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Der Deutsche Stahlwerksverband war ein 1904 gegrundetes Syndikatskartell d h ein hochentwickeltes Kartell mit zentralisiertem Verkauf Die Deutsche Stahlwerksverband AG war die in Form einer Aktiengesellschaft gegrundete Verkaufsgesellschaft ebendieses Kartells Stahlhof Sitz des Stahlwerksverbands in Dusseldorf Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Zweck und Funktion 3 Mitgliederzahl und wirtschaftliche Bedeutung 4 Innere und aussere Gliederung 5 Aufbauorganisation 6 Innere Verhaltnisse und Interessenpolitik 7 Rang und Ansehen 8 Sitz Gebaude Denkmalpflege 9 Literatur 10 Weblinks 11 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenUnter dem Druck einer immer machtiger werdenden amerikanischen Konkurrenz welche sich bis zum Jahr 1900 zum US Steel Trust formierte begannen 1898 Verhandlungen zwischen deutschen Stahlproduzenten zur Herstellung eines gesamtdeutschen Verbandes der Flusseisenproduktion 1 Als Ergebnis langwieriger Auseinandersetzungen wurde 1904 der Stahlwerksverband ins Leben gerufen Dieser war vorerst allerdings begrenzt auf die wichtigsten Stahlproduzenten der rheinisch westfalischen Montanregion 1909 erfolgte der Beitritt auch der oberschlesischen Stahlproduzenten wodurch der Stahlwerksverband nun doch die gewunschte nationale reichsdeutsche Dimension erhielt Der Stahlwerksverband bestand in seiner ursprunglich vereinbarten Form bis 1917 danach kam es nach einigen Vertragsanderungen 1919 zeitweise zur Grundung des Eisenwirtschaftsbundes In den Folgejahren wurde der Deutsche Stahlwerksverband resp Teilmengen von diesem Partner in den internationalen Stahlkartellen der Jahre 1926 29 und 1933 39 Im Jahre 1942 gingen die deutschen Stahlkartelle in den Organen der nationalsozialistischen Lenkungswirtschaft auf Der Reichsverband Eisen ubernahm die fruheren Syndikatsaufgaben in einem grosseren und optimierten Zusammenhang einer Zentralverwaltungswirtschaft 2 Zweck und Funktion BearbeitenZiel der Grundung des Stahlwerksverbandes war es die heterogene Produktion der eisenverarbeitenden Industrie in einem Wirtschaftskartell beziehungsweise Syndikat zusammenzuschliessen wie dies bei den eisenproduzierenden Werken oder beim Rheinisch Westfalischen Kohlen Syndikat seit langerem eine erfolgreiche Praxis war Grundungsmitglieder des Stahlwerkverbandes waren unter anderem die Montanindustriellen Ernst Poensgen und Adolph Kirdorf Die sich daran beteiligenden Unternehmen sahen das Kartell als eine Alternativlosung fur einen regelrechten Trust an Trusts waren straff organisierte Konzernunternehmen welche eine horizontale Konzentration also eine monopolistische Stellung innerhalb ein und derselben Branche anstrebten Kartelle hingegen liessen ihren Teilnehmern in allen Bereichen ausserhalb des Absatzes einige Freiheiten Nicht zuletzt die Eigenschaft etlicher Mitgliedsfirmen als Familienunternehmen oder Widerstande der Anteilseigner verhinderten einen festeren Zusammenschluss zu einem Grosskonzern Mitgliederzahl und wirtschaftliche Bedeutung BearbeitenDie Mitgliederzahlen des Syndikats schwankten vielfach aufgrund von Ein und Austritten oder wegen Betriebsubernahmen Bis Mitte der 1920er Jahre waren im Durchschnitt etwa 30 Unternehmen der Stahlbranche syndiziert Bei Grundung im Jahr 1904 gehorten dem Verband 27 grosse Stahlwerke des Ruhrgebiets an Diese kamen auf einen Produktionsanteil von 80 Prozent in Westdeutschland 3 Unter dem Eindruck des erfolgten Zusammenschlusses traten noch im selben Jahr zunachst drei dann insgesamt vier weitere Unternehmen der Region bei 4 1907 fusionierte der bislang de facto nur rheinisch westfalische Stahlwerksverband mit dem oberschlesischen so dass ihm nunmehr wieder 31 grosse kombinierte Huttenwerke angehorten Sie kamen zusammen auf ein Kapital von 1 75 Milliarden Mark In der Form eines Kartells war die Stahlwerks AG damit die grosste privatwirtschaftliche Unternehmung des Deutschen Kaiserreichs Die angeschlossenen Werke produzierten 1911 80 der Gesamtproduktion