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Uwe Bohnhardt 1 Oktober 1977 in Jena 4 November 2011 in Eisenach war ein deutscher Neonazi Rechtsterrorist und Serienmorder Mit Uwe Mundlos und Beate Zschape bildete er von 1998 bis 2011 den Kern der Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund NSU der fur zehn Morde 43 Mordversuche drei Sprengstoffanschlage und funfzehn Raububerfalle in Deutschland verantwortlich war Nach einem Bankuberfall und der Entdeckung durch Polizisten wurde Bohnhardt mutmasslich von Mundlos erschossen bevor dieser Suizid beging Inhaltsverzeichnis 1 Kindheit und Jugend 2 Straftaten und Verurteilungen 3 Gang in den Untergrund 4 Verbrechen des NSU 5 Tod 6 Trugspur bei Kindestotung 7 Literatur 8 Weblinks 9 EinzelnachweiseKindheit und Jugend BearbeitenBohnhardt Sohn einer Lehrerin und eines Ingenieurs kam als der jungste von drei Brudern zur Welt und wuchs in einer Plattenbausiedlung in Jena Lobeda auf 1988 starb Bohnhardts alterer Bruder wenige Monate vor seinem 18 Geburtstag als er laut Aussage seiner Mutter beim Klettern auf einer Burgruine absturzte Passanten fanden ihn leblos vor der Haustur seiner Eltern in Jena Bohnhardts Eltern geben an der Tod habe den damals 11 jahrigen Uwe Bohnhardt schwer traumatisiert 1 Nach der Deutschen Wiedervereinigung wurde Bohnhardt rechtsextremer Skinhead Schon im Teenageralter legte er eine rechtsextremistische antisemitische und auslanderfeindliche Gesinnung an den Tag und hielt sich im Umfeld der rechtsextremen Partei NPD auf 1992 machte er sich mit einem Einbruch in einen Kiosk zum ersten Mal strafbar Die siebte Schulklasse musste Bohnhardt wiederholen und kam zum Schuljahr 1992 1993 auf eine Lernforderschule Dort wurde er bei einem Diebstahl von Computern gestellt und der Schule verwiesen Bohnhardt blieb zunachst ohne Schulabschluss 2 Straftaten und Verurteilungen BearbeitenIm Februar 1993 wurde der 15 jahrige Bohnhardt wegen mehrerer Diebstahle und Korperverletzungen zu vier Monaten Jugendhaft ohne Bewahrung verurteilt die er in der Jugendstrafanstalt Hohenleuben absass Im August 1993 folgte eine weitere Verurteilung wegen gemeinschaftlichen Diebstahls Fahren ohne Fahrerlaubnis und Widerstand gegen einen Vollstreckungsbeamten zu einem Jahr und zehn Monaten Haft Vier Monate spater folgte die dritte Verurteilung zwei Jahre Haft wegen Erpressung und Korperverletzung 3 Im Gefangnis liess er sich tatowieren und berichtete spater seinen Eltern von Misshandlungen durch Mithaftlinge 4 Ab 1994 besuchte Bohnhardt den Winzerclub einen Jugendclub in Jena Winzerla Dort lernte er den NPD Funktionar Ralf Wohlleben und den zu dieser Zeit arbeitslosen Rechtsextremisten Uwe Mundlos und dessen damalige Freundin Beate Zschape kennen die spater seine Mittater wurden Mundlos und Bohnhardt erhielten nach einigen Monaten wegen rechtsradikaler Ausserungen Hausverbot in dem Jugendclub Das Bundesamt fur Verfassungsschutz fuhrte Bohnhardt bereits ab 1995 in einem internen Informationssystem als Rechtsradikalen Der Jenaer Jugendpfarrer Lothar Konig der Bohnhardt kennenlernte beschrieb