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Die Synagoge Buttenheim wurde 1740 im oberfrankischen Buttenheim erbaut und diente der dortigen judischen Gemeinde bis zu ihrer Auflosung im Jahr 1892 als religioses Zentrum Auch danach wurde sie vereinzelt zu Gottesdiensten genutzt Um die Umwandlung der Synagoge in ein Freizeitheim fur die Hitlerjugend zu verhindern verkauften die verbliebenen Juden sie 1937 an eine ortsansassige Brauerei Kurz darauf wurde sie durch umfassende Umbauten so sehr verandert dass sie heute als total verloren 1 gilt Ehemalige Synagoge Buttenheim in umgebauter stark veranderter Form 2021 Inhaltsverzeichnis 1 Mogliche erste Synagoge 2 Synagoge von 1740 2 1 Gebaude 2 2 Entwicklung der Gemeinde 2 3 Nutzung nach 1892 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseMogliche erste Synagoge BearbeitenErste Juden in Buttenheim sind um 1450 nachgewiesen In einem Schuldenverzeichnis aus der Zeit wird vermerkt dass ein Cohn aus Bayreuth etwan zu Buttenheim ausstehende Darlehen in Hohe von 35 Gulden 487 Pfund hatte 2 1470 fuhrte ein Buttenheimer Jude Klage vor dem Landgericht Bamberg 3 Am 30 Marz 1593 erging ein Verbot an Juden sonntags uber den Buttenheimer Kirchhof zu spazieren Diese Vorschrift zielte auf die Unterbindung judischer Handelsgeschafte am Sonntag und deutet darauf hin dass sich spatestens ab diesem Zeitpunkt Juden dauerhaft im Ort niedergelassen hatten 3 Der liberalkatholische Pfarrer Landtagsabgeordnete und Lokalhistoriker Johannes Grandinger erwahnt in einem Buch uber Buttenheim aus dem Jahr 1926 allerdings ohne Quellenangabe dass sich Juden nach 1525 in den Ruinen des im Bauernkrieg abgebrannten Oberen Schlosses niedergelassen und dort auch eine Synagoge aufgebaut hatten Zu dieser Zeit sei Juden die Ansiedlung nur auf verodeten Hofstatten erlaubt worden 4 Urkundlich genannt wird diese Synagoge jedoch nicht Synagoge von 1740 BearbeitenGebaude Bearbeiten Die Buttenheimer Synagoge war in einem grosszugigen Gebaudekomplex untergebracht der 1740 unweit des heute existierenden Unteren Schlosses errichtet wurde Grundrisse andere Plane oder der Name des Baumeisters sind nicht uberliefert Im Grundsteuerkataster von 1848 erschien die Synagoge unter der Hausnummer 33 a 5 Heute befindet sich das stark veranderte Gebaude im Hinterhof des Anwesens Marktstrasse 8 zentral im Ort nbsp Blick auf Bima Toraschrein und Parochet Aufnahme von Theodor Harburger 1928 Die Synagoge mit ihren beachtlichen Ausmassen galt als ortsbildpragend 3 Ein machtiges Mansarddach 6 das an einer Seite herabgezogen war beherbergte den Hauptraum und einen Querbau In Letzterem waren eine Herberge fur durchreisende Juden sowie eine Religionsschule fur Kinder untergebracht 7 Ausserdem befanden sich in dem Gebaude mehrere Wohnungen und ein im Kataster vermerktes Tauchhausl also eine Mikwe zur Erlangung ritueller Reinheit die von einem Seitenarm des Deichselbachs gespeist wurde 3 Die erhalten gebliebene Sudwand des Gebaudes enthielt mehrere Fenster die vermutlich ursprunglich halbkreisformig geschlossen waren Drei dieser Fenster waren dem Mannerbetsaal zuzuordnen Der Eingang erfolgte uber die Nordseite Vom tonnengewolbten Hauptraum 6 der Synagoge zu dem man einige Treppen hinuntergehen musste fuhrten weitere Stufen zur Frauensynagoge im Westen die ca 1 30 Meter hoher lag und durch ein Holzgitter abgetrennt war Die Frauen nutzten in der Regel jedoch einen eigenen