an Fertigfabrikaten und 57 der Halbfabrikate in Deutschland Auf die Betriebe entfielen zusammen 95 der Rohstahlproduktion 5 Der 1925 26 reorganisierte Stahlwerksverband war in Sachen Kartellierung erfolgreicher als es der Zusammenschluss wahrend des Kaiserreichs gewesen war Fur mehr als zwei Drittel der Produktion bestand nun eine Preisfestsetzung 6 Innere und aussere Gliederung Bearbeiten nbsp Monument des Eisens Ausstellungspavillon des Stahlwerksverbands und des Vereins deutscher Brucken und Eisenbaufabriken auf der Internationalen Baufach Ausstellung 1913 kolorierte Ansichtskarte von Dr Trenkler amp Co Aufgrund der Vielfalt der Stahlproduktion war der Stahlwerksverband von Anfang an ein kombiniertes Kartell das mehrere Produktgruppen mit jeweils unterschiedlich zusammengesetzten Produzentenkreisen umfasste Vor dem Ersten Weltkrieg gab es die Unterscheidung zwischen den Produktgruppen A und B In der Gruppe A waren die schweren Produkte der Walzwerke wie Trager und Schienen zusammengefasst Die Gruppe B umfasste die leichteren Produkte Fur die Gruppen strebte der Verband eine gemeinsame Preis und Absatzpolitik an Dabei wurden die Produkte der Gruppe A direkt durch den Verband und in dessen Namen vertrieben Die Produkte der Gruppe B wurden weiter von den Einzelunternehmen vertrieben Dies erfolgte allerdings im Rahmen von Kontingentvereinbarungen Viermal im Jahr legte der Verband die Preise fest Daneben wurden Regeln fur den Selbstverbrauch und Moglichkeiten zur Ubertragung von Produktionsquoten zwischen den einzelnen Unternehmen festgelegt Allerdings erwiesen sich insbesondere die Regelungen der Gruppe B als problematisch Seit 1912 fand eine Kontingentierung nicht mehr statt Auf der Ebene des Marketing trat der Verband zusammen mit dem Verein deutscher Brucken und Eisenbaufabriken auf etwa 1913 auf der Internationalen Baufach Ausstellung siehe Abbildung nebenstehend 7 Nach dem Ersten Weltkrieg wuchs der Stahlwerksverband in die Rolle eines Generalkontingentierungs und Dachkartells hinein 1924 wurde in seinem organisatorischen Rahmen die Deutsche Rohstahlgemeinschaft gegrundet 8 Letztere war eine Teilmenge innerhalb des Stahlwerksverbandes selbst wieder ein Dachkartell und zugleich Mitglied in den jeweiligen internationalen Stahlkartellen IRG ab 1926 resp IREG ab 1933 Nicht dem Stahlwerksverband angeschlossen waren in den 1920er Jahren einige speziellere Produktionsbereiche z B Radsatze und Radreifen Rohren Grossrohren und Draht fur die eigene Verbandsgeschaftsstellen in Essen und Dusseldorf bestanden 8 Aufbauorganisation BearbeitenDer Stahlwerksverband bestand bei seiner Grundung aus folgenden Hauptorganen 9 der Stahlwerksbesitzerversammlung also der Vollversammlung des Kartells dem Beirat fur laufende Steuerungsaufgaben zusammengesetzt aus je einem Vertreter pro 500 000 t Rohstahlproduktion der achtkopfigen Kommission fur zentrale Parameterbestimmungen sowie der gemeinsamen Verkaufsstelle Stahlwerksverband AG 1907 wurde der Beirat abgeschafft wodurch die Kommission als geschaftsfuhrendes Organ aufgewertet wurde Innere Verhaltnisse und Interessenpolitik BearbeitenDer Verband war in seiner Existenz stets durch innere Spannungen gefahrdet Jedes Mal nach Auslaufen des befristeten Vertrages kam es zu heftigen Auseinandersetzungen um die Erhohung der Beteiligungsziffern zwischen den Mitgliedswerken Vor allem auf Druck der Grossbanken und der Regierung blieb der Verband bis nach dem Ersten Weltkrieg bestehen 5 Der Stahlwerksverband spielte neben dem ebenfalls schwergewichtigen RWKS eine bedeutende Rolle im Centralverband deutscher Industrieller 10 Beide Verbande zahlten den mit Abstand hochsten Mitgliedsbeitrag von je 10 000 Reichsmark jahrlich Rang und Ansehen BearbeitenDer Stahlwerksverband galt mit seiner Grundung 1904 als eine noch perfektere Kartellform als dies schon das 1893 eingerichtete Rheinisch Westfalische Kohlensyndikat dargestellt hatte Er sei die hervorragendste Erscheinung auf dem Gebiete des Kartellwesens sowohl was Umfang als