ihn als Mitlaufertyp der Handlanger von Mundlos gewesen sei 2 1994 wurde Mundlos zur Bundeswehr eingezogen Die in Jena zuruckgebliebene Zschape begann daraufhin eine Beziehung mit Bohnhardt Zu dritt besuchten Mundlos Zschape und Bohnhardt rechtsradikale Konzerte und nahmen mehrfach an rechtsradikalen Demonstrationen in Dresden und Worms teil 1995 schandeten mutmasslich Zschape und Bohnhardt das Mahnmal fur die Opfer des Faschismus in Rudolstadt Im selben Jahr provozierten Mundlos und Bohnhardt indem sie die Gedenkstatte auf dem Gelande des ehemaligen Konzentrationslagers Buchenwald in SA ahnlichen braunen Uniformen besuchten 1995 1996 absolvierte Bohnhardt ein Berufsvorbereitungsjahr im Berufsbildungszentrum Jena um eine Ausbildung zum Hochbaufacharbeiter zu beginnen die er mit der Gesamtnote gut abschloss 2 1996 hangte Bohnhardt eine menschengrosse Puppe mit einem Davidstern und der Aufschrift Vorsicht Bombe an einer Autobahnbrucke der Autobahn 4 auf Das Drohen mit einer nicht vorhandenen Bombe fuhrte dazu dass die Puppe stundenlang nicht entfernt wurde 2 Im Dezember 1996 wurde das Verfahren gegen ihn aufgrund der Vorfalle in Rudolstadt in zweiter Instanz wegen Geringfugigkeit beziehungsweise mangelndem offentlichem Interesse eingestellt In erster Instanz war er noch zu zwei Jahren und drei Monaten Haft verurteilt worden 5 Im Fruhjahr 1997 wurde Bohnhardt wegen des Vertriebs von Rechtsrock CDs und Volksverhetzung zum funften Mal verurteilt Im selben Jahr folgte wegen der Puppe an der Autobahnbrucke die sechste Verurteilung zu zwei Jahren und drei Monaten Haft Trotz dieser erneuten Urteile musste Bohnhardt bis zu seinem Untertauchen 1998 nicht erneut ins Gefangnis 3 5 In den spaten 1990er Jahren war Bohnhardt Mitglied der rechtsradikalen Organisation Thuringer Heimatschutz THS eines Sammelbeckens fur Neonazi Gruppen Mit Wohlleben und anderen grundeten Bohnhardt Mundlos und Zschape die Kameradschaft Jena deren stellvertretender Vorsitzender Bohnhardt war Bis 1997 wurden in Jena mehrfach Bombenattrappen aufgefunden die mutmasslich von dem Trio gelegt wurden Gang in den Untergrund Bearbeiten Hauptartikel Nationalsozialistischer Untergrund In den spaten 1990er Jahren beobachtete der Thuringer Verfassungsschutz das Trio Die Polizei durchsuchte am 26 Januar 1998 mehrere Objekte in Jena darunter die Wohnung der Eltern von Uwe Bohnhardt und deren Garage Bohnhardts Computer wurde beschlagnahmt Er selbst brachte die Polizeibeamten zu einer weiteren Garage die Beate Zschape angemietet hatte Bevor die Beamten das Garagentor offneten fuhr er mit seinem Auto davon 6 In der Garage befanden sich Rohrbomben Sprengstoff und rechtsextremes Propagandamaterial In Bohnhardts Zimmer entdeckten Polizisten elf kopierte Seiten von Vernehmungsprotokollen die im Jahr 1997 angefertigt worden waren Diese Protokolle belasteten Bohnhardt Andre Kapke und andere Aus den Unterlagen ging ausserdem hervor dass Tino Brandt ein V Mann war Offiziell enttarnt wurde er erst im Jahr 2001 7 Den spater erlassenen Haftbefehlen entzogen sich Bohnhardt Zschape und Mundlos durch Flucht