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Das Steinehupfen fur andere Bezeichnungen siehe den Abschnitt zu Synonymen ist ein sportlicher Zeitvertreib bei dem es gilt einen flachen Stein so zu schleudern dass er moglichst oft uber eine Wasseroberflache springt bevor er versinkt Ein mehrfach von der Wasseroberflache abprallender Stein Inhaltsverzeichnis 1 Synonyme 2 Geschichte 3 Naturwissenschaftliche Aspekte 3 1 Physikalische Grundlagen 3 2 Anwendung in der Militartechnik 3 3 Wissenschaftliche Untersuchungen 3 4 Vergleich mit dem Wiedereintritt in die Atmosphare Raumfahrt 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseSynonyme BearbeitenEs gibt zahlreiche umgangssprachliche bzw regionale Bezeichnungen dafur Steine uber das Wasser hupfen zu lassen Bereits Friedrich Ludwig Jahn zahlte 1816 eine Reihe von Synonymen auf In allen Wassergegenden ist das Schirken eine Belustigung der Knaben und hat nach den einzelnen Mundarten in Landschaften und Gauen verschiedene Namen bammeln das Bauerlein losen bleiern die Braut fuhren Brot schneiden Butterbammen streichen Butterbrot schmieren werfen Butterstollen werfen fischeln flacheln Flatter auch Pflatter werfen flotzen flozern Frosche werfen hitzerlen Jungfern schiessen werfen eine ein zwei oder dreibeinige Jungfer Kindli werfen die liebe Frau losen pfleizern pflinzern platschern platteln putjen Schiffchen machen schlagen schiffeln schippern Schneller schlagen schnellern Schusselchen werfen spatzeln Staaren stechen Steinblitzer machen steineln stelzeln Suppen schlagen schmeissen schmelzen Friedrich Ludwig Jahn Ernst Eiselen Die deutsche Turnkunst 1 Etwa drei Jahrzehnte zuvor sieht ein anonymer Autor Butterstullenwerfen als den gewohnlichen Ausdruck an und weist noch auf das Synonym Froscherlosen hin 2 Hermann Wagners Spielbuch fur Knaben 1864 spricht nur von Steinwerfen 3 Die Bezeichnung die Braut fuhren ist bereits 1616 belegt 4 Andere Synonyme oder lautliche Varianten zu den im Zitat von Jahn Eiselen genannten Bezeichnungen sind Ditschen Schnellen Schnellern 5 in der Bedeutung sich mit Federkraft schnell fortbewegen 6 Pfitscheln Flitschen 7 Fitscheln 8 Sachsen Thuringen im Osterreichischen Flacherln oder Blattln Vorarlberg Flitscha Platala im Schweizerdeutschen Schiferen 9 oder auch Bammelen 10 Geschichte BearbeitenIn der romischen Kaiserzeit beschrieb Minucius Felix in seinem Dialog Octavius wie Kinder dieses Spiel am Strand spielen 11 Auch Julius Pollux dokumentiert das Spiel in seinem Onomastikon 12 1585 erwahnt John Higgins in seiner Ubersetzung des Lexikons Nomenclator von Hadrianus Junius dass neben Steinen auch Austernschalen verwendet wurden 13 Eskimos und die Beduinen kennen das Spiel auch und benutzen Eis bzw Sand als Untergrund Weltrekordhalter im Guinness Buch der Rekorde ist seit September 2013 Kurt Steiner mit 88 Sprungen 14 wobei er eine Distanz von fast 100 Metern uberbruckte 15 Naturwissenschaftliche Aspekte BearbeitenPhysikalische Grundlagen Bearbeiten Zur perfekten Ausfuhrung des Steinehupfens sind einige physikalische Bedingungen zu erfullen Der Stein muss die Form eines flachen Ellipsoids oder einer Scheibe haben und so geworfen werden dass die abgeflachte Seite und die Wasseroberflache einen Winkel zwischen 0 und 45 bilden Die Abwurfhohe sollte so tief wie moglich sein am besten nicht viel hoher als die Wasseroberflache selbst Notwendig ist auch ein wellenarmes ruhiges Gewasser sowie moglichst wenig Seitenwind Ausserdem muss der Stein in Rotation um seine lotrechte Achse versetzt werden Von Kreiseln ist dieses Verhalten bekannt Solange kein die Bewegung storendes Drehmoment auf den Korper wirkt bleibt die Rotation unverandert erhalten und stabilisiert den Flugkorper Wirft man Steine ohne diesen zusatzlichen Drehimpuls so verlieren sie durch kleine Storungen wahrend des Fluges ihre Ausrichtung Beim Aufprall auf das Wasser tauchen sie