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Vinzenz von Lerins oder Vincenz von Lerinum auch Vincenz Vincent Vincentius Lerin lateinisch Vincentius Lerinensis unbekannt zwischen 434 und 450 vermutlich in Lerins war ein Monch und theologischer Autor In der katholischen und orthodoxen Kirche wird er als Heiliger und Kirchenvater verehrt Vinzenz ist beruhmt wegen seines Leitsatzes griech lat Kanon dass das was uberall immer von allen geglaubt worden ist wirklich katholisch sei Im Vaticanum I fand sein zweiter Kanon uber den Fortschritt der Lehre ihre Ausfaltung in der Geschichte Anwendung um die dogmatischen Definitionen von 1854 und 1870 zu legitimieren Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Der sogenannte Kanon 3 Theologie 4 Verehrung 5 Werke 6 Literatur 7 Weblinks 8 FussnotenLeben BearbeitenUber das Leben des Vinzenz von Lerins ist nur wenig bekannt das meiste basiert auf vagen Schlussen Sicher ist nur dass er im Jahr 434 unter dem Pseudonym Peregrinus Pilger ein Werk mit dem Titel Commonitorium geschrieben hat Dies uberliefert uns Gennadius in seinem Schriftstellerkatalog Ferner bezeichnet er Vinzenz als sowohl profan als auch religios gut gebildeten Mann der Priester beim Kloster Lerins gewesen sei Sein Todesdatum gibt er mit den Regierungszeiten der Kaiser Theodosius II und Valentinian III an d h zwischen 425 und 450 Im Commonitorium findet sich zudem ein Verweis auf das Konzil von Ephesos das vor drei Jahren stattgefunden habe Folglich muss die Zeit der Abfassung um 434 und Vinzenz noch am Leben gewesen sein Aus einigen Stellen bei Vinzenz Mitbruder Eucherius von Lyon wollte Adolf Julicher schliessen Vinzenz musse auch im Jahre 445 noch am Leben gewesen sein Diese Auffassung wird aber nur von wenigen Autoren geteilt Im Commonitorium selbst finden sich einige autobiographische Angaben im ersten Kapitel Aufgrund der sehr blumigen Sprache sind diese aber schwer zu deuten Die wahrscheinlichste Deutung der Stellen ist dass Vinzenz zunachst ein sehr weltliches Leben fuhrte bevor er ein Bekehrungserlebnis hatte und Monch wurde Es ist sehr unwahrscheinlich dass er Soldat war wie der Wortlaut zunachst annehmen liesse Konkrete Details lassen sich aber nicht erschliessen Aus den bereits angefuhrten Stellen bei Eucherius lasst sich allerdings mit einiger Sicherheit schliessen dass Vinzenz ein leiblicher Bruder germanus des Lupus von Troyes war Ware dies der Fall stammte Vinzenz aus einer adligen Familie Nordgalliens genauer des heutigen Lothringens oder dessen angrenzenden Gebieten Friedrich Prinz hat die These aufgestellt dass das Kloster Lerins ein Fluchtlingskloster war Aufgrund von Barbareneinfallen die ihrerseits durch die Hunnen verursacht wurden sei das romische Reich an den Aussengrenzen sehr unsicher geworden was auch zur Verlegung der kaiserlichen Residenz von Trier in die heutige Provence fuhrte Viele Adlige folgten dem Kaiser und kamen so nach Sudgallien Dort hatte Honoratus von Arles selbst aus Nordgallien das Kloster Lerins gegrundet das in der Folgezeit vielen Fluchtlingen eine neue Heimat bot Diese These kann auf Vinzenz auch insofern zutreffen als er im Commonitorium deutlich eine klassische Bildung erkennen lasst Unter anderem finden sich bei ihm Reminiszenzen an antike Autoren wie Cicero in einer Anzahl und Deutlichkeit wie bei kaum einem seiner Zeitgenossen Ob Vinzenz bis zu seinem Lebensende in Lerins blieb ist zwar unklar aber zumindest anzunehmen Im Gegensatz zu vielen seiner beruhmten Mitbruder wurde er jedenfalls nie Bischof In der Zeit vom 17 bis in die Mitte des 20 Jahrhunderts wurde