Eingang im Dachgeschoss des Gebaudes sollen sie uber einen weiteren Raum verfugt haben 8 Historische Aufnahmen des Munchner Kunsthistorikers Theodor Harburger aus den 1920er Jahren 9 zeigen eine qualitatvolle Ausstattung der Synagoge aus der Erbauungszeit An der Ostwand befand sich der prachtvoll gestaltete etwa vier Meter hohe Toraschrein mit einem von reichen Schnitzereien gepragten Giebel im Stil des Rokoko 1 Zwei glatte Saulen mit korinthischen Kapitellen flankierten den Schrein und trugen den Architrav Links und rechts des Schreins standen Stehpulte fur den Rabbiner und den Lehrer In der Mitte des Raumes erhob sich auf achteckigem Grundriss die etwa 2 70 Meter hohe steinerne Bima an deren Gelander eine Ablage zum Vorlesen der Torarolle angebracht war 1 3 Die Sitzplatze der Manner befanden sich an den Wanden von wo aus die Bima zu sehen war Vor jedem Sitzplatz stand ein Pult in dem Gebetbuch und Gebetsmantel aufbewahrt werden konnten 10 Entwicklung der Gemeinde Bearbeiten Schon 1731 also neun Jahre vor Errichtung der Synagoge legte die judische Gemeinde in Buttenheim ein Geburtenregister an 3 Bis Anfang des 19 Jahrhunderts waren die Mitglieder der Gemeinde sogenannte Schutzjuden unter anderem der Markgrafschaft Bayreuth und des bambergischen Amtes Eggolsheim 14 judische Hauslein und die Synagoge unterstanden dem Freiherren von Seefried Die judische Gemeinde pflegte gute Kontakte zu den Juden im nahegelegenen Gunzendorf wo die Zahl der Juden zeitweise offenbar zu gering war um einen Minjan also eine Mindestzahl von mindestens zehn im religiosen Sinne mundigen Juden zu bilden 11 nbsp Stellenausschreibung in der Zeitschrift Der Israelit 1875 Gegen Ende des 18 Jahrhunderts lebten etwa 200 Juden in Buttenheim 10 Die zahlenmassig recht bedeutende Gemeinde verfugte anfangs uber einen eigenen Ortsrabbiner ab 1777 den aus einer Gelehrtenfamilie stammenden Uri Feust der 1794 Buttenheim Richtung Bamberg verliess Nach seinem Wegzug ubernahmen die Lehrer der Religionsschule auch die Leitung der Gottesdienste in der Synagoge 1825 erhielt der Lehrer fur jedes Schulkind vier Gulden jahrlich sowie Brennholz gratis 4 Von 1828 bis 1830 versah Josef Eisenmann aus Burgkunstadt diesen Dienst anschliessend Hanlein Lehrberger aus Furth der bis 1873 aktiv war 12 Zu seinen Schulern zahlte der 1829 geborene Levi Strauss der als Erfinder der Jeans und bis heute als bekanntester Sohn des Ortes gilt 13 Im Jahr 1873 wurde Nathan Friedenhain aus Werneck als Religionslehrer in Buttenheim angestellt Er verrichtete dieselben Tatigkeiten wie seine Vorganger und wirkte zusatzlich auch als Chasan d h Vorbeter in der Synagoge und als Schachter 12 Ab 1819 verfugte die judische Gemeinde in Buttenheim uber einen vor dem Ort gelegenen Friedhof Mehrere Gemeindemitglieder bestritten zu dieser Zeit ihren Lebensunterhalt durch Pferde und Viehhandel andere arbeiteten in der Landwirtschaft sowie als Kaufleute Metzger Seifensieder Schuster und Tuchmacher Das Bayerische Judenedikt von 1813 das fur jeden Ort eine Hochstzahl judischer Einwohner vorschrieb und dadurch die Grundung von Familien unterbinden konnte wirkte sich negativ auf die Entwicklung der Gemeinde aus Aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Verhaltnisse wanderten zudem viele Juden aus darunter die Familie von Levi Strauss die sich in San Francisco niederliess Die Zahl der judischen Bewohner in Buttenheim sank von 174 im Jahr 