dann unter Eine Eigendrehbewegung des Steins ist dadurch erreichbar indem der Stein zwischen Daumen und Mittelfinger festgehalten und im Augenblick des Abwurfs mit dem Zeigefinger auf den Rand des Steines Druck ausgeubt wird Grossere Steine halt man zwischen Daumen und Mittelfinger und legt den Zeigefinger auf der Schmalseite an wo er beim Abwurf durch tangentiale Kraftwirkung die Rotation erzeugt Sobald der Stein auf die Wasseroberflache aufprallt springt er allerdings nicht wie zunachst anzunehmen ware wie ein Ball zuruck denn die Wasseroberflache wirkt nicht wie ein fester Korper Gerade deshalb ist es erstaunlich dass ein Stein uberhaupt auf Wasser springen kann Filmaufnahmen zeigen dass der im spitzen Winkel zur Wasseroberflache geworfene Stein mit seiner hinteren Kante zuerst auf das Wasser trifft Der Stein gleitet dann durch seine Drehbewegung stabilisiert zunachst ein kleines Stuck auf der Wasseroberflache und schiebt dabei einen kleinen Wasserwall wie eine Bugwelle vor sich her die er bei ausreichender Geschwindigkeit einholt Wie an einer Sprungschanze gleitet er an dieser Welle hoch und geht in den nachsten Sprung uber Durch Reibungsverluste verliert er bei jedem Kontakt mit der Wasseroberflache Bewegungs und Drehenergie Die Sprunge werden dadurch zunehmend kurzer und gehen dann in eine Art Schlittern uber Schliesslich ist entweder die Geschwindigkeit des Steins so gering dass er die Bugwelle nicht mehr einholen kann und im Wasser versinkt oder sein Drall reicht dies ist vor allem bei kleinen Steinen der Fall zur Stabilisierung seiner Bahn nicht mehr aus Der Stein trifft dann nicht mehr flach auf das Wasser und taucht ein nbsp Bewegungsablauf beim Steinehupfen Im Detail der Aufprall des Steins auf die Wasseroberflache Er erzeugt eine Bugwelle die falls seine Geschwindigkeit hoher ist als die der Welle wie eine Sprungschanze wirkt Anwendung in der Militartechnik Bearbeiten Im Zweiten Weltkrieg wurden Rollbomben beim Edersee und der Mohnetalsperre im Rahmen der Operation Chastise eingesetzt um deutsche Staumauern zu zerstoren Diese Bomben wurden in Rotation versetzt und im schnellen Tiefflug aus dem Flugzeug abgeworfen Dadurch prallten sie analog zu den Steinen beim Steinehupfen mehrmals von der Wasseroberflache ab So konnten die im Wasser befindlichen Abwehrnetze umgangen werden die den Einsatz von Torpedos verhindern sollten Wissenschaftliche Untersuchungen Bearbeiten Die Forscher Lionel Rosellini Christophe Clanet Fabien Hersen und Lyderic Bocquet der Universitaten Marseille und Lyon haben die Bedingungen fur den optimalen Steinwurf experimentell untersucht Sie konstruierten eine Wurfmaschine die Aluminiumscheiben als flache Modellsteine auf eine Wasseroberflache schleuderte Bei den Wurfen variierten die Wissenschaftler die Abwurfgeschwindigkeit des Steins seinen Aufprallwinkel auf dem Wasser sowie die Eigenrotation der Scheibe Der Bewegungsablauf wurde mit einer Hochgeschwindigkeitskamera dokumentiert Bei der Auswertung der Daten kamen die Wissenschaftler zu dem Ergebnis dass kurze Kontaktzeiten mit der Wasseroberflache die Anzahl der moglichen Sprunge entscheidend beeinflussen Je kurzer der Kontakt desto weniger Energie geht durch Reibung verloren Im Experiment betrug diese Zeit weniger als 10 ms Die Energieverluste sind auch der Grund warum Steine mit kleinen Anfangsgeschwindigkeiten wenig erfolgreich sind Unabhangig von der Eigenrotation oder der Geschwindigkeit des Steins wurde die optimale Beruhrungszeit dann erreicht wenn der Stein in einem Winkel von 20 auf die Wasseroberflache prallte Bei Aufprallwinkeln uber 45 konnte das Sprungphanomen uberhaupt nicht mehr beobachtet werden Auch auf feuchtem Sand lassen sich Steinsprunge ausfuhren Dabei kann beobachtet werden dass kurze und lange Sprungweiten einander abwechseln Filmaufnahmen zeigen dass die kurzen Abstande entstehen wenn die hintere und vordere