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In der Stochastik bezeichnet der Begriff der Stoppzeit eine spezielle Art von Zufallsvariablen die auf filtrierten Wahrscheinlichkeitsraumen definiert werden Stoppzeiten sind nicht nur von Bedeutung fur die Theorie der stochastischen Prozesse beispielsweise bei der Lokalisierung von Prozessklassen oder Untersuchungen von gestoppten Prozessen sondern auch von praktischer Relevanz etwa fur das Problem des optimalen Ausubungszeitpunkts fur amerikanische Optionen Hitting time als Beispiel fur eine StoppzeitIn der aus dem Russischen in das Englische ubersetzten Fachliteratur finden sich auch die Bezeichnungen Markov moment dt Markow Moment oder Markov time dt Markow Zeit 1 Inhaltsverzeichnis 1 Definition 1 1 Diskreter Fall 1 2 Allgemeiner Fall 1 3 Endliche Stoppzeit 1 4 Bemerkung 2 Interpretation 3 Beispiele 4 Arten von Stoppzeiten 5 Abgeleitete Konzepte 5 1 Gestoppter Prozess 5 2 Lokalisierung 5 3 s Algebra der t Vergangenheit 6 Rechenregeln 7 Weblinks 8 Literatur 9 EinzelnachweiseDefinition BearbeitenGegeben sei ein Wahrscheinlichkeitsraum W A P displaystyle Omega mathcal A P nbsp Diskreter Fall Bearbeiten Ist eine Filtrierung F F n n N 0 displaystyle mathbb F mathcal F n n in mathbb N 0 nbsp in A displaystyle mathcal A nbsp gegeben so heisst eine Zufallsvariable t W N 0 displaystyle tau colon Omega to mathbb N 0 cup infty nbsp eine Stoppzeit bezuglich F displaystyle mathbb F nbsp wenn t n w W t w n F n fur alle n N 0 displaystyle tau n omega in Omega tau omega n in mathcal F n text fur alle n in mathbb N 0 nbsp ist Allgemeiner Fall Bearbeiten Gegeben sei eine geordnete Indexmenge T displaystyle T nbsp die ein Intervall aus 0 displaystyle 0 infty nbsp ist Ist eine Filtrierung F F t t T displaystyle mathbb F mathcal F t t in T nbsp in A displaystyle mathcal A nbsp gegeben so heisst eine Zufallsvariable t W T displaystyle tau colon Omega to T nbsp eine Stoppzeit bezuglich F displaystyle mathbb F nbsp wenn t t w W t w t F t fur alle t T displaystyle tau leq t omega in Omega tau omega leq t in mathcal F t text fur alle t in T nbsp Endliche Stoppzeit Bearbeiten Eine Stoppzeit t displaystyle tau nbsp heisst eine endliche Stoppzeit wenn P t lt 1 displaystyle P tau lt infty 1 nbsp ist Bemerkung Bearbeiten Zu Beachten ist dass die Eigenschaft eine Stoppzeit zu sein keine Eigenschaft der Zufallsvariable alleine sondern eine Eigenschaft der Zufallsvariable in Verbindung mit einer Filtrierung ist Daher muss bei Angabe oder Definition immer die Filtrierung mit angegeben werden Interpretation BearbeitenEine Stoppzeit kann man als die Wartezeit interpretieren die vergeht bis ein bestimmtes zufalliges Ereignis eintritt Wenn wie ublich die Filtrierung die vorhandene Information zu verschiedenen Zeitpunkten angibt bedeutet die obige Bedingung also dass zu jeder Zeit bekannt sein soll ob dieses Ereignis bereits eingetreten ist oder nicht Beispiele BearbeitenEin Glucksspieler beginnt zum Zeitpunkt t 0 displaystyle t 0 nbsp mit einem Startkapital von 10 zu spielen dabei absolviert er jede Minute ein Spiel das der Einfachheit halber selbst keine Zeit in Anspruch nimmt bei dem er mit 50 prozentiger Wahrscheinlichkeit einen Euro gewinnt und ansonsten