nach Chemnitz und Abtauchen in den Untergrund Der Blood amp Honour Aktivist Thomas R soll sie die erste Zeit in Chemnitz in der Friedrich Viertel Strasse 85 beherbergt haben 8 Mit Hilfe diverser Mittater die bis heute nicht vollstandig ermittelt werden konnten lebte das Trio in den folgenden Jahren unter falschen Identitaten an mehreren Wohnorten bis August 2000 in Chemnitz und von da an in Zwickau Bis 2002 traf sich Bohnhardt mehrfach konspirativ mit Familienmitgliedern Verbrechen des NSU BearbeitenZwischen dem 9 September 2000 und dem 6 April 2006 ermordeten mutmasslich Uwe Mundlos und Uwe Bohnhardt acht turkeistammige und einen griechischen Kleinunternehmer erschossen 2007 eine Polizistin und verubten drei Bombenanschlage darunter den Nagelbombenanschlag in Koln 2004 Zwischen 1999 und 2011 verubten sie bis zu 15 Bankuberfalle in verschiedenen deutschen Stadten Tod BearbeitenAm 4 November 2011 verubten Bohnhardt und Mundlos einen Bankuberfall auf eine Filiale der Wartburg Sparkasse in Eisenach Als sie sich in der Nahe in einem angemieteten Wohnmobil versteckten wurden sie von einer Polizeistreife entdeckt die nach einem Wohnmobil fahndete Nachdem sie zuerst einen Schuss auf die Polizisten abgegeben hatten fielen weitere Schusse Die Rekonstruktion des Bundeskriminalamts ergab dass Mundlos Bohnhardt mit einer Pumpgun erschossen dann den Wohnwagen angezundet und Suizid begangen hatte Die Todesumstande blieben allerdings lange umstritten Trugspur bei Kindestotung BearbeitenMitte Oktober 2016 wurde bekannt dass ein Textilfetzen mit DNA Spuren Bohnhardts am Leichenfundort der 2001 verschwundenen Peggy Knobloch gefunden worden war Die Polizei prufte Hinweise auf Bohnhardts mogliche Beteiligung an einem Kindsmord in Jena 1993 und auf Verbindungen des NSU zu Kinderprostitution und Kinderpornographie und richtete eine Sonderkommission ein 9 Im Marz 2017 teilte die Staatsanwaltschaft Bayreuth mit dass es sich um eine Trugspur handle der Textilfetzen mit der DNA stamme von einem Kopfhorer Bohnhardts der 2011 im Eisenacher Wohnmobil gefunden wurde und hatte 15 Jahre Witterung nicht uberstehen konnen Er sei am 3 Juli 2016 wahrend der Spurensicherung der LKA Tatortgruppe an den Leichenfundort Peggys gelangt die auch den Tatort des NSU Wohnmobils in Eisenach 2011 gesichert hatte 10 Im Juli 2018 liess sich durch ein Gutachten der Staatsanwaltschaft Bayreuth der Moment der Kontamination anhand von Fotos der Tatortarbeit minutengenau eingrenzen Zugleich sei so der Referatsleiter im Thuringer Innenministerium Michael Menzel die LKA Tatortgruppe entlastet Es sei extrem unwahrscheinlich dass identisches Spurensicherungsgerat den Fetzen ubertragen habe da alle Gerate nach 2011 erneuert worden seien Der Ubertragungsweg bleibt ungeklart 11 Laut dem Journalisten Thomas Moser der sich auf den Bayreuther Generalstaatsanwalt beruft beweisen Anschmelzungen an dem Textilstuck dass es sich beim NSU Wohnmobilbrand am 4 November 2011 und damit bis nach Bohnhardts Tod in Eisenach befunden hat 12 Literatur BearbeitenMaik Baumgartner Marcus Bottcher Das Zwickauer