Kante des Steins auf den im Vergleich zum Wasser festeren Sand treffen Der Stein wird durch den Aufprall so abgebremst dass er kippt bevor er erneut zum Sprung ansetzt Vergleich mit dem Wiedereintritt in die Atmosphare Raumfahrt Bearbeiten Der Hupf Effekt der Steine wird auch als Erklarung fur das Abprallen eines Raumfahrzeugs beim zu flachen Wiedereintritt in die Erdatmosphare genommen Dies ist jedoch falsch ubliche Wiedereintrittskorper erzeugen dafur zu wenig Auftrieb Das vermeintliche Abprallen ist ein geometrischer Effekt Durch zu geringes Abbremsen bleibt die Bahn naherungsweise eine Ellipse auf der sich der Korper zuerst dem Planeten nahert siehe Erdnahe oder Perigaum und spater wieder entfernt Wenn diese Bahn als Hohe uber der Planetenoberflache interpretiert wird ergibt sich anfangs ein Absinken und spater wieder ein Ansteigen Auch ein mehrfaches Eintauchen in die Atmosphare bei einer Atmospharenbremsung zeigt bei einer einfachen Auftragung der Bahnhohe ein ahnliches Bild wie der hupfende Stein hat jedoch eine ganz andere Ursache Hypothetische Raumgleiter mit einem wesentlich starkeren Auftrieb wie der Silbervogel oder der Waverider wurden ein Hupfen ahnlich dem Stein in der Hochatmosphare moglich machen Literatur BearbeitenAugust Mau Ἐpostrakismos In Paulys Realencyclopadie der classischen Altertumswissenschaft RE Band VI 1 Stuttgart 1907 Sp 251 C L Stong In Scientific American Band 219 1968 S 112 J Trefil Physik im Strandkorb Rowohlt Verlag Hamburg 1991 Lyderic Bocquet The physics of stone skipping In American Journal of Physics Band 71 Nr 2 2003 S 150 155 doi 10 1119 1 1519232 arxiv physics 0210015 bibcode 2003AmJPh 71 150B englisch Christophe Clanet Fabien Hersen Lyderic Bocquet Secrets of successful stone skipping In Nature Band 427 2004 S 29 doi 10 1038 427029a englisch researchgate net Lionel Rosellini Christophe Clanet Fabien Hersen Lyderic Bocquet Skipping Stones In Journal of Fluid Mechanics Band 543 2005 S 137 146 doi 10 1017 S0022112005006373 englisch researchgate net Weblinks BearbeitenVideo von Kurt Steiners Weltrekord im Steinehupfen von September 2013 auf YouTube abgerufen am 7 Dezember 2019 Einzelnachweise Bearbeiten Friedrich Ludwig Jahn Die deutsche Turnkunst zur Einrichtung der Turnplatze Berlin 1816 S 125 126 Digitalisat http vorlage digitalisat test 1 3Dhttps 3A 2F 2Fbooks google de 2Fbooks 3Fid 3DRKFAAAAAcAAJ 26pg 3DPA125 23v 3Donepage 26q 26f 3Dfalse GB 3D IA 3D MDZ 3D 0A SZ 3D doppelseitig 3D LT 3D PUR 3D Anon P An den P B in C In Allerneueste Mannigfaltigkeiten Eine gemeinnutzige Wochenschrift Band 3 1784 49 Woche S 795f Digitalisat http vorlage digitalisat test 1 3D 7B 7B 7B1 7D 7D 7D GB 3D382IkVIKrrIC IA 3D MDZ 3D 0A SZ 3DPA795 doppelseitig 3D LT 3D PUR 3D Hermann Wagner Illustrirtes Spielbuch fur Knaben 1001 unterhaltende und anregende Belustigungen Spiele und Beschaftigungen fur Korper und Geist im Freien sowie im Zimmer 2 unverand Aufl Leipzig Spamer 1864 S 116 Nr 331 Digitalisat http vorlage digitalisat test 1 3D 7B 7B 7B1 7D 7D 7D GB 3DqFVeAAAAcAAJ IA 3D MDZ 3D 0A SZ 3DPA116 doppelseitig 3D LT 3D PUR 3D Georg Henisch Teutsche Sprach und Weissheit Thesaurus linguae et sapientiae Germanicae Auguste Vindelicorum 1616 S 486 Digitalisat http vorlage digitalisat test 1 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20299 PUR 3D Guinness World Records Most skips of a skimming stone abgerufen am 31 Marz 2016 H Joachim Schlichting Hupf Steinchen hupf In Spektrum 23 Marz 2016 abgerufen am 16 November 2019 nbsp Dieser Artikel ist als Audiodatei verfugbar source source Speichern 7 23 min 7 85 MB Text der gesprochenen Version 7 April 2016 Mehr Informationen zur gesprochenen Wikipedia nbsp Dieser Artikel wurde am 23 Oktober 2005 in dieser Version in die Liste der lesenswerten Artikel aufgenommen Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Steinehupfen amp oldid 230803256