einen Euro verliert der Kontostand des Spielers ist dann ein Martingal Die Wartezeit bis der Spieler sein gesamtes Geld verspielt hat ist dann ein Beispiel fur eine Stoppzeit bezuglich der naturlichen Filtrierung des Experiments Zu jedem Zeitpunkt weiss der Spieler ob er bereits pleite ist oder nicht Dagegen ware die Wartezeit bis zum Augenblick seines vorletzten Spiels keine Stoppzeit In dem Moment da man sein vorletztes Spiel absolviert weiss man noch nicht dass das nachste Spiel das letzte sein wird Die Trefferzeit hitting time eines Wiener Prozesses W t t 0 displaystyle W t t geq 0 nbsp mit Drift m displaystyle mu nbsp zum Level a gt 0 displaystyle a gt 0 nbsp ist definiert als t a w inf t 0 W t w a displaystyle tau a omega inf t geq 0 W t omega a nbsp t a displaystyle tau a nbsp ist eine Stoppzeit Sie ist nach einer inversen Gauss Verteilung verteilt die Dichte ist f I G t a exp a m 2 p t 3 2 exp 1 2 a 2 t 1 m 2 t t gt 0 displaystyle f IG t frac a exp a mu sqrt 2 pi t 3 2 exp left frac 1 2 a 2 t 1 mu 2 t right quad t gt 0 nbsp nbsp Beispiel einer hitting time Die zweidimensionale Brownsche Bewegung beruhrt irgendwann die Ellipse Ist allgemeiner X t t 0 displaystyle X t t geq 0 nbsp ein reellwertiger adaptierter Cadlag Prozess also ein stochastischer Prozess dessen Pfade alle rechtsseitig stetig sind und Grenzwerte von links besitzen und ist A R displaystyle A subseteq mathbb R nbsp eine abgeschlossene Menge so ist die Treffzeit von X displaystyle X nbsp in A displaystyle A nbsp definiert alst A w inf t 0 X t w A displaystyle tau A omega inf t geq 0 X t omega in A nbsp eine Stoppzeit t A displaystyle tau A nbsp gibt also den infimalen Zeitpunkt an an dem X displaystyle X nbsp zum ersten Mal die Menge A displaystyle A nbsp betritt Dabei ist es essentiell dass A displaystyle A nbsp abgeschlossen ist Zum Zeitpunkt t displaystyle t nbsp konnte X displaystyle X nbsp bereits auf dem Rand von A displaystyle A nbsp aber noch nicht in A displaystyle A nbsp sein und die Menge direkt im Anschluss betreten Dann ware zwar t A t displaystyle tau A t nbsp man beachte das Infimum jedoch ist in t displaystyle t nbsp noch nicht bekannt ob A displaystyle A nbsp gleich betreten wird oder nicht Arten von Stoppzeiten BearbeitenGegeben sei filtrierter Wahrscheinlichkeitsraum W A F P displaystyle Omega mathcal A mathbb F P nbsp Sei t displaystyle tau nbsp eine Stoppzeit 2 t displaystyle tau nbsp heisst vorhersehbar oder vorhersagbar falls eine Folge von Stoppzeiten t n t displaystyle tau n uparrow tau nbsp existiert so dass fur alle n displaystyle n nbsp die Ungleichung t n lt t displaystyle tau n lt tau nbsp gilt wenn t 0 displaystyle tau neq 0 nbsp Man sagt t n displaystyle tau n nbsp sei eine t displaystyle tau nbsp ankundigende Folge t displaystyle tau nbsp heisst zuganglich falls eine Folge von vorhersagbaren Stoppzeiten t n displaystyle tau n nbsp existiert so dass fur alle w W displaystyle omega in Omega nbsp gilt dass t w i t i w displaystyle textstyle tau omega in bigcup i tau i omega nbsp t displaystyle tau nbsp heisst vollig unzuganglich falls fur alle vorhersagbaren Stoppzeiten T displaystyle T nbsp gilt dass P t T lt 0 displaystyle P tau T lt infty 0 nbsp Abgeleitete Konzepte BearbeitenGestoppter