Terror Trio Ereignisse Szene Hintergrunde Das Neue Berlin Berlin 2012 ISBN 978 3 360 02149 6 Christian Fuchs John Goetz Die Zelle Rechter Terror in Deutschland Rowohlt Reinbek 2012 ISBN 978 3 498 02005 7 Patrick Gensing Terror von rechts Die Nazi Morde und das Versagen der Politik Rotbuch Berlin 2012 ISBN 978 3 86789 163 9 Heike Wurstl Uwe Bohnhardt Rekonstruktion einer kriminellen Karriere In Wolfgang Frindte Daniel Geschke Nicole Haussecker Franziska Schmidtke Hrsg Rechtsextremismus und Nationalsozialistischer Untergrund Interdisziplinare Debatten Befunde und Bilanzen Springer Wiesbaden 2015 ISBN 978 3 658 09996 1 S 213 224 Anfang Vorschau Heike Wurstl Individuierungsverlauf eines Rechtsextremisten Rekonstruktion der objektiven Lebensdaten von Uwe Bohnhardt Europaische Hochschulschriften Reihe 22 Soziologie Band 460 PL Academie Research Frankfurt am Main 2015 ISBN 978 3 631 66019 5 Weblinks BearbeitenUwe Bohnhardt in der Internet Movie Database englisch Vom Nesthakchen zum Terrorist Die Verzweiflung der Eltern Bohnhardt In Panorama ARD 19 April 2012 Johanna Adorjan Schlechter Mensch gutaussehend In SZ Magazin 13 Mai 2021Einzelnachweise Bearbeiten Elena Sawtschenko Bruder des NSU Killers lag einst tot vor der Haustur In Focus Hamburg 2 Dezember 2012 a b c d Per Hinrichs Unser Sohn Uwe Bohnhardt der Terrorist In Die Welt Hamburg 26 Dezember 2011 a b Christian Bommarius Ermittler haben Bohnhardt instrumentalisiert In Frankfurter Rundschau 10 April 2013 Rainer Erb Die drei Mitglieder der Terrorzelle Brandenburgische Landeszentrale fur politische Bildung Februar 2012 a b Stefan Aust Dirk Laabs Heimatschutz Der Staat und die Mordserie des NSU Pantheon Verlag Munchen 2014 S 201 ff S 249 Das Wer ist Wer des Terrorismus faz net vom 3 Marz 2013 Bohnhardt besass Ermittlungsakte der Polizei Memento vom 8 Marz 2014 im Internet Archive mdr de vom 31 Januar 2013 Ruheraum fur Rechtsextreme taz de vom 5 September 2012 Jana Stegemann Felix Hutten Fall Peggy und NSU Mordserie Ein totes Madchen die DNA Spur eines Terroristen und viele Fragen In Suddeutsche Zeitung 14 Oktober 2016 Thuringer Polizei bildet Soko wegen ungeklarter Kindsmorde In Thuringer Allgemeine 14 Oktober 2016 Solveig Bach Weitergetragene DNA Spuren NSU hatte mit Peggys Tod nichts zu tun In n tv de 8 Marz 2017 Olaf Przybilla Fall Peggy Verdachtiges Fundstuck war Teil von Bohnhardts Kopfhorer In Suddeutsche Zeitung 8 Marz 2017 Kai Mudra Bohnhardt Spur im Fall Peggy Gutachten entlastet Thuringer LKA Tatortgruppe In Thuringer Allgemeine 20 Juli 2018 Thomas Moser Die Bohnhardt Peggy Spur In Andreas Forster Thomas Moser Thumilan Selvakumaran Hrsg Ende der Aufklarung Die offene Wunde NSU Klopfer amp Meyer Tubingen 2018 S 222 232 hier S 229 Normdaten Person GND 1057889164 lobid OGND AKS LCCN no2012141898 VIAF 292165776 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Bohnhardt UweKURZBESCHREIBUNG deutscher RechtsextremistGEBURTSDATUM 1 Oktober 1977GEBURTSORT JenaSTERBEDATUM 4 November 2011STERBEORT Eisenach Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Uwe Bohnhardt amp oldid 238290338