www.wikidata.de-de.nina.az
Tischendorfit ist ein sehr selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der Sulfide und Sulfosalze mit der idealisierten chemischen Formel Pd8Hg3Se9 4 Tischendorfit ist damit chemisch gesehen ein Palladium Quecksilber Selenid das strukturell mit den Sulfiden verwandt ist TischendorfitAuflichtbild mit Tischendorfit tsh Chrisstanleyit c Clausthalit cla Tiemannit tie und etwas Stibiopalladinit in einer Matrix aus schwarzem Ankerit vom Eskaborner Stollen Tilkerode Abberode Sachsen Anhalt Sichtfeld 275 mm Allgemeines und KlassifikationIMA Nummer 2001 061 1 IMA Symbol Tdf 2 Chemische Formel Pd8Hg3Se9Mineralklasse und ggf Abteilung Sulfide und SulfosalzeSystem Nummer nach Strunz 8 Aufl Lapis Systematik nach Strunz und Weiss Strunz 9 Aufl Dana II A 06 II A 06 040 2 BC 65 02 07 06 01Ahnliche Minerale Vasilit Oosterboschit Luberoit Chrisstanleyit 3 Kristallographische DatenKristallsystem orthorhombischKristallklasse Symbol orthorhombisch dipyramidal 2 m2 m2 m oder orthorhombisch pyramidal mm2Raumgruppe Pmmn Nr 59 Vorlage Raumgruppe 59 oder Pmn21 Nr 31 Vorlage Raumgruppe 31Gitterparameter a 7 219 A b 16 782 A c 6 467 A 4 Formeleinheiten Z 2 4 Zwillingsbildung keinePhysikalische EigenschaftenMohsharte keine AngabenDichte g cm3 9 13 berechnet 4 Spaltbarkeit keine AngabenBruch Tenazitat uneben sprode 4 Farbe nicht bestimmbar 4 Strichfarbe schwarz 4 Transparenz undurchsichtig opak 4 Glanz Metallglanz 4 Tischendorfit kristallisiert im orthorhombischen Kristallsystem und entwickelt ausschliesslich xenomorphe bis subidiomorphe Aggregate sowie isolierte subidiomorphe Kristalle bis zu einigen hundert Mikrometern Grosse Gut ausgebildete Kristalle sind unbekannt Inhaltsverzeichnis 1 Etymologie und Geschichte 2 Klassifikation 3 Kristallstruktur 4 Eigenschaften 4 1 Morphologie 4 2 Physikalische und chemische Eigenschaften 5 Bildung und Fundorte 6 Verwendung 7 Siehe auch 8 Literatur 9 Weblinks 10 EinzelnachweiseEtymologie und Geschichte BearbeitenBereits im Jahre 1958 hatte der Mineraloge und Geochemiker Gerhard Tischendorf bei der Untersuchung von Seleniden aus dem Eskaborner Stollen bei Tilkerode im Harz zwei potentiell neue Minerale erkannt die aber aufgrund der damaligen limitierten Methoden nicht weiter bestimmt werden konnten Erst zu Beginn der 1990er Jahre wurden beide Phasen mittels Elektronenstrahlmikroanalyse untersucht und als zwei neue Minerale mit der chemischen Zusammensetzung Ag2Pd3Se4 und Pd8Hg3Se9 erkannt Wahrend Ag2Pd3Se4 schliesslich von Hope s Nose Torquay Devon England erstbeschrieben wurde konnte das zweite Mineral 2002 durch ein internationales Forscherteam mit Chris J Stanley Alan J Criddle Hans Jurgen Forster und Andrew C Roberts aus dem Eskaborner Stollen als Tischendorfit beschrieben werden Das Mineral wurde von der 2001 von der International Mineralogical Association IMA anerkannt und nach seinem Entdecker dem Mineralogen und Geochemiker Gerhard Tischendorf 1927 2007 benannt Typmaterial des Minerals wird im Natural History Museum London Katalog Nr BM 2003 4 Holotyp im Mineralogischen Institut der Technischen Universitat Bergakademie Freiberg in Deutschland Nr 80160 Cotyp im GeoForschungsZentrum Potsdam sowie in der Systematic Reference Series of the National Mineral Collection of Canada Geological Survey of Canada in Ottawa aufbewahrt 4 Klassifikation