angenommen dass Vinzenz zu den Semipelagianern gehorte Einige Stellen im Commonitorium scheinen eine solche Deutung nahezulegen Zudem wurden Vinzenz die eindeutig semipelagianischen Obiectiones Vincentianae zugeschrieben Je langer diese These existierte desto uberzeugender wurde sie auch begrundet 1963 erschien aber eine Dissertation von William O Connor die sich ausschliesslich mit diesen Begrundungen auseinandersetzte und sie der Reihe nach widerlegte Manchen Argumenten konnte zwar im Detail widersprochen werden Dennoch zeigt diese Dissertation dass es nicht als sicher gelten kann dass Vinzenz Semipelagianer war Hauptargument O Connors ist dabei ein 1940 aufgefundenes Werk das mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Vinzenz zugeschrieben werden muss Die Excerpta bestehen ihrem Titel entsprechend vor allem aus Exzerpten aus den Schriften Augustins Da die Semipelagianer sich vor allem gegen die augustinische Gnadenlehre richteten konne Vinzenz Augustinus nicht als Referenz anfuhren ohne seine im Commonitorium aufgestellten Regeln zu verletzen auch wenn er die Gnadenlehre in den Excerpta nur streift Die These O Connors dass Vinzenz tatsachlich Augustinianer war uberzeugt aber nicht annahernd so gut Die Frage muss nach wie vor als ungelost gelten Vinzenz wurde schon bald nach seinem Tod in Lerins und spater auch in Rom als Heiliger verehrt Sein Gedenktag ist der 24 Mai Der sogenannte Kanon BearbeitenAm bekanntesten ist Vinzenz fur seine Definition der katholischen Tradition Diese wird fur gewohnlich auf den Kanon verkurzt dass zu glauben sei quod ubique quod semper quod ab omnibus creditum est Commonitorium II 5 als Kennzeichen der wahren Autoritat 1 Seit der Zeit der Romantik hat sich zudem ein haufiger Zitierfehler eingeschlichen der das semper vor das ubique zieht Der ganze Absatz Commonitorium II 5 6 lautet 5 In eben jener katholischen Kirche selbst ist mit grosster Sorgfalt dafur zu sorgen dass wir halten was uberall was immer was von allen geglaubt wurde Denn das ist wirklich und wahrhaft katholisch was wie der Name und Grund der Sache erklaren alle insgesamt umfasst 6 Aber diese Regel werden wir befolgen wenn wir der Universalitat dem Alter der Ubereinstimmung folgen Wir folgen aber demgemass der Universalitat wenn wir bekennen dass der eine Glaube wahr ist den die gesamte Kirche in der ganzen Welt bekennt dem Alter aber so wenn wir in keiner Weise von den Meinungen abweichen von denen feststeht dass unsere heiligen Vorganger und Vater sie vertreten haben der Ubereinstimmung in gleicher Weise wenn wir uns in jenem Altertum gemeint ist die Zeit der Vorganger und Vater an die Definitionen und Meinungen aller oder wenigstens fast aller Priester und Lehrer halten Abgesehen von der Formulierung ist hier nichts zu finden was nicht bereits bei Irenaus von Lyon und Tertullian erarbeitet wurde Vinzenz eigenstandige Leistung besteht hingegen in der Erarbeitung eines Fortschrittsprinzips vgl Theologie Aus orthodoxer Sicht hat der Westen den Leitsatz des Vinzenz dass katholisch ist was uberall immer von allen geglaubt worden ist eigenmachtig verworfen da er dem kirchlichen Glaubensbekenntnis von Nikaa und Konstantinopel Nicano Konstantinopolitanum den Zusatz Filioque eingefugt hat Damit hat er aus orthodoxer Sicht seine Katholizitat eingebusst Theologie BearbeitenVinzenz war als Theologe wenig originell Sein wesentliches Interesse lag in der Abwehr von Haresien in der Trinitatslehre und Christologie Die Gnadenlehre streift er nur am Rande mit der Verurteilung von Pelagius Ein besonderes Gewicht legt er auf die Widerlegung