www.wikidata.de-de.nina.az
Unter dem Begriff Volksgenealogie versteht man die abstammungsgeschichtliche Erforschung der gesamten Bevolkerung einer Landschaft oder einer Gemeinde durch Kirchenbuchverkartung und die Erstellung von Ortsfamilienbuchern Entstanden im Rahmen der volkischen Ethnografie und Heimatforschung nach dem Ersten Weltkrieg sollte in der Zeit des Nationalsozialismus nach den Methoden der Volksgenealogie die gesamte deutsche Bevolkerung sippenkundlich erfasst werden Die Volksgenealogie lieferte damit auch der NS Rassenpolitik eine Datengrundlage Gedenktafel fur Josef Demleitner in Kochel am SeeDer Begriff wurde 1920 durch den osterreichischen Amateur Ethnographen Konrad Brandner gepragt einem steiermarkischen Pfarrer und spateren Gymnasiallehrer in Graz Sein Programm wurde in der Obersteiermark unter Beteiligung vieler Ortsgeistlicher soweit umgesetzt dass 1923 bereits 12 der steirischen Bevolkerung entsprechend erfasst waren Die Volksgenealogie konzentrierte sich dabei auf lokale Bauernfamilien in agnatischer Linie die schon lange an den Orten ansassig waren und zumeist Grund und Boden besassen Die volksgenealogische Forschung orientierte sich dementsprechend an den Kategorien Familie und Volk und knupfte an die aristokratische Familiengenealogie der feudalen Ara sowie an die Konzeption des Historikers Ottokar Lorenz an das genealogische Prinzip zur Periodisierung der Geschichte zu verwenden Die Familien Ahnen oder Sippenforschung verband sich uber dieses organizistische Geschichtsbild mit der Blut und Boden Ideologie des Nationalsozialismus und dessen rassistischer Theorie des Bauerntums 1 Weitere Anschlussmoglichkeiten ergaben sich zur Rassenbiologie Rassenkunde und zur Rassenhygiene Im Rahmen der Rassenbiologie wurde die Volksgenealogie um den statistischen Ansatz der Biometrie nach Karl Pearson erweitert Zugleich zielte die eher qualitativ orientierte Volksgenealogie am Schnittpunkt der Konstrukte Familie Volk und Rasse auf die Frage ob Bevolkerungen erbbiologisch rein oder gemischt sein und bemuhte sich um die Identifizierung der Stammrassen 1 Im Nationalsozialismus wurde zur systematischen Erschliessung und Verkartung von Kirchenbuchern 1937 die Arbeitsgemeinschaft fur Sippenforschung und Sippenpflege gegrundet Der Pfarrer Josef Demleitner entwickelte gemeinsam mit dem Sippenforscher Adolf Roth eine Methode zur Verkartung von Kirchenbuchern nach der Familienblattmethode Ziel der Arbeitsgemeinschaft war die Sippenkundliche Bestandsaufnahme des gesamten deutschen Volkes und ihres geschlossenen Einsatzes fur rassenpolitische und sippenpflegerische Aufgaben Die ideologischen Vorgaben der NSDAP waren dabei direkt an die konkrete Erfassungs und Auswertungsarbeit gekoppelt Mit den gesammelten Daten sollte nicht nur das Reichserbhofgesetz umgesetzt sondern auch die Tatigkeit der Sippenamter unterstutzt werden Die Volksgenealogie wurde insofern in den Dienst der NS Rassenhygiene und Rassenpolitik gestellt indem sie die Daten zur Ausmerze derjenigen lieferte die nicht zum Volkskorper gerechnet wurden 2 Siehe auch BearbeitenGeorg GrullEinzelnachweise Bearbeiten a b Brigitte Fuchs Rasse Volk Geschlecht anthropologische Diskurse in Osterreich 1850 1960 Campus Verlag 2003 S 244 f Erika Kustatscher Alltag in Tiers Beitrage zur Bevolkerungs und Sozialgeschichte vom 17 Jahrhundert bis zum Ersten Weltkrieg auf der Grundlage serieller Quellen Wagner Innsbruck 1999 S 25f Ralph Klein Karl Wulfrath und das Rheinische Provinzialinstitut fur Sippen und Volkskorperforschung In Burkhard Dietz Helmut Gabel Ulrich Tiedau Hrsg Griff nach dem Westen Die Westforschung der volkischen nationalen Wissenschaften zum nordwesteuropaischen Raum 1919 1960 Band 2 Waxmann Munster 2003 S 798f 801 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Volksgenealogie amp oldid 214047531