichen Ausland internierten Reichsdeutschen auszulosen griff man zunehmend auf Juden mit geeigneter oder doppelter Staatsangehorigkeit zuruck Der Kreis der Austauschjuden wurde Anfang 1943 erheblich erweitert Als Austauschgeiseln sollten nun auch Juden dienen die lediglich uber verwandtschaftliche freundschaftliche politische oder kaufmannische Beziehungen zu Personen in den Feindstaaten vornehmlich den USA verfugten 3 Internierungslager BearbeitenSchon vor Errichtung des KZ Bergen Belsen wurden Personen mit geeigneter oder doppelter Staatsburgerschaft im Internierungslager Vittel in Liebenau heutige Stiftung Liebenau in Wurzach Laufen Ilag VII oder Tittmoning Oflag VII C Z zusammengefuhrt um als austauschfahige Personen zur Verfugung zu stehen 4 Die Lager Liebenau fur Frauen und Laufen blieben auch nach der Grundung des Aufenthaltslagers Bergen Belsen Internierungslager fur Austauschhaftlinge wenn deren auslandische Staatsangehorigkeit ausser Zweifel stand 5 Als Zwischenstation fur Transporte wurden auch andere Internierungslager wie das Lager Lindele genutzt Aufenthaltslager Bergen Belsen Bearbeiten Hauptartikel Bergen Belsen Heinrich Himmler ordnete im Fruhjahr 1943 an ein Lager fur etwa 10 000 Juden zu errichten die fur einen Austausch oder als Druckmittel bei der Beschaffung von Devisen und Rohstoffen zuruckgestellt werden sollten Andere dort internierte besassen die Staatsangehorigkeit neutraler oder verbundeter Staaten und sollten als Faustpfand fur das Wohlverhalten der Regierungen dieser Lander dienen 6 Zu diesem Zweck wurde 1943 ein sogenanntes Aufenthaltslager fur Austauschjuden in Bergen Belsen eingerichtet das insgesamt vier Lagerabschnitte hatte Ab Mitte Juli 1943 wurden im Sonderlager polnische Juden inhaftiert die Passe oder andere personliche Ausweispapiere sudamerikanischer Staaten besassen Ferner gab es ein Neutralenlager fur spanische Juden aus Griechenland mit Passen amerikanischer Staaten in das auch einige italienische Juden mit turkischem Pass eingeliefert wurden Der grosste Lagerabschnitt war das Sternlager in das hauptsachlich niederlandische Juden verschleppt wurden dorthin kamen auch kleine Gruppen aus Tunesien Marokko Frankreich Jugoslawien und Albanien Im Sommer 1944 kam das Ungarnlager hinzu Das Aufenthaltslager Bergen Belsen durchliefen 14 700 judische Manner Frauen und Kinder Von ihnen kamen rund 2 560 durch Austausch frei 7 Fur eine etwa gleich grosse Gruppe war das Aufenthaltslager nur eine Zwischenstation auf dem Weg in die Vernichtungslager da ihre Staatsangehorigkeits Nachweise oder Einreisezertifikate sich als nichtig erwiesen Die meisten der im Aufenthaltslager internierten Juden etwa 7 000 Manner Frauen und Kinder wurden bis in die letzten Kriegstage als immer noch wertvolle Verhandlungsmasse festgehalten Im November 1944 und im Januar 1945 wurden einige austauschfahige Juden eines Transportes von Bergen Belsen in die Schweiz aus dem Zug geholt und zuruckgehalten Sie wurden nicht nach Bergen Belsen zuruckgebracht sondern auf die Internierungslager in Liebenau Biberach an der Riss Lager Lindele 8 und Wurzach verteilt In den letzten Kriegsmonaten konnte von einer bevorzugten Behandlung keine Rede mehr sein Beim Anrucken der alliierten Armee sollten die Austauschjuden zum KZ Theresienstadt transportiert werden doch erreichte nur einer der drei Zuge den Zielort Bei einem anderen Transport kamen zahlreiche Haftlinge ums Leben er endete als sogenannter Verlorener Zug nach tagelanger Irrfahrt in der Nahe von Trobitz Einzelne Austauschaktionen BearbeitenPalastina Bearbeiten Zu Kriegsbeginn lebten rund 2000 deutsche Templer in Palastina die gegen britische Staatsangehorige aus dem besetzten Polen ausgetauscht werden konnten Die langwierigen Verhandlungen zur Repatriierung 9 beschleunigten sich erst als 700 deutsche Staatsangehorige aus Palastina nach Australien geschafft und dort interniert wurden Zwischen Dezember 1941 bis Februar 1943 trafen drei Gruppen insgesamt 200 Personen in Palastina ein darunter mindestens 69 Juden mit palastinensischer Staatsangehorigkeit 10 In der Folgezeit wurde der Berechtigungsnachweis fur eine Repatriierung nach Palastina lockerer gehandhabt es reichte schon die Bewilligung fur ein Einwanderungszertifikat Im Juni 1944 fand ein Austausch statt bei dem 222 Juden aus Bergen Belsen und 61 aus dem Internierungslager