seines Zeitgenossen Nestorius der in Ephesos bereits verurteilt wurde Dieses Interesse wird schon im Mittelteil des Commonitoriums deutlich die Excerpta behandeln ausschliesslich diese Themen Eigentlicher Inhalt des Commonitorium ist aber die Frage nach der Tradition Wie kann sicher entschieden werden welche von zwei sich widersprechenden Lehren die richtige sei Vinzenz gibt darauf eine mehrgliedrige Antwort Zunachst sei es naturlich die Heilige Schrift die in sich vollkommen ausreichend sei Doch habe sich gezeigt dass gerade die Irrlehrer ihre Haresien mit einer Vielzahl von Schriftzitaten belegen wollen indem sie diese in ihrem Sinne auslegen Daher musse die kirchliche Tradition der Auslegung zur Schrift hinzutreten Wie diese zu bestimmen sei ist der eigentliche Inhalt des Commonitorium namlich nur das sei wirklich katholisch nicht im konfessionellen Sinn des Wortes was uberall immer und von allen geglaubt worden ist Bestehe in der Gegenwart in einer Frage keine Lehrdifferenz so sei diese Lehre fest zu glauben uberall Ebenso ist fest zu glauben was zwar heute umstritten ist vor dem Aufkommen der Einwande aber durch alle Jahrhunderte in ein und derselben Weise geglaubt worden ist immer Gab es aber auch in fruheren Zeiten schon Differenzen so sei soweit vorhanden auf die Dekrete eines okumenischen Konzils zuruckzugreifen Gibt es diese nicht bliebe nur die muhsame Arbeit alle Kirchenvater zu befragen und dann das zu glauben was alle oder doch wenigstens fast alle einmutig bekannt haben Auch in diesem Punkt handelt es sich um keine eigenstandige Leistung Vinzenz Vielmehr ist er stark von Irenaus und vor allem von Tertullian De praescriptione haereticorum abhangig Sein eigentliches Verdienst liegt in der griffigen Formulierung und der Ausfuhrung der Dreiteilung Diese halt er aber bis zum Ende seines Werkes nicht konsequent durch Daher ist anzunehmen dass die Dreiteilung aus rein rhetorischen Grunden erfolgte vgl Scherliess conversio Somit muss angenommen werden dass das Kriterium fur Vinzenz die Ubereinstimmung zwischen Gegenwart und Ursprung war zwischen denen es keine echte Differenz geben konne Diese Annahme wird auch durch das 23 Kapitel gestutzt in dem Vinzenz der Frage nachgeht inwieweit dann in der Religion Fortschritt moglich sei Dafur finden sich keine traditionsgeschichtlichen Vorlaufer folglich muss es sich hierbei wohl um Vinzenz ureigene Gedanken handeln Dies ist auch insofern wahrscheinlich als der Fortschrittsgedanke sehr unvollkommen wirkt Wesentliches Element ist der Vergleich mit dem organischen Wachstum bei dem sich etwas verandert und doch dieselbe Identitat behalt Dieser Gedanke wurde im Kontext der Geschichtsforschung des 19 Jahrhunderts bei John Henry Newman zentral und ging in die Konstitution Dei Filius des Ersten Vatikanums ein Im Gegenzug verwarf eine Gruppierung mit Hilfe des ersten Kanons die Konstitution Pastor Aeternus in der die Unfehlbarkeit und der Jurisdiktionsprimat des Papstes definiert wurden Aus dieser Gruppierung entstand dann bald die Altkatholische Kirche Verehrung BearbeitenGedenktag in der katholischen und orthodoxen Kirche ist der 24 Mai 2017 nahm die Russisch Orthodoxe Kirche Vincent in ihren Heiligenkalender auf 2 Werke BearbeitenCommonitorium Vinzenz von Lerins lateinische Ausgabe in Corpus Christianorum CCSL Bd LXIV Foebadivs Victricius Leporivs Vincentivs Lerinensis Evagrivs Rvricivs herausgegeben von Roland Demeulenaere Brepols Turnhout 1985 Deutsche Ubersetzung von Gerhard Rauschen Des Heiligen Vinzenz von Lerin Commonitorium In Bibliothek der Kirchenvater Neue Serie Bd XX Kosel