1825 auf 73 im Jahr 1867 Die Aufhebung der Wohnortbeschrankung im Jahr 1861 verursachte eine weitere Abwanderungswelle viele Juden zogen nun in die umliegenden Stadte 14 Nutzung nach 1892 Bearbeiten Diese Schrumpfungsprozesse fuhrten dazu dass sich die Judische Gemeinde Buttenheim am 28 Marz 1892 aufloste 15 Die Buttenheimer Juden im Jahr 1900 handelte es sich noch um elf Personen besuchten nun den Gottesdienst in Hirschaid Ihre eigene Synagoge nutzten sie nur noch zu besonderen Festlichkeiten Die Wohnungen in der Synagoge vermieteten sie an christliche Familien die Mikwe wurde verschlossen 14 Im Herbst 1923 wurde in Buttenheim ein Wehrtrupp des deutschen Wandervereins im Bund Bayern und Reich gegrundet der gegen die wenigen verbliebenen Juden am Ort hetzte Der katholische Pfarrer zu dieser Zeit Johannes Grandinger wehrte sich energisch gegen diese Anfeindungen und wurde daraufhin selbst bedroht Im Januar 1924 wurde auf sein Pfarrhaus ein Sprengstoffanschlag verubt bei dem Personen nicht zu Schaden kamen 16 In der Nacht vom 20 auf den 21 Dezember 1931 wurden 67 Grabsteine des judischen Friedhofs umgeworfen und zum Teil schwer beschadigt 14 Angesichts dieser Entwicklungen und nicht zuletzt nach der Machtergreifung durch den Nationalsozialismus im Jahr 1933 verliessen weitere Juden den Ort Ein letzter Gottesdienst in der Buttenheimer Synagoge fand 1936 zur Bar Mitzwa von Willi Habermann statt Im Winter 1936 37 erfuhr sein Vater der die Juden in Buttenheim betreute dass der nationalsozialistische Burgermeister des Ortes plante in der Synagoge eine Freizeitstatte fur die Hitlerjugend einzurichten Um dies zu verhindern betrieb Habermann 1937 den Verkauf der Synagoge an eine Brauerei am Ort Die wertvollsten Teile der Inneneinrichtung darunter Bima und Toraschrein wurden in die Bamberger Synagoge uberfuhrt Dort wurden sie wahrend der Novemberpogrome 1938 ein Opfer der Flammen Eine alte kostbare Torarolle wurde von einem ehemaligen Gemeindemitglied in die USA gebracht und auf diese Weise gerettet 17 18 Die Familie Habermann die letzten Buttenheimer Juden verliessen den Ort 1939 Von der ehemaligen Synagoge ist kaum etwas bewahrt Sie wurde gleich nach ihrem Verkauf erheblich umgestaltet und diente zunachst als Stall spater als Lagerhalle 19 Keines der ehemaligen Gemeindemitglieder kehrte nach dem Holocaust nach Buttenheim zuruck 18 Literatur BearbeitenKlaus Dieter Alicke Lexikon der judischen Gemeinden im deutschen Sprachraum 3 Bande Gutersloh 2008 ISBN 978 3 579 08035 2 Online Ausgabe Barbara Eberhardt Hans Christof Haas Buttenheim In Wolfgang Kraus Berndt Hamm Meier Schwarz Hrsg Mehr als Steine Synagogen Gedenkband Bayern Band 1 Oberfranken Oberpfalz Niederbayern Oberbayern Schwaben Lindenberg im Allgau 2007 ISBN 978 3 89870 411 3 S 112 117 Adolf Eckstein Geschichte der Juden im ehemaligen Furstbistum Bamberg Bearbeitet auf Grund von Archivalien nebst urkundlichen Beilagen Bamberg 1898 Klaus Guth Hrsg Judische Landgemeinden in Oberfranken 1800 1942 Ein historisch topographisches Handbuch Bamberg 1988 ISBN 978 3 87052 392 3 S 128 136 Baruch Z Ophir Falk Wiesemann Hrsg Die judischen Gemeinden in Bayern Geschichte und Zerstorung Munchen 1979 Israel Schwierz Steinerne Zeugnisse judischen Lebens in Bayern Eine Dokumentation Hrsgg von der Bayerischen Landeszentrale fur politische Bildungsarbeit Munchen 1988 S 212 f ISBN 3 87052 393 XWeblinks Bearbeiten nbsp Commons Synagoge