Vittel und aus Laufen Salzach uber die Turkei nach Palastina gebracht wurden 11 Im Marz 1945 gelangten im Austauschverfahren 99 Juden aus Bergen Belsen und 38 aus dem KZ Ravensbruck uber Schweden nach Palastina Daruber hinaus wurden Hunderte Juden gerettet weil sie eine Bescheinigung vorweisen konnten dass ihnen ein Einreise Visum nach Palastina bewilligt worden war und die deshalb als Austauschgeiseln verschont blieben 12 Siehe auch BearbeitenKasztner Aktion 1944 Feldscher Aktion 1943 44 Ha avara Abkommen 1933 Film BearbeitenCaroline Schmidt Stefan Aust und Thomas Ammann haben 2011 fur den NDR einen 52 minutigen Film mit dem Titel Hitlers Menschenhandler uber das Thema Austauschjuden gedreht Er lief unter anderem am 14 September 2011 und am 20 September 2011 auf arte 13 Am 19 August 2013 wurde die Dokumentation im 1 Fernsehprogramm der ARD gesendet Literatur BearbeitenThomas Ammann Stefan Aust Hitlers Menschenhandler Das Schicksal der Austauschjuden Rotbuch Berlin 2013 ISBN 978 3 86789 079 3 Yehuda Bauer Freikauf von Juden Verhandlungen zwischen dem nationalsozialistischen Deutschland und judischen Reprasentanten 1933 bis 1945 Ubersetzt von Klaus Binder und Jeremy Gaines Judischer Verlag Frankfurt am Main 1996 ISBN 3 633 54107 1 Lisa Hauff Bearb Die Verfolgung und Ermordung der europaischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933 1945 Quellensammlung Band 11 Deutsches Reich und Protektorat Bohmen und Mahren April 1943 1945 Berlin Boston 2020 ISBN 978 3 11 036499 6 hier Austauschjuden S 47 52 Ladislaus Lob Geschafte mit dem Teufel Die Tragodie des Judenretters Reszo Kasztner Bericht eines Uberlebenden Bohlau Koln 2010 ISBN 978 3 412 20389 4 Alexandra Eileen Wenck Zwischen Menschenhandel und Endlosung Das Konzentrationslager Bergen Belsen Paderborn 2000 ISBN 3 506 77511 1 Einzelnachweise Bearbeiten Thomas Rahe Bergen Belsen Stammlager In Wolfgang Benz Barbara Distel Hrsg Der Ort des Terrors Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager Band 7 Niederhagen Wewelsburg Lublin Majdanek Arbeitsdorf Herzogenbusch Vught Bergen Belsen Mittelbau Dora C H Beck Munchen 2008 ISBN 978 3 406 52967 2 S 196 Alexandra Eileen Wenck Zwischen Menschenhandel und Endlosung Das Konzentrationslager Bergen Belsen Paderborn 2000 ISBN 3 506 77511 1 S 56 Alexandra Eileen Wenck Zwischen Menschenhandel und Endlosung Das Konzentrationslager Bergen Belsen Paderborn 2000 ISBN 3 506 77511 1 S 387 s a Dokument VEJ 6 228 in Susanne Heim Bearb Die Verfolgung und Ermordung der europaischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933 1945 Quellensammlung Band 6 Deutsches Reich und Protektorat Bohmen und Mahren Oktober 1941 Marz 1943 Berlin 2019 ISBN 978 3 11 036496 5 Alexandra Eileen Wenck Zwischen Menschenhandel und Endlosung Das Konzentrationslager Bergen Belsen Paderborn 2000 ISBN 3 506 77511 1 S 55 Alexandra Eileen Wenck Zwischen Menschenhandel und Endlosung Das Konzentrationslager Bergen Belsen Paderborn 2000 ISBN 3 506 77511 1 S 390 Rainer Schulze Rettungsbemuhungen Anmerkungen zu einem schwierigen Thema der Zeitgeschichte In KZ Gedenkstatte Neuengamme Hrsg Hilfe oder Handel Bremen 2007 ISBN 978 3 86108 874 5 S 11 f Rainer Schulze Rettungsbemuhungen Anmerkungen zu einem schwierigen Thema der Zeitgeschichte In KZ Gedenkstatte Neuengamme Hrsg Hilfe oder Handel Bremen 2007 ISBN 978 3 86108 874 5 S 14 Reinhold Adler Lager Lindele Zugriff 4 Oktober 2018 Zum Gesamtkomplex ausfuhrlich Alexandra Eileen Wenck Zwischen Menschenhandel und Endlosung Das Konzentrationslager Bergen Belsen Paderborn 2000 ISBN 3 506 77511 1 S 44 93 Israel Gutman u a Hrsg Enzyklopadie des Holocaust Munchen und Zurich 1995 ISBN 3 492 22700 7 Bd 1 S 131 Alexandra Eileen Wenck Zwischen Menschenhandel und Endlosung Das Konzentrationslager Bergen Belsen Paderborn 2000 ISBN 3 506 77511 1 S 220 228 Israel Gutman u a Hrsg Enzyklopadie des Holocaust Munchen und Zurich 1995 ISBN 3 492 22700 7 Bd 1 S 132 133 arte tv Hitlers Menschenhandler Juden als Austauschware 1 2 Vorlage Toter Link www arte tv Seite nicht mehr abrufbar festgestellt im Mai 2019 Suche in Webarchiven nbsp Info Der Link wurde automatisch als defekt markiert Bitte prufe den Link gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis Deutschland 2011 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Vorzugsjude amp oldid 230388677