Kempten 1914 Vinzenz von Lerins Commonitorium Mit einer Studie zu Werk und Rezeption Herausgegeben und kommentiert von Michael Fiedrowicz Ubersetzt von Claudia Barthold Carthusianus Mulheim 2011 ISBN 978 3 941862 04 3 Excerpta neueste lateinische Ausgabe in CCSL Bd LXIV s o evtl auch Obiectiones VincentianaeLiteratur BearbeitenFachlexika Jorg Ulrich Vincentius von Lerinum In Religion in Geschichte und Gegenwart RGG 4 Auflage Band 8 Mohr Siebeck Tubingen 2005 Sp 1119 1120 Martien Parmentier Vinzenz von Lerins gest vor 450 n Chr In Theologische Realenzyklopadie TRE Band 35 de Gruyter Berlin New York 2003 ISBN 3 11 017781 1 S 109 111 abgerufen uber De Gruyter Online Es gibt nur wenig aktuelle Literatur uber Vinzenz Sebastian Berndt Kontext und Interpretation Uber die Abhangigkeit der Interpretation vom Kontext anhand des Kanons von Vinzenz von Lerin Bautz Nordhausen 2007 ISBN 978 3 88309 383 3 Torsten Krannich Von Leporius bis zu Leo dem Grossen Studien zur lateinischsprachigen Christologie im funften Jahrhundert nach Christus Studien und Texte zu Antike und Christentum 32 Mohr Siebeck Tubingen 2005 ISBN 3 16 148795 8 Carsten Scherliess Literatur undconversio Literarische Formen im monastischen Umkreis des Klosters von Lerins Lang Frankfurt am Main 2000 ISBN 3 631 34760 X Klaus Gunther Wesseling Vinzenz von Lerin In Biographisch Bibliographisches Kirchenlexikon BBKL Band 12 Bautz Herzberg 1997 ISBN 3 88309 068 9 Sp 1432 1436 Artikel Artikelanfang im Internet Archive Altere Literatur Friedrich Prinz Fruhes Monchtum im Frankenreich Kultur und Gesellschaft in Gallien den Rheinlanden und Bayern am Beispiel der monastischen Entwicklung Oldenbourg Munchen 1965 2 durchgesehene und um einen Nachtrag erganzte Auflage Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1988 ISBN 3 486 45602 4 William O Connor Saint Vincent of Lerins and Saint Augustine Was the Commonitorium of Saint Vincent of Lerins Intended as A Polemic Treatise Against Saint Augustine And His Doctrine on Predestination In Doctor Communis Jg 16 1963 S 123 257 Hubert Kremser Die Bedeutung des Vincenz von Lerinum fur die romisch katholische Wertung der Tradition Theologische Dissertation Hamburg 1959 Adolf Julicher Vincenz von Lerinum Commonitorium pro catholicae fidei antiquitate et universitate adversus profanas omnium haereticorum novitates Mohr Freiburg 1895 2 durchgesehene und uberarbeitete Auflage Mohr Siebeck Tubingen 1925 Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Vinzenz von Lerins im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Werke von und uber Vinzenz von Lerins in der Deutschen Digitalen Bibliothek CCEL Commonitorium englisch St Vincent of Lerins and the Catholicity aus orthodoxer Sicht englisch Fussnoten Bearbeiten Vgl Richard Toellner Zum Begriff der Autoritat in der Medizin der Renaissance In Rudolf Schmitz Gundolf Keil Hrsg Humanismus und Medizin Weinheim 1984 Deutsche Forschungsgemeinschaft Mitteilungen der Kommission fur Humanismusforschung Band 11 ISBN 3 527 17011 1 S 159 179 hier S 170 f Westliche Heilige fur die russische Orthodoxie In Christ in der Gegenwart Jg 69 2017 S 170 Normdaten Person GND 118804685 lobid OGND AKS LCCN n50058755 VIAF 64012982 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Vinzenz von LerinsALTERNATIVNAMEN Vincenz Vincent Vincentius Lerin Lerinum Vincentius Lerinensis lateinisch KURZBESCHREIBUNG Monch und KirchenvaterGEBURTSDATUM 4 Jahrhundert oder 5 JahrhundertSTERBEDATUM zwischen 434 und 450STERBEORT unsicher Lerins Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Vinzenz von Lerins amp oldid 233663487