Buttenheim Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Synagoge in Buttenheim bei Alemannia Judaica Stand September 2021 Einzelnachweise Bearbeiten a b c Gerhard Wilhelm Daniel Muhlinghaus Der Synagogenbau des 17 und 18 Jahrhunderts im aschkenasischen Raum Diss Marburg 1986 2 Bde Bd 2 S 86 Adolf Eckstein Geschichte der Juden im ehemaligen Furstbistum Bamberg Bearbeitet auf Grund von Archivalien nebst urkundlichen Beilagen Bamberg 1898 S 236 a b c d e f Barbara Eberhardt Hans Christof Haas Buttenheim In Wolfgang Kraus Berndt Hamm Meier Schwarz Hrsg Mehr als Steine Synagogen Gedenkband Bayern Band 1 Oberfranken Oberpfalz Niederbayern Oberbayern Schwaben Lindenberg im Allgau 2007 S 112 a b Johannes Grandinger Buttenheim Ein Heimatbuch Bamberg 1926 S 63 Klaus Guth Hrsg Judische Landgemeinden in Oberfranken 1800 1942 Ein historisch topographisches Handbuch Bamberg 1988 S 132 a b Gerhard Wilhelm Daniel Muhlinghaus Der Synagogenbau des 17 und 18 Jahrhunderts im aschkenasischen Raum Diss Marburg 1986 2 Bde Bd 2 S 85 Eva Groiss Lau Judisches Kulturgut auf dem Land Synagogen Realien und Tauchbader in Oberfranken Munchen 1995 S 39 Barbara Eberhardt Hans Christof Haas Buttenheim In Wolfgang Kraus Berndt Hamm Meier Schwarz Hrsg Mehr als Steine Synagogen Gedenkband Bayern Band 1 Oberfranken Oberpfalz Niederbayern Oberbayern Schwaben Lindenberg im Allgau 2007 S 112 f Theodor Harburger Die Inventarisation judischer Kunst und Kulturdenkmaler in Bayern 2 Bde Bd 2 Furth 1998 S 134 f a b Barbara Eberhardt Hans Christof Haas Buttenheim In Wolfgang Kraus Berndt Hamm Meier Schwarz Hrsg Mehr als Steine Synagogen Gedenkband Bayern Band 1 Oberfranken Oberpfalz Niederbayern Oberbayern Schwaben Lindenberg im Allgau 2007 S 113 Klaus Guth Hrsg Judische Landgemeinden in Oberfranken 1800 1942 Ein historisch topographisches Handbuch Bamberg 1988 S 129 a b Klaus Guth Hrsg Judische Landgemeinden in Oberfranken 1800 1942 Ein historisch topographisches Handbuch Bamberg 1988 S 134 Barbara Eberhardt Hans Christof Haas Buttenheim In Wolfgang Kraus Berndt Hamm Meier Schwarz Hrsg Mehr als Steine Synagogen Gedenkband Bayern Band 1 Oberfranken Oberpfalz Niederbayern Oberbayern Schwaben Lindenberg im Allgau 2007 S 113 f a b c Barbara Eberhardt Hans Christof Haas Buttenheim In Wolfgang Kraus Berndt Hamm Meier Schwarz Hrsg Mehr als Steine Synagogen Gedenkband Bayern Band 1 Oberfranken Oberpfalz Niederbayern Oberbayern Schwaben Lindenberg im Allgau 2007 S 114 Israel Schwierz Steinerne Zeugnisse judischen Lebens in Bayern Eine Dokumentation Munchen 1988 S 212 Klaus Guth Hrsg Judische Landgemeinden in Oberfranken 1800 1942 Ein historisch topographisches Handbuch Bamberg 1988 S 135 Barbara Eberhardt Hans Christof Haas Buttenheim In Wolfgang Kraus Berndt Hamm Meier Schwarz Hrsg Mehr als Steine Synagogen Gedenkband Bayern Band 1 Oberfranken Oberpfalz Niederbayern Oberbayern Schwaben Lindenberg im Allgau 2007 S 115 a b Baruch Z Ophir Falk Wiesemann Hrsg Die judischen Gemeinden in Bayern Geschichte und Zerstorung Munchen 1979 S 124 Barbara Eberhardt Hans Christof Haas Buttenheim In Wolfgang Kraus Berndt Hamm Meier Schwarz Hrsg Mehr als Steine Synagogen Gedenkband Bayern Band 1 Oberfranken Oberpfalz Niederbayern Oberbayern Schwaben Lindenberg im Allgau 2007 S 116 49 801187 11 031119 Koordinaten 49 48 4 N 11 1 52 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Synagoge Buttenheim amp oldid 230926507