auch inneren Ausbau anbetrifft Man kann ihn demgemass als das Kartell xat e3oxhn hochster Auspragung bezeichnen 1 In der Tat war die Integrationsleistung uber die Unterschiedlichkeit von Produkten hinweg des Stahlwerksverbands grosser als die des Kohlensyndikats Bereits ab 1912 allerdings verlor der Stahlwerksverband seine Stellung als Vorbild fur die Kartellbewegung wieder da er zunehmend an innerer Zerstrittenheit und Funktionsmangeln krankte 11 Sitz Gebaude Denkmalpflege Bearbeiten nbsp Stahlhof in Dusseldorf von Osten betrachtetSitz der Zentrale d h der zentralen Verkaufsstelle des Syndikats wurde Dusseldorf Dieser Standort wurde durch das Entgegenkommen der Stadtverwaltung bei Verbandsgrundung moglich Diese stellte das Baugelande fur ein Gebaude fur immerhin 400 500 Angestellte unentgeltlich zur Verfugung Nach einer moglichen Verlegung der Verkaufsstelle sollte das Gebaude in den Besitz der Stadt ubergehen Im Jahr 1908 war das reprasentative Gebaude Stahlhof genannt fertiggestellt Die Ansiedlung der Stahlwerksverband AG stand mit am Anfang der Entwicklung Dusseldorfs zum Schreibtisch des Ruhrgebiets Bis Ende des Zweiten Weltkriegs diente das Gebaude montanwirtschaftlichen Zwecken Ab Mai 1946 nahm der Zivilgouverneur der britischen Militarregierung fur die Provinz Nordrhein bzw fur das Land Nordrhein Westfalen dort seinen Sitz Heute ist das Verwaltungsgericht Dusseldorf im Stahlhof untergebracht 12 Die am Gebaude angebrachte Gedenktafel vermerkt nur den Beginn der Demokratie in Nordrhein Westfalen in 1946 Nicht erwahnt wird der ursprungliche Zweck des Gebaudes der Stahlverkauf fur die Produktionsregion Ruhrgebiet und spater fur das gesamte Reich Ebenfalls nicht erwahnt wird der Stahlwerksverband als erster langjahriger zweck und stilgebender Nutzer Literatur BearbeitenEugen Altmann Uber die Entwickelung und Bedeutung der Kartelle in der deutschen Eisenindustrie Darmstadt 1909 Gunther Kiersch Internationale Eisen und Stahlkartelle Essen 1954 Holm A Leonhardt Kartelltheorie und Internationale Beziehungen Theoriegeschichtliche Studien Hildesheim 2013 Alfred Reckendress Das Stahltrust Projekt Die Grundung der Vereinigte Stahlwerke AG und ihre Unternehmensentwicklung 1926 1933 34 Munchen 2000 Gerald Spindler Recht und Konzern Interdependenzen der Rechts und Unternehmensentwicklung in Deutschland und den USA zwischen 1870 und 1933 Tubingen 1993 Weblinks BearbeitenDokumente und Zeitungsartikel zum Stahlwerksverband in den Historischen Pressearchiven der ZBWEinzelnachweise Bearbeiten a b Eugen Altmann Uber die Entwickelung und Bedeutung der Kartelle in der deutschen Eisenindustrie Darmstadt 1909 S 42 Holm A Leonhardt Kartelltheorie und Internationale Beziehungen Theoriegeschichtliche Studien Hildesheim 2013 S 223 Joseph A Schumpeter Konjunkturzyklen Gottingen 2008 S 454 Eugen Altmann Uber die Entwickelung und Bedeutung der Kartelle in der deutschen Eisenindustrie Darmstadt 1909 S 44 a b Irmgard Steinisch Arbeitszeitverkurzung und sozialer Wandel Der Kampf um den Achtstundentag in der deutschen und amerikanischen Eisen und Stahlindustrie Berlin New York 1986 S 39 Alfred Reckendress Das Stahltrust Projekt Die Grundung der Vereinigte Stahlwerke AG und ihre Unternehmensentwicklung 1926 1933 34 Munchen 2000 S 133 Vergleiche diese Angaben bei europeana eu a b Gunther Kiersch Internationale Eisen und Stahlkartelle Essen 1954 S 85 Eugen Altmann Uber die Entwickelung und Bedeutung der Kartelle in der deutschen Eisenindustrie Darmstadt 1909 S 45 47 Hartmut Kaelble Industrielle Interessenpolitik in der Wilhelminischen Gesellschaft Centralverband Deutscher Industrieller 1895 1914 de Gruyter 1967 S 69 Gerald D Feldman The Collapse of the Steel Works Association 1912 1919 a case study in the operation of German Collectivist Capitalism In Hans Ulrich Wehler Hrsg Sozialgeschichte heute Festschrift fur Hans Rosenberg zum 70 Geburtstag Gottingen 1974 S 575 593 Geschichte des Gebaudes Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Stahlwerksverband amp oldid 233206332