BearbeitenIn der mittlerweile veralteten aber noch gebrauchlichen 8 Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehorte der Tischendorfit zur Mineralklasse der Sulfide und Sulfosalze und dort zur Abteilung der Legierungen und legierungsartigen Verbindungen wo er zusammen mit Chrisstanleyit Jagueit Luberoit Oosterboschit und Vasilit eine eigenstandige Gruppe mit der System Nr II A 06 bildete Die seit 2001 gultige und von der International Mineralogical Association IMA verwendete 9 Auflage der Strunz schen Mineralsystematik ordnet den Tischendorfit ebenfalls in die Klasse der Sulfide und Sulfosalze und dort in die Abteilung der Metallsulfide M S gt 1 1 hauptsachlich 2 1 ein Diese ist allerdings weiter unterteilt nach den in der Verbindung vorherrschenden Metallen so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung mit Rhodium Rh Palladium Pd Platin Pt usw zu finden ist wo es als einziges Mitglied die unbenannte Gruppe 2 BC 65 bildet Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebrauchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Tischendorfit in die Klasse der Sulfide und Sulfosalze und dort in die Abteilung der Sulfidminerale ein Hier ist er als einziges Mitglied in der unbenannten Gruppe 02 07 06 innerhalb der Unterabteilung Sulfide einschliesslich Seleniden und Telluriden mit der Zusammensetzung AmBnXp mit m n p 9 8 zu finden Kristallstruktur BearbeitenTischendorfit kristallisiert im orthorhombischen Kristallsystem in der Raumgruppe Pmmn Raumgruppen Nr 59 Vorlage Raumgruppe 59 oder Raumgruppe Pmn21 Raumgruppen Nr 31 Vorlage Raumgruppe 31 mit den Gitterparametern a 7 219 A b 16 782 A c 6 467 A und b 100 07 sowie zwei Formeleinheiten pro Elementarzelle 4 In der Kristallstruktur des Tischendorfits gibt es drei unabhangige Pd zwei unabhangige Hg und vier unabhangige Se Positionen Tischendorfit kristallisiert in einer Geruststruktur in der Pd Atome zwei Arten der Koordination durch Se Atome aufweisen planare PdSe4 Quadrate und PdSe5 Pyramiden Die PdSe5 Pyramide weist zwei gegenuberliegende Se Se Kanten mit benachbarten Pyramiden auf und bildet linear isolierte Ketten entlang der a Achse wahrend die PdSe4 Quadrate Paare uber eine gemeinsame Se Se Kante bilden Die Quadrat Paare und Ketten von Pyramiden bilden charakteristische Platten parallel zu 010 Beide Plattentypen alternieren in Richtung der b Achse 010 Die Hg Atome besetzen die durch Se Atome gebildeten antikubooktaedrischen Hohlraume Die Kristallstruktur wird durch ein System von Pd Hg und Pd Pd Metallbindungen stabilisiert 5 Eigenschaften BearbeitenMorphologie Bearbeiten Tischendorfit findet sich nie in deutlichen Kristallen sondern ausschliesslich in Form von xenomorphen bis subidiomorphen Kornern bis zu hundert Mikrometern Grosse die Verwachsungen mit anderen Seleniden in Aggregaten bis zu mehreren hundert Mikrometern Grosse bilden Die von Tiemannit dominierten Selenide der Typstufe zeigen eine traubige Ausbildung was auf eine mogliche Entstehung aus einem Gel deutet 4 Physikalische und chemische Eigenschaften Bearbeiten Die Farbe der Aggregate des Tischendorfits im Handstuck ist aufgrund der Kleinheit der Aggregate nicht bestimmbar Die Strichfarbe des opaken metallglanzenden Tischendorfits wird als schwarz beschrieben Tischendorfit ist sprode und weist einen unebenen Bruch auf Die berechnete Dichte des Minerals