Prozess Bearbeiten Hauptartikel Gestoppter Prozess Ein gestoppter Prozess ist eine Kombination eines stochastischen Prozesses und einer Stoppzeit die Werte in der Indexmenge Zeitmenge des stochastischen Prozesses annimmt Gestoppte Prozesse sind Prozesse die nach einer zufalligen Zeit angehalten werden bzw ihren Wert nicht mehr verandern Sie modellieren beispielsweise Ausstiegsstrategien bei einer zeitlichen Abfolge von Glucksspielen Lokalisierung Bearbeiten Hauptartikel Lokalisierung Stochastik Unter einer Lokalisierung versteht man die Erweiterung einer Prozessklasse die eine gewisse Eigenschaft besitzt um die Menge aller Prozesse die gestoppt unter aufsteigenden Folgen von Stoppzeiten ebenfalls diese Eigenschaft besitzt Typisches Beispiel sind die Martingale und die lokalen Martingale s Algebra der t Vergangenheit Bearbeiten Hauptartikel s Algebra der t Vergangenheit Die s Algebra der t Vergangenheit ist eine spezielle s Algebra welche uber die Filtrierung und die Stoppzeit definiert wird Sie findet beispielsweise Anwendung bei der Definition der starken Markow Eigenschaft und dem Optional Sampling Theorem Rechenregeln BearbeitenEs seien s t displaystyle sigma tau nbsp und t j displaystyle tau j nbsp Stoppzeiten bezuglich einer Filtration F F t t T displaystyle mathbb F mathcal F t t in T nbsp sowie F t s gt t F s und F F t t T displaystyle mathcal F t bigcap s gt t mathcal F s text und mathbb F mathcal F t t in T nbsp Dann gilt Das Minimum s t displaystyle sigma wedge tau nbsp ist eine F displaystyle mathbb F nbsp Stoppzeit Das Maximum s t displaystyle sigma vee tau nbsp ist eine F displaystyle mathbb F nbsp Stoppzeit sup j t j displaystyle sup j tau j nbsp ist eine F displaystyle mathbb F nbsp Stoppzeit s a displaystyle sigma a nbsp ist eine F displaystyle mathbb F nbsp Stoppzeit wobei a 0 displaystyle a geq 0 nbsp eine feste Konstante ist s t displaystyle sigma tau nbsp ist eine F displaystyle mathbb F nbsp Stoppzeit inf j t j displaystyle inf j tau j nbsp ist eine F displaystyle mathbb F nbsp Stoppzeit lim sup j t j displaystyle limsup j tau j nbsp ist eine F displaystyle mathbb F nbsp Stoppzeit lim inf j t j displaystyle liminf j tau j nbsp ist eine F displaystyle mathbb F nbsp Stoppzeit Weblinks BearbeitenStopping Time In Michiel Hazewinkel Hrsg Encyclopedia of Mathematics Springer Verlag und EMS Press Berlin 2002 ISBN 1 55608 010 7 englisch encyclopediaofmath org Literatur BearbeitenHeinz Bauer Wahrscheinlichkeitstheorie de Gruyter Lehrbuch 2002 ISBN 3 11 017236 4 Achim Klenke Wahrscheinlichkeitstheorie 3 Auflage Springer Verlag Berlin Heidelberg 2013 ISBN 978 3 642 36017 6 doi 10 1007 978 3 642 36018 3 Christian Hesse Angewandte Wahrscheinlichkeitstheorie Vieweg Teubner Verlag Wiesbaden 2003 ISBN 3 528 03183 2 doi 10 1007 978 3 663 01244 3Einzelnachweise Bearbeiten A N Shiryaev Markov moment In Michiel Hazewinkel Hrsg Encyclopedia of Mathematics Springer Verlag und EMS Press Berlin 2002 ISBN 1 55608 010 7 englisch encyclopediaofmath org Claude Dellacherie und Paul Andre Meyer Probabilities and Potential In Elsevier Science Ltd Hrsg Mathematics Studies Band 29 1979 S 134 englisch Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Stoppzeit amp oldid 229735578