liegt bei 9 13 g cm3 Im reflektierten Licht Anschliff ist Tischendorfit creme bis leicht beigefarben zeigt eine schwache Bireflektanz keinen Pleochroismus und keine Innenreflexe Bei gekreuzten Polaren zeigt das Mineral eine schwache Anisotropie mit schwachen bis moderaten Rotationsfarben in Schattierungen von stahlblau bis grunlichbraun In Ol tritt nur eine leichte Verstarkung der Rotationsfarben auf 4 Bildung und Fundorte BearbeitenTischendorfit findet sich auf hydrothermalen niedrigtemperierten selenreichen Erzgangen Er ist vergesellschaftet mit Tiemannit Clausthalit Chrisstanleyit Stibiopalladinit und Gold in einer Matrix aus Calcit und Ankerit 4 Das Mineral konnte bisher Stand 2016 nur an seiner Typlokalitat dem Eskaborner Stollen 60 m Sohle 5 m nordlich vom Blindschacht IV bei Tilkerode Harz Sachsen Anhalt Deutschland nachgewiesen werden 4 Verwendung BearbeitenTischendorfit mit Endgliedzusammensetzung Pd8Hg3Se9 besteht zu etwa 39 aus Palladium zu etwa 28 aus Quecksilber und zu etwa 33 aus Selen 4 Aufgrund seiner Seltenheit ist Tischendorfit als Rohstoff fur diese Elemente jedoch technisch vollig unbedeutend Siehe auch BearbeitenListe der MineraleLiteratur BearbeitenChris J Stanley Alan J Criddle Hans Jurgen Forster Andrew C Roberts Tischendorfite ideally Pd8Hg3Se9 a new mineral species from Tilkerode Harz Mountains Germany In The Canadian Mineralogist Band 40 Nr 2 2002 S 739 745 doi 10 2113 gscanmin 40 2 739 englisch rruff info PDF 180 kB abgerufen am 9 Juni 2020 Tischendorfite In John W Anthony Richard A Bideaux Kenneth W Bladh Monte C Nichols Hrsg Handbook of Mineralogy Mineralogical Society of America 2001 handbookofmineralogy org PDF 95 kB abgerufen am 15 Juni 2020 Weblinks BearbeitenMineralienatlas Tischendorfit Wiki Tischendorfite In mindat org Hudson Institute of Mineralogy abgerufen am 15 Juni 2020 englisch David Barthelmy Tischendorfite Mineral Data In webmineral com Abgerufen am 15 Juni 2020 englisch American Mineralogist Crystal Structure Database Tischendorfite In rruff geo arizona edu Abgerufen am 15 Juni 2020 englisch Einzelnachweise Bearbeiten Malcolm Back Cristian Biagioni William D Birch Michel Blondieau Hans Peter Boja und andere The New IMA List of Minerals A Work in Progress Updated January 2023 PDF 3 7 MB In cnmnc main jp IMA CNMNC Marco Pasero Januar 2023 abgerufen am 26 Januar 2023 englisch Laurence N Warr IMA CNMNC approved mineral symbols In Mineralogical Magazine Band 85 2021 S 291 320 doi 10 1180 mgm 2021 43 englisch cambridge org PDF 320 kB abgerufen am 5 Januar 2023 Bernhard Pracejus The ore minerals under the microscope An optical guide 2 Auflage Elsevier Amsterdam 2015 ISBN 978 0 444 62725 4 S 180 181 englisch a b c d e f g h i j k l m n o Chris J Stanley Alan J Criddle Hans Jurgen Forster Andrew C Roberts Tischendorfite ideally Pd8Hg3Se9 a new mineral species from Tilkerode Harz Mountains Germany In The Canadian Mineralogist Band 40 Nr 2 2002 S 739 745 doi 10 2113 gscanmin 40 2 739 englisch rruff info PDF 180 kB abgerufen am 9 Juni 2020 Frantisek Laufek Anna Vymazalova Milan Drabek Jiri Navratil Jan Drahokoupil Synthesis and crystal structure of tischendorfite Pd8Hg3Se9 In The Canadian Mineralogist Band 26 Nr 1 2014 S 157 162 doi 10 1127 0935 1221 2013 0025 2345 englisch